Was ist Sünde?

Rund um Bibel und Glaube
Pluto
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#1 Was ist Sünde?

Beitrag von Pluto » So 21. Jul 2013, 16:37

Ich lehne eigentlich den Begriff der Sünde ab, weil ich nicht glaube dass der Mensch schlecht (böse?) ist.
Er handelt lediglich aus dem Wunsch heraus, sein eigenes Wohlsein stets zu steigern. Wenn aber Jemand dies tut, ohne dabei seine Mitmenschen zu berücksichtigen, dann wird sein Verhalten egozentrisch und narzisstisch.
Wenn er hingegen dabei rücksichtsvoll auch an seine Mitmenschen denkt, dann kann sein Motiv auch Nächstenliebe hervorbringen.


Was ich aber eignetlich fragen wolllte.....

  • Ist Sünde := Egoismus?


Kann man das so sagen, oderist das ein zu enger "Tunnelblick" eines Außentstehenden auf die Bedeutung dser Sünde?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Naqual
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#2 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Naqual » So 21. Jul 2013, 17:28

Hi Pluto,

Dein Thread könnte interessant werden, vor allem weil es keine allgemeine Definition von Sünde aus der Sache selbst heraus gibt im Christentum. Die meisten definieren Sünde in etwa als Ungehorsam gegenüber Gott (womit nicht gesagt ist, was der Inhalt des Ungehorsams ist) oder als Trennung von Gott (womit auch wieder die Frage ist, was eigentlich trennt).


Pluto hat geschrieben:Ich lehne eigentlich den Begriff der Sünde ab, weil ich nicht glaube dass der Mensch schlecht (böse?) ist.
Ich denke der Mensch ist sowohl gut als auch böse. Und genau hierin besteht das Problem. Genau deswegen hat er auch eine Wahl.
Der Begriff der Sünde ist ein wenig arg überladen und vielfach diffus. Allerdings gibt es durchaus Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, ob man Sünde so beschreiben kann, dass man etwas Sinnvolles für weitere Überlegungen hat.

Sünde als falsches Verhalten oder auch als Zustand verstanden hat einen Bezugspunkt. Genaugenommen sogar zwei.
Es gibt einen subjektiven und einen objektiven Bezugspunkt.
Sünde ist für mich etwas etwas, das schädigt (mich selbst, einen anderen, oder eine Gesamtheit von Menschen).
Das ist erst einmal objektiv. Also ein Alkoholiker kann sich soweit schädigen, dass er stirbt.
Subjektiv wäre: Wenn ich glaube, es sei verkehrt etwas zu tun (z.B. Selbstbefriedigung) und ich tue es trotzdem, weil ich nicht anders kann, dann wird es zur Sünde. Einfach weil ich innerlich gespalten werde und dies einen schädigenden Prozess einleitet.
Das andere wäre, ob es eine gemeinsame Ursache für Sünde gibt. M.E. ja.
Es läuft auf Deine Fragestellung hinaus, ob Sünde mit Egoismus gleichgesetzt werden kann.
Zwar nicht absolut, aber die Ähnlichkeit bzw. massive Überschneidungen sind da.

Ein geistiger Zustand, aus dem keine Schäden entstehen würde bedeuten:
- man ist in sich eins/einig (und nicht dauerhaft gespalten zwischen verschiedensten Interessen)
- man nimmt sich selbst ernst und beachtet sich, aber gleichzeitig beherzigt man die anderen gleichermaßen.
(In gewisser Hinsicht bleibt das Ich immer ein notwendiges Teil eines übergeordneten Wir's)

Die bildhafte Darstellung in Vollkommenheit wird mit dem Begriff "Gott" belegt. :devil:

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#3 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Pluto » So 21. Jul 2013, 20:01

Naqual hat geschrieben:Es gibt einen subjektiven und einen objektiven Bezugspunkt.
Sünde ist für mich etwas etwas, das schädigt (mich selbst, einen anderen, oder eine Gesamtheit von Menschen).
Das ist erst einmal objektiv. Also ein Alkoholiker kann sich soweit schädigen, dass er stirbt.
Wenn ich das etwas anders sehe, dann weil ich der Überzeugung bin, dass Jeder die Freiheit hat, über sich und sein Leben zu verfügen.
So wie Michael Jackson bspw. der es letztlich sich selbst und seiner Selbstüberschätzung zu verdanken hat, wenn er wegens seines Drogenkonsums zu früh starb. Lassen wir mal die unbewiesenen pädophilen Verdachstsmomente gegen ihn außen vor, so hat er nie in seinem Leben Jemaden geschadet. Man kann ihm Vieles nachsagen, dass er bspw. ein extremer Narzisst war, aber ist er deshalb sündhaft, weil er am Ende seinen eigenen Tod beschleunigt hat? — Ich meine nicht.

Subjektiv wäre: Wenn ich glaube, es sei verkehrt etwas zu tun (z.B. Selbstbefriedigung) und ich tue es trotzdem, weil ich nicht anders kann, dann wird es zur Sünde. Einfach weil ich innerlich gespalten werde und dies einen schädigenden Prozess einleitet.
Auch wenn ich nicht für Selbstbefriedigung bin, glaube ich auch hier, dass man es nicht aus Gründen der Sündhaftigkeit verbieten muss. Die Frage stellt sich auch hier — wem schadet man damit, außer sich selbst?

Es läuft auf Deine Fragestellung hinaus, ob Sünde mit Egoismus gleichgesetzt werden kann.
Zwar nicht absolut, aber die Ähnlichkeit bzw. massive Überschneidungen sind da.
Richtig.
ünde mit Egoismus gleichzusetzen war sicher etwas zu kurz gedacht, und du bringst hier interessante Aspekte ein, wie eben ob Jemand durch das Ausleben seines Egoismus geschädigt wird oder nicht.

Wie gesagt, ich sehe es wie du, mit der Ausnahme, dass ich selbstzerstörerisches Handeln nicht veruteile, sonst wäre selbst der Kosum von Genussmitteln wie Drogen, Tabak und Alkohol ebenfalls Sünde, was es mit Sicherheit nicht ist!

Die bildhafte Darstellung in Vollkommenheit wird mit dem Begriff "Gott" belegt. :devil:
Einverstanden, sofern es letzten Endes tatsächlich einen Gott gibt. :twisted:
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#4 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Naqual » So 21. Jul 2013, 22:28

Pluto hat geschrieben:Auch wenn ich nicht für Selbstbefriedigung bin, glaube ich auch hier, dass man es nicht aus Gründen der Sündhaftigkeit verbieten muss. Die Frage stellt sich auch hier — wem schadet man damit, außer sich selbst?
Selbstbefriedigung ist erst einmal völlig okay und ein Ausdruck von Selbstakzeptanz auch im erotischen Bereich.
Schädlich wird es erst, wenn enorme Abhängigkeiten auftauchen (ist in der Regel nicht der Fall) oder die Befriedigung Gedanken belohnt, die später Ursache für schädliches Verhalten sein können (z.B. der erotische Reiz wird mit gedanklichen Gewaltaktionen gekoppelt, der den/die anderen zum Objekt degradiert). Schlicht, weil wir uns bereits gedanklich selbst formen mit Übung und Wiederholung.

Wie gesagt, ich sehe es wie du, mit der Ausnahme, dass ich selbstzerstörerisches Handeln nicht veruteile, sonst wäre selbst der Kosum von Genussmitteln wie Drogen, Tabak und Alkohol ebenfalls Sünde, was es mit Sicherheit nicht ist!
Ich denke wir sind auch da ein wenig näher beieinander als es scheint. Selbstschädigendes Verhalten sehe ich überhaupt nicht in Verbindung mit verurteilen. Jemand der zuviel und in Abhängigkeit Alkohol trinkt braucht Hilfe nicht Verurteilung. Er schädigt sich ja selbst und er würde es nicht tun, wenn er anderes könnte. Ein Verurteilen hilft da gar nix. Im Gegenteil.
Letztlich braucht auch jemand der andere schädigt Hilfe: nämlich Abhilfe seines Verhaltens. Und das können durchaus konsequente und unangenehme Maßnamen sein, die gleichzeitig aber das Wohl des Betroffenen im Auge haben und nicht Vergeltung (als Ausgleich von Bösem mit Bösen, aber nicht dessen Überwindung)
Manchmal denke ich, der Sündenbegriff gehört sich abgeschafft wenn man vernünftig darüber reden will. Denn er beinhaltet automatisch schon viel zu viele wertende Vorstellungen im Hintergrund.
Im übrigen sehe ich das nicht nur rein pragmatisch, sondern auch religiös so. Gott erlässt keine Regeln was Sünde ist, sondern Sünde ist einfach das was schadet. Sonst würde Gott willkürlich und nicht aus Notwendigkeit heraus wirken. Und vor allem sonst wäre es keine Liebe (Gottes) , wenn Sünde erst mit Definition Gottes entsteht und dadurch der Mensch an die Wand gefahren wird.

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#5 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Pluto » So 21. Jul 2013, 23:14

Naqual hat geschrieben:Manchmal denke ich, der Sündenbegriff gehört sich abgeschafft wenn man vernünftig darüber reden will. Denn er beinhaltet automatisch schon viel zu viele wertende Vorstellungen im Hintergrund.
Das ist genau meine Rede. Nur denke ich nicht nur manchmal so. ;)

Im übrigen sehe ich das nicht nur rein pragmatisch, sondern auch religiös so. Gott erlässt keine Regeln was Sünde ist, sondern Sünde ist einfach das was schadet. Sonst würde Gott willkürlich und nicht aus Notwendigkeit heraus wirken. Und vor allem sonst wäre es keine Liebe (Gottes) , wenn Sünde erst mit Definition Gottes entsteht und dadurch der Mensch an die Wand gefahren wird.
Naja... Die Bibel ist voll solcher Gesetze, wo man sich fragt, "wem schadets", so wie z. Bsp. die Todesstrafe für Arbeit am Sabbat.
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#6 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von closs » So 21. Jul 2013, 23:36

MIr fehlt hier eine andere Definition von objektiv und subjektiv - nämlich mit und ohne Eigenanteil des Menschen. - Etwas konkreter:

Unsere individualistisch ausgeprägte Denkweise kann sich nicht vorstellen, dass es Sünde/Schuld für einen geben kann, ohne dass man dafür verantwortlich ist - das lässt unser Denken nicht zu. - Aber genau so ist es: Es ist so, dass Sünde/Schuld zunächst und vom Ursprung her OBJEKTIVE Begriffe sind - sozusagen obligatorische Attribute des Menschseins an sich - so wie ein aids-infizierter Kind auf die Welt kommt. - Erst DANN kann man über Sünde/Schuld im herkömmlichen, subjektiven Sinne sprechen.

Wie gesagt: Das passt nicht zu unserer Denkweise - aber zur Denkweise der Bibel - wenn man sie so versteht, was allerdings von der gängigen Exegese AUCH nicht so verstanden wird, weil sie eben in einer nicht-hebräischen Denk-Tradition steht. - Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren das AT (inzwischen incl. Hiob) Wort für Wort geradezu anhand einer urtextnahen Übersetzung (also ohne Konnotationen der europäischen Denkkultur) durchpflügt. - Schuld und Sünde sind dort bis auf ganz wenige anders interpretierbare Fälle vom Grundsatz her NICHT an - nach unserer Denkweise - individueller SChuld festgemacht. - Muss auch nicht sein, weil es eben genau darum nicht geht. - Und warum es egal ist, versteht man heute nicht mehr.

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#7 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Pluto » So 21. Jul 2013, 23:58

closs hat geschrieben:Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren das AT (inzwischen incl. Hiob) Wort für Wort geradezu anhand einer urtextnahen Übersetzung (also ohne Konnotationen der europäischen Denkkultur) durchpflügt. - Schuld und Sünde sind dort bis auf ganz wenige anders interpretierbare Fälle vom Grundsatz her NICHT an - nach unserer Denkweise - individueller SChuld festgemacht. -
Wenn das so ist, dass sie nicht an unsere Denkweise angepasst ist, dann sollte man (IMO) eher den Bibeltext hinterfragen, und nicht unsere Intepretation davon. Aberdas ist ja in deinen Aufgen ein unantastbares Tabu (das Dogma der Unfehlbarkeit?).

Naqual mit hier etwa gegeben, wofür ich dankbar bin: nähmlich die Begründung für meine seit jeher gefühlsmäßige Ablehnung des Begriffs der Sünde.

Dass es dir schwer fällt meinen Gedanken zu folgen, ist schon klar, weil die Sünde und der Sündenfall im Glauben so eine zentrale Rolle spielen.
So denkst du, dass Sünde objektiv sein muss im Sinn der Bibel, was sie keineswegs ist.
Derart viele der mosaischen Gesetze entsprachen schließlich dem ethischen Verständnis der damaligen Zeit, und passen einfach nicht mehr in unseren Zeitgeist.
Das ist die Realität mit der wir uns heute abfinden müssen.
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#8 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von closs » Mo 22. Jul 2013, 00:44

Pluto hat geschrieben:das Dogma der Unfehlbarkeit?
Nein - das interessiert mich nicht.

Pluto hat geschrieben:Dass es dir schwer fällt meinen Gedanken zu folgen, ist schon klar
Überhaupt nicht - es ist Deine Definition von Sünde, in deren Sinn Du vollkommen recht hast - quasi ein rein moralischer Begriff.

Pluto hat geschrieben:und passen einfach nicht mehr in unseren Zeitgeist
Genau so ist es - das kann man gar nicht oft genug unterstreichen.

Pluto hat geschrieben:Das ist die Realität mit der wir uns heute abfinden müssen.
Sich mit dem heutigen Realitätsempfinden abzufinden, ist ja keine Kunst. - Das ist eine einfache Übung.

Pluto hat geschrieben:So denkst du, dass Sünde objektiv sein muss im Sinn der Bibel, was sie keineswegs ist.
Ich meine, dass zur Vermeidung von Sprachsalat biblische Begriffe nicht bibelfremd umdefiniert werden sollten. - Der Humanismus kommt leicht ohne den Begriff "Sünde" aus. - Allerdings gibt es da ein objektives Problem: Ein erheblicher Teil der Exegese definiert "Sünde" ebenfalls bibelfremd - aber das muss nicht Dein Problem sein, macht aber die Sache besonders unübersichtlich.

Wir sollten erst Begriffs-Definition machen - bzw. sich darauf verständigen, was "Sünde" eigentlich biblisch bedeutet - man muss ja deswegen noch nicht zustimmen.

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#9 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von Pluto » Mo 22. Jul 2013, 01:53

closs hat geschrieben:
das Dogma der Unfehlbarkeit?
Nein - das interessiert mich nicht.
closs hat geschrieben:es ist Deine Definition von Sünde, in deren Sinn Du vollkommen recht hast - quasi ein rein moralischer Begriff.
closs hat geschrieben:
und passen einfach nicht mehr in unseren Zeitgeist
Genau so ist es - das kann man gar nicht oft genug unterstreichen.
closs hat geschrieben:Sich mit dem heutigen Realitätsempfinden abzufinden, ist ja keine Kunst. - Das ist eine einfache Übung.
Also... ich fasse zusammen:

Das Dogma der Bibel interessiert dich nicht.... du bestätigst dass die heutige Definition von Sünde ein moralsicher Begriff ist... du stimmst zu dass der biblische Begriff nicht in unsere Zeit passt... du sagtst, man kann sich mit dem heutigen Realitätsempfinden sehr einfach abfinden.

Worin liegt dann das Problem, den biblischen Sinn der Sünde dem heutigen Zeitgeist anzupassen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Was ist Sünde?

Beitrag von closs » Mo 22. Jul 2013, 06:22

Pluto hat geschrieben:Worin liegt dann das Problem, den biblischen Sinn der Sünde dem heutigen Zeitgeist anzupassen?
Darin, dass "biblischer Sinn" und "heutiger Zeitgeist" inkompatibel sind. - Unter "anpassen" verstehe ich, dass man den inneren Gehalt (im biblischen Sinn) ohne Verlust transferiert auf die heutige Zeit - das geht nicht - es sei denn, man ändert den Zeitgeist - aber das willst Du ja gerade nicht.

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