Religion vs Glaube!

Rund um Bibel und Glaube
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janosch
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#1 Religion vs Glaube!

Beitrag von janosch » Mo 22. Okt 2018, 17:54

Hallo,

mittlere weile hier Heiße Diskussion über unterschiedlichen Religionen erstanden, aber ich frage, wieso muß man Religion Zwingend mit Glauben gleich setzen?
Wir wissen aber das Religionen die menschen zugehören, sogar hineingeboren werden und ein große Mehrheit von innen nicht mal glauben! Und ein Teil auch glauben "irgendwie", aber mir scheint so, das ihre glauben nur für ein Bestimmte materialistische Zwecken benutzen oder beschränken wollen.

Das ist aber ein Paradoxon.. frage ich, dann wieso wollen menschen Religionen über ihre Glauben setzen, wenn ein „Glaube" überhaupt rein Geistlichen Natur sind??
Sogar ihre grenze weit über hinaus gehen, und viele weiß machen wollen, das ihre „Recht“ haben, auch Politisch und Welt- ideologisch mit ihre Religion tätig werden zu können.
Also damit wird der Glaube nur ausgehebelt, so zusagen Menschen für bestimmte Ideologien missbrauchen, und als "Heilige Religion“ verkauft, das die echte Glauben nicht Funktionieren sollte und könnte?


Wollgemerkt ein glaube ist NUR geistlichen Natur, weil ich, das was ich Glaube nicht beweisen kann, sonst Wäre es auch keine Glaube!


Also dann muß ich zwingend mein Glaubens Inhalten auch so formulieren, das eben mein glaube ein Gerechte Gott anpassen sollte.
Das jeden Geschöpf in sein Schöpfung ebenbürtig behandelt und kein einzige bevorzugt!

Wie sieht ihr das?

erbreich
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#2 Re: Religion vs Glaube!

Beitrag von erbreich » Sa 27. Okt 2018, 16:53

Hallo janosch

Zu Deiner Gegenüberstellung der beiden Begriffe "Religion" und "Glaube" hier meine Gedanken:

In Wikipedia lese ich: Das deutsche Wort Glaube wird in dem hier behandelten Sinn verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs πίστις pistis mit der Grundbedeutung „Treue, Vertrauen“. Das zugehörige Verb lautet πιστεύω pisteúō „ich bin treu, vertraue“ (πιστεύειν pisteúein, „treu sein, vertrauen“).

Unter "Glauben" verstehe ich nicht ein "Für-wahr-halten" von etwas (das sich beweisen oder auch nicht beweisen lässt), sondern das Vertrauen ins - und die Treue - zum Leben. Deshalb trug meine erste Buchpublikation den Titel "Dem Leben vertrauen - Der innere Weg". Vertrauen ins Leben habe ich, wenn ich es in seiner Ganzheit annehmen und akzeptieren kann wie es ist. Zum Leben gehören ganz existenziell auch Leiden und Tod, sie lassen sich vom Leben nicht wegdenken. Das Vertrauen - oder der "Glaube", wenn Du so willst - befreit mich nicht vor dem Leiden und Sterben, aber es kann mir die Angst davor nehmen.

Nun kann ich durch verschiedenste Umstände seit meiner Geburt Dinge erlebt haben, die diese Fähigkeit des Vertrauens - wir können es auch das Urvertrauen nennen - stark geschwächt oder fast gänzlich zum Erliegen gebracht haben, so dass ich zum Vertrauen ins Leben und Sterben nicht mehr fähig bin. Es ist aber möglich, diese Fähigkeit (zurück) zu erlangen und auszubilden, bis sie (wieder) die Stärke des Urvertrauens ins Leben und Sterben erreicht. Das ist es, was ich als die Aufgabe der "Religion" erkenne.

Es gibt eine Vielzahl von Bedeutungserklärungen für den Begriff "Religion" ("religio") Um 300 n. Chr. führt der christliche Schriftsteller Lactantius das Wort "religio" auf "religare" zurück, was "wieder verbinden" bedeutet. Diese Bedeutung von Religion als Rückbindung vertritt auch der Kirchenvater Augustinus, der um 400 n. Chr. lebte. Diese Deutung kommt meinem Verständnis am nächsten. Unter "Religion" verstehe ich demnach eine Lehre, die mir ermöglicht, mich (wieder) vollständig mit dem Leben in seiner Ganzheit zu verbinden, indem diese Lehre mir hilft, Vertrauen in die Existenz - das heisst: Ins Geborenwerden, Leben, Leiden und Sterben - zu finden und zu entwickeln.

Dabei spielt es dann keinerlei Rolle, welche "Religion" - im Sinne der institutionalisierten Religionen wie z.B. der fünf Weltreligionen - oder welche "Lehre" oder "Ideologie" überhaupt mir dabei im konkreten Fall eine Hilfe ist.

So vieles Unheilsames und Leidverursachendes, das der Mensch tut, tut er aus Angst vor dem Leben , Leiden und Sterben. Das Vertrauen - der "Glaube" - überwindet diese Angst und befähigt den Menschen dadurch auch zu heilsamen und leidbefreienden Worten und Taten.

Religion und Glaube sind so verstanden keine Gegensätze, sondern wertvolle Ergänzungen.
So etwa sehe ich das, janosch.

Gruss, erbreich

Nova
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Registriert: So 12. Aug 2018, 16:23

#3 Re: Religion vs Glaube!

Beitrag von Nova » Di 30. Okt 2018, 19:15

erbreich hat geschrieben:Hallo janosch

Zu Deiner Gegenüberstellung der beiden Begriffe "Religion" und "Glaube" hier meine Gedanken:

In Wikipedia lese ich: Das deutsche Wort Glaube wird in dem hier behandelten Sinn verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs πίστις pistis mit der Grundbedeutung „Treue, Vertrauen“. Das zugehörige Verb lautet πιστεύω pisteúō „ich bin treu, vertraue“ (πιστεύειν pisteúein, „treu sein, vertrauen“).

Unter "Glauben" verstehe ich nicht ein "Für-wahr-halten" von etwas (das sich beweisen oder auch nicht beweisen lässt), sondern das Vertrauen ins - und die Treue - zum Leben. Deshalb trug meine erste Buchpublikation den Titel "Dem Leben vertrauen - Der innere Weg". Vertrauen ins Leben habe ich, wenn ich es in seiner Ganzheit annehmen und akzeptieren kann wie es ist. Zum Leben gehören ganz existenziell auch Leiden und Tod, sie lassen sich vom Leben nicht wegdenken. Das Vertrauen - oder der "Glaube", wenn Du so willst - befreit mich nicht vor dem Leiden und Sterben, aber es kann mir die Angst davor nehmen.

Nun kann ich durch verschiedenste Umstände seit meiner Geburt Dinge erlebt haben, die diese Fähigkeit des Vertrauens - wir können es auch das Urvertrauen nennen - stark geschwächt oder fast gänzlich zum Erliegen gebracht haben, so dass ich zum Vertrauen ins Leben und Sterben nicht mehr fähig bin. Es ist aber möglich, diese Fähigkeit (zurück) zu erlangen und auszubilden, bis sie (wieder) die Stärke des Urvertrauens ins Leben und Sterben erreicht. Das ist es, was ich als die Aufgabe der "Religion" erkenne.

Es gibt eine Vielzahl von Bedeutungserklärungen für den Begriff "Religion" ("religio") Um 300 n. Chr. führt der christliche Schriftsteller Lactantius das Wort "religio" auf "religare" zurück, was "wieder verbinden" bedeutet. Diese Bedeutung von Religion als Rückbindung vertritt auch der Kirchenvater Augustinus, der um 400 n. Chr. lebte. Diese Deutung kommt meinem Verständnis am nächsten. Unter "Religion" verstehe ich demnach eine Lehre, die mir ermöglicht, mich (wieder) vollständig mit dem Leben in seiner Ganzheit zu verbinden, indem diese Lehre mir hilft, Vertrauen in die Existenz - das heisst: Ins Geborenwerden, Leben, Leiden und Sterben - zu finden und zu entwickeln.

Dabei spielt es dann keinerlei Rolle, welche "Religion" - im Sinne der institutionalisierten Religionen wie z.B. der fünf Weltreligionen - oder welche "Lehre" oder "Ideologie" überhaupt mir dabei im konkreten Fall eine Hilfe ist.

So vieles Unheilsames und Leidverursachendes, das der Mensch tut, tut er aus Angst vor dem Leben , Leiden und Sterben. Das Vertrauen - der "Glaube" - überwindet diese Angst und befähigt den Menschen dadurch auch zu heilsamen und leidbefreienden Worten und Taten.

Religion und Glaube sind so verstanden keine Gegensätze, sondern wertvolle Ergänzungen.
So etwa sehe ich das, janosch.

Gruss, erbreich


Sehr schön gesagt. Es kommt natürlich immer darauf an, wie man diese Begriffe verwendet. Für mich war es sehr erhellend, als ich gelernt habe, dass es in vielen Sprachen noch nicht mal ein Wort für „Religion“ gibt, so wie wir das häufig verwenden, aber dennoch besaßen alle Völker einen Glauben und eine Idee von der richtigen Lebensweise. Den Indianern Nordamerikas wäre es nie in den Sinn gekommen „Religion“ und „Leben“ voneinander zu trennen, weil alles das ganze Universum die Manifestation des Großen Geistes ist. In der arabischen Sprache gibt es das Wort DÄ«n (دين) häufig wird das als „Religion“ in die deutsche Sprache übersetzt, aber das ist nicht ganz passend, weil es inhaltlich eher soetwas bedeutet wie „Lebensordnung“ - din al-haqq wäre dann die „richtige Lebensordnung im Einklang mit der Wahrheit/der wahren Natur der Dinge“.

Vertrauen ins Leben habe ich, wenn ich es in seiner Ganzheit annehmen und akzeptieren kann wie es ist.

Genau dieses Ur-Vertrauen gehört für mich zu dem, was ich den natürlichen Glauben nenne, der einfach der Beziehung des Menschen zum Universum entspringt und unsrem inneren Bewusstsein und fundamenalen Existenz-Gefühl. Wir werden geboren und tragen den Glauben schon in uns. „Religion“ hat für mich darum eher etwas mit Selbst-Erkenntnis, als mit irgendwelchen dogmatischen Glaubenssystemen zu tun. Gnothi seauton (γνῶθι σεαυτόν) „Erkenne Dich selbst!“ ist eine von drei apollonischen Weisheiten aus dem antiken Heiligtum von Delphi. Die zwei weiteren lauteten „Meden agan“ (Μηδὲν ἄγαν) „Nichts im Übermaß!“ und „Ei“ (Εἶ) „Du bist“. Die Inschriften wurden an den Säulen der Vorhalle des Apollontempels in Delphi angebracht. Apollon (altgriechisch Ἀπόλλων) ist in der griechischen und römischen Mythologie der Gott des Lichts und - was ich sehr interessant finde - der Musik, der Dichtkunst und des Gesangs. Was hat das eigentlich mit Religion zu tun? 8-)

Bild
Apollon mit Kithara (Fresko, Haus des Augustus, heute im Palatin Antiquarium in Rom, ca. 20 v. Chr.)

Mein Bester, vergiß nicht, dich selbst zu erkennen, und mache nicht den Fehler, den die meisten Menschen machen! Denn die meisten sind darauf aus, vor den Türen anderer zu kehren und kommen nicht dazu, vor ihrer eigenen zu kehren. Versäume also dieses ja nicht, sondern bemühe dich vielmehr, auf dich selbst zu achten und vernachlässige ja nicht den Staat, wenn du etwas zu seiner Besserung beitragen kannst. Denn wenn es mit diesem gut steht, so werden nicht nur die übrigen Bürger, sondern auch deine Freunde und du selbst den meisten Nutzen davon haben.“

Sokrates (469 – 399 v. Chr.), griechischer Philosoph.
Quelle: Xenophon, Memorabilien: Erinnerungen an Sokrates, 371 v. Chr. III, 7, 9

Unter "Religion" verstehe ich demnach eine Lehre, die mir ermöglicht, mich (wieder) vollständig mit dem Leben in seiner Ganzheit zu verbinden, indem diese Lehre mir hilft, Vertrauen in die Existenz - das heisst: Ins Geborenwerden, Leben, Leiden und Sterben - zu finden und zu entwickeln.

Wunderbar gesagt :thumbup: Buddhisten kennen dafür den Begriff Shraddha (Sanskrit: श्राद्ध Å›rāddha) was so viel wie „gläubiges Vertrauen“ bedeutet. Oder auch: liebende Hingabe, Zuversicht, Vertrauen, aber ein sehendes, wahrnehmendes und rational begründetes Vertrauen, niemals blinder Glaube. In einem buddhistischen Vortrag wird Shraddha so beschrieben:

Es ist ein aktives Sich-Öffnen für etwas Höheres, für das Wahre, das Schöne, etwas, das einen verändern kann, die Möglichkeit unbegrenzter Entwicklung.




Eine zentrale Erkenntnis aus dem Vortrag: Sraddha, gläubiges Vertrauen, lässt sich aktiv kultivieren. Religiöse Rituale können dabei helfen, da sie dem Leben Struktur verleihen, aber gleichzeitig darf das klare Denken nicht vergessen werden, die Fähigkeit über eigene Erfahrungen kritisch zu reflektieren und die Spreu vom Weizen zu trennen. Das lateinische Wort für glauben, das credere (Credo in unum deum), steht in Beziehung zur altindischen Wurzel sraddha, deren Bestandteile Herz und setzen, stellen, legen, zusammen also etwa: „sein Herz (auf etwas) setzen“ bedeuten. Was alle Menschen verbindet ist nicht die institutionalisierte Religion und dogmatische Glaubenssysteme, da es auf dieser Ebene immer Streitigkeiten gibt, aber sehr wohl die „Religion der Wahrheit“ (dÄ«n al-ḥaqq) der humane Kern des ewig Wahren, Schönen und Guten, welchen alle Weltreligionen umkreisen. „... ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang ...

Oder wie mein Bruder Johann Ibn Goethe (Gottes Segen und Friede sei auf ihm) so wunderbar sagte ...

Das Göttliche

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.
Heil den unbekannten
Höhern Wesen,
Die wir ahnen!
Ihnen gleiche der Mensch!
Sein Beispiel lehr uns
Jene glauben.

Denn unfühlend
Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne
Über Bös und Gute,
Und dem Verbrecher
Glänzen wie dem Besten
Der Mond und die Sterne.

Wind und Ströme,
Donner und Hagel
Rauschen ihren Weg
Und ergreifen
Vorüber eilend
Einen um den andern.

Auch so das Glück
Tappt unter die Menge,
Faßt bald des Knaben
Lockige Unschuld,
Bald auch den kahlen
Schuldigen Scheitel.

Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen
Müssen wir alle
Unsreres Daseins
Kreise vollenden.

Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;
Er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.

Er allein darf
Den Guten lohnen,
Den Bösen strafen,
Heilen und retten,
Alles Irrende, Schweifende
Nützlich verbinden.

Und wir verehren
Die Unsterblichen,
Als wären sie Menschen,
Täten im großen,
Was der Beste im kleinen
Tut oder möchte.

Der edle Mensch
Sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff er
Das Nützliche, Rechte,
Sei uns ein Vorbild
Jener geahneten Wesen!




Alḥamdulillāh, Alles Lob gebührt Allāh (Alaha), dem Herrn aller Welten, dem Unendlichen Einen Schöpfer, dem Barmherzigen, der die Webmuster der Existenz auf solch vollkommene und erhabene Weise zusammen fügt und jede wahrheitsliebende/suchende Seele erleuchtet ... er gibt jedem Rechtleitung, wie er will, wann er will, wo er will... Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem werden tausend Türen aufgetan. Solcherart ist die göttliche Barmherzigkeit, die ohne Anfang und Ende ist, grenzenlos und allumfassend. AmÄ«n :engel: :Herz: :wave:

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