Warum laufen den Kirchen die Menschen davon?

[Travis]

Ich versteh dein Rätsel spiel leider nicht also passe es.

Einfache Frage, darauf eine einfache Antwort. Die einfache Frage war: Was ist "Aufklärung" für Dich?

[closs]

Aber hier geht es nicht um die Katholiken, sondern die Evangeliken!
Die sind „Aufgeklärt", oder??

Laut Thread-Titel geht es allgemein um "die Kirchen".

"Aufgeklärt" oder "nicht aufgeklärt" sind üblicherweise Menschen und nicht Kirchen - aber ich will nicht ausweichen. - Innerhalb der RKK und auch der EK kenne ich recht viele echt aufgeklärte Menschen, aber auch recht viele ganz und gar nicht aufgeklärte Menschen. - Fundamental-theologisch kann man die RKK sehr wohl ebenfalls als "aufgeklärt" verstehen - da muss man allerdings tief hineinlesen.

Leichter fällt mir ein Urteil im Rückblick: Leute wie Christian Wolff (1679 - 1754) sind aus meiner Sicht die Spitze der Aufklärung schlechthin. - Entscheidend scheint mir dazu folgender wik-Satz zu sein: "Wolff ist ... Verteidiger einer kongruenten Ergänzung von Vernunft und Offenbarung".

Was die Evangelikalen angeht: Hinter diesem Wort verbergen sich so viele unterschiedliche Ausformungen, dass es schwer ist, von DEN Evangelikalen zu sprechen.

[Kingdom]

[

Sie haben die Schnauzte einfach voll von Christlichen lügen...!

Also welche willst du haben?

Am besten fängst Du bei deinen Lügen an, die welche Du uns noch nicht offenbart hast.

Lg Kingdom

[Kingdom]

Radio, Film, Fernsehen und Internet bieten eine Ausrichtung an, die umfangreicher (globaler) ist, als es eine Gemeinde jemals sein kann.
„Die Gemeinde“ hat ihre Monopolstellung als nächst grössere Gruppe (in Relation zur "Familie") verloren.

Wenn dieses „wackelige Gefüge mit lokalem Ambiente“ dann auch noch einen Skandal abbekommt, dann ist viel schneller „der Ofen aus“, als es früher war - einer Zeit in der das Verlassen der Gemeinde eine klare Isolierung bedeutete.

Die Frage wäre, ja ob die neue Gemeinde, eben nicht noch mehr Isolierung mit sich bringt, die man aber vor lauter Ablenkung gar nicht mehr so zur Kenntnis nimmt?

Lg Kingdom

[SilverBullet]

Vielleicht erkennt man an diesen Zusammenhängen, auf was die „Religionsangehörigkeit“ in Wirklichkeit basiert: einer Gruppenzugehörigkeit.Bei der Religion spielt „der Glaube“ eher kaum eine Rolle – es sind in erster Linie die Gruppenrituale.

Das ist faktisch leider richtig - hier liegt der eigentliche Grund für den Niedergang der Kirchen im Westen: Die Entfremdung von dem, was die Kirche eigentlich vertritt. Die Substanz dazu ist schlicht nicht mehr bzw. viel weniger oft als früher "da". - Warum schwimmen lernen, wenn man nicht mehr weiß, was Wasser ist?

Von welchem „früher“ sprichst du und an wem genau machst du das „Wissen über Wasser“ fest?

---
---

Die Welt ist über christianisiert!

Dass wäre aber eher nur ein Weltausschnitt und wenn man sich in der globalisierten Gruppe „bewegt“ kann diese „Christianisierung“ schon allein wegen ihrer tausenden Variationen nicht wirklich vertreten sein.
Bei einem derartigen Umfang stösst Religion wohl einfach an ihre Grenzen.

---
---

@Kingdom
Die „Gemeindefrage“, also „Gläubige“ wie Schäflein zu verwalten, ist letztlich wohl zu wenig, um als Hinderungsgrund für Kirchenaustritte zu wirken.

[Travis]

Die Frage wäre, ja ob die neue Gemeinde, eben nicht noch mehr Isolierung mit sich bringt, die man aber vor lauter Ablenkung gar nicht mehr so zur Kenntnis nimmt?

Gerade in der ev. Kirche bildete sich durch die Jahre hinweg eine "Kirche in der Kirche" heraus, eben auch um einen weiteren Isolationseffekt zu vermeiden. Das klappt recht gut zumindest, dort, wo dies durch die Kirchenleitung nicht unterdrückt wurde. Entsprechende Ortskirchen sind meist voll... manche mussten gar vergrößern und anbauen. Außerhalb dieses innerkirchlichen Glaubensverständnisses sieht es anders aus.

Spricht man mit den Leuten, so hat die liberale Theologie die Relevanz für das Leben verloren. "Verloren" ist dabei beschönigend ausgedrückt, da diese Form der Theologie nie eine Relevanz hatte. Es dauerte halt etwas, bis den Leuten dieser Umstand deutlich wurde. Ihnen wurde ständig gesagt, dass mit Taufe und Konfirmation alles erledigt sei, was man als Christ benötige. Also machten die Leute genau das... ließen ihre Kinder taufen, nutzen die Konfirmation um Geld zu sammeln und wandten sich dann ihrem eigenen Leben zu... der Himmel ist ja gesichert. Als ihnen dann gesagt wurde, dass Kirchenmitgliedschaft irrelevant für die christliche Identität sei, wurde auch dies dankbar angenommen. Taufen, Konfirmation und dann raus aus dem Laden... Kirchensteuer sparen.

Liberale Theologie in den Gemeinden ist nichts weiter, als die konsequente Fortsetzung der HKM aus den Universitäten. Sie schafft sich selber ab. Früher meinten die Professoren, man können den Leuten vor Ort nicht den "neuesten Stand" der Forschung predigen, da die meisten das nicht verkrafteten. Als die ersten Hochschullehrer dann öffentlichen ihrem Glauben abschworen, weil sie die Heuchelei selber nicht mehr ertrugen, lies sich die Lehrdiskrepanz nicht mehr verdeckt halten. Das meiste was heute in den Kirchen gepredigt wird, kann man auch in den politischen Bierzelten finden. Den Rest gibt es bei der freiwilligen Feuerwehr oder beim DRK.

Aktuell erntet die ev. Kirche die Früchte ihrer Irrelevanz. Kaum noch wer hat Lust ev. Theolgie zu studieren. Daher stehen gravierende Umstrukturierungen ins Haus. Gemeinden werden nicht aus finanziellen Gründen zusammengelegt oder weil zu wenig Besucher da wären, sondern weil es zu wenig Pastoren gibt und die Pensionierungswelle gerade erst angefangen hat.

[closs]

Von welchem „früher“ sprichst du und an wem genau machst du das „Wissen über Wasser“ fest?

"Wissen" ist ein System-Begriff innerhalb von Modellen. - "Früher" ist die Zeit, in der der Zeitgeist noch an transzendenten Fragen orientiert war.

[Munro]

Ich bin aus ähnlichen Gründen raus - mir ging der Satz "Ich glaube an die Heilige Katholische Kirche" die Nase hoch. - Allerdings sollte man AUCH sagen: In der Praxis spielt das keine Rolle.

Ich sag mal so:

Es gefällt mir immer noch sehr, wenn dieser Satz in schönem Latein nach der Art und Weise des Gregorianischen Chorals gesungen wird:
"ET UNAM SANCTAM CATHOLICAM ET APOSTOLICAM ECCLESIAM".

Aber das ist für mich nun mehr eine Sache der Musik und der Tradition als des Glaubens.

[JackSparrow]

Liegt es an der Botschaft, der immer weniger Leute glauben?

Die Kirche ist zu tolerant gegenüber Andersgläubigen und Abtrünnigen. Das schwächt den Gruppenzusammenhalt unter den Gläubigen.

[PeB]

Liegt es am Missbrauch durch kirchliche Ordensträger? Das könnte eine Erklärung für die Katholiken sein.
Aber warum kehren die Menschen auch der evangelischen Kirche den Rücken? Liegt es an der Botschaft, der immer weniger Leute glauben?
Oder liegt es an der allgemeinen Aufklärung?

Es liegt an der mutmaßlichen Erfahrung aus der Aufklärung, die scheinbar belegt, dass der Mensch Gott nicht brauche und die Dinge alleine regeln kann.
Und hier beginnt die Aufklärung:

Da sagte die Schlange zur Frau: Keineswegs werdet ihr sterben! Sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.

...et voilá!