Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#391 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » So 24. Mär 2019, 20:39

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:36
Descartes hat nirgendwo geschrieben, dass seine Überzeugung Gott existiere, eine Form von glauben (im Sinne von “Glaubensentscheid”) ist. Sondern genau das Gegenteil.
OK - auf der Ebene, auf der Du jetzt argumentierst, hat Du recht: Descartes hat sich (mindestens zeitweise) eingebildet, dass er WEISS, dass es Gott gibt.

Aber das unterstreicht doch um so mehr, dass er die Frage (MEINE Ebene), ob Res extensa "echt" seien oder nicht, nicht mit "ICH" beantwortet, sondern mit Gott; WEIL er wohlwollend ist, gibt er mir keine Wahrnehmung, die mich täuscht - er könnte es aber und ich würde es nicht merken!!! - Und DAS ist der Punkt, der in den Disklussionen mit Naturalisten das Wichtige ist, die nämlich meinen, Subjekt-Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) sei quasi synonym mit "dem, was der Fall ist". - Und da muss man sagen: Denke ich der Spur nach auch - aber es ist ein Glaubensentscheid - es könnte ganz anders sein und ich würde es nicht merken.

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:36
Hat diesen in der Geschichte der Menschheit eigentlich sonst noch jemand vertreten?
Welchen Ansatz? Den gruseligen oder meinen? - Den meinigen halte ich für derart selbstverständlich, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass er in einer anspruchsvollen Philosophie möglich ist, gegen die Purva Mimamsa (neuer Begriff - danke) zu verstoßen. - Sogar in der Justiz ist es so: "Unschuldsvermutung".

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:36
Meine Position ist, dass ich keinerlei Sympathien für die Purva-Mimamsa-Erkenntnistheorie (irgendeinen Namen müssen wir dem ja geben) habe (ich hänge schlicht einem moderaten Rationalismus, d. h. die Vernunft ist die wichtigste Quelle der Erkenntnis, bedeutender als die Empirie an)
Das klingt nach Pragmatismus - ich war lange verantwortlich in der Wirtschaft tätig: Da war ich noch weit pragmatischer - bis hin zur philosophischen Selbstverleugnung. - Also worüber reden wir: "OB etwas venünftig ist oder WOZU etwas vernünftig ist?".

In anderen Worten: Ich stimme Dir auf pragmatischer Ebene voll zu. - Aber damit kann man doch keine philosophischen Grundsatzfragen lösen, oder?

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:36
Von den zeitgenössischen Philosophen liegt mir Thomas Nagel am meisten, selbst wenn er, überspitzt formuliert, nicht über Essays hinauskommt.
Kannte ich bis jetzt nicht - klingt aber in wik sehr erfreulich.

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:36
Natürlich ist der wirkliche Descartes weitaus erträglicher als der im closs’schen Zerrspiegel erscheinende, aber trotzdem!
Das wäre gesondert zu diskutieren. - Für mich ist Descartes wichtig für:
1) Es ist philosophisch plausibel, dass der Mensch in seiner Existenz obligatorisch geistig, aber nur fakultativ materiell ist.
2) Descartes weist auch heute noch nach, dass der Naturalismus auf dem GLAUBEN beruht, dass der Mensch obligatorisch materiell, aber nur fakultativ geistig ist.
3) "Ich" ist das Einzige, was der Mensch vorannahme-frei "weiss".
Seine Gottes"beweise" und seine physikalischen Versuche interessieren mich persönlich nicht so sehr.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#392 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von JackSparrow » So 24. Mär 2019, 21:30

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 20:39
3) "Ich" ist das Einzige, was der Mensch vorannahme-frei "weiss".
Descartes mag ja vieles wahrgenommen haben - Sonnenlicht, einen knurrenden Magen oder eine Migräne, aber ein "Ich" war mit Sicherheit nicht dabei.

Offensichtlich ist "Ich" eins dieser philosophischen Konstrukte, von denen ein Mensch niemals etwas wissen kann und die man sich erst selbst ausdenken muss, wenn man etwas darüber auszusagen wünscht.

Seine Gottes"beweise" und seine physikalischen Versuche interessieren mich persönlich nicht so sehr.
Descartes' Theorie von der Geist-Körper-Interaktion hätte sich damals gar nicht durchsetzen können, wenn er nicht die passende Physik gleich mitgeliefert hätte.

Seitdem Descartes durch den Impulserhaltungssatz widerlegt wurde, beschränkt sich der Spielraum der Dualisten im Wesentlichen auf die Hypothese vom Geist als "Epiphänomen", der überhaupt nicht mehr auf den Körper einwirken kann.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#393 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » So 24. Mär 2019, 23:05

JackSparrow hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 21:30
Descartes mag ja vieles wahrgenommen haben - Sonnenlicht, einen knurrenden Magen oder eine Migräne, aber ein "Ich" war mit Sicherheit nicht dabei.
Mit "Wahrnehmung" ist auch geistige Wahrnehmung gemeint. - Und natürlich ist dasjenige, das bewusst wahrnimmt, das ICH.

Eine Giraffe nimmt vermutlich nicht wahr im Sinne von "Ich, Giraffe Elsa, nehme dort einen Baum wahr", sondern ein Es geht zum Baum, weil es Instinkte hat, die es leiten. - Oder siehst Du das anders?

JackSparrow hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 21:30
Seitdem Descartes durch den Impulserhaltungssatz widerlegt wurde
Descartes wurde sicherlich nicht ontisch widerlegt, sondern durch ein Modell mit Annahmen (das gilt auch für Ryle). - Dieses Modell sieht nur von der materiellen Seite, weil es nichts anderes kann.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#394 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Mo 25. Mär 2019, 01:48

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:09
Pluto hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:01
Mich wundert, dass die Kanonik überhaut Vorannahmen braucht. Geht es nicht auch ohne (wie es in der Wissenschaft üblich ist)?
Das ist doch Dein Denkfehler, dass es ohne ginge - es geht NICHT ohne.
Doch - es geht auch ohne. Man muss es nur wollen. Wer Prämissen setzt, hat es nötig zu setzen. Nämlich: Um zu einem ganz bestimmten, gewünschten und gewollten Ergebnis zu kommen.

Beispiel:

Die ASTROLOGIE setzt, dass die Gestirne einen elementaren Einfluss auf unser Schicksal und Leben nehmen. Auf diese Setzung baut sie dann ihr gesamtes "Glaubens- und Lehrgebäude" auf, das nicht falsifizierbar ist und durch keinen "hermeneutischen Zirkel" widerlegt werden kann.

Merkste was? ;)

closs hat geschrieben:Wie kommst Du/kommt man eigentlich darauf, dass die Untersuchungs-Grundlagen der HKE "Bibel = wie normaler Text" oder "Jesus ist nur Mensch" oder "Geschichte ist als naturalistisch kontinuierlich zu verstehen (= keine Wunder)" NICHT Vorannahmen sind?
Mit Deinen platten Unterstellungen versuchst Du nur, der historisch-kritischen Forschung Vorannahmen unterjubeln, die sie gar nicht hat:

1. Zur Realität von supranaturalistischen göttlichen Eingriffen (Wundern) bezieht die HKE überhaupt keine Stellung - weder in positiver noch in negativer Weise, weil sie das aus wissenschaftlicher Sicht nicht kann. Wenn Bultmann zum Ausdruck bringt, Gott tue dies nicht, weil er solche Spielchen nicht nötig hat, ist das seine persönliche Meinung. Dass Gott Wunder wirken KÖNNTE, stellt er nicht in Abrede.

2.Dass die HKE biblische Texte in derselben Art und Weise auslegt wie andere antike Texte auch, ist selbstverständlich keine Vorannahme. Unwissenschaftlich wäre es, die biblischen Texte als inspirierte Offenbarungen einer Gottheit anzunehmen. Die HKE hat nicht die Aufgabe,
die Existenz Gottes zu bestätigen ODER zu widerlegen.

Das ist der Hintergrund für die eindeutige Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission" an die HKE. Diese hat mit Vorannahme nichts zu tun.

3.Dass Jesus nur als Person der Zeitgeschichte und nicht als himmlisches Wesen Gegenstand der historisch-kritischen Forschung ist, schließt keinesfalls aus, dass er ein auf Erden wandelnder Halbgott war. Das kann aber nur eine Frage des persönlichen Glaubens sein, aus der sich
die HKE geflissentlich heraushält. Es gibt keine Vorannahme, dass Jesus "nur" Mensch und keinesfalls göttlich war.

closs hat geschrieben:Es muss doch ersichtlich sein, dass die beiden historisch möglichen Versionen "Jesus = nur Mensch" und "Jesus ist auch göttlich" zu unterschiedlicher Auslegung führen .
Nein - dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat, hat nichts mit seinem evtl. Status als Mensch oder Gott zu tun. Sein Irrtum ist nunmal Fakt, weil die Gottesherrschaft ausblieb.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#395 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Mo 25. Mär 2019, 05:49

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:31
sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:19
Die neutestamentliche Forschung behandelt alle geistig-spirituellen Fragen, soweit sie sich aus den Textquellen ergeben.
Aber sie kann sie doch nur zitierend und nicht urteilend behandeln - wo sollte sie dazu Voraussetzungen rekrutieren, wenn sie spirituell neutral antritt? - Spürst Du wirklich nicht den Widerspruch?
Neutralität heißt hier: die Forschung macht keine Aussagen wie: die biblischen Texte sind göttlich inspiriert und irrtumsfrei, ergo muss die Vergottung des Wanderpredigers ein historisches Ergeignis sein, weil die Texte sich ja nicht irren können. Diese Zirkelschlüsse sind den Glaubensideologen vorbehalten. Insofern gibt es da keinen Widerpruch.

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:31
sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:19
Die Freiheit von Glaubensbekenntnissen hat nichts mit Stammtischhoheit zu tun, sie ist Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten.
Du führst Dich selber in die Irre, indem Du "Vorannahmen" (die auch die HKE hat) als "Glaubensbekenntnis" bezeichnest und damit einen religiösen Anstrich gibst. - Versuche es mal mit "Vorannahmen" und vergiss die Art der Vorannahmen.
Nein, das kann man nicht "vergessen", der Unterschied ist elementar und bezeugt, ob man wissenschaftlich vorgeht oder glaubensorientiert.


closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:31
sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 11:19
Mir ist schleierhaft, wie du jemals auf den Trichter gekommen bist, eine Doktorarbeit abliefern zu wollen.
Das ist nicht Deine Welt - belasse es bei Deinem SChleier. ;)
Deine Welt offensichtlich auch nicht, sonst könnten wir heute Dr. closs zu dir sagen. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#396 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von JackSparrow » Mo 25. Mär 2019, 07:48

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 23:05
Und natürlich ist dasjenige, das bewusst wahrnimmt, das ICH.
Und das weißt du ohne Vorannahme? Woher kennst du denn das Wort ICH?

Eine Giraffe nimmt vermutlich nicht wahr im Sinne von "Ich, Giraffe Elsa, nehme dort einen Baum wahr", sondern ein Es geht zum Baum, weil es Instinkte hat, die es leiten.
Ein Descartes nimmt vermutlich ebenfalls nicht wahr im Sinne von "Ich, Monsieur Descartes, nehme dort einen Baum wahr", sondern sein motorisches Sprachzentrum lässt ihn diesen Satz formulieren, sobald Artgenossen in der Nähe sind (so wie auch die Giraffe ein Geräusch machen würde, wenn sich ein Löwe in der Nähe befände), weil er als sozial lebendes Säugetier Instinkte hat, die ihn dazu anleiten, seine Artgenossen über seine Wahrnehmungen in Kenntnis zu setzen.

Descartes wurde sicherlich nicht ontisch widerlegt, sondern durch ein Modell mit Annahmen
Descartes wurde durch seinen Kumpel Newton widerlegt, dessen physikalisches Modell einfach besser war und deshalb heute noch gilt und deshalb heute noch eine Geist-Körper-Interaktion ausschließt, so wie sie sich Descartes vorgestellt hatte.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#397 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mo 25. Mär 2019, 08:44

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Wer Prämissen setzt, hat es nötig zu setzen.
Dann soll es die HKE halt sein lassen. - Dann soll sie zweigleisig fahren und die Texte auch so interpretieren, als sei Jesus göttlich und als sei es historisch möglich gewesen, dass Jesus leiblich auferstanden sei.

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Auf diese Setzung baut sie dann ihr gesamtes "Glaubens- und Lehrgebäude" auf, das nicht falsifizierbar ist und durch keinen "hermeneutischen Zirkel" widerlegt werden kann.
Wenn es Gründe gibt, wird der Zirkel sich sehr schnell ausgezirkelt haben - das kriegt man wissenschaftlich hin.

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
1. Zur Realität von supranaturalistischen göttlichen Eingriffen (Wundern) bezieht die HKE überhaupt keine Stellung
Das ist ein anderes Wort für "verschweigen" - merkste was? - Sie bezieht keine Stellung, was gleichbedeutend ist mit "Wir interpretieren, als gäbe es sowas nicht". - Muss man ja nicht - aber damit kann man nicht beanspruchen, alle Optionen dessen, was der Fall gewesen sein könnte, abzudecken.

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
2.Dass die HKE biblische Texte in derselben Art und Weise auslegt wie andere antike Texte auch, ist selbstverständlich keine Vorannahme.
Natürlich ist das eine. - Allein die Art, wie man andere antike Texte untersucht, ist eine Vorannahme - das gilt auch für Caesars "De bello Gallico".

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Unwissenschaftlich wäre es, die biblischen Texte als inspirierte Offenbarungen einer Gottheit anzunehmen. D
Das hieße, dass es unwissenschaftlich für eine Geschichts-Disziplin wäre, einen Fall für möglich zu halten, der der Fall gewesen sein kann - ist das der Sinn von Wissenschaft?

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Dass Jesus nur als Person der Zeitgeschichte und nicht als himmlisches Wesen Gegenstand der historisch-kritischen Forschung ist, schließt keinesfalls aus, dass er ein auf Erden wandelnder Halbgott war.
Aha - Du sagst also selber, dass die Option, dass Jesus göttlich war (nicht "Halbgott" :D ), historisch möglich gewesen sein kann, aber trotzdem von einer historischen Wissenschaft nicht erwogen werden kann. - Wie erklärst Du Dir dann, dass es Wissenschaftler gibt, die eindeutige Ergebnisse der HKE als "Faktum" bezeichnen, als würde es also mit dem, was damals der Fall war, zweifellos identisch sein?

Das klingt wie:
Jesus könnte zwar historisch göttlich gewesen sein - das ist aber nicht unsere hermeneutische Option. Trotzdem behaupten wir, dass Ergebnisse unserer Option mit dem übereinstimmen, was damals der Fall war. ---- Merkste was?

Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Nein - dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat, hat nichts mit seinem evtl. Status als Mensch oder Gott zu tun.
Doch - denn wer er göttlich war, hat er "nahes Gottesreich" ganz anders gemeint, also ihm die HKE unterstellt.

sven23 hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 05:49
Neutralität heißt hier: die Forschung macht keine Aussagen wie: die biblischen Texte sind göttlich inspiriert und irrtumsfrei, ergo muss die Vergottung des Wanderpredigers ein historisches Ergeignis sein, weil die Texte sich ja nicht irren können.
Das macht eh keiner - das wäre eine ziemlich bescheuerte Option, die es seitens der großkirchlichen Theologien nicht gibt. - Du versuchst, Unsinniges einzuführen, um Sinniges damit zu entsorgen.

sven23 hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 05:49
Nein, das kann man nicht "vergessen", der Unterschied ist elementar und bezeugt, ob man wissenschaftlich vorgeht oder glaubensorientiert.
Letztlich fällst Du auf Deinen eigenen Zirkelschluss rein: "Ich definiere, dass meine Vorannahmen keine sind und ich deshalb wissenschaftlich bin - da ich damit vorannahme-frei bin, sind andere unwissenschaftlich, die Vorannahmen haben".

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#398 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mo 25. Mär 2019, 08:52

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 07:48
closs hat geschrieben: ↑
Mo 25. Mär 2019, 00:05
Und natürlich ist dasjenige, das bewusst wahrnimmt, das ICH.

Und das weißt du ohne Vorannahme? Woher kennst du denn das Wort ICH?
Es ist die verbale bezeichnung eines Inhalts, der vorher bewusst oder unbewusst definiert wurde. - Ich gehe davon aus, dass eine Giraffe das NICHT kann.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 07:48
Ein Descartes nimmt vermutlich ebenfalls nicht wahr im Sinne von "Ich, Monsieur Descartes, nehme dort einen Baum wahr", sondern sein motorisches Sprachzentrum lässt ihn diesen Satz formulieren
Schon klar - aber jetzt bewegen wir uns auf zwei Ebenen: Auto-Fahrer und Auto-Motor. - Der Fahrer ist der Geist, der Motor ist das Sprachzentrum.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 07:48
weil er als sozial lebendes Säugetier Instinkte hat, die ihn dazu anleiten, seine Artgenossen über seine Wahrnehmungen in Kenntnis zu setzen.
Aber es ist doch ein Unterschied, ob ein Descartes bewusst sagt/denkt "Scheiße, ein Löwe - da muss ich dem Jack schnell ne App schicken, damit er dem Löwen nicht über den Weg läuft" oder ob ein bewusstloser Instinkt die Giraffe dazu veranlasst, in gleicher Situation laut "muhh" :lol: zu brüllen.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 07:48
Descartes wurde durch seinen Kumpel Newton widerlegt, dessen physikalisches Modell einfach besser war und deshalb heute noch gilt und deshalb heute noch eine Geist-Körper-Interaktion ausschließt, so wie sie sich Descartes vorgestellt hatte.
Ich habe hier auf dem Forum gelernt, dass "widerlegen" eine methodische und keine ontische Größe ist. - Mit anderen Worten: Newton hat sicherlich etwas widerlegt im Sinne seines Ansatzes, aber nicht notwendigerweise in der sache selbst. - Dito Ryle im 20. Jh.

Newtons Ansatz kenne ich nicht - ich vermute, er hat den selben "Fehler" (alias "hermeneutische Option") gemacht, die Frage aus Sicht der Materie zu stellen - als sei diese der Ausgangspunkt und nicht der Geist. - Aber das ist keine Behauptung, sondern eine Vermutung.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#399 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Mo 25. Mär 2019, 09:12

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:44
Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Wer Prämissen setzt, hat es nötig zu setzen.
Dann soll es die HKE halt sein lassen. - Dann soll sie zweigleisig fahren und die Texte auch so interpretieren, als sei Jesus göttlich und als sei es historisch möglich gewesen, dass Jesus leiblich auferstanden sei.
Das spricht wieder mal der Laie closs.
Und dann haben wir 2 sich widersprechende Ergebnisse, die, wie wir ja laut closs wissen, gleichzeitig wahr und falsch sein können. :lol:

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:44
Münek hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 01:48
Nein - dass sich Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat, hat nichts mit seinem evtl. Status als Mensch oder Gott zu tun.
Doch - denn wer er göttlich war, hat er "nahes Gottesreich" ganz anders gemeint, also ihm die HKE unterstellt.
Genau, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, interpretieren wir mal alles schnell ins Gegenteil um. Und das will uns der closs auch noch als Wissenschaft verkaufen. :roll:

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:44
sven23 hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 05:49
Neutralität heißt hier: die Forschung macht keine Aussagen wie: die biblischen Texte sind göttlich inspiriert und irrtumsfrei, ergo muss die Vergottung des Wanderpredigers ein historisches Ergeignis sein, weil die Texte sich ja nicht irren können.
Das macht eh keiner - das wäre eine ziemlich bescheuerte Option, die es seitens der großkirchlichen Theologien nicht gibt. - Du versuchst, Unsinniges einzuführen, um Sinniges damit zu entsorgen.
Oben noch foderst du das Glaubensbekenntnis, dass Jesus göttlich gewesen sei, und nennst das jetzt bescheuert. Dabei gehen Kanoniker genaus so vor, wie du es gefordert hast. Kannst du dich mal mit dir selber auf irgendwas einigen? :roll:

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:44
sven23 hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 05:49
Nein, das kann man nicht "vergessen", der Unterschied ist elementar und bezeugt, ob man wissenschaftlich vorgeht oder glaubensorientiert.
Letztlich fällst Du auf Deinen eigenen Zirkelschluss rein: "Ich definiere, dass meine Vorannahmen keine sind und ich deshalb wissenschaftlich bin - da ich damit vorannahme-frei bin, sind andere unwissenschaftlich, die Vorannahmen haben".
Warum das keine Vorannahmen sind, die mit den Glaubensbekenntnisse der Kanoniker auch nur annähernd vergleichbar wären, hat dir Thäddäus eben noch ausführlich erklärt. Schon wieder vergessen? :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#400 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Mo 25. Mär 2019, 09:18

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:52
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 07:48
Descartes wurde durch seinen Kumpel Newton widerlegt, dessen physikalisches Modell einfach besser war und deshalb heute noch gilt und deshalb heute noch eine Geist-Körper-Interaktion ausschließt, so wie sie sich Descartes vorgestellt hatte.
Ich habe hier auf dem Forum gelernt, dass "widerlegen" eine methodische und keine ontische Größe ist.
Ähm, doch. Zirbeldrüsendescartes ist auch ontisch widerlegt.


closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:52
- Mit anderen Worten: Newton hat sicherlich etwas widerlegt im Sinne seines Ansatzes, aber nicht notwendigerweise in der sache selbst.
Newtons Ansatz kenne ich nicht - ich vermute, er hat den selben "Fehler" (alias "hermeneutische Option") gemacht, die Frage aus Sicht der Materie zu stellen - als sei diese der Ausgangspunkt und nicht der Geist. - Aber das ist keine Behauptung, sondern eine Vermutung.
Ja, der closs vemutet ständig irgendwas. :roll:
Newton hat nebenbei insgeheim Alchemie betrieben und war gläubig.

Ohne allen Zweifel konnte diese Welt, so wie wir sie erfahren, mit all ihrer Vielfalt an Formen und Bewegungen, nur und aus nichts anderem entstehen als aus dem absoluten und freien Willen Gottes, der über alles herrscht und regiert.
Sir Isaac Newton (1643-1727), englischer Physiker, Mathematiker und Astronom
(Quelle: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica, 1713)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Antworten