Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#351 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Do 21. Mär 2019, 02:29

Lena hat geschrieben:
Di 19. Mär 2019, 10:23
Münek, warum schreibst Du Deine Worte so fett?
Nur der Optik wegen. Es hat sonst keine besondere Bedeutung. :)

Roland
Beiträge: 1399
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 13:07

#352 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Roland » Do 21. Mär 2019, 18:27

Thaddäus hat geschrieben:
Mi 20. Mär 2019, 19:57
...wenn die Evangelien historisch zuverlässig wären, dann gäbe es nicht 29 davon (inklusive der 25 apokryphen Evangelien).
Was ist das denn für 'n Satz? Das ist ungefähr so, als würde man sagen "wenn Pilze genießbar wären, gäbe es nicht soviele Arten davon…"

Thaddäus hat geschrieben:
Mi 20. Mär 2019, 19:57
Roland hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 12:35
Der Literaturwissenschaftler C. P. Thiede: Die Fakten, die wir heute besitzen, stehen allgemein zur Verfügung. Geheimnisse gibt es da nicht."
Ich hoffe, du glaubst nicht im Ernst, dass dein Literaturwissenschaftler C. P. Thiede von irgendeinem Neutestamentler an einer deutschen Universität (vielleicht mit Ausnahme von Berger) mit dieser seiner Aussage ernst genommen wird.
Es gibt genügend theologische Hochschulen, mit Neutestamentlern, die es genau so sehen, wie Thiede.

Thaddäus hat geschrieben:
Mi 20. Mär 2019, 19:57
Stand der Forschung und wissenschaftlicher Standard sind Theissen/Merz, die auch das einschlägige Lehrbuch für die Ausbildung der Theologen an deutschen Unis stellen. In anderen Ländern wie den USA oder Argentinien wird vor allem der Historiker Robert Knapp wertgeschätzt.
Und Theißen schreibt in "Der historische Jesus" richtigerweise, dass Wissenschaft nicht sagt: "So war es" sondern: "So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein" . Und dass diesen Vermutungen immer Vorentscheidungen voraus gehen. Axiomatische Überzeugungen wie Theißen es nennt. Und zu den historisch-kritischen Grundüberzeugungen, von denen man ausgeht, zählt es nach Theißen, dass Gott bei der Entstehung des NT nicht gehandelt hat, sondern dass alle Quellen von irrtumsfähigen Menschen stammen. Außerdem geht man vom historischen Relativismus aus, d.h. Jesus wird als ganz normaler Mensch gesehen, den man im Kontext seines Umfelds und aus seiner Zeit heraus zu verstehen versucht.
Theißen: "Wenn alle Geschichte relativ ist, d.h. ableitbar aus vorhergehenden Traditionen und Vorgängen, dann wird auch die Einzigartigkeit Jesu stark relativiert." (S.121)

M.a.W. man blendet die Intention der Autoren aus, die von Jesus klar als dem einzigartigen Sohn Gottes sprechen - und bastelt sich einen Jesus auf Grundlage des methodischen Atheismus.

Das ist nicht "DER Stand der Forschung" sondern Stand einer Forschung, die in der beschriebenen Weise voreingenommen ist. Wenn man das weiß und wie Theißen klar sagt, habe ich nichts dagegen, dann weiß jeder wo er dran ist.
Ich halte es da lieber mit Forschern, die von anderen Grundüberzeugungen ausgehen, Thiede war einer davon. Welche Grundüberzeugung bzgl. der Existenz Gottes wahr ist, darüber kann die Wissenschaft sowieso nicht entscheiden.
Es ist letztlich hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Benutzeravatar
Thaddäus
Beiträge: 1231
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 18:47

#353 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddäus » Do 21. Mär 2019, 19:42

Roland hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 18:27
Thaddäus hat geschrieben:
Mi 20. Mär 2019, 19:57
...wenn die Evangelien historisch zuverlässig wären, dann gäbe es nicht 29 davon (inklusive der 25 apokryphen Evangelien).
Was ist das denn für 'n Satz? Das ist ungefähr so, als würde man sagen "wenn Pilze genießbar wären, gäbe es nicht soviele Arten davon…"
Nun, dann schreibe ich speziell für dich dazu, was ich für selbstverständlich gehalten habe, dass du es weißt:
Wenn die Evangelien historisch zuverlässig wären, dann gäbe es nicht 29 Testamente so unterschiedlichen Inhaltes, dass sich manche davon in bestimmten historischen und theologischen Punkten sogar widersprechen. Für die 4 kanonischen Evv. trifft das beispielsweise auf Tag und Uhrzeit des Todes Jesu zu sowie auf seine angeblich letzten Worte.

Roland hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 18:27
Es gibt genügend theologische Hochschulen, mit Neutestamentlern, die es genau so sehen, wie Thiede.
Bitte, ich bin ganz Ohr ... bzw. Auge, denn ich bin wissbegierig zu lesen, welche Hochschulen du jetzt benennen wirst. Marburg, Tübingen, Berlin, Heidelberg, Göttingen, Hamburg, Greifswald, Bonn, Köln, Oxford, Cambridge, New York, Berkeley ... werden jedenfalls nicht unter den genannten sein.

Roland hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 18:27
Und Theißen schreibt in "Der historische Jesus" richtigerweise, dass Wissenschaft nicht sagt: "So war es" sondern: "So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein".
Selbstverständlich schreibt Theißen das, denn er ist ein theologischer Wissenschaftler und drückt sich daher vorsichtig hinsichtlich der Forschungsergebnisse aus. Ganz anders als der Papst, der in seinem Jesusbuch zu eindeutigen Ergebnissen hinsichtlich seiner Heilsgewissheit gelangt, die er freilich voraussetzt, wenn er das rechte Verständnis des Kanons einfordert, bevor er auch nur einen einzigen griechischen Satz der Evv. übersetzt hat.

Roland hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 18:27
Und dass diesen Vermutungen immer Vorentscheidungen voraus gehen. Axiomatische Überzeugungen wie Theißen es nennt.
Offenbar bist du Anhänger der Irrlehre clossens, der predigt, dass es eine axiomatische Vorannahme wäre, wenn man sich bereits für die Übersetzung hebräischer oder griechischer Texte seines Verstandes bedient. Das ist natürlich grober Unfug, da evident ist, dass Kollege closs jedesmal, wenn er hier ein Post postet, ebenfalls versucht sich seines Verstandes zu bedienen, - was ihm mehr oder weniger gut gelingt :lol: Sorry, diese Steilvorlage habe ich mir selbst gelegt, ist nicht böse gemeint, aber ich kann nicht widerstehen ... :lol:

Roland hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 18:27
Es ist letztlich hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
Nein, das ist es ganz gewiss nicht. Es ist drüben eine Frage des Glaubens. Auf der anderen Seite ist es eine Frage idealerweise unvoreingenommener Forschung.
Die Schriften des Christenkritikers Celsus sind uns nicht überliefert. wir wissen von Celsus nur dadurch, dass er von Origines, der Celsus widerlegen will (was ihm nicht gelingt) ausführlich zitiert wird. Die Christen haben dafür gesorgt, dass die klugen Schriften des Philosophen Celsus verloren gegangen sind. DASS kommt dabei heraus, wenn man glaubt, dass einem die Wahrheit geoffenbart worden ist.

Claymore
Beiträge: 812
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

#354 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Claymore » Do 21. Mär 2019, 20:53

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 20:48
2. Tatsächlich hatte ich dich so scharf kritisiert, weil du einen bloßen Scheindiskurs führst. Argumente interessieren dich in Wahrheit nicht. Deine Art des Diskurses ist rein kommunikationstaktischer Natur. Du bist am Inhalt und an wirklicher Erkenntnis nicht interessiert. Du benutzt den Diskurs als Machtspielchen, das, nach deinem Verständnis, der gewinnt, der das letzte Post postet und dabei einfach wiederholt, was er schon im ersten Post gepostet hat.
Ich widerspreche closs nicht mehr – seitdem läuft es sehr gut zwischen uns und wir vertragen uns prächtig. ;)

Die edle Suche nach Erkenntnis, das ist etwas, das könnte ich – wenn ich mal ehrlich bin – nicht von mir beanspruchen, auch wenn ich es mir natürlich gerne so vorgaukle.

Das ist jedoch nicht so schlimm, denn es gibt noch weitere Abstufungen:
  1. Man sucht ehrlich die Erkenntnis.
  2. Man versucht den Diskussionsgegner vom eigenen Standpunkt zu überzeugen.
  3. Man will die Verteidigung seiner eigenen Thesen trainieren – jedoch auf faire Art, d. h. man geht tatsächlich auf Sachebene auf die Gegenargumente ein.
  4. Man versucht den Diskussionsgegner vor dem Publikum bloßzustellen.
  5. Man peilt den “Sieg” durch Zermürbung an, d. h. man setzt auf das sapienti sat bei dem Diskussionsgegner um das letzte Wort haben zu können.
Selbst bei der Motivation Nr. 4 können sich noch interessante Diskussionen ergeben, bei Nr. 5 jedoch nicht mehr und da scheint sich doch unser *hust* zu bewegen.

Benutzeravatar
Thaddäus
Beiträge: 1231
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 18:47

#355 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddäus » Do 21. Mär 2019, 21:38

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 20:53
Ich widerspreche closs nicht mehr – seitdem läuft es sehr gut zwischen uns und wir vertragen uns prächtig. ;)
Ich habe keine Anhaltspunkte zu vermuten, dass ich mich mit closs nicht ebenfalls bestens verstünde. Ich habe hier allerdings auch nichts zu predigen. Ich will niemanden von irgendwas überzeugen. Ich trage meine Ansichten und Argumente vor, und im Idealfalle fängt der ein oder andere, gegen den ich argumentiere oder der sich für das Thema interessiert, an, nachzudenken auf einem höheren Niveau als vorher.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 20:53
Die edle Suche nach Erkenntnis, das ist etwas, das könnte ich – wenn ich mal ehrlich bin – nicht von mir beanspruchen, auch wenn ich es mir natürlich gerne so vorgaukle.
Wenn Philosophie ernst genommen wird, is sie die edelste und anständigste aller Wissenschaften, denn es gehört zu ihrer Definition und Methodik, die eigenen grundlegenden Vorannahmen immer wieder neu radikal infrage zu stellen und stets dem besten Argument zu folgen, insofern ein solches zu finden ist. Dabei hat sich eins herausgestellt: es ist unmöglich darauf zu verzichten, zu argumentieren.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 20:53
Man versucht den Diskussionsgegner vor dem Publikum bloßzustellen.
Das kommt für die Philosophie nicht infrage. Es kommt zwar vor, dass Philosophen solches tun, dann entpuppen sie sich jedoch als Ideologen und nicht als Philosophen.
Manchmal ist es jedoch vonnöten, ein dummes Argument als solches zu benennen. Das soll aber das Argument treffen und nicht den, der es äußert. Denn dumme Argumente sind an sich dumm, egal ob sie von einem Idioten oder von einem hochintelligenten Menschen geäußert werden.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 20:53
[*] Man peilt den “Sieg” durch Zermürbung an, d. h. man setzt auf das sapienti sat bei dem Diskussionsgegner um das letzte Wort haben zu können.
Das kommt für die Philosophie ebenfalls nicht infrage. Das wurde in der Geschichte der Philosophie zwar nicht immer so gehandhabt und wird es auch heute nicht immer so gehandhabt. Aber das ficht das Ideal der Philosophie nicht an.

Claymore hat geschrieben:
Do 21. Mär 2019, 20:53
Selbst bei der Motivation Nr. 4 können sich noch interessante Diskussionen ergeben, bei Nr. 5 jedoch nicht mehr und da scheint sich doch unser *hust* zu bewegen.
So ist es.
Letztlich muss man sich vor sich selbst rechtfertigen, ob es einem um die Wahrheit geht, soweit die durch Argumente feststellbar ist oder darum, eigene narzistische oder ideologische Bedürfnisse zu befriedigen.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#356 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mär 2019, 15:27

closs hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:51
sven23 hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:38
Wenn er sich dann für die Entzündungswerte zuständig fühlt schon.
das ist exakt der Grund, warum Ratzinger von "Antichrist" spricht.
Da wußte er sich wohl nicht mehr anders zu helfen, als die Forschungskollegen zu diffarmieren. Aber wen wunderts? Außer dem Aufruf zu Glaubensbekenntnissen hat er nicht mehr anzubieten.

closs hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:51
sven23 hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:38
Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, kann nicht für sich beanspruchen, bessere historische Ergebnisse liefern zu können als die historische Forschung selbst.
In DEM Bereich, für die die HKE zuständig ist, hast Du recht. -
Und die ist nun mal für historische Forschung zuständig. Für Glaubensbekenntnisse ist die Kirche zuständig, und da gehören sie auch hin.

closs hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:51
sven23 hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:38
Auch methodisch bleibt 1+1=2 wahr
Wegen der AXIOME - richtig. - und da diese bisher nicht durch andere Axiome ersetzt wurden, gibt es keine andere Methodik dazu.
Doch, die Dumpfbackenmethodik, wie bei den Kurzzeitkreationisten oder den Flacherdlern. :lol:
Es ändert aber nichts an dem, was der Fall ist.

closs hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:51
sven23 hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:38
Die päpstliche Bibelkommission wußte aber offenbar, dass es für die wissenschaftliche Untersuchung der biblischen Textquellen keine Altenative zur historisch-kritischen Methode gibt.
Dem stimmen sogar die Kanoniker zu - Du hast nicht verstanden, worum es damals ging.
Es ging um die wissenschaftliche Erforschung des historischen Jesus. Und da macht man sich mit Glaubensbekenntnissen eben lächerlich.

closs hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:51
sven23 hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 17:38
Ähm, doch, gerade über seine Verkündigung wissen wir weitaus besser Bescheid als über den biografischen Jesus
Von AUSSEN. - Das reicht nicht - da sind Kanonik und sogar Kerygmatik besser.
Unter besser versteht der closs, dass sie das Glaubenskonstrukt mit Glaubensbekenntnissen zirkelreferent bestätigen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#357 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Fr 22. Mär 2019, 17:12

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 15:27
Da wußte er sich wohl nicht mehr anders zu helfen, als die Forschungskollegen zu diffarmieren.
Du wirst diese Sache kontextual nicht verstehen - aber ICH verstehe durch Dich, wie man "draußen" denkt.

Roland
Beiträge: 1399
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 13:07

#358 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Roland » Fr 22. Mär 2019, 17:41

Thaddäus hat geschrieben: Wenn die Evangelien historisch zuverlässig wären, dann gäbe es nicht 29 Testamente so unterschiedlichen Inhaltes
Eben, und die Aussage, wenn Pilze genießbar wären, gäbe es nicht soviele unterschiedliche davon, hat den gleichen Wert. Wer kann denn verhindern, dass in den Jahrhunderten nach Christus auch andere sich schriftstellerisch zu Jesus äußerten? Dass diese Schriften z.T. andere Lehren beinhalten, schmälert die Historizität der neutestamentlichen Evangelien nicht. Denn sie hatten sich schon lange vor dem Konzil von Nicäa als die authentischen, auf die Apostel oder deren direkten Schüler zurückgehenden, etabliert.

Thaddäus hat geschrieben: Für die 4 kanonischen Evv. trifft das beispielsweise auf Tag und Uhrzeit des Todes Jesu zu sowie auf seine angeblich letzten Worte.
Gerade die Unterschiede sind für den Professor für Umwelt und Zeitgeschichte des Neuen Testaments Thiede ein Argument für historische Zuverlässigkeit:
"Die vier historischen Erzählungen über Jesus, also die vier Evangelien, stimmen nicht in allen kleinsten Einzelheiten überein. Nicht alle Berichte, nicht alle Jesus-Worte stehen wörtlich identisch in allen vier Texten, nicht alle Personen tauchen überall irr gleicher Weise auf. Für Historiker ist gerade dies ein entscheidendes Argument: Niemand, auch nicht eine machtvolle frühe Kirche, hat diese Schriften manipuliert. Nichts ist nachträglich "harmonisiert" worden. Man wusste genau, dass unterschiedliche Menschen damals wie heute manche Details anders sehen und für ihre Leser (oder Hörer) mit anderen Schwerpunkten darstellen."
Wichitg ist, dass das Entscheidende in allen vier neutestamentlichen Evangelien übereinstimmt.

Thaddäus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es gibt genügend theologische Hochschulen, mit Neutestamentlern, die es genau so sehen, wie Thiede.
Bitte, ich bin ganz Ohr
Thiede z.B. war u.a. an der STH Basel tätig, darüber hinaus gibt es viele freikirchliche oder pietistische theologische Hochschulen, etwa die FTH Gießen, TH Elstal, TH Ewersbach, EH Tabor in Marburg, IH Liebenzell, TSC St. Chrischona usw. um nur einige deutschsprachige zu nennen.
Und natürlich gibt es Theologen auch an allen anderen Universitäten, die an Gott glauben und daran, dass die Bibel Gottes Wort ist. Trotz der vorherrschenden Exegese-Methode, die einen handlenden Gott und dessen Inspiration der Schrift von vorhereien ausschließt.

Thaddäus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Und Theißen schreibt in "Der historische Jesus" richtigerweise, dass Wissenschaft nicht sagt: "So war es" sondern: "So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein".
Selbstverständlich schreibt Theißen das, denn er ist ein theologischer Wissenschaftler und drückt sich daher vorsichtig hinsichtlich der Forschungsergebnisse aus. Ganz anders als der Papst, der in seinem Jesusbuch zu eindeutigen Ergebnissen hinsichtlich seiner Heilsgewissheit gelangt, die er freilich voraussetzt, wenn er das rechte Verständnis des Kanons einfordert, bevor er auch nur einen einzigen griechischen Satz der Evv. übersetzt hat.
Offenbar hast du das Buch nicht gelesen. Ratzinger und Theißen sind sich einig, dass die historisch-kritische Methode alles nur als Menschenworte ansieht und göttliche Inspiration nicht in den Blick nehmen und bei alledem den Raum der Hypothese nicht überschreiten kann. Und genauso ist es möglich, die Bibel im Glauben an den lebendigen Gott auszulegen, die Texte also ernst zu nehmen als das, was sie dem Wortlaut nach aussagen.

Thaddäus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Und dass diesen Vermutungen immer Vorentscheidungen voraus gehen. Axiomatische Überzeugungen wie Theißen es nennt.
Offenbar bist du Anhänger der Irrlehre clossens, der predigt,…
Das ist keine Irrlehre sondern das, was Theißen im Buch "Der historische Jesus" eindeutig und richtigerweise sagt. Und er benennt diese Vorannahmen: die Bibel ist reines Menschenwerk und Jesus ein normaler Mensch, der aus seiner Zeit und Umwelt heraus erklärt werden muss, im Sinne des historischen Relativismus. Im Grunde lautet die Vorentscheidung also methodischer Atheismus. Wir untersuchen Jesus und die biblischen Texte so "als ob es Gott nicht gäbe" bzw. er nicht gehandelt hat. Kann man machen – aber natürlich weiß niemand, ob es sich tatsächlich so verhält. Es ist immerhin möglich, dass tatsächlich stimmt, was die Texte sagen. Es gibt kein Kriterium anhand dessen man das ausschließen könnte. In meinen Augen ist es sogar viel wahrscheinlicher.
Aber das ist eben Glaubenssache.

Thaddäus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Es ist letztlich hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
Nein, das ist es ganz gewiss nicht. Es ist drüben eine Frage des Glaubens. Auf der anderen Seite ist es eine Frage idealerweise unvoreingenommener Forschung.
Dass sie NICHT unvoreingenommen ist, hab ich gerade dargelegt, lies es bei Theißen nach.

Thaddäus hat geschrieben: Die Schriften des Christenkritikers Celsus sind uns nicht überliefert. wir wissen von Celsu nur dadurch, dass er von Origines, der Celsus widerlegen will (was ihm nicht gelingt) ausführlich zitiert wird. Die Christen haben dafür gesorgt, dass die klugen Schriften des Philosophen Celsus verloren gegangen sind.
Die Schriften des Protagoras sind auch verloren gegangen, auch ihn kennen wir nur aus den Schriften Dritter, das ist nichts ungewöhnliches. Dass "Christen dafür gesorgt haben" dass sie verloren gingen, ist ein pauschaler Vorwurf, von dem man nicht sagen kann ob er zutrifft.
Was man sicher sagen kann, ist, dass es ein Christ war, dem wir verdanken, dass man Celsus heute noch kennt, nämlich Origenes. Und "die klugen Schriften des Philosophen Celsus" verteidigen u.a. den Glauben an die griechische Götterwelt und die Überlegenheit des Griechentums gegenüber den "Barbaren".

Thaddäus hat geschrieben: DASS kommt dabei heraus, wenn man glaubt, dass einem die Wahrheit geoffenbart worden ist.
Wir sollten nicht anfangen aufzurechnen, wie oft umgekehrt die Bibel zum verbotenen Buch gemacht wurde, besonders in atheistischen Regimen.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#359 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von JackSparrow » Fr 22. Mär 2019, 18:57

Roland hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 17:41
Thaddäus hat geschrieben: Wenn die Evangelien historisch zuverlässig wären, dann gäbe es nicht 29 Testamente so unterschiedlichen Inhaltes
Eben, und die Aussage, wenn Pilze genießbar wären, gäbe es nicht soviele unterschiedliche davon, hat den gleichen Wert.
Andererseits bestand auch bereits mehrfach Anlass zu der Annahme, dass Logik nicht unbedingt unter deinen größten Stärken einzuordnen ist.

Dass diese Schriften
Ich dachte es ginge um die Evangelien. Vielleicht möchtest du erstmal deine Gedanken ordnen und anschließend einen weiteren Versuch wagen?

Gerade die Unterschiede sind für den Professor für Umwelt und Zeitgeschichte des Neuen Testaments Thiede ein Argument für historische Zuverlässigkeit:
Wie lauten die historisch zuverlässigen letzten Worte Jesu?

Wichitg ist, dass das Entscheidende in allen vier neutestamentlichen Evangelien übereinstimmt.
Wichtig ist, dass wir deine Meinung über die nicht übereinstimmenden Bibelstellen evaluieren: Ist ausschließlich das nicht Entscheidende historisch unzuverlässig oder ist historische Unzuverlässigkeit überhaupt erst dein Kriterium dafür, welche Bibelstellen du dür entscheidend hältst und welche nicht? Und wieso stimmst du plötzlich der Aussage zu, die Evangelien seien historisch unzuverlässig, obwohl du wenige Sätze zuvor die gleiche Aussage noch für absurd zu erklären versuchtest?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#360 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mär 2019, 19:21

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 17:12
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 15:27
Da wußte er sich wohl nicht mehr anders zu helfen, als die Forschungskollegen zu diffarmieren.
Du wirst diese Sache kontextual nicht verstehen - aber ICH verstehe durch Dich, wie man "draußen" denkt.
Nein, weil du fälscherweise immer alles verallgemeinern willst.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Antworten