Alles Teufelszeug? VIII

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Andreas
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#771 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Fr 19. Jan 2018, 11:36

Janina hat geschrieben:Du Ärmster, hast du auch ADHS?
Bist du eine Leidensgenossin? AD(H)S, ich bin der ruhige Typ, und hab auch keinen Schaum vor dem Mund, wie Münek mir das immer wieder zu unterstellen versucht.

Was sind denn das für Formeln und was haben die mit dem Thema zu tun?

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Andreas
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#772 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Fr 19. Jan 2018, 12:01

Hier geht es primär um Theißen, und er hat eben einen anderen Lösungsansatz als Bultmann und Schweizer, wie du ja schon richtig festgestellt hast.
Münek hat geschrieben:Theißen hat seine Auffassung klar und unmissverständlich dargelegt. Und sowohl Albert Schweitzer als auch Rudolf Bultmann vertraten nachweislich die Auffassung, dass sich Jesus geirrt hat.
Erst im 3. Lösungsansatz, der von Theißen selbst ist, wobei du aber entweder nicht gecheckt oder unterschlagen hast, dass dieser von Theißen ist. Da steht kein Wort von Irrtum.
Münek hat geschrieben:Theißen skizziert Ansätze anderer, namentlich genannter Theologen, die versuchen, das Problem der fehlgeschlagenen Botschaft Jesu "zu lösen" - OHNE sich deren Überlegungen anzuschließen.
Ja eben. OHNE sich deren Überlegungen bezüglich "Naherwarung" anzuschließen.


Münek hat geschrieben:Theißen schreibt, dass die IRRTÜMLICHE NAHERWARTUNG JESU (und der ersten Christen) im Urchristentum keine große Krise ausgelöst hat, das Problem aber registriert wurde.
Du kannst bzw. willst echt nicht das Gelesene verstehen: Im Absatz davor rechnet Theißen Jesus zum Judentum. Das habe ich dir doch eben zitiert:
Die jüdische Apokalyptik (einschließlich Jesus) bringt eine objektive Gegebenheit zum Ausdruck,
Jetzt schreibt er vom Urchristentum (und den ersten Christen). Gemeint ist hier, dass diese ersten Ur-Christen von einer irrtümlichen Naherwartung Jesu ausgegangen sind - ihn also anders verstanden haben, was seine Naherwartung angeht. Denn die Quellen die Theißen zu Jesus untersuchen kann, stammen ja erst von diesen Ur-Christen und nicht von Jesus selbst. Theißen hat doch nur diese überlieferten Jesusbilder dieser Ur-Christen, aber nicht Jesus selbst zu Verfügung.
Ganz im Sinne seines Vorworts:
"Wissenschaft sagt nicht: "So war es", sondern so könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein. Deshalb besprechen wir alle relevanten Quellen.
...
Wissenschaft sagt nie: "So ist es", sondern nur: "So stellt es sich uns auf dem Stand der Forschung dar - und das heißt im Klartext: "auf dem Stand unseres derzeitigen Wissens und Irrens."
...
Wissenschaft sagt nicht: "Das ist unser Ergebnis", sondern: "Das ist unser Ergebnis aufgrund bestimmter Methoden."
...
Weil Wissenschaft nicht einfach von der Wirklichkeit "erzählen kann, sondern über Quellen, Forschungslagen, Methoden und Probleme reflektiert, ist sie ein kompliziertes Geschäft.

Wie schön, dass du mich immer wieder motivierst Teile des Buches abzutippen, indem du immer nur einzelne Sätze aus dem Zusammenhang reißt, um dir Theißen gefügig zu machen, damit er dir Atheidioten dienlich ist. Ich mach das nicht mehr für dich Unbelehrbaren sonder für die anderen.

Im Kontext steht für die, die lesen können und verstehen wollen:
Die irrtümliche Naherwartung Jesu (und der ersten Christen) hat im Urchristentum keine große Krise ausgelöst. Jedoch wurde das Problem registriert, wie das lk Doppelwerk; 2Thess; 2Petr; 1Klem23ff; 2Klem 11; ApkPetr; Justin Apol I.28,2 zeigen. Aber auch das hat nicht zu einer grundsätzlichen Umstrukturierung der Eschatologie geführt. Verständlicherweise. Während menschliches Bewusstsein sein Verhältnis zur Vergangenheit immer rationaler gestalten kann, ist das gegenüber der Zukunft nur begrenzt möglich. Die Vergangenheit wird durch schriftliche Quellen und historiographische Darstellungen immer mehr in einen verstehbaren Zusammenhang gebracht. Die "Anfänge" rücken im Bewußtsein immer weiter zurück. Mythisches Bewußtsein, lässt die Anfänge, d.h. die archetypische Urzeit, dagegen wie einen Horizont mitwandern. Sie beginnen dort, wo die erinnerte Zeit aufhört - in mündlicher Überlieferung oft nach wenigen Generationen. Im Blick auf die Zukunft bleiben bleiben wir in unserem Erleben an solche mythischen Strukturen gebunden: Die Zukunft wandert als ein Horizont (von Ängsten und Hoffnungen besetzt) mit und bleibt immer gleich weit entfernt. Zu ihr haben wir daher heute noch ein quasi-mythisches Verhältnis. Auch die Erwartung der Gottesherrschaft konnte so durch die ganze Christentumsgeschichte als ein konstanter Horizont mitwandern.
Man bringe das mit dem vorigen Absatz Theißens in logische Verbindung, indem das gegenwärtige Gottesreich als Evolutionssprung von der Biologie in die Kultur (inkl. christl. Religion) dargestellt wird um die "ungerechte" Selektion der Biologie zu verringern. Die hermeneutische Horizontverschmelzung der urchristlichen Autoren und der heutigen Leser (siehe: Hermeneutik nach Gadamer) ist das, womit Theißen das zuvor lediglich dargestellte Problem der "irrigen Naherwartung Jesu" auflöst.

Problemstellung > Lösung des Problems > keine irrige Naherwartung Jesu, sondern das Missverständnis der Ur-Christen in ihren überlieferten Jesusbildern > durch Theißens Lösungsansatz des davor aufgezeigten Problems: ein "gereiftes" Verständnis des nahen Gottesreiches, dessen geistiger Horizont uns zu allen Zeiten nahe vorangeht, begleitet und zur Nachfolge ruft.
So verstehe ich Theisen, aber was weiß ich schon.

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Janina
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#773 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Janina » Fr 19. Jan 2018, 12:26

Andreas hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Du Ärmster, hast du auch ADHS?
Bist du eine Leidensgenossin? AD(H)S, ich bin der ruhige Typ, und hab auch keinen Schaum vor dem Mund, wie Münek mir das immer wieder zu unterstellen versucht.
Neee, mir fiel nur "Hochbegabt" und "ADHS" als handelsübliches Vollpfostenzertifikat ein. Ach ja, und "Indigokind". Als Freifahrtschein, sich daneben zu benehmen. :lol:
Mit den Formeln hat Zeus angefangen. :mrgreen:

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#774 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Fr 19. Jan 2018, 12:40

Andreas hat geschrieben: Die hermeneutische Horizontverschmelzung der urchristlichen Autoren und der heutigen Leser (siehe: Hermeneutik nach Gadamer) ist das, womit Theißen das zuvor lediglich dargestellte Problem der "irrigen Naherwartung Jesu" auflöst.
Und dieses so aufgelöste "Problem" bezieht sich auch nur auf 2-3 Verse. Die Mehrzahl der Jesusworte spricht klar gegen Naherwartung. Hab die nun sicher dutzendfach zitiert.
Nochmal Ratzinger dazu:
Dennoch ist da etwas Neues, das sich vor allem in den Worten "Das Reich Gottes ist nahe gekommen" (Mk. 1, 15), ist "schon zu euch gekommen" (Mt. 12, 28), ist "mitten unter euch" (Lk. 17, 21) ausspricht. Hier ist ein Vorgang des Kommens ausgesprochen, der jetzt im Gange ist und die ganze Geschichte trifft. Es sind diese Worte, die die These der Naherwartung herausforderten, sie als das Spezifische Jesu erscheinen ließen. Aber diese Deutung ist keineswegs zwingend, ja, wenn man das ganze Gefüge der Jesusworte zusammennimmt, ist sie sogar eindeutig auszuschließen. "Jesus von Nazareth" S. 87 Band I

Andreas hat geschrieben: So verstehe ich Theisen, aber was weiß ich schon.
Ziemlich viel!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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sven23
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#775 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 19. Jan 2018, 15:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also beschränkt sich die ontische Jesusforschung auf den clossschen Hobbyraum.
WELCHE ontische Jesusforschung? - Du scheinst nicht verstanden zu haben, was "Wissenschaft" ist.
Weil ich sie verstanden habe, verweise ich auf den Unsinn der ontischen Realität. Die bringt keinerlei Erkenntnisgewinn, sondern dient closs immer als Ausrede, wenn ihm die Ergebnisse nicht gefallen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, und wenn die Vorannahmen falsch sind, nützt das ambitionierteste Forschen nichts.
Richtig. - Aber wie willst Du Nicht-Falsifizierbares bewerten? - WELCHE Annahme ist richtig: Die der naturalistischen oder die der spirituellen Weltsicht?
Das besorgen die Glaubensdogmatiker. Die historische Forschung hält sich an die Textquellen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Warum hätten die Schreiber einen offensichtlichen Irrtum mitschleppen sollen, wenn dies gar nicht notwendig war.
Wieso "offentlichlich irrig"? - DA wird doch Dein zirkelschlüssiges Weitergeben begründet!
Rein technisch hat Lindemann natürlich recht: Da war eine Naherwartung (aber WELCHE?), die "mitgeschleppt" wurde.
Da sich die Naherwartung schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat, war es offensichtlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Warum hätten die Schreiber einen offensichtlichen Irrtum mitschleppen sollen, wenn dies gar nicht notwendig war.
Wieso "Irrtum"? - Vielleicht war es ein Irrtum der Schreiber - vielleicht haben sie es gar nicht irrtümlich verstanden.
Nein, die Jesusworte gelten als authentisch, gerade weil sie den Irrtum widerspiegeln. Ein Ärgernis war es natürlich schon, aber die Umdeutungen setzten ja alsbald ein und "funktionieren" ja bis heute, weil Gläubige immer das glauben, was sie glauben wollen, oder was man ihnen sagt, dass sie glauben sollen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die späteren christlichen Umdeutungen sind bekannt. Entscheidend ist, wie das Judentum das Gottesreich verstand, besonders das apokalyptische Judentum.
Aber doch nicht dafür, was JESUS meinte, FALLS er göttlich war. (Dann hat er nämlich was anderes gemeint)
Deshalb hält sich die Forschung an die Aussagen in den Texten.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das habe ich doch gesagt: du hast Lindemann und Theißen Zirkelschlüssigeit vorgeworfen.
Das galt DEINER Interpretation der beiden. - Lindemann sagt in dem Zitat etwas ganz anderes, als Du interpretierst. - Und Theißen ist eh mit seinem Vorwort fein raus, in dem er alles Folgende relativiert.

Wenn einer mal wieder etwas nicht verstanden hat, dann ist es closs. Lindemann äußert sich so, wie ich es zitiere und auch Theißen es formuliert.

SPIEGEL: Hat sich Jesus in der Erwartung geirrt, das Weltende und das Reich Gottes seien nahe? Es gibt Jesus-Worte, die dies vermuten lassen, das bekannteste findet sich im Markus-Evangelium Kapitel 9, Vers 1: "Unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes mit Macht gekommen ist."
Lindemann: Viele Exegeten lösen das Problem, indem sie Jesus diese Aussage absprechen. Dafür gibt es auch gute Argumente. Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen.


closs hat geschrieben: DEIN Zirkelschluss ist, dass Du deren Aussagen dahingehend interpretierst, dass die Naherwartung von vorneherein falsch war.
Natürlich war sie von vorneherein falsch. Das Reicht Gottes kam nicht und 2000 Jahren sollte das auch ein closs begriffen haben. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das wäre in der Tat albern und unprofessionell und einer Glaubensideologie geschuldet.
Es wäre albern, wenn Ratzinger die HKJM als reine Sach-Wissenschaft versteht?
Wenn er die Sachergebnisse aus ideologischen Gründen wegwischen will, bekommt er halt verdientermaßen Gegenwind.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf

Lindemann widerpricht auch Ratzinger Behauptung der historischen Zuverlässigkeit der Evangelien.

SPIEGEL: Der Papst hält an den beiden Aposteln als Autoren fest, und er verkündet, die Evangelien seien zwar Glaubensschriften, aber "als historische Zeugnisse nicht weniger zuverlässig".
Lindemann: Ich kenne jedenfalls im deutschsprachigen Raum keinen Exegeten, auch keinen katholischen, der sich so äußert.

...
SPIEGEL: Papst Johannes Paul II. und seine Hoftheologen ignorieren fast immer, was die Jesus-Forschung in den 250 Jahren seit der Aufklärung erbracht hat. In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".
Lindemann: Das wird seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die einzige Forschung, die den Namen verdient, ist die historisch-kritische Forschung.
Eine weitere Setzung, aus der Du Deine Zirkelschlüsse fabrizierst. - Es ist einfach falsch, was Du sagst - es ist ideologisch wichtig, aber falsch.
Das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern ist Fakt. In der historischen Forschung hat nur die historisch-kritische Methode etwas zu suchen. Auch das hattest du mal begriffen, jetzt fällst du wieder hinter diese Erkenntnis zurück. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung geht davon aus, dass ihre Annahmen die richtigen sind.
Das macht JEDE Forschung. - Auch die anderen Exegesen gehen zunächst davon aus, dass ihre Vorannahmen dir richtigen sind.
Und was dabei rauskommt, sieht man am Kurzzeitkreationismus. Deshalb wird in der historischen Forschung nur die historisch-kritische Methode angewendet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#776 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 19. Jan 2018, 15:30

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und wenn etwas völlig anderes weitergegeben worden wäre, als tatsächlich geschehen ist, hätten die noch lebenden Zeitgenossen und Augenzeugen es leicht widerlegen können. Legendenbildung ist so früh praktisch ausgeschlossen.
Scherzkeks. Es ist sogar Konsens in der Forschung, dass der historische Jesus sehr stark von Legenden überwuchert ist.
Es war nie Konsens (höchstens bei Kubitza) und wie man sieht hat sich diese Vermutung nicht bestätigt und man findet zurück zu den Evangelien als Geschichtsschreibung.
Man sollte aber Geschichtsschreibung nicht mit Geschichtenschreibung verwechseln. :lol:

Der Theologe Lindemann widerpricht auch Ratzinger Behauptung der historischen Zuverlässigkeit der Evangelien.

SPIEGEL: Der Papst hält an den beiden Aposteln als Autoren fest, und er verkündet, die Evangelien seien zwar Glaubensschriften, aber "als historische Zeugnisse nicht weniger zuverlässig".
Lindemann: Ich kenne jedenfalls im deutschsprachigen Raum keinen Exegeten, auch keinen katholischen, der sich so äußert.

...
SPIEGEL: Papst Johannes Paul II. und seine Hoftheologen ignorieren fast immer, was die Jesus-Forschung in den 250 Jahren seit der Aufklärung erbracht hat. In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".
Lindemann: Das wird seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet.



Roland hat geschrieben: 31 Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus – gepriesen sei er in Ewigkeit – weiß, dass ich nicht lüge.
Na ja, offensichtlich hatte er es ja nötig, Kritiker zu besänftigen, die an seinen Geschichten zweifelten.
Die Lüge zur Ehre Gottes hielt er aber für legitim.

Roland hat geschrieben: Er war ein hoher, etablierter Pharisäer und sein Leben erfuhr eine Wende um 180° und er hat all das auf sich genommen für Jesus, der ihm begegnet ist. Das sind nunmal die Texte, so schreibt er es in seinen Briefen. Und die muss die "Forschung" schon zur Kenntnis nehmen. Es gibt nichts, was dagegen spricht, dass er seine Lebensgeschichte richtig wiedergibt.
Doch, da gibt es einiges an Ungereimtheiten. Lies mal dazu Hermann Detering.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ja, aber er macht sich doch die letzte Version zu eigen, weil er sie für die wahrscheinlichste hält.
Eine 100%ige Sicherheit gibt es im NT fast nirgends, wie Theißen ja immer betont.
Eben. Die "Wissenschaft des Vermutens" saugt sich halt bestimmte Dinge aus den Fingern.
Ratzinger hat recht, wenn er über "die These der Naherwartung" sagt: "Aber diese Deutung ist keineswegs zwingend, ja, wenn man das ganze Gefüge der Jesusworte zusammennimmt, ist sie sogar eindeutig auszuschließen."
Da ist Ratzinger ziemlich alleine in der historischen Jesusforschung und ist dafür abgewatscht worden. Inhaltlich hat er ja nichts zu bieten. Deshalb bleibt ihm nur sein Aufruf zum Glaubensentscheid. Der hat aber in der historischen Forschung nichts verloren.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#777 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 19. Jan 2018, 15:54

Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn man von Konsens in der Forschung spricht, dann ist damit gemeint, dass es eine Mehrheitsmeinung unter denen gibt, die historisch-kritisch forschen.
Das stimmt ja eben nicht. Erstens spricht "man" nicht davon, und zweitens spricht die Forschung höchstens in Betreff auf manche Einzelthesen von "Konsens". Dafür ist die Geschichte der Jesus-Forschung das beste Beispiel. Da wurde fast mehr über den Haufen geworfen als man herausgefunden hat und auch aktuell gibt es ganz unterschiedliche Strömungen und "Ergebnisse".

In der historischen Jesusforschung gibt es durchaus Konsenspositionen. Das beste Beispiel ist David Friedrich Strauss, der schon vor 150 Jahren zu bemerkenswerten Erkenntnissen kam, die größtenteils noch heute Gültigkeit haben.
Voraussetzung ist allerdings das konsquente Durchhalten der historisch-kritischen Methode. Sobald Glaubensbekenntnisse ins Spiel kommen wie bei der sog. Ratzinger-Exegese, ist es vorbei mit dem wissenschaftlichen Anspruch.
Auch Theißen musste sich den Vorwurf gefallen lassen, das historische Plausibilitätskriterium und das Differenzkriterium nicht konsqeuent durchgehalten zu haben.

Der exegetische Ertrag des „Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ von Strauß lässt sich thesenartig wie folgt zusammenfassen:

1. Die im Matthäus- und Lukasevangelium (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38) überlieferten Stammbäume können nicht überzeugend miteinander harmonisiert werden. Unabhängig voneinander entstanden, haben sie beide die Funktion, die Anerkennung Jesu als Messias durch den genealogischen Nachweis der Davidssohnschaft zu rechtfertigen.

2. Im Gegensatz zu den Stammbäumen Jesu, die die natürliche Elternschaft Josephs und Marias voraussetzen, berichten die Geburtsgeschichten im Matthäus- und Lukasevangelium von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu. Dabei haben mehrere Faktoren auf die Entstehung dieser mythischen Vorstellung eingewirkt: die Vergöttlichung großer Männer und Wohltäter in der griechisch-römischen Antike, der Gedanke der Mitwirkung Gottes bei der Erfüllung eines menschlich kaum realisierbaren Kinderwunschs im Judentum, das wörtlich Nehmen des ursprünglich bildlich gemeinten Messiastitels „Sohn Gottes“.

3. Jesus wurde in Nazareth geboren. Dagegen beruht die von Matthäus und Lukas auf unterschiedliche Weise vorgenommene Lokalisierung in → true auf Fiktion, um das prophetische Postulat von Mi 5,1 zu erfüllen: „Du aber, Bethlehem Ephrata, […] aus dir wird mir hervorgehen, der über Israel herrschen soll“, wonach also Jesus als Messias in Bethlehem geboren sein müsse.

4. Jesus wurde von der Bußpredigt des Täufers angesprochen und ließ sich von ihm taufen, sich offenbar selbst zu den Sündern rechnend. Er gehörte wohl einige Zeit dem Schülerkreis des Täufers an und wurde durch ihn mit der Botschaft vom sich nahenden Messiasreich vertraut gemacht.

5. Die Tendenz der Evangelienüberlieferung geht dahin, Johannes den Täufer Jesus unterzuordnen. Während der historische Täufer einen nach ihm Kommenden ankündigte, ohne diesen mit Jesus zu identifizieren, bildete sich die Geschichte von der Anfrage des Täufers aus dem Gefängnis (Mt 11,2-6) als „der erste, gleichsam noch schüchterne Versuch, den Täufer für Jesum zeugen zu lassen“ (I, 362).

6. Sämtliche in den Evangelien mitgeteilten Begleitumstände von Jesu Taufe sind unhistorisch. Die zugrunde liegende Erzählung von der Herabkunft des Geistes auf Jesus bei seiner Taufe entstand bei solchen Christen, die von einer Erzeugung Jesu durch den Geist nichts wussten.

7. Die Versuchungsgeschichte ist eine urchristliche Sage, die – unter Aufnahme alttestamentlich-jüdischer Vorstellungen und Motive – Jesus zum Eintritt in das Messiasamt die Versuchungen vonseiten des Satans als des Widersachers des Messias siegreich bestehen lässt.

8. Nach der Inhaftierung des Täufers trat Jesus als dessen Schüler zunächst in dessen Fußstapfen, indem er in seiner Umkehrpredigt das Nahen des Reiches Gottes ansagte. Sprach er anfangs vom Kommen des Messias bzw. des Menschensohns als einer von ihm unterschiedenen Person, so setzte sich bei ihm erst allmählich die Überzeugung durch, selbst der Messias zu sein – ein Gedanke, der von außen an ihn herangetragen wurde.

9. Damit ging bei Jesus die Erwartung einher, „den Thron Davids wiederherzustellen und mit seinen Jüngern ein befreites Volk zu beherrschen“ (I, 493). Dies sollte freilich nicht eine politische Umwälzung, sondern eine von Gott bewirkte Revolution ermöglichen.

10. Das mosaische Gesetz schätzte Jesus um dessen religiös-moralischen Kerns willen. Dennoch beabsichtigte er nicht, die rituellen Bestimmungen der Thora aufzuheben.

11. Jesus wandte sich mit seiner Verkündigung an die Angehörigen seines Volks. Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.

12. Während die synoptischen Evangelien, also das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium, Worte des historischen Jesus am ehesten treu bewahrt haben, sind die „johanneischen Reden Jesu im Ganzen freie Compositionen des Evangelisten“ (I, 675).

13. Jesus wirkte als Exorzist. Dabei bediente er sich keiner äußeren Mittel und Beschwörungen bei einer anderen Macht, sondern er trieb nur durch sein Wort die Dämonen aus.

14. Was die sonstigen in den Evangelien überlieferten Wundertaten Jesu betrifft, können allenfalls solche dem historischen Jesus zugesprochen werden, in denen eine Heilung durch geistige Einwirkung geschieht.

15. Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet, Jesus als den Messias mit seinen beiden Vorläufern Mose und Elia zusammenbringt und seine messianische Würde durch die Himmelsstimme bekräftigt.

16. Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt und haben die Funktion, den schmachvollen Kreuzestod Jesu als Bestandteil des göttlichen Heilsplans erscheinen zu lassen. Entsprechendes gilt für Jesu Voraussagen seiner Auferstehung. Schließlich handelt es sich auch bei den Ankündigungen des Verrats durch Judas, der Verleugnung durch Petrus und der Zerstreuung aller Jünger um im Nachhinein formulierte Weissagungen.

17. Während der endzeitliche Ausblick „Amen, ich sage euch: Ich werde von dem Gewächs des Weinsstocks nicht mehr trinken bis zu jenem Tage, wo ich es neu trinken werde im Reich Gottes“ (Mk 14,25 par Mt 26,29) auf Jesu letztes Mahl zurückgeht, wurden Jesus die Deuteworte beim Abendmahl von den ersten Christen in den Mund gelegt.

18. Die kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu einsetzenden Erscheinungen des auferstandenen Christus sind subjektive, d.h. psychologisch erklärbare Visionen. Nicht nur Jesu Tod, sondern auch seine Auferstehung fanden seine Anhänger im Alten Testament geweissagt. Als nämlich der erste Schrecken nach der Kreuzigung verflogen war, sei in den Jüngern psychologisch ein Bedürfnis entstanden, den Widerspruch zwischen Jesu Hinrichtung und „ihrer früheren Ansicht von ihm aufzulösen, in ihren Begriff vom Messias das Merkmal des Leidens und Todes mit aufzunehmen“ (II, 659). So hätten sie nicht nur den Tod des Messias, sondern auch seine Auferstehung in ihren heiligen Schriften geweissagt gefunden.

Überblickt man die von Strauß erzielten Ergebnisse, dann zeigt sich, dass die meisten mittlerweile zum Konsens gegenwärtiger historischer Jesusforschung gehören. Die übrigen Resultate sind nach wie vor diskutabel. Auch heute noch besticht das 1835 erschienene „Leben Jesu“ durch die intellektuelle Redlichkeit in der Argumentation und den Mut zur Wahrhaftigkeit in der konsequenten Durchführung der historischen Kritik.

Quelle: bibelwissenschaft.de
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 19. Jan 2018, 16:20, insgesamt 1-mal geändert.
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#778 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 19. Jan 2018, 15:54

sven23 hat geschrieben:Weil ich sie verstanden habe, verweise ich auf den Unsinn der ontischen Realität.
"Die Realität" ist kein Unsinn. - Richtig ist allerdings in Deiner Aussage, dass Wissenschaft streng genommen nicht mit "Realität", sondern mit Modellen handelt - trotzdem: Es wäre beispiellos anthropozentristisch gedacht, wollte man Modelle nicht mit Hinblick auf "Realität" erstellen.

sven23 hat geschrieben:Die historische Forschung hält sich an die Textquellen.
Das tut auch theologische Forschung - die Frage ging um die Weltanschauung/Hermeneutik, mit der man Textquellen bewertet.

sven23 hat geschrieben:Da sich die Naherwartung schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat, war es offensichtlich.
WAS war offensichtlich? - Dass er das nahe Gottesreich erwartete (ja, tat er), oder dass er "Gottesreich" so wie Du interpretierte (nein, das tat er nicht).

sven23 hat geschrieben:Nein, die Jesusworte gelten als authentisch, gerade weil sie den Irrtum widerspiegeln.
Irrelevant - relevant ist, WAS Jesus damit gemeint hat.

sven23 hat geschrieben:Deshalb hält sich die Forschung an die Aussagen in den Texten.
Das ist bei bei Theologie generell der Fall - also irrelevant.

sven23 hat geschrieben: Lindemann äußert sich so, wie ich es zitiere und auch Theißen es formuliert.
Mit dieser Formulierung kann man gut leben. - Merkst Du eigentlich
a) wie vorsichtig sich Lindemann ausdrückt?
b) und dass er überhaupt nicht interpretiert?
Das ist kein Argument für Deine Argumentation.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
DEIN Zirkelschluss ist, dass Du deren Aussagen dahingehend interpretierst, dass die Naherwartung von vorneherein falsch war.


Natürlich war sie von vorneherein falsch.
Aber doch nur in DEINER/EURER Interpretation!!! - Liest Du nicht, was hier andere Foristen dazu schreiben?

sven23 hat geschrieben:Wenn er die Sachergebnisse aus ideologischen Gründen wegwischen will, bekommt er halt verdientermaßen Gegenwind.
Stimmt - das ist immer so und gilt bei jedem. - Aber meinst Du wirklich, dass es bei Ratzinger der Fall ist?

sven23 hat geschrieben:Lindemann widerpricht auch Ratzinger Behauptung der historischen Zuverlässigkeit der Evangelien.
Das ist ein normaler Streit unter Wissenschaftlern. - Dass die Quellen historisch begründet sind, weiß jeder - die Frage, wie tragfähig eine Aussage im Einzelfall in Bezug auf "das", ist "was wirklich vor 2000 JAhren war". - Dazu gibt es verschiedene Hermeneutiken, um es aus verschiedenen Sichten zu untersuchen.

sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung hat nur die historisch-kritische Methode etwas zu suchen.
Aber doch nicht in der Forschung dessen, "was damals wirklich geschah" - solange Du den Unterschied zwischen "methodisch" und "ontisch" nicht verstehst, vermischst Du beides.

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#779 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Fr 19. Jan 2018, 16:53

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil ich sie verstanden habe, verweise ich auf den Unsinn der ontischen Realität.
"Die Realität" ist kein Unsinn. - Richtig ist allerdings in Deiner Aussage, dass Wissenschaft streng genommen nicht mit "Realität", sondern mit Modellen handelt - trotzdem: Es wäre beispiellos anthropozentristisch gedacht, wollte man Modelle nicht mit Hinblick auf "Realität" erstellen.
Die historische Jesusforschung hat doch den Anspruch, dem "realen" historischen Jesus auf die Spur zu kommen. Und sie hat die enorme Diskrepanz zwischen dem historischen Jesus und und dem verkündeten Christus der Kirche.

Der Jesus der Evangelien hat nie existiert
Albert Schweitzer


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historische Forschung hält sich an die Textquellen.
Das tut auch theologische Forschung - die Frage ging um die Weltanschauung/Hermeneutik, mit der man Textquellen bewertet.
Mit Glaubenshermeneutik kommt man in historischer Forschung nicht weit. Auch das ist bekannt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da sich die Naherwartung schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat, war es offensichtlich.
WAS war offensichtlich? - Dass er das nahe Gottesreich erwartete (ja, tat er), oder dass er "Gottesreich" so wie Du interpretierte (nein, das tat er nicht).
Nimm doch endlich mal zur Kenntnis, dass die jüdische Gottesreich Vorstellung, die Jesus vertrat, eine andere ist, als die, die das Christentum daraus gemacht hat, um aus der Not eine Tugend zu machen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die Jesusworte gelten als authentisch, gerade weil sie den Irrtum widerspiegeln.
Irrelevant - relevant ist, WAS Jesus damit gemeint hat.
Wieso sollen authentische Jesusworte irrelevant sein? :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb hält sich die Forschung an die Aussagen in den Texten.
Das ist bei bei Theologie generell der Fall - also irrelevant.
Die Forschung hält die Evangelien eben nicht für irrelevant. Deshalb werden Naherwartung, präsentisches Gottesreich und Pausieverzögerung nicht selektiv ignoriert, sondern schlüssig erklärt. Siehe Erich Gräßer


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Lindemann äußert sich so, wie ich es zitiere und auch Theißen es formuliert.
Mit dieser Formulierung kann man gut leben. - Merkst Du eigentlich
a) wie vorsichtig sich Lindemann ausdrückt?
Richtig, Lindemann sagt nicht, dass die Exegeten, die die Evangelien als Geschichtsbuch betrachten, Vollposten sind, sondern einfach, dass es keine ernst zu nehmenden Exegeten sind. :thumbup:

SPIEGEL: Papst Johannes Paul II. und seine Hoftheologen ignorieren fast immer, was die Jesus-Forschung in den 250 Jahren seit der Aufklärung erbracht hat. In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".
Lindemann: Das wird seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet.


closs hat geschrieben: b) und dass er überhaupt nicht interpretiert?
Eben, er gibt die Konsenspositionen wider. (Ausnahmen/Ausreißer gibt es immer)

closs hat geschrieben: Das ist kein Argument für Deine Argumentation.
Lindemann bestätigt alle Positionen der historischen Jesusforschung, die ich schon öfters als Konsenspositionen vorgestellt habe. Wo ist also das Problem?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
DEIN Zirkelschluss ist, dass Du deren Aussagen dahingehend interpretierst, dass die Naherwartung von vorneherein falsch war.
Natürlich war sie von vorneherein falsch.
Aber doch nur in DEINER/EURER Interpretation!!! - Liest Du nicht, was hier andere Foristen dazu schreiben?
Ich habe bisher hier noch nichts gelesen, was dem Konsens der Naherwartung widersprechen würde. Wohlgemerkt in der historischen Jesusforschung, die historisch-kritisch arbeitet. Ratzinger und Co müssen hier draußen bleiben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn er die Sachergebnisse aus ideologischen Gründen wegwischen will, bekommt er halt verdientermaßen Gegenwind.
Stimmt - das ist immer so und gilt bei jedem. - Aber meinst Du wirklich, dass es bei Ratzinger der Fall ist?
Ich denke schon.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf

Und das ist noch ein gemäßigter Kommentar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Lindemann widerpricht auch Ratzinger Behauptung der historischen Zuverlässigkeit der Evangelien.
Das ist ein normaler Streit unter Wissenschaftlern. -
Es ist aber der ganz entscheidende Punkt. Die Forschung ist sich einig darin, dass die Evangelien keine historischen Tatsachenberichte sind.
Ratzinger widerspricht hier der Forschung, ohne es sachlich begründen zu können.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung hat nur die historisch-kritische Methode etwas zu suchen.
Aber doch nicht in der Forschung dessen, "was damals wirklich geschah" - solange Du den Unterschied zwischen "methodisch" und "ontisch" nicht verstehst, vermischst Du beides.
Du meinst die Forschung dessen, was du gerne hättest. Ich meine die historische Forschung. Kleiner aber feiner Unterschied. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#780 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Fr 19. Jan 2018, 17:22

sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung hat doch den Anspruch, dem "realen" historischen Jesus auf die Spur zu kommen.
Richtig - sie versucht mit ihrer Methodik/Hermeneutik, der Wirklichkeit Jesu vor 2000 Jahren näher zu kommen.

sven23 hat geschrieben:Der Jesus der Evangelien hat nie existiert Albert Schweitzer
Da ist bestimmt was dran, aber nicht unbedingt so viel, wie Schweitzer gemeint hat. - Merke: Das, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat, kann im kerygmatischen Jesus besser abgebildet sein als im historisch-kritischen.

sven23 hat geschrieben:Mit Glaubenshermeneutik kommt man in historischer Forschung nicht weit.
Auch die HKM hat eine gesetzte Hermeneutik (alias "Glaubenshermeneutik").

sven23 hat geschrieben:Nimm doch endlich mal zur Kenntnis, dass die jüdische Gottesreich Vorstellung, die Jesus vertrat, eine andere ist, als die, die das Christentum daraus gemacht hat
Das schon - entscheidend ist hier aber, was JESUS gedacht hat.

sven23 hat geschrieben:Wieso sollen authentische Jesusworte irrelevant sein?
Warum sollte das so sein? Das ist nicht meine Aussage (fängst Du schon wieder mit Deinen Verdrehungen an?). - Natürlich sind sie relevant, was sie aber nicht interpretiert, vor allem nicht im Kontext interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung hält die Evangelien eben nicht für irrelevant.
Eben - das war auch meine Aussage:
sven23 hat geschrieben:closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Deshalb hält sich die Forschung an die Aussagen in den Texten.

Das ist bei bei Theologie generell der Fall - also irrelevant.
Dieses Argument von Dir ist deshalb irrelevant, weil sich die Theologie genauso darauf bezieht wie die HKM - damit kann man keine Unterschiede künstlich erzeugen.

sven23 hat geschrieben:Lindemann sagt nicht, dass die Exegeten, die die Evangelien als Geschichtsbuch betrachten, Vollposten sind, sondern einfach, dass es keine ernst zu nehmenden Exegeten sind.
FALLS er das so meint (FALLS!!!), hat ER ein Problem und nicht die Theologie. - Denn dann würde er den Eindruck erwecken, dass es nur DIE Exegese gibt, die er mit HKM-Exegese seiner Hermeneutik gleichsetzen würde - dies wäre unprofessionell.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung ist sich einig darin, dass die Evangelien keine historischen Tatsachenberichte sind.
Ratzinger widerspricht hier der Forschung, ohne es sachlich begründen zu können.
Ratzinger geht es darum, das NT in allen wesentlichen Dingen als geschichts-basiert zu verstehen (und nicht als Belletristik) - es geht hier nicht um Einzelzitate, um die man sich streiten könnte, sondern um die Festschreibung der Eckpunkte des NT als historisch Geschehenes - DAS ist der Hintergrund.

sven23 hat geschrieben:Ich habe bisher hier noch nichts gelesen, was dem Konsens der Naherwartung widersprechen würde. Wohlgemerkt in der historischen Jesusforschung, die historisch-kritisch arbeitet.
Ob es innerhalb der EINEN Hermeneutik der HKM Konsens ist oder nicht, weiß ich nicht - Halman und andere haben Zitate gebracht, wonach das NICHT so ist.

Für mich persönlich ist diese Frage nicht so sehr relevant, weil es mir um die Wirklichkeit Jesu und nicht um den Konsens innerhalb EINER Hermeneutik geht. - Die Frage lautet für mich also nicht "Über welche Wirklichkeits-Deutung gibt es Konsens innerhalb der HKM?", sondern "Was war die Wirklichkeit Jesu in seinem Denken und Meinen?". - Das sind nach wie vor zwei Paar Stiefel.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Wenn er die Sachergebnisse aus ideologischen Gründen wegwischen will, bekommt er halt verdientermaßen Gegenwind.

Stimmt - das ist immer so und gilt bei jedem. - Aber meinst Du wirklich, dass es bei Ratzinger der Fall ist?


Ich denke schon.
Dieselben Vorwürfe kommen an die HKM von der Gegenseite, was zum Vorwurf des "Antichristen" geführt hat. - Das ist wieder mal so ein Fall, wo man sich gegenseitig mit demselben totprügeln kann - bringt nichts.

sven23 hat geschrieben:Du meinst die Forschung dessen, was du gerne hättest. Ich meine die historische Forschung. Kleiner aber feiner Unterschied.
Unnötiger Unterschied, weil er vollkommen neben der Kappe ist. - Es geht (mir und anderen) um die Wirklichkeit Jesu, die selbstverständlich auch die Kerygmatik nicht garantieren kann - das kann niemand. - Es ist und bleibt eine hermeneutische Sache, bei der letztlich rauskommt:

1) Falls Jesus nur Mensch war, ist die HKM in "Deiner" Interpretation hermeneutisch näher am wirklichen Jesus.
2) Falls Jesus auch göttlich war, ist die Kerygmatik näher dran.
Beides nicht falsifizierbar und somit offen.

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