Das Karsamstags-Evangelium

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Savonlinna
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#11 Re: Impulse

Beitrag von Savonlinna » So 27. Mär 2016, 18:59

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wer den Auferstandenen "erfährt", erfährt ihn gegenwärtig, nicht aber als historische Vergangenheit.
Spontan: Ja. - MEINE Begründung: Weil geistige Realität immer über der Zeit ist.
- Und dies ist ein Aspekt, der in der HKM nicht berücksichtigt werden kann (und übrigens auch nicht soll - die HKM ist für anderes da).
Ratzinger spricht nie von "geistiger Realität", unter der ich mir ohnehin nur eine Kaschierung persönlicher Deutung vorstellen kann.

Er sagt, dass gerade die historisch-kritische Forschung zentral sei für das Geschehen in Zeit und Raum.
Darum darf sie niemals übergangen werden. ->
Ratzinger hat geschrieben:Da gilt zunächst, dass die historische Methode - gerade vom inneren Wesen der Theologie und des Glaubens her - eine unverzichtbare Dimension der exegetischen Arbeit ist und bleibt. Denn für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht. Er erzählt nicht Geschichte als Symbole über geschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat. Das Factum historicum ist für nicht nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstututiver Grund: Et inarnatus est - mit diesem Wort bekennen wir uns zu dem tatsächlichen Hereintreten Gottes in die reale Geschichte.

Wenn wir diese Geschichte wegschieben, wird der christiche Glaube als solcher aufgehoben und in eine andere Religionsform umgeschmolzen. Wenn also Geschichte, Fakitzität in diesem Sinn, wesentlich zum christlichen Glauben gehört, dann er sich der historischen Methode aussetzen - der Glaube selbst verlangt das.
Josef Ratzinger,Jesus von Nazareth, S.14

Jetzt aber kommt es, und ich gebe mir große Mühe, in den Text nichts hineinzuintepretieren:
Es scheint keineswegs zentral für Ratzinger zu sein, wo genau Jesus nun geboren ist oder wann er wo war, sondern dass die Erzähler die Geschichten zeitlich und räumlich verankern.
So irritiert ihn keineswegs, dass die verschiedenen Evangelisten unterschiedliche Stammbäume angeben, da diese Stammbaumaufstellungen jeweils einen bestimmten und darum unterschiedlichen Zweck verfolgen, aber immer den Zweck haben, das Geschehen historisch und sozusagen "fleischlich" zu verankern. ->

Ratzinger hat geschrieben:Lukas wandert bei seinem Stammbaum - im Gegensatz zu Matthäus - von Jesus zurück in die vorangegangene Geschichte; [...] der Stammbaum geht zurück bis zu Adam, ja, zur Schöpfung, denn zu dem Namen Adam fügt Lukas hinzu: von Gott.
So wird die universale Sendung Jesu herausgestellt: Er ist Sohn Adams - Menschensohn.
Durch sein Menschsein gehören wir alle zu ihm, er zu uns; in ihm beginnt die Menschheit neu und kommt an ihr Ziel.
ebenda, S. 37

Der von mir blau gefärbte Satz, closs, liegt mir sehr viel näher als Dein System. Hier kann ich klarer machen, dass ich keineswegs allein damit stehe, in dem Menschen selber das ausfindig zu machen, was Du als "Gott" beschreibst.
Du kanzelst das als nur "psychologisch" oder "pastoral" ab, aber vielleicht kann Dir Ratzinger die Augen offnen, dass es um die Menschheit geht, die an ihr Ziel kommen möchte.
Und dass dies im Menschen selber ausmachbar ist. Denn dieses Ziel muss in ihm selber ja irgendwo eingeschrieben sein.

Und vielleicht dies noch:
Ratzinger hat geschrieben:Das Wirken Jesu ist nicht als ein mythisches Irgendwann anzusehen, das zugleich immer und nie bedeuten kann; es ist genau datierbares historisches Ereignis mit dem ganzen Ernst wirklich geschehener menschlicher Geschichte - mit ihrer Einmaligkeit, deren Weise von Gleichzeitigkeit mit allen Zeiten anders ist als die Zeitlosigkeit des Mythos.
ebenda, S. 38
Auch hier, nach meinem Verstehen: "historisches Geschehen" bedeutet zwar datierbar, ist aber nicht gebunden daran, wann genau ein gewisser Wanderprediger geboren ist.
Datierbar kann es zum Beispiel als 27.03.2016, p.Chr.n., 19:00, Hamburg-West sein.

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Savonlinna
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#12 Re: Impulse

Beitrag von Savonlinna » So 27. Mär 2016, 19:44

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen "aus dem Rahmen alltäglichen Verlaufes auffällig heraustretenden Vorgang" existiert, warum braucht es dann dazu eine höhere Macht?
Solange es normal läuft, sind die Naturgesetze dafür zuständig.

Ich verstehe den Prof so, dass - in christlicher Lesart - der Geist, aus dem Naturgesetze sind, in Ausnahmefällen außer Kraft setzen kann.
Das ist keine christliche Lesart, sondern nur eine Lesart fundamentalistischer Christen. Sie lesen die Bibel wörtlich und verstehen nicht, dass es gar nicht um Durchbrechung von Natürlichem geht.

Es gibt überhaupt keine Naturgesetze, das kann man nicht oft genug sagen.
Amateure oder Weltanschauler mögen das so glauben, aber wissenschaftlich ist doch klar, dass die Natur beobachtet wird und daraus Regelmäßigkeiten abgeleitet werden - solange man sie eben beobachtet.

In dem Moment, wo diese bisher beobachtete Regelmäßigkeit durchbrochen wird, wird eben neu notiert: unter den oder den Umständen passiert das und das.

Zeus hat Recht: Wozu bedarf es da einer "höheren Macht"? Wir sind doch erst ganz am Beginn der Erforschung von Natur.

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#13 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 00:38

Savonlinna hat geschrieben:Ratzinger spricht nie von "geistiger Realität"
Kann sein - aber für ihn ist Gott sowohl Geist als auch Realität.

Savonlinna hat geschrieben:Er sagt, dass gerade die historisch-kritische Forschung zentral sei für das Geschehen in Zeit und Raum.
Da hat er selbstverständlich recht - hier könnte von ihm der Begriff "Heilsgeschichte" fallen.

Savonlinna hat geschrieben:Es scheint keineswegs zentral für Ratzinger zu sein, wo genau Jesus nun geboren ist oder wann er wo war, sondern dass die Erzähler die Geschichten zeitlich und räumlich verankern.
Ich verstehe Dich hierin sehr gut und stimme Dir zu. - Ratzinger kenne ich aus seinen Schriften als extrem fein formulierenden Menschen, der vermutlich von vielen (auch im eigenen Haus) nicht verstanden wird.

Savonlinna hat geschrieben:So irritiert ihn keineswegs, dass die verschiedenen Evangelisten unterschiedliche Stammbäume angeben, da diese Stammbaumaufstellungen jeweils einen bestimmten und darum unterschiedlichen Zweck verfolgen, aber immer den Zweck haben, das Geschehen historisch und sozusagen "fleischlich" zu verankern.
Genau - und jetzt kommt der Punkt: Wie will eine HKM (ich meine dies wirklich NICHT abwertend, sondern kapazitativ) so etwas verstehen können?

Savonlinna hat geschrieben:Der von mir blau gefärbte Satz, closs, liegt mir sehr viel näher als Dein System.
Beides liegt auf unterschiedlichen Ebenen. - Ich rackere rum auf dem Feld der "ersten Fragen" - "ontologisch", wie ich es nenne. - Ratzi formuliert sich hier auf einer Ebene, die den Übergang in das markiert, was ich "Pastorale" nenne (vielleicht fasse ich diesen Begriff zu weit). Ich stimme ihm übrigens hierbei zu.

Es passt zu Sprüchen wie "Gott hat keine Hände aus die unsrigen". - Oder dann doch wieder mal ontologisch: "Gott kann nur in unserer Realität sein, wenn er von uns thematisiert wird". - Ich kann Ratzi hier gerne folgen.

Savonlinna hat geschrieben:Du kanzelst das als nur "psychologisch" oder "pastoral" ab
Das ist kein "Abkanzeln", sondern etwas anderes, das erst geschehen kann, wenn die "ersten Fragen" halbwegs in trockenen Tüchern sind. - Ratzi hat diese ersten Fragen ganz bestimmt abgehakt und kann deshalb weitergehen.

Savonlinna hat geschrieben:aber vielleicht kann Dir Ratzinger die Augen offnen, dass es um die Menschheit geht, die an ihr Ziel kommen möchte.
Da muss er sie nicht öffnen, weil ich schon mindestens 20 Mal geschrieben habe, dass der eigentliche Sinn des irdischen Daseins ist, zu erkennen im Sinne vom hebräischen Sinne von "jada".

Es gäbe keinen "Sündenfall", wenn er nicht die notwendige Voraussetzung wäre, dass der Mensch erkennen kann. - Hätte Gott bewusstlose Trottel gewollt, hätte er auf den Baum der Erkenntnis verzichten können.

Savonlinna hat geschrieben:Auch hier, nach meinem Verstehen: "historisches Geschehen" bedeutet zwar datierbar, ist aber nicht gebunden daran, wann genau ein gewisser Wanderprediger geboren ist.
Ja - in meinem "System" würde es heißen: Jedes Geschehen ist Gegenwart zu allen Zeiten und aus göttlicher Sicht "gleichzeitig".

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#14 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 00:45

Halman hat geschrieben: Es gibt nur Wahrscheinlichkeiten, in dem ein Vorbot im Sinne von "dies ist absolut unmöglich" oder "dies ist absolut verboten" nicht existiert.
Das habe ich in etwa gemeint mit
closs hat geschrieben:Solange es normal läuft, sind die Naturgesetze dafür zuständig.
Ich würde es vielleicht jetzt anders formulieren: Wahrscheinlichkeits-Erfahrungen annähernd 1 nennen wir "Naturgesetze".

Zeus hat geschrieben:Du hast den Herrn Professor nicht verstanden.
Jetzt besser?

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#15 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 00:50

Savonlinna hat geschrieben:Zeus hat Recht: Wozu bedarf es da einer "höheren Macht"?
"Operativ" kann ich damit leben - aber die "ersten Fragen" sind damit nicht gelöst - hier: Was ist die Decke, an denen dies alles hängt? - Wir selber können es nicht sein, weil dies "Münchhausen" wäre (der Mensch, der sich mit eigenen Händen aus dem Sumpf zieht).

Auch exisistiert hier die Gefahr des Postulats einer "Selbst-Erlösung" - der Mensch als Schmied seines Heils? - Da stellen sich alle meine spirituellen, ontologischen und dialektischen Nackenhaare auf.

Trotzdem: Wenn wir diese "ersten Fragen" weglassen, kann ich mit Deinem Ansatz sehr viel anfangen.

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#16 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von Savonlinna » Mo 28. Mär 2016, 01:08

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ratzinger spricht nie von "geistiger Realität"
Kann sein - aber für ihn ist Gott sowohl Geist als auch Realität.
Trotzdem ist das, was Du als "geistige Realität" immer wieder ins Spiel birngst, nur Deine Sicht, nicht die von Ratzinger.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Er sagt, dass gerade die historisch-kritische Forschung zentral sei für das Geschehen in Zeit und Raum.
Da hat er selbstverständlich recht - hier könnte von ihm der Begriff "Heilsgeschichte" fallen.
Bei Dir könnte dieser Begriff fallen, bei Ratzinger nicht. ;)

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Es scheint keineswegs zentral für Ratzinger zu sein, wo genau Jesus nun geboren ist oder wann er wo war, sondern dass die Erzähler die Geschichten zeitlich und räumlich verankern.
Ich verstehe Dich hierin sehr gut und stimme Dir zu. - Ratzinger kenne ich aus seinen Schriften als extrem fein formulierenden Menschen, der vermutlich von vielen (auch im eigenen Haus) nicht verstanden wird.
Dann haben wir ihn beide jedenfalls - vielleicht - verstanden.
Und das freut mich.
Dieser Punkt ist nämlich für mich neu. Er hat irgendeinen Knoten bei mir durchgehauen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:So irritiert ihn keineswegs, dass die verschiedenen Evangelisten unterschiedliche Stammbäume angeben, da diese Stammbaumaufstellungen jeweils einen bestimmten und darum unterschiedlichen Zweck verfolgen, aber immer den Zweck haben, das Geschehen historisch und sozusagen "fleischlich" zu verankern.
Genau - und jetzt kommt der Punkt: Wie will eine HKM (ich meine dies wirklich NICHT abwertend, sondern kapazitativ) so etwas verstehen können?
Das ist doch Alltag für die historisch-kritische Forschung. Warum soll sie damit irgendein Problem haben? Das ist doch genau das, was sie erforscht.
Ich nehme an, dass Ratzinger dies aus der historisch-kritischen Forschung übernommen hat.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Der von mir blau gefärbte Satz, closs, liegt mir sehr viel näher als Dein System.
Beides liegt auf unterschiedlichen Ebenen. - Ich rackere rum auf dem Feld der "ersten Fragen" - "ontologisch", wie ich es nenne. - Ratzi formuliert sich hier auf einer Ebene, die den Übergang in das markiert, was ich "Pastorale" nenne (vielleicht fasse ich diesen Begriff zu weit). Ich stimme ihm übrigens hierbei zu.
Tut mir Leid für Dich, closs. Aber ich folge Dir hierin nicht. Bloß um Dein - in der Grundlage falsches - System zu retten, musst Du auch noch Ratzinger in Dein System quetschen.

closs hat geschrieben:Es passt zu Sprüchen wie "Gott hat keine Hände aus die unsrigen". - Oder dann doch wieder mal ontologisch: "Gott kann nur in unserer Realität sein, wenn er von uns thematisiert wird". - Ich kann Ratzi hier gerne folgen.
Wie schon Anton B. und erbreich sagten: Du kannst nur das verstehen, was Du dem Menschen weggenommen und in Dich verwandelt hast.
Du lässt ein anderes Denken nicht zu.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du kanzelst das als nur "psychologisch" oder "pastoral" ab
Das ist kein "Abkanzeln", sondern etwas anderes, das erst geschehen kann, wenn die "ersten Fragen" halbwegs in trockenen Tüchern sind. - Ratzi hat diese ersten Fragen ganz bestimmt abgehakt und kann deshalb weitergehen.
Nein, er hat diese ersten Fragen thematisiert!
Er hat andere Antworten als Du.
Gott sei Dank hat er sie. Deine Systematik ist unfruchtbar, die von Ratzinger nicht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:aber vielleicht kann Dir Ratzinger die Augen offnen, dass es um die Menschheit geht, die an ihr Ziel kommen möchte.
Da muss er sie nicht öffnen, weil ich schon mindestens 20 Mal geschrieben habe, dass der eigentliche Sinn des irdischen Daseins ist, zu erkennen im Sinne vom hebräischen Sinne von "jada".
Zum Glück schreibt Ratzinger all das gar nicht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Auch hier, nach meinem Verstehen: "historisches Geschehen" bedeutet zwar datierbar, ist aber nicht gebunden daran, wann genau ein gewisser Wanderprediger geboren ist.
Ja - in meinem "System" würde es heißen: Jedes Geschehen ist Gegenwart zu allen Zeiten und aus göttlicher Sicht "gleichzeitig".
Und zum Glück schreibt auch Ratzinger all dieses nicht.
Bei Dir hör ich blabla, bei Ratzinger verstehe ich etwas.

Ich bin langsam gegen Dein System so allergisch wie gegen die Bibel.
Egal, was man schreibt: Du seifst einen mit Deinen persönlichen Formulierungen ein.

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#17 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von Savonlinna » Mo 28. Mär 2016, 01:11

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Zeus hat Recht: Wozu bedarf es da einer "höheren Macht"?
"Operativ" kann ich damit leben - aber die "ersten Fragen" sind damit nicht gelöst - hier: Was ist die Decke, an denen dies alles hängt?
Natürlich sind sie ungelöst. Du wirst sie auch nicht lösen, indem Du irgendwelche Begriffe erfindest.

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Zeus
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#18 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von Zeus » Mo 28. Mär 2016, 01:49

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Es gibt nur Wahrscheinlichkeiten, in dem ein Vorbot im Sinne von "dies ist absolut unmöglich" oder "dies ist absolut verboten" nicht existiert.
Das habe ich in etwa gemeint mit
closs hat geschrieben:Solange es normal läuft, sind die Naturgesetze dafür zuständig.
Ich würde es vielleicht jetzt anders formulieren: Wahrscheinlichkeits-Erfahrungen annähernd 1 nennen wir "Naturgesetze".

Zeus hat geschrieben:Du hast den Herrn Professor nicht verstanden.
Jetzt besser?
Ja. :)
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#19 Re: Das Karsamstags-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 28. Mär 2016, 02:04

Savonlinna hat geschrieben:Trotzdem ist das, was Du als "geistige Realität" immer wieder ins Spiel birngst, nur Deine Sicht, nicht die von Ratzinger.
Substantiell denke ich schon, dass er das auch meint. - Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Gott nicht als Geist und Realität versteht.

Savonlinna hat geschrieben:Bei Dir könnte dieser Begriff fallen, bei Ratzinger nicht.
Dieser Begriff ist aber naheliegend - auch hier kann mir nicht vorstellen, dass so Naheliegendes von Ratzinger nicht vor mir begriffen wurde.

Savonlinna hat geschrieben:Dieser Punkt ist nämlich für mich neu. Er hat irgendeinen Knoten bei mir durchgehauen.
Mal zwei Beispiele (leider nur aus dem Gedächtnis, aber für Zwecke hier vermutlich ausreichend).

Über die HKM sagt er nicht "Wenn Ihr Euch nicht ändert, seid Ihr aus dem Spiel", sondern "Weil sich die HKM für den Geist öffnen kann, ist sie unerläßlich". - Inhaltlich ist damit dasselbe gemeint.

Zur Allversöhnung sagt er nicht JA oder NEIN, sondern "Es kann für uns nicht vorstellbar sein, dass Gott jeden zu sich aufnimmt, wäre da nicht Jesus". - Ich bewerte dies als privates Überzeugungs-Ja, das einem offiziellen Glaubens-Nein gegenübergestellt wird.

Savonlinna hat geschrieben:Das ist doch Alltag für die historisch-kritische Forschung.
Tja - um so besser - aber das ist nicht die theologische Bultmann-Mainstream-HKM - es sei denn, sie würde hier wirklich vollends entstellt dargestellt.

Savonlinna hat geschrieben: Bloß um Dein - in der Grundlage falsches - System zu retten, musst Du auch noch Ratzinger in Dein System quetschen.
Ob mein System in der Grundlage falsch ist, können wir nicht entscheiden. - Wir sollten uns erstmal darauf konzentrieren, welche andere als meine Antworten es auf "die ersten Fragen" gibt. - Oder ignoriert man sie einfach?

Savonlinna hat geschrieben:Du lässt ein anderes Denken nicht zu.
Meine Anmerkung war eigentlich als Zustimmung gemeint.

Savonlinna hat geschrieben:Nein, er hat diese ersten Fragen thematisiert!
Meine ich doch auch - aber davon ist doch hier nicht die Rede. - Oder meinst Du es? Wenn ja, wo?

Savonlinna hat geschrieben:Zum Glück schreibt Ratzinger all das gar nicht.
Auch das war als Zustimmung gemacht. - Was widerspricht meiner Auffassung von "Erkenntnis"? - Was bedeutet der Satz "Und Adam erkannte Eva?" - Was bedeutet es, wenn Gott zu Abraham sagt: "Jetzt erkenne ich Dich?" (ist allerdings ein anderes Thema als der Thread hier). - So einfach entwischst Du mir nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Ich bin langsam gegen Dein System so allergisch wie gegen die Bibel.
Das merkt man. :lol: - Stelle Dir vor, es hätte ein Anonymus geschrieben - vielleicht fällt Dir dann ein inhaltlicher Zugang leichter.

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sven23
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#20 Re: Impulse

Beitrag von sven23 » Mo 28. Mär 2016, 07:42

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen "aus dem Rahmen alltäglichen Verlaufes auffällig heraustretenden Vorgang" existiert, warum braucht es dann dazu eine höhere Macht?
Solange es normal läuft, sind die Naturgesetze dafür zuständig.

Ich verstehe den Prof so, dass - in christlicher Lesart - der Geist, aus dem Naturgesetze sind, in Ausnahmefällen außer Kraft setzen kann. - Ein aktiver Fan dieser Version bin ich nicht - trotzdem kann ich ihr nicht widersprechen, weil aus meiner Sicht die menschliche Vernunft nicht der Maßstab sein kann, was "sein" kann.
Natürlich kann der "große Geist" die Naturgesetze außer Kraft setzen, aber eben nur in der Literatur, in alten Mythen- und Märchenbüchern.
Denn nach wie vor gilt: wir kennen keine Phänomene, die supranaturaler Erklärung bedürfen. Dabei ist die Lesart, ob christlich oder nicht, völlig egal.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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