Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#11 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 06:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Resistenzen bilden sich hauptsächlich dann, wenn der Behandlungszyklus abgebrochen wird
Das spielt AUCH eine Rolle, greift aber zu kurz. - Fakt ist, dass insgesamt viel zu viel Pharmazeutika, hier im Besonderen: Antibiotika, gegeben werden. Das ist ärztlicherseits bekannt.

Hier mal ein paar Fakten zu Antibiotika und die Vorurteile über sie:

http://www.bankhofer-gesundheitstipps.d ... dlich.html
Ärzte, die bei einer Virus-Grippe ein Antibiotikum verschreiben, sollte man ruhig mal drauf ansprechen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie bezahlen sie hauptsächlich deshalb, weil sie auf Kundenfang gehen.
Auch das kann eine Rolle spielen - aber sie würden es nicht tun, wenn es sich nicht auch im laufenden Geschäft finanziell rentieren würde.
Rentieren würde es sich kurzfristig für die Krankenkassen, wenn alle Krebspatienten auf alternative Behandlungen umsteigen würden. Langfristig würden sie allerdings zahlende Mitglieder durch Exitus verlieren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Billiger vielleicht, aber preiswerter wohl eher nicht.
Wer sollte das entscheiden?
Ein Medikament oder Verfahren ist dann seinen Preis wert, wenn es zur Genesung oder Linderung führt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#12 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 08:05

closs hat geschrieben: Hier ist immer nur zu hören, dass in diesem oder jenem Evangelium etwas Unhistorisches stünde - woher "weiss" man dies, wenn man keine anderen Quellen hat? - Es scheint sich mehr um unterschiedliche Interpretationen derselben Rezeptionen zu handeln - oder nicht?
Das ist die Leistung der neutestamentlichen Forschung. Sie untersucht die Textquellen auch im historischen Kontext. Und da erweist sich nun mal vieles als unhistorisch, weil die Schreiber etwas erfanden oder die Verhältnisse ihrer Zeit in die Zeit Jesu zurückprojizierten.
Da wären als einige Beipiele zu nennen:
- die Geburtslegenden
- es gab keine Steuerschätzung
- es gab keinen Kindermord des Herodes
- es gab keine Synagogen im Wirkungsgebiet von Jesus
- es gab keine Tradition der Freilassung eines Straftäters vor dem Passafest
- das bei Markus geschilderte Verhör widerspricht allen jüdischen Prozessprinzipien

und vieles mehr, das später hinzugedichtet wurde, als der Vergottungsprozess eingesetzt hatte.

"Ein verständlicher Einwand sei noch erwähnt, der vielen sicher schon auf den Nägeln
brennt: Ist es nicht völlig unhistorisch, antike Texte derart auf eine moderne Folter zu
spannen? Man kann doch keinem König David unsere heutigen ethischen Maximen
unterzuschieben versuchen oder ihn daran messen, ob er über das ethische Hölzchen
springt, das wir ihm hinhalten. Er lebte eben in einer anderen Welt mit anderen Gesetzen
und Vorstellungen. Dieser Einwand ist natürlich richtig. Doch es sind ja gerade die
Kirchen, die der Meinung sind, diese Texte wären mehr als nur historische Urkunden.
Gerade die Kirchen meinen ja, dass diesen Texten eine ethische Dignität und normative
Kraft zukommt. Wenn sie dieser Meinung sind, dann müssen sie sich aber auch deren
Inkonsequenzen und Unzulänglichkeiten vorhalten lassen. Es geht eben nicht um die
Äußerungen einer toten Religion, die man religionsphänomenologisch nüchtern
beschreibt, es geht um eine Religion, die für sich und ihre Überlieferungen eine Würde
und Bedeutung auch für den heutigen Menschen in Anspruch nimmt, die diesen nicht
zukommt. Darin liegt das Unhistorische."

Kubitza, Jesuswahn

Doch auch unhistorisches hat hat seine Aussagekraft, aus der man Rückschlüsse ziehen kann.

"Doch glücklicherweise sind auch unhistorische Geschichten für den Historiker nicht
völlig wertlos. Bekommt er doch immerhin einen Einblick in das Denken und die
Theologie der Tradenten und Evangelisten, er kann Tendenzen und Absichten erkennen
und daraus Schlüsse ziehen. Bei den Geburtslegenden ist dies klar. Über Jesu Geburt
hatte es offenbar zunächst keine Überlieferungen gegeben, bald jedoch wurden diese
geschaffen aus dem verständlichen Bedürfnis heraus, diese Lücke im Sinne einer
Hagiografie auszufüllen. Die Evangelisten bedienen sich dabei gerne alttestamentlicher
Vorbilder, und es war vor allem für Matthäus wichtig nachzuweisen, dass Jesus der im
Alten Testament vorausgesagte Messias ist. Es spiegelt sich die grundsätzliche Tendenz
wider, die Herrlichkeit und Großartigkeit des Berichteten zu steigern, Lücken
auszufüllen, Vorhandenes auszumalen. Widersprüche in der Darstellung wurden damals
möglicherweise gar nicht als solche wahrgenommen."

Kubitza, Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#13 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 13:04

sven23 hat geschrieben:Gerade die Kirchen meinen ja, dass diesen Texten eine ethische Dignität und normative Kraft zukommt. Wenn sie dieser Meinung sind, dann müssen sie sich aber auch deren Inkonsequenzen und Unzulänglichkeiten vorhalten lassen.
Hier liegt wahrscheinlich das grundsätzliche Missverständnis:

1) Ethische Dignität/normative KRaft: JA (allerdings muss man es dann auch "richtig" interpretieren)
2) Inkonsequenzen/Unzulänglichkeiten sind keine Einschränkung zu 1)

sven23 hat geschrieben:Widersprüche in der Darstellung wurden damals möglicherweise gar nicht als solche wahrgenommen."
Das sieht Kubitza richtig - genau deshalb spielt doch das historische Moment nur eine untergeordnete Rolle.

Man muss zwei Dinge unterscheiden:
1) Historizität geistiger Dinge (= bspw. "leibliche Auferstehung hat wirklich stattgefunden")
Diese Dinge sind nicht falsifizierbar, bestenfalls geistig plausibel und historisch-kritisch unplausibel - das sind somit keine wissenschaftlichen Fragen, sondern beiderseits Glaubensfragen (weshalb christliche Wissenschaftler JA sagen und atheistische Wissenschaftler NEIN sagen).
2) Historizität von Darstellungen.
Diese Dinge sind teilweise falsifizierbar, aber in der Substanz nicht relevant. Zumal man dann auch da eine Ebene höher gehen und fragen muss: Wie hat man damals geschrieben? Welche Rolle spielt der Begriff der Historizität überhaupt bei den Schreibern? Dazu hat Halman mal einen sehr guten Beitrag eingestellt (habe den Namen des Referenten vergessen).

Mit anderen Worten:
Historische Untersuchungen und Falsifizierungen sind wirklich sehr interessant, aber nicht entscheidend für die Auslegung der Bibel-Substanz. HKM ist eine wertvolle Neben-Disziplin der Theologie, aber keine maßstäbliche innerhalb der Theologie.

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#14 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » Sa 17. Dez 2016, 13:11

closs hat geschrieben:Historizität geistiger Dinge (= bspw. "leibliche Auferstehung hat wirklich stattgefunden")
Diese Dinge sind nicht falsifizierbar, bestenfalls geistig plausibel und historisch-kritisch unplausibel - das sind somit keine wissenschaftlichen Fragen, sondern beiderseits Glaubensfragen (weshalb christliche Wissenschaftler JA sagen und atheistische Wissenschaftler NEIN sagen).
Auferstehung ist wissenschaftlich unplausibel. Warum sollte sich die Wissenschaft mit dieser Behauptung nicht auseinandersetzen dürfen?

closs hat geschrieben:Historizität von Darstellungen.
Diese Dinge sind teilweise falsifizierbar, aber in der Substanz nicht relevant.
Sind sie wirklich irrelevant? Oder sind sie das nur in deiner privaten Auffassung?

closs hat geschrieben:Mit anderen Worten:
Historische Untersuchungen und Falsifizierungen sind wirklich sehr interessant, aber nicht entscheidend für die Auslegung der Bibel-Substanz. HKM ist eine wertvolle Neben-Disziplin der Theologie, aber keine maßstäbliche innerhalb der Theologie.
Da die HKM immer falisifizierbare Erkenntnisse argumentiert, ist es ein Hohn zu behaupten, sie seien innerhalb der Theologie nicht maßgebend.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#15 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 13:38

Pluto hat geschrieben:Auferstehung ist wissenschaftlich unplausibel. Warum sollte sich die Wissenschaft mit dieser Behauptung nicht auseinandersetzen dürfen?
Wenn man nichts Besseres zu tun hat, kann man es machen - nur: Seit wann beschäftigt sich die Wissenschaft mit Nicht-Falsifizierbarem?

Diese Frage ist nur weltanschaulich beantwortbar.

Pluto hat geschrieben:Sind sie wirklich irrelevant?
Bei einer theozentrischen Bibel-Interpretation im Sinne von Paulus, ja.

Pluto hat geschrieben:Da die HKM immer falisifizierbare Erkenntnisse argumentiert, ist es ein Hohn zu behaupten, sie seien innerhalb der Theologie nicht maßgebend.
Dein Satz ist an sich falsch angelegt.

Dass die HKM immer mit (im Rahmen ihrer Methodik) falsifizierbaren Erkenntnissen argumentiert, sagt doch nichts darüber aus, wie relevant dieses Falsifizierbare ist. - Wenn ich falsifizieren kann, dass Du 150 kg wiegst, weiß ich noch lange nicht, wer Pluto ist. Es ist ein periphäres Rum-Falsifizieren, das nicht näher an die Substanz führt.

Und Periphäres ist in der Tat in der Theologie NICHT maßgebend. - Aber nicht, weil die HKM etwas falsch gemacht hat, sondern weil sie in Bereichen falsifiziert, die fundamental nicht relevant sind.

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#16 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 14:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gerade die Kirchen meinen ja, dass diesen Texten eine ethische Dignität und normative Kraft zukommt. Wenn sie dieser Meinung sind, dann müssen sie sich aber auch deren Inkonsequenzen und Unzulänglichkeiten vorhalten lassen.
Hier liegt wahrscheinlich das grundsätzliche Missverständnis:

closs hat geschrieben: 2) Inkonsequenzen/Unzulänglichkeiten sind keine Einschränkung zu 1)
Eigentlich schon, wenn sie göttliche Autorität beanspruchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Widersprüche in der Darstellung wurden damals möglicherweise gar nicht als solche wahrgenommen."
Das sieht Kubitza richtig - genau deshalb spielt doch das historische Moment nur eine untergeordnete Rolle.
Eher nicht, denn wenn schon in diesen "Nebensächlichkeiten" kein Verlass auf Historizität ist, wie sollte dann erst recht die Auferstehung plausibel und glaubwürdig sein? Die unhistorischen Schummeleien dienten doch gerade dazu, die Auferstehung glaubwürdig zu machen.
Wer da die Nachtigall nicht trapsen hört, der will sie nicht hören.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#17 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 16:20

sven23 hat geschrieben:Eher nicht, denn wenn schon in diesen "Nebensächlichkeiten" kein Verlass auf Historizität ist, wie sollte dann erst recht die Auferstehung plausibel und glaubwürdig sein?
Dieser Ansatz ist in sich verquer. - Es geht den Schreibern in erster Linie um eine Realität, die sie vermitteln wollen - egal, ob historisch-kritisch brauchbarer oder geistiger Qualität.

Bei der Auferstehung wollen sie sagen, dass diese WIRKLICH stattgefunden hat. Dass sie dabei rumedum gestalten und aufplustern, genügt dem heutigen Anspruch nach Historizität natürlich nicht. Aber diesen Begriff gab es damals noch nicht.

sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon, wenn sie göttliche Autorität beanspruchen.
Meines Wissens beanspruchen die Schreiber keine göttliche Autorität - aus Eigensicht berichten sie über etwas Unerhörtes und vorher nie Dagewesenes. - Die göttliche Autorität besteht aus Sicht der späteren Rezeption darin, dass diese Schreiber vom HG begnadet sind, geistig Wahres zu schreiben.

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#18 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 16:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eher nicht, denn wenn schon in diesen "Nebensächlichkeiten" kein Verlass auf Historizität ist, wie sollte dann erst recht die Auferstehung plausibel und glaubwürdig sein?
Dieser Ansatz ist in sich verquer. - Es geht den Schreibern in erster Linie um eine Realität, die sie vermitteln wollen - egal, ob historisch-kritisch brauchbarer oder geistiger Qualität.
Realität ist etwas, das historisch auch stattgefunden hat. Dagegen gibt es starke Zweifel.

closs hat geschrieben: Bei der Auferstehung wollen sie sagen, dass diese WIRKLICH stattgefunden hat. Dass sie dabei rumedum gestalten und aufplustern, genügt dem heutigen Anspruch nach Historizität natürlich nicht. Aber diesen Begriff gab es damals noch nicht.
Man kannte aber auch damals den Unterschied zwischen dem, das wirklich stattgefunden hat und dem, was man sich ausgedacht hat, um den Eindruck zu erwecken, dass es stattgefunden hat. So viel Intelligenz dürfen wir den Schreibern schon zutrauen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon, wenn sie göttliche Autorität beanspruchen.
Meines Wissens beanspruchen die Schreiber keine göttliche Autorität - aus Eigensicht berichten sie über etwas Unerhörtes und vorher nie Dagewesenes. - Die göttliche Autorität besteht aus Sicht der späteren Rezeption darin, dass diese Schreiber vom HG begnadet sind, geistig Wahres zu schreiben.
Die Schreiber nicht, dafür um so mehr die spätere Kirche, die darauf den ominösen Dogmenapparat aufbaut.
Von "göttlicher Inspiration" wußten die Schreiber noch nichts.

"Die Aufzählung solcher Ungereimtheiten und Widersprüche in den biblischen Texten
geschieht übrigens nicht nur, um die Problematik der Überlieferung aus historischer
Sicht deutlich zu machen. Sie soll auch verdeutlichen, wie absurd es ist, die Bibel als eine
Quelle der Wahrheit und ihre Texte als sakrosankt zu betrachten. In immer noch großen
Teilen des Protestantismus, vor allem in pietistischen und fundamentalistischen
Gruppen, aber auch im Katholizismus wird die Bibel als Wort Gottes verstanden und
gelten ihre Teile als göttlich inspiriert oder gar vom Heiligen Geist in Verbalinspiration
eingegeben. Widersprüche werden deshalb konsequent geleugnet. Eine solche Haltung
besteht im Wesentlichen aus Unwissenheit oder einem naiven Dogmatismus, oft aus
beidem. Man muss vor allem den frommen Gruppen im Protestantismus vorwerfen, dass
sie ihre Bibel nicht sorgfältig genug lesen, denn sonst würden ihnen diverse
Widersprüche selbst auffallen. Der biblische Fundamentalismus ist gerade nicht ein
Ernstnehmen der Bibel, als der er sich gerne ausgibt, sondern Ausdruck eines
dogmatisch-verkümmerten Wirklichkeitsverständnisses, ein religiöser Realitätsverlust.
Es muss nachdenklich stimmen, dass gerade solche Gruppen einen zuweilen großen
Einfluss auf Politik und Gesellschaft ausüben können, vor allem natürlich in den USA.
Das Wort Legenden für die Erscheinungsgeschichten zu verwenden ist fast ein
Euphemismus. Tatsächlich zeigen sich diese Geschichten bei historischer Betrachtung als
Widerspiegelung viel späterer Gemeindesituationen, als Rückprojizierung von Dogmatik,
als Erfindungen der Evangelisten oder ihrer mündlichen Vorstufen. Ein historischer Kern
lässt sich bei keiner der Geschichten ausmachen, allenfalls die Geschichte vom leeren
Grab bietet einen historischen Anhalt. Es ist deshalb gar nicht die Frage, ob man die
Auferstehung eines Menschen grundsätzlich für möglich hält, denn die
Auferstehungsgeschichten fallen schon bei der historischen Vorprüfung durch. Das
Ergebnis könnte für die Kirchen negativer nicht sein – das Gründungswunder der Kirche
ist durch keinerlei glaubwürdige Erzähltradition belegt."

Kubitza, Der Jesuswahn
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#19 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 18:53

sven23 hat geschrieben:Realität ist etwas, das historisch auch stattgefunden hat.
Zumindest: Alles, was historisch stattgefunden hat, ist Realität.

sven23 hat geschrieben:Dagegen gibt es starke Zweifel.
Historisch-kritische Zweifel gibt es dazu - natürlich. Das MUSS auch so sein, weil die säkulare HKM in Anbindung an ein naturalistisches Denken ist, demnach etwas naturwissenschaftlich nicht Erklärbares nicht sein kann.

sven23 hat geschrieben:Man kannte aber auch damals den Unterschied zwischen dem, das wirklich stattgefunden hat und dem, was man sich ausgedacht hat, um den Eindruck zu erwecken, dass es stattgefunden hat.
Man hat aber zeitgemäß überzeichnet - wenn man sagen wollte, dass dort hinten WIRKLICH ein großer Wald ist, konnte es schon einmal unterstreichend damit verbunden werden, dass man dort 80 Wildschweine erlegt hatte.

sven23 hat geschrieben:Die Schreiber nicht, dafür um so mehr die spätere Kirche
Das ist korrekt. - Später wurde in der Vogelschau interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Kubitza
Kubitza macht traditionell den Fehler, geistige Wahrheit abhängig zu machen von historisch-kritischem Gepuzzele - im Sinne von: Je mehr Details historisch-kritisch richtig oder falsch sind, desto glaubwürdiger/unglaubwürdiger ist der geistige Gehalt der Bibel. - Dieser Ansatz ist falsch.

Im Grunde versucht K., substantiell für ihn Unverständliches auf seine Ebene periphär stattfindender Methoden-Treue zu reduzieren - eine Ersatzhandlung für fehlenden Zugang. Das ist übrigens einer der Gründen, warum so viele Theologie-Studenten enttäuscht ihr Studium abbrechen.

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#20 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Sa 17. Dez 2016, 19:47

closs hat geschrieben: Historische Untersuchungen und Falsifizierungen sind wirklich sehr interessant, aber nicht entscheidend für die Auslegung der Bibel-Substanz. HKM ist eine wertvolle Neben-Disziplin der Theologie, aber keine maßstäbliche innerhalb der Theologie.
Ich denke nicht, dass die historisch-kritische Bibelexegese den geringsten Wert darauf legt, mit der dogmatischen Fraktion in irgendeinen Rangstreit innerhalb der Theologie einzutreten. Sie geht unaufgeregt und sehr professionell ihrer wissenschaftlichen Arbeit nach. Wie ihre Ergebnisse von Dritten aufgenommen werden, interessiert sie im Grunde nicht die Bohne.

Es war übrigens der Erzdogmatiker Ratzinger, der in seinem Jesusbuch klarstellte, dass sich biblischer Glaube den Ergebnissen der historisch-kritischen Methode zu stellen habe. Immerhin - ein starkes Wort. Und natürlich berühren Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung die Glaubenssubstanz, wenn beispielsweise der Legendencharakter der Geburtsgeschichten oder der nachösterlichen Jesuserscheinungen festge-
stellt wird.

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