Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#1131 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Demian » Sa 12. Jul 2014, 17:55

closs hat geschrieben:V.Frankl hat mal gesagt, dass die Probleme von über 95% Patienten in seiner jahrzehntelangen Arbeit als Therapeut etwas mit "Liebe" zu tun hatten.

"Wenn wir die Leute wieder auf Sinn ausrichten, so finden sie diesen nicht in sich[...]Selbstverwirklichung ist nur zu haben über den Umweg der Selbsttranszendenz, über den Dienst an einer Sache oder der Liebe zu einer Person[...]Selbstranszendenz heißt, dass der Mensch er selbst wird und er selbst ist, genau in dem Maße, in dem er sich übersieht und vergisst[...]in der Erfüllung eines Sinnes, in der Hingabe an eine Aufgabe oder einen anderen Menschen."

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1132 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 12. Jul 2014, 20:50

closs hat geschrieben:- Das erinnert mich an einen jüdischen Bekannten, der bei seiner Verbeamtung gefragt wurde, ob er evangelisch oder katholisch sei. - Seine Antwort: "Was ist besser?".
:lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#1133 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Demian » Sa 12. Jul 2014, 20:53

closs hat geschrieben:Das erinnert mich an einen jüdischen Bekannten, der bei seiner Verbeamtung gefragt wurde, ob er evangelisch oder katholisch sei. - Seine Antwort: "Was ist besser?".

Die katholische Kirche hat ein tiefes Gespür für die (wertneutral gesprochen) irrationale Seite im Menschen.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1134 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Sa 12. Jul 2014, 21:34

Demian hat geschrieben:Die katholische Kirche hat ein tiefes Gespür für die (wertneutral gesprochen) irrationale Seite im Menschen.
Und das, obwohl die RKK in Mitelalter und Neuzeit ihre Theologie extrem rational begründet hat - siehe Mystik, Scholastik - und auch unsere heutiger Benedikt.

Nach meinem Dafürhalten ist in der RKK DAS verankert, was Kant (sinngemäß) hat sagen lassen, dass er die Vernunft an ihre Grenzen gebracht habe, um Platz für den Glauben zu haben.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#1135 Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Demian » So 13. Jul 2014, 02:42

closs hat geschrieben:Und das, obwohl die RKK in Mitelalter und Neuzeit ihre Theologie extrem rational begründet hat - siehe Mystik, Scholastik - und auch unsere heutiger Benedikt.

Es ist wichtig, dass es überindividuelle Instanzen gibt, welche die kollektiven Energien in sinnvolle Bahnen lenken. Es braucht soetwas wie eine Kirche, aber die Kirche muss sich ändern - wie selbst Papst Franziskus immer wieder eindrucksvoll bestätigt - aber das kann sie nicht einfach so. Denn das würde zu einer erneuten Kirchenspaltung führen. Die RKK ist eine Weltkirche und somit ist das Zeitgefühl etwas langatmiger - "Von Ewigkeit zu Ewigkeit". :lol:

Nach meinem Dafürhalten ist in der RKK DAS verankert, was Kant (sinngemäß) hat sagen lassen, dass er die Vernunft an ihre Grenzen gebracht habe, um Platz für den Glauben zu haben.

Ja und nein - es gibt Kräfte innerhalb der Kirche die dafür zu haben sind und ebenso ganz andere Kräfte, die ganz bestimmt nicht die Liebesbotschaft im Sinn haben. In religiöser Sprache gesagt: der Teufel versteht die Kunst der Infiltration. Was wohl der Assisi zum Franziskus sagen würde?

Bild

Da sich der Assisi einen der schönsten Orte für die gelebte Armut ausgesucht hat - Assisi ist ein Paradies! - scheinen sich die beiden immerhin darin einig zu sein, dass geistige Askese und geistiger Reichtum einander wunderbar ergänzen! :thumbup:

Bild
[Quelle: Italien entdecken - Assisi]

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1136 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 08:05

Demian hat geschrieben:
Ja und nein - es gibt Kräfte innerhalb der Kirche die dafür zu haben sind und ebenso ganz andere Kräfte, die ganz bestimmt nicht die Liebesbotschaft im Sinn haben. In religiöser Sprache gesagt: der Teufel versteht die Kunst der Infiltration. Was wohl der Assisi zum Franziskus sagen würde?

Weiß man nicht, aber was er gesagt hat, schon.

"Wer mit dem Weibe aber verkehrt, der ist der Befleckung seines Geistes so ausgesetzt wie jener, der durchs Feuer geht, der Versengung seiner Sohlen."
(Franz von Assisi, Ordensstifter u. Heiliger, 1181-1226)

Die Sexualfeindlichkeit zieht sich praktisch durch die gesamte christliche Geschichte, obwohl sich Franz von Assisi ja mit Vögeln gut auskannte, er sprach sogar mit ihnen.

Wie würden wir wohl heute mit jemandem umgehen, der behauptet, mit Tieren sprechen und sie sogar verstehen zu können?
Aber es ist wie immer bei der Kirche: was ist Dichtung und was ist Wahrheit?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1137 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 09:32

Das Theodizee Problem wurde schon im 3. Jahrhundert von Lactantius formuliert, der ursprüngliche Gedanken geht wohl auf griechische Philosophen zurück.

"Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?"

Quelle: Wikipedia


Lösungsanzatz:
Das Theodizee Problem könnte sich auch als Sargnagel für die Existenz eines Gottes herausstellen, folgt man diesem Ansatz.
"Man kann das Theodizee-Problem als Widerspruch rekonstruieren, der sich aus der Annahme ergibt, dass es Übel in der Welt gibt und Gott existiert:

1. Gott existiert und es gibt Übel in der Welt.
2.Wenn Gott existiert, dann ist Gott allmächtig.
3.Wenn Gott allmächtig ist, dann kann Gott das Übel verhindern.
4.Wenn das Übel existiert, dann kann Gott das Übel nicht verhindern.
5.Wenn Gott existiert und das Übel existiert, dann kann Gott das Übel verhindern und nicht verhindern. (Widerspruch)
6.Also: Entweder existiert Gott nicht oder es gibt kein Übel in der Welt oder weder existieren Gott noch Übel in der Welt."

Quelle: Wikipedia

Da aber das Übel in der Welt existiert, bleibt nur ein logischer Schluß zu.

Leibnitz´s These, daß Gott die beste aller möglichen Welten geschaffen habe, wurde durch das Erdbeben von Lissabon ernsthaft hinterfragt. Auch wieder ein Beispiel dafür, daß auch große Denker bisweilen Unsinn vertreten, auch wenn es sich um geistige Dinge handelt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1138 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 11:23

Demian hat geschrieben:In religiöser Sprache gesagt: der Teufel versteht die Kunst der Infiltration.
2.Thess. 2, 9-12 "Der Böse aber wird in der Macht des Satans auftreten mit großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern und mit jeglicher Verführung zur Ungerechtigkeit bei denen, die verloren werden, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie gerettet würden. Darum sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, sodass sie der Lüge glauben, damit gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern Lust hatten an der Ungerechtigkeit".

sven23 hat geschrieben:"Wer mit dem Weibe aber verkehrt, der ist der Befleckung seines Geistes so ausgesetzt wie jener, der durchs Feuer geht, der Versengung seiner Sohlen." (Franz von Assisi, Ordensstifter u. Heiliger, 1181-1226)
Auch Franziskus hat gewusst, dass sich die Menschheit vermehren muss und soll - und ging mit Frauen ganz sicher liebevoll um. - Es geht hier um etwas anderes:

"Frau" steht (u.a.) für Gebundenheit am Dasein, wenn man so will für "Seele" - "Mann" steht für Gebundenheit am göttlichen Sein (man vergesse nicht: VOR Eva gab es ein exklusive Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch - Eva war somit Nummer 3 - und Dreier gehen nie gut). - Franziskus bezieht sich darauf, wenn er sagen will: "Eine exklusive Beziehung zu Gott geht nur ohne Bindungen an den anderen Menschen". - Das gilt natürlich auch für die Mystikerinnen, die ebenso solo blieben - eigentlich geht es hier eher um den Zölibat.

Franziskus hätte AUCH sagen können: "Ich liebe Frauen so sehr und spüre ihre Macht über mich so sehr, dass ich mich ihrer entziehe - da ich ein reines Gottesverhältnis haben möchte". - Aber solche Dinge betreffen nur wenige Berufene.

sven23 hat geschrieben:Aber es ist wie immer bei der Kirche: was ist Dichtung und was ist Wahrheit?
"Dichtung" und "Wahrheit" sind keine Widersprüche. - "Was ist im wahren Geist, was ist im falschen Geist" wäre zutreffender - und das trifft bei der Kirche in der Tat zu - wie bei allem, was im Dasein ist.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1139 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 11:52

closs hat geschrieben:Auch Franziskus hat gewusst, dass sich die Menschheit vermehren muss und soll -

Dazu paßt ein Zitat von Ulla Schmidt
"Nach der kirchlichen Morallehre wäre es nur konsequent, wenn der Papst das Zölibat für alle Menschen fordert."
(Ulla Schmidt, dt. Politikerin u. SPD-Bundestagsabgeordnete)



closs hat geschrieben: "Frau" steht (u.a.) für Gebundenheit am Dasein, wenn man so will für "Seele" - "Mann" steht für Gebundenheit am göttlichen Sein (man vergesse nicht: VOR Eva gab es ein exklusive Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch - Eva war somit Nummer 3 - und Dreier gehen nie gut). - Franziskus bezieht sich darauf, wenn er sagen will: "Eine exklusive Beziehung zu Gott geht nur ohne Bindungen an den anderen Menschen". - Das gilt natürlich auch für die Mystikerinnen, die ebenso solo blieben - eigentlich geht es hier eher um den Zölibat.

Das meine ich mit Exegeseakrobatik. Es ist viel naheliegender, daß solche "geistigen" Einsichten allein einer verkorksten Sexualmoral geschuldet sind.


closs hat geschrieben:Dichtung" und "Wahrheit" sind keine Widersprüche. -

Also entweder ist etwas so passiert, wie behauptet wird oder nicht.
Ich hoffe, daß du niemals als Zeuge vor Gericht aussagen mußt. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1140 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 12:12

sven23 hat geschrieben:"Nach der kirchlichen Morallehre wäre es nur konsequent, wenn der Papst das Zölibat für alle Menschen fordert."(Ulla Schmidt, dt. Politikerin u. SPD-Bundestagsabgeordnete)
Da hast Du aber eine Koryphäe zitiert :lol: . - Die Ulla ist echt i.O. - aber zu fundamental-geistigen Dingen sollte sie sich nur privat äußern. ;)

sven23 hat geschrieben: Es ist viel naheliegender, daß solche "geistigen" Einsichten allein einer verkorksten Sexualmoral geschuldet sind.
Da lauert wieder mal Ockham im Hintergrund - nee - es gibt tatsächlich sehr einfache geistige Dinge, die nur deshalb akrobatisch anmuten, weil sie heute einfach nicht mehr verstanden werden.

sven23 hat geschrieben:Also entweder ist etwas so passiert, wie behauptet wird oder nicht.
Du reduzierst wieder einmal auf die naturalistische Ebene - ich habe es geistig gemeint: "Ob etwas, was wahr ist, tatsächlich stattfindet oder anhand einer Chiffre ("Gleichnis") vermittelt wird, ist irrelevant". - Dass das unter naturalistischen Gesichtspunkten NICHT funktioniert, ist auch klar - suum cuique.

Antworten