Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#1491 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 15. Apr 2017, 17:58

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es paßt jedenfalls nicht zu einem Monotheismus, den Jesus als bekennender Jude vertreten hat.
Alttestamentarisch ist es natürlich nicht. Der Trinitarismus ist eine theologische Bewertung in der Rückschau.
Gegen diesen Mißbrauch des AT wehren sich Juden zu Recht.
Ich erinnere nur an Ratzingers "heilig, heilig, heilig". Das ist einfach nur peinlich, peinlich, peinlich. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das sind alles nachträgliche Hilfskonstruktionen
Nein - das ist eine nachträgliche theologische Bewertung dessen, was man glaubt historisch zu erkennen - das gilt auch heute noch. - Und trotzdem: Es MUSS nicht so sein, wie es das Christentum sieht - es ist nicht falsifizierbar - genauso wenig wie es falsifizierbar ist, dass Jesus NICHT Gott war.
Nicht Falsifizierbarkeit ist oft ein Hinweis darauf, dass es sich um Unsinn handelt. Man könnte genauso behaupten, Jesus sei der Sohn des Spaghettimonsters. Auch nicht falsifizierbar. Und nun?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:gemäß jüdischem Glauben erwartete er die Königsherrschaft auf Erden, nur halt unmittelbar bevorstehend.
Da scheiden sich eben die Geister - jüdisch war es vielleicht so, aber im Sinne des NT, also so, wie Jesus historisch seitens der Theologie verstanden wird, war es NICHT so.
Das NT hat nichts mit dem Judentum zu tun, sondern ist christliche Veränderung der Lehre Jesu, in manchen Punkten kann man sogar von Verfälschung sprechen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er glaubte an das nahe Ende der bestehenden Ordnung, kleiner Unterschied.
Genau das wird theologisch (bis auf auf ein paar Ausnahmen) ausgeschlossen.
In der historischen Jesusforschung ist es breiter Konsens.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch ein Forschungsergebnis: kaum etwas am Christentum ist originell, nicht mal an Jesus selbst.
Merkst Du nicht, dass Du beim Wort "Forschung" ständig die spezielle Ausrichtung einer solchen Forschung außer Acht lässt? - Forschung mit anderer Hermeneutik beurteilt anders. - Oder um es etwas neutral zu sagen: Natürlich sind mythische Grundmotive schon immer da, seitdem es Hochkulturen gibt.
Und da hat man sich kräftig bedient. Originalität wird man also vergeblich suchen, bis auf die Vergottung eines Hingerichteten.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deshalb macht doch der Sündenfall des Menschen als Erklärung für die leidende Natur keinen Sinn.
Es macht keinen Sinn, weil Du es nicht verstehst.
Kann es sein, dass du es selber nicht verstehst?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil ein alter Mann nicht einsehen will, dass er sich geirrt haben könnte.
Diese Begründung ist nicht Ausdruck seriöser Wahrheitssuche - und ganz nebenbei: Ratzinger steht für die RKK und nicht nur für sich (selbst wenn er dies als Wissenschaftler und nicht als Papste gesagt hat).
Die Jesustrilogie hat er laut eigener Aussage nicht als Wissenschaftler mit einem Lehranspruch geschrieben, sondern eher als Glaubensbekenntnis des Privatmannes Ratzinger.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#1492 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 15. Apr 2017, 18:53

sven23 hat geschrieben:Gegen diesen Mißbrauch des AT wehren sich Juden zu Recht.
Wer will entscheiden, dass es "Missbrauch" ist? - Könnte doch auch richtig sein.

sven23 hat geschrieben:Nicht Falsifizierbarkeit ist oft ein Hinweis darauf, dass es sich um Unsinn handelt.
Kann sein. - Aber hier reden wir von Dingen, die, da geistiger Genese, nie intersubjektiv falsifizierbar sind. - Das hat damit zu tun, dass Gott, wenn es ihn gibt, nicht genuiner Teil der Schöpfung ist.

sven23 hat geschrieben:Das NT hat nichts mit dem Judentum zu tun, sondern ist christliche Veränderung der Lehre Jesu
Auch hier: Wer will das entscheiden? - Die Theologie hat ziemlich gute Gründe dafür, dass sie recht hat - bei anderer Hermeneutik kann etwas anderes herauskommen. - Beides nicht falsifizierbar.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung ist es breiter Konsens.
Möglich (es wurden auch andere Stimmen zitiert - aber immerhin möglich, was Du sagst). - Und was würde das mehr aussagen, als dass es eine inner-methodisch folgerichtiges Ergebnis ist und nicht mehr und nicht weniger?

Es bleibt der Mangel, dass die HKM Texte nicht im geistigen Kontext, sondern nur unter säkular-weltanschaulichen Bedingungen untersuchen kann. - Und dann kann, wie mehrfach analysiert, sowas rauskommen.

sven23 hat geschrieben:Und da hat man sich kräftig bedient. Originalität wird man also vergeblich suchen
*achselzuck* Das ist vollkommen irrelevant. - Das NT ist eine vollkommen autonome Geschichte, die auf mythische Urbilder zurückgreift - ja.

sven23 hat geschrieben:Kann es sein, dass du es selber nicht verstehst?
Nie auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. - Darüber können wir reden, sobald Du überhaupt erst einmal auf einer grundlegenden Verständnisebene bist.

sven23 hat geschrieben:Die Jesustrilogie hat er laut eigener Aussage nicht als Wissenschaftler mit einem Lehranspruch geschrieben
Da habe ich mich verlesen - ich habe in Erinnerung, dass er es nicht als Papst, sondern als Wissenschaftler geschrieben hat. - Wie auch immer: Selbst wenn Ratzinger es nicht als Wissenschaftler, sondern auf Basis seiner wissenschaftlichen und geistigen Erkenntnis geschrieben hat, ändert das nichts daran, dass er dafür für die RKK steht.

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sven23
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#1493 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 15. Apr 2017, 20:38

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das NT hat nichts mit dem Judentum zu tun, sondern ist christliche Veränderung der Lehre Jesu
Auch hier: Wer will das entscheiden? - Die Theologie hat ziemlich gute Gründe dafür, dass sie recht hat - bei anderer Hermeneutik kann etwas anderes herauskommen. - Beides nicht falsifizierbar.
Deshalb hält sich die Forschung an die Texte und läßt ideologische Aspekte beiseite. Die Veränderung läßt sich an Hand der Texte nicht leugnen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung ist es breiter Konsens.
Möglich (es wurden auch andere Stimmen zitiert - aber immerhin möglich, was Du sagst). - Und was würde das mehr aussagen, als dass es eine inner-methodisch folgerichtiges Ergebnis ist und nicht mehr und nicht weniger?
Es bleibt der Mangel, dass die HKM Texte nicht im geistigen Kontext, sondern nur unter säkular-weltanschaulichen Bedingungen untersuchen kann. - Und dann kann, wie mehrfach analysiert, sowas rauskommen.
Es ist doch gerade die Stärke einer wissenschaftlichen Methode, dass sie frei ist von ideologischen Begehrlichkeiten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und da hat man sich kräftig bedient. Originalität wird man also vergeblich suchen
*achselzuck* Das ist vollkommen irrelevant. - Das NT ist eine vollkommen autonome Geschichte, die auf mythische Urbilder zurückgreift - ja.
Und wo bleibt der angebliche Paradigmenwechsel? Besteht der in der posthumen Vergottung eines Hingerichteten?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kann es sein, dass du es selber nicht verstehst?
Nie auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. - Darüber können wir reden, sobald Du überhaupt erst einmal auf einer grundlegenden Verständnisebene bist.
Das deutet darauf hin, dass du mit deinem Latein am Ende bist. Ist aber auch kein Wunder, denn was soll der Sündenfall des Menschen mit der Tierwelt vor Millionen von Jahren zu tun haben? Vor der ET machte es noch Sinn, weil man gem. kirchlicher Lehre von einem gemeinsamen Schöpfungsakt ausging. Die Tierwelt wurde als Kolateralschaden für die Sünden des Menschen in Sippenhaft genommen, ähnlich wie bei der Sintflut.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Jesustrilogie hat er laut eigener Aussage nicht als Wissenschaftler mit einem Lehranspruch geschrieben
Da habe ich mich verlesen - ich habe in Erinnerung, dass er es nicht als Papst, sondern als Wissenschaftler geschrieben hat. - Wie auch immer: Selbst wenn Ratzinger es nicht als Wissenschaftler, sondern auf Basis seiner wissenschaftlichen und geistigen Erkenntnis geschrieben hat, ändert das nichts daran, dass er dafür für die RKK steht.
Ok. kann passieren. Ich will nicht leugnen, dass Ratzinger auch Zustimmung unter konservativen Theologen und Dogmatikern findet.
Die neutestamentliche Forschung jedenfalls kann er nicht überzeugen, da er so ziemlich alles, was die Forschung an Ergebnissen vorlegt, ohne sachliche Begründung leugnet.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf
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Rembremerding
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#1494 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Rembremerding » Sa 15. Apr 2017, 20:40

closs hat geschrieben: Es bleibt der Mangel, dass die HKM Texte nicht im geistigen Kontext, sondern nur unter säkular-weltanschaulichen Bedingungen untersuchen kann. - Und dann kann, wie mehrfach analysiert, sowas rauskommen.

Es gibt innerhalb literarischer Untersuchungen des NT den Terminus technicus der "johanneischen Missverständnisse" als literarische Form, der jene Aussagen Jesu benennt, die er im Wissen um die Doppeldeutigkeit tätigte, um seine Zuhörer zu "prüfen".
Für R. Bultmann liegt die Doppeldeutigkeit
nicht darin, dass eine Vokabel zwei Wortbedeutungen hat, so dass das Missverständnis eine falsche Bedeutung ergreife, sondern darin, dass es Begriffe und Aussagen gibt, die in einem vorläufigen Sinn auf irdische Sachverhalte, in ihrem eigentlichen Sinn aber auf göttliche Sachverhalte gehen. Das Missverständnis erkennt die Bedeutung der Wörter richtig, wähnt aber, dass sie sich in der Bedeutung irdischer Sachverhalte erschöpfe
(Bultmann: "Das Evangelium des Johannes", Göttingen 1941 S, 95 Anm. 2)

Bultmann erkennt damit ebenso richtig, dass es göttliche Sachverhalte gibt. Wichtig ist zu erkennen, dass diese nicht nur in literarischer Form in der Hl. Schrift auftauchen.
Je weniger ein Betrachter des Textes das Wissen um diese "göttlichen Sachverhalte" noch verinnerlicht hat, desto schneller reiht er den Text in irdische Sachverhalte ein und meint dies in bester historisch-kritischer Manier zu tun. Der Denkfehler: Man meint wissenschaftlich korrekt nur innerhalb seiner Methode festzustellen, weil mit anderen "Sachverhalten" gar nicht mehr gerechnet wird.
Indem immer mehr die Erkenntnis schwindet, dass die Hl. Schrift von Gläubigen für Gläubige geschrieben wurde, weil nur mehr kritisch-rationale Denkmuster zu Grunde gelegt werden, entsteht das Paradox, dass die historisch-kritisch entschlüsselte Sprache der Hl. Schrift nicht mehr jene Sprache derer ist, die sie geschrieben und für die sie geschrieben. Das Wort wird quasi von Gott entfremdet, damit verfälscht und in einen anderen, nun ideologischen gedanklichen Kontext gestellt, der eben "antichristlich" ist, wie es die RKK richtig ausdrückt.

Jesus wählte oft die literarische Form des Rätsels. Die Lösung wussten nur jene, die sich innerhalb einer Gruppe befanden, die jene Anspielungen und Doppeldeutigkeiten richtig interpretieren konnten. Jesus formte auch mit Sprache seine Jüngerschaft, indem er eine "Fachsprache" einführte, die nur von ihnen verstanden wurde. Diese Fachsprache diente auch dazu, den geistlichen Fortschritt eines Menschen zu prüfen.
Diese beiden Wirkungen des Wortes haben bis heute unter Christen Bestand. Man darf nicht übersehen, dass nicht nur Gedanken Worte formen, sondern Worte auch einen Charakter beeinflussen.

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#1495 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 15. Apr 2017, 22:50

sven23 hat geschrieben:Deshalb hält sich die Forschung an die Texte und läßt ideologische Aspekte beiseite.
Selbsttäuschung - davon abgesehen, dass beide Seiten NICHT ideologisch sind, wenn sie nicht von Ideologen besetzt werden, geht es um die Interpretation der Texte und nicht um die Texte als solche.

sven23 hat geschrieben:Es ist doch gerade die Stärke einer wissenschaftlichen Methode, dass sie frei ist von ideologischen Begehrlichkeiten.
Prinzipiell richtig - nur dann muss man sich auch daran halten. Ansonsten ist auch das eine Selbsttäuschung - denn wenn man die Grenzen der Interpretations-Möglichkeiten der Wissenschaft nicht erkennt, kommt schnell was Ideologisches raus - Kubitza wäre da ein überdeutliches Beispiel, aber er ist nicht der Einzige.

sven23 hat geschrieben:Und wo bleibt der angebliche Paradigmenwechsel?
In der Nähe des Gottesreiches ab Jesus - beispielsweise.

sven23 hat geschrieben:Vor der ET machte es noch Sinn, weil man gem. kirchlicher Lehre von einem gemeinsamen Schöpfungsakt ausging.
Das ist GEISTIG gemeint und nicht biologisch - zumindestens bei den Theologien der Großkirchen. - Du argumentierst gegen Kurzzeit-Kreationisten - aber da bin ich doch nicht die richtige Adresse.

sven23 hat geschrieben:Die Tierwelt wurde als Kolateralschaden für die Sünden des Menschen in Sippenhaft genommen, ähnlich wie bei der Sintflut.
Wenn man so will, kann man es so sagen - muss aber hinzufügen, dass es gar nicht anders geht und nie anders geplant war. - Es ist unvermeidlich, sobald Zeit und Materie ins Spiel kommen ("Dialektik").

sven23 hat geschrieben:Die neutestamentliche Forschung jedenfalls kann er nicht überzeugen, da er so ziemlich alles, was die Forschung an Ergebnissen vorlegt, ohne sachliche Begründung leugnet.
Da steckt Deinerseits ein Denkfehler dahinter: HISTORISCH-KRITISCHE Forschung KANN gar nicht überzeugt werden, weil sie aus ihrer Methodik heraus nicht anders sein kann, als sie ist. - Bzw: Sie könnte nur dann überzeugt werden, wenn sie sich geistig öffnen würde, was aber nur schwer bis garnicht vereinbar ist mit dem Kritischen Rationalismus.

Daraus folgt zwingend: Will die HKM dem Kritischen Rationalismus treu bleiben, muss sie auch hermeneutische Interpretationen verzichten - was sie aber in der öffentlichen Wahrnehmung tut. - Und schon sind wir wieder beim Punkt: Duschen und nicht naß werden, geht nicht.

Ratzinger wollte dies durchbrechen durch seine Kanonische Exegese (= geistige Öffnung), was aber auch aus meiner Sicht nicht geht wegen der damit verbundenen Aufgabe des Kritischen Rationalismus. - Also müssen HKM und Hermeneutik strikt getrennt werden - HKM liefert Sach-Beobachtungen ab, Hermeneutik interpretiert substantiell. - Aber das scheint nicht so ganz zu klappen. - Und so lange gibt es Friktionen.

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#1496 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 15. Apr 2017, 22:55

Rembremerding hat geschrieben:Für R. Bultmann liegt die Doppeldeutigkeit

nicht darin, dass eine Vokabel zwei Wortbedeutungen hat, so dass das Missverständnis eine falsche Bedeutung ergreife, sondern darin, dass es Begriffe und Aussagen gibt, die in einem vorläufigen Sinn auf irdische Sachverhalte, in ihrem eigentlichen Sinn aber auf göttliche Sachverhalte gehen. Das Missverständnis erkennt die Bedeutung der Wörter richtig, wähnt aber, dass sie sich in der Bedeutung irdischer Sachverhalte erschöpfe

(Bultmann: "Das Evangelium des Johannes", Göttingen 1941 S, 95 Anm. 2)
Genau so sehe ich es auch - das gibt es übrigens oft in großer Literatur. - Weiterhin überrascht mich Bultmann immer wieder positiv - ich bin momentan etwas ratlos, warum er auf der anderen Seite mit unsäglich falschen Aussagen zitiert werden kann. - Aber ich kenne sein Werk nicht gut genug.

Rembremerding hat geschrieben:Der Denkfehler: Man meint wissenschaftlich korrekt nur innerhalb seiner Methode festzustellen, weil mit anderen "Sachverhalten" gar nicht mehr gerechnet wird.
Genau so. - Frage: Wenn das Bultmann schon weiß: Wie löst er dieses Problem in Bezug auf die HKM?

Rembremerding hat geschrieben:Indem immer mehr die Erkenntnis schwindet, dass die Hl. Schrift von Gläubigen für Gläubige geschrieben wurde, weil nur mehr kritisch-rationale Denkmuster zu Grunde gelegt werden, entsteht das Paradox, dass die historisch-kritisch entschlüsselte Sprache der Hl. Schrift nicht mehr jene Sprache derer ist, die sie geschrieben und für die sie geschrieben. Das Wort wird quasi von Gott entfremdet, damit verfälscht und in einen anderen, nun ideologischen gedanklichen Kontext gestellt, der eben "antichristlich" ist, wie es die RKK richtig ausdrückt.
*unterschreib* - Exakt dieses Dilemma ist die Grundlage dieser endlosen Diskussion.

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#1497 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 16. Apr 2017, 04:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Damit schließt sich die RKK der Auffassung des Apostels Paulus an, nach welcher durch einen Menschen (Adam) die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod (Römer 5:12-21).
Aber dieses "Essen vom Baum der Erkenntnis" beschreibt doch nicht einen Zeitpunkt x (wie es Kurzzeit-Kreationisten meinen - und Theologie-Kritiker :lol: ),
Langsam, langsam - zunächst bleibt festzuhalten, dass nach Auffassung der Kirche und des Paulus durch eine Gebotsüberschreitung des "Stammelternpaares" Adam und Eva die Sünde und damit der Tod aller Kreatur in die Welt kam.

Man kann diese Legende selbstverständlich glauben, wenn man entsprechend gepolt ist...

Darüber hinaus benennt der "Katechismus der Katholischen Kirche" natürlich einen Zeitpunkt, als dieses Urereignis stattfand. Danach kam die Ur- und Erbsünde zu Beginn der Menschheitsgeschichte in die Welt. Für die RKK fand dieses Ereignis tatsächlich statt. Natürlich weiß niemand genau das Jahr, den Tag, die Stunde, wann dieses "Urereignis" tatsächlich stattgefunden hat.

closs hat geschrieben:sondern ein geistiges Geschehen vom Schöpfungs-Ansatz her.
Da bist Du mal wieder im Taka-Tuka-Land unterwegs. Folgt man ihrem Katechismus, ist die Katholische Kirche nämlich davon überzeugt, dass die Sünde durch einen freiwilligen Fehltritt (= Sündenfall) "unseres Stammelternpaares" (also Adam und Eva) in die Welt kam, also durch ein historisches Geschehen in Raum und Zeit..

Für den Apostel Paulus und auch für Jesus selbst waren Adam und Eva und deren Nachkommen selbstverständlich historische Gestalten. Und auch für den Evangelisten Lukas war Adam ein leiblicher Vorfahre Jesu (Lk. 3:38).

Du solltest Dir endlich mal die entsprechenden Passagen zum Sündenfall unseres Stammelternpaares und zur Ur- und Erbsünde im "Katechismus der Katholischen Kirche" zu Gemüte führen. Einfach mal lesen ...

closs hat geschrieben:Anders und in christlichem Sprech: Der Mensch wurde bereits "in der Vorzeit" (also VOR der Schöpfung) so angelegt, dass er am Baum der Erkenntnis scheitern konnte und musste.
Nee - das ist kein "christliches Sprech", sondern "closs`sches Sprech. Das ist "widde-widde-witt"... auf der Grundlage einer alttestamentlichen Bibelstelle, die für Dich der Stein der Weisen zu sein scheint.

closs hat geschrieben:Das ist KEIN Widerspruch dazu, dass durch den Menschen "die Sünde in die Welt gekommen ist" (von wem denn sonst?)
Vielleich durch den Gehörnten, dem angeblichen Fürsten und Gott dieser Welt? :devil: :devil: :devil:

closs hat geschrieben: aber hier kämen wir wieder in solch unliebsam grundlegende Fragen hinein, was eigentlich "Sünde" und "Schuld" "ist". - Und um beim Thema zu bleiben: Die HKM kann solche Fragen "bauartbedingt" nicht beantworten, also auch nicht historisch anmutende Stellen nicht diesbezüglich und letztlich nie geistig interpretieren.
Die exegetisch tätigen Theologen würde nie im Traum daran denken, sich aus ihrer historisch-wissenschaftlichen Sicht mit der angeblichen Ur- und Erbsünde des "Stammelternpaares" Adam und Eva zu Beginn der Menschheitsgeschichte zu befassen.

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#1498 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 16. Apr 2017, 04:47

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum sollten sie Jesu eindeutiger Aussage, dass die Apokalypse, die Ankunft des Menschensohnes und das Kommen des Reiches Gottes noch zu Lebzeiten einiger Jünger stattfindet, widersprechen?
Weil sie Gründe hat, Einzelzitate im Kontext zu verstehen und zu interpretieren hat.
Nein - sie würden Jesus niemals widersprechen oder ihm seine klaren apokalyptisch-eschatologischen Worte in dem Mund herumdrehen. Diesbezügliche Versuche sind mir auch noch nie zu Ohren gekommen. Nach entsprechenden Belegen frage ich erst gar nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum behauptest Du dann, dass die RKK die HKM als "Antichristen" versteht?
Sowohl als unverzichtbar als auch als "Antichristen" - richtig.
Du solltest Dich langsam mal entscheiden, ob die Kirche die historisch-kritisch tätigen Exegeten nun als "Antichristen" ansieht oder nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deswegen weiß ich immer noch nicht, welcher Teufel Ratzinger ritt, als er historisch-wissenschaftlich arbeitende Exegeten in die Nähe des "Antichristen" rückte.
Dann versuche es mal rauszufinden - es ist wirklich nicht so schwer.
Warum sollte ich dies herausfinden wollen? Du wolltest es doch wissen - ich nicht.

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#1499 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 16. Apr 2017, 06:09

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb hält sich die Forschung an die Texte und läßt ideologische Aspekte beiseite.
Selbsttäuschung - davon abgesehen, dass beide Seiten NICHT ideologisch sind, wenn sie nicht von Ideologen besetzt werden, geht es um die Interpretation der Texte und nicht um die Texte als solche.
Selbsttäuschung ist wohl eher die ideologische Umdeutung der Texte. Die Basis sind und bleiben die Texte und zwar in der ursprünglichen Bedeutung und nicht in der, die ihnen spätere Generationen oder heutige Hermeneutiker ihnen beimessen wollen. Das ist spätestens seit Albert Schweitzer entlarvt worden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist doch gerade die Stärke einer wissenschaftlichen Methode, dass sie frei ist von ideologischen Begehrlichkeiten.
Prinzipiell richtig - nur dann muss man sich auch daran halten. Ansonsten ist auch das eine Selbsttäuschung - denn wenn man die Grenzen der Interpretations-Möglichkeiten der Wissenschaft nicht erkennt, kommt schnell was Ideologisches raus -
Keine Sorge, die disziplinierte Anwendung der Methode verhindert das.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und wo bleibt der angebliche Paradigmenwechsel?
In der Nähe des Gottesreiches ab Jesus - beispielsweise.
Das ist spätere christlich-kirchliche Veränderung der Lehre Jesu. Jesus war auch jüdischer Apokalyptiker, der den baldigen Machtwechsel verkündete.

"Jesus und Johannes waren beide Apokalyptiker. Es war das Verdienst der sog.
religionswissenschaftlichen Schule zu Beginn des 20. Jahrhunderts, diesen zentralen Aspekt der
Predigt Jesu erkannt zu haben. Und mit ihm die Fremdheit, die diese Erkenntnis bei modernen
Menschen erzeugen muss.513 Denn bis zu dieser Erkenntnis galt Jesus im sog. Kulturprotestantismus
des 19. Jahrhundert als Bringer einer neuen Sittlichkeit, Modell eines idealen Menschen,
Verkündiger der Liebe und der Menschheitsgemeinschaft. Albert Schweitzer hat sich ironisch über
diese Versuche geäußert, in Jesus die Werte und Wertvorstellungen zu finden, die seine Interpreten
auch selbst vertraten. Wie sie also ihr Wunschdenken auf Jesus übertrugen und ihn in den Grenzen des
eigenen Denkens interpretierten. Doch nun wurde klar: Dieser Jesus hat nicht die Unsterblichkeit
oder den unendlichen Wert der Menschenseele (Adolf von Harnack) verkündet, er hat wie die
Apokalyptiker seiner Zeit ein Endzeitgeschehen gepredigt und erwartet. Wie ein heutiger Zeuge
Jehovas hat er das Ende der bisherigen Welt erwartet. Und wie sie und wie alle diese Enthusiasten
und Endzeitträumer hat er sich geirrt. Denn das Reich Gottes ist nicht gekommen."

Kubitza, Der Dogmenwahn


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Vor der ET machte es noch Sinn, weil man gem. kirchlicher Lehre von einem gemeinsamen Schöpfungsakt ausging.
Das ist GEISTIG gemeint und nicht biologisch - zumindestens bei den Theologien der Großkirchen. - Du argumentierst gegen Kurzzeit-Kreationisten - aber da bin ich doch nicht die richtige Adresse.
Ja und? Auch geistig kann es den Sündenfall des Menschen erst geben, nachdem es den Menschen gibt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Tierwelt wurde als Kolateralschaden für die Sünden des Menschen in Sippenhaft genommen, ähnlich wie bei der Sintflut.
Wenn man so will, kann man es so sagen - muss aber hinzufügen, dass es gar nicht anders geht und nie anders geplant war. - Es ist unvermeidlich, sobald Zeit und Materie ins Spiel kommen ("Dialektik").
Dann gibt es Leid unabhängig von der Exitenz des Menschen und seines ominösen Sündenfalls.
q.e.d.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die neutestamentliche Forschung jedenfalls kann er nicht überzeugen, da er so ziemlich alles, was die Forschung an Ergebnissen vorlegt, ohne sachliche Begründung leugnet.
Da steckt Deinerseits ein Denkfehler dahinter: HISTORISCH-KRITISCHE Forschung KANN gar nicht überzeugt werden, weil sie aus ihrer Methodik heraus nicht anders sein kann, als sie ist.
Auch Sachinformationen wie die widersprüchlichen Geburtsgeschichten lehnt Ratzinger ab. Warum? Doch wohl nur aus ideologischen Gründen.


closs hat geschrieben: Ratzinger wollte dies durchbrechen durch seine Kanonische Exegese (= geistige Öffnung), was aber auch aus meiner Sicht nicht geht wegen der damit verbundenen Aufgabe des Kritischen Rationalismus.
Dann hätte Ratzinger besser vorher closs gefragt und sich viel unnötige Arbeit erspart. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1500 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 16. Apr 2017, 06:17

Auch in der Strafsache Jesus gibt es viele Ungereimtheiten, die der Beitrag thematisiert und die den Forschungsstand wiedergeben.
Vieles gilt als unhistorisch und ist dem christlichen Antijudaismus der Schreiber geschuldet.


Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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