Prüfkriterien für das Gute.

Pluto
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#21 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Pluto » Fr 20. Feb 2015, 12:52

Catholic hat geschrieben:Ist es gut,einen Menschen zu töten?
Nein. Außer es handelt sich um einen Feind und es ist Krieg.
Das befiehlt uns schon die ur-alte eigene Ethik; dazu braucht es nicht den Dekalog.

Oder glaubst du wiklich, die Israeliten hätten es ohne die verinnerlichten Regeln der Ethik durch die Wüste bis zum Sinai geschafft?
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#22 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Catholic » Fr 20. Feb 2015, 13:00

Pluto hat geschrieben:
Catholic hat geschrieben:Ist es gut,einen Menschen zu töten?
Nein. Außer es handelt sich um einen Feind und es ist Krieg.
Das befiehlt uns schon die ur-alte eigene Ethik; ...

Dann stelle ich einmal eine - zugegeben ein wenig provokante - Frage:
War es gut -- im hier debattierten Sinne --,dass die deutsche Wehrmacht im WK II gegen die Briten kämpfte?

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#23 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Pluto » Fr 20. Feb 2015, 13:07

Catholic hat geschrieben:War es gut -- im hier debattierten Sinne --,dass die deutsche Wehrmacht im WK II gegen die Briten kämpfte?
Es fehlt ein wesentliches Element in deiner Frage: Aus wessen Sicht?

England bleibt seit 1000 Jahren unbesiegt. Das ist gut so (sag ich mal als Patriot).
Und wenn man es aus heutiger Sicht betrachtet, hat Deutschland letztlich auch gewonnen. Ende gut, alles gut.
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#24 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Catholic » Fr 20. Feb 2015, 13:18

Pluto hat geschrieben: Und wenn man es aus heutiger Sicht betrachtet, hat Deutschland letztlich auch gewonnen. Ende gut, alles gut.

naja!
Verloren hatte es erstmal einen selbstbegonnenen Eroberungs-und Vernichtungskrieg.
Worauf ich hinauswollte ist,dass man nicht immer (!) direkt sagen kann,ob etwas ethisch betrachtet gut oder schlecht ist,oft gibt es durchaus Situationen,die eher die berühmte Grauzone darstellen.
Beispiel:
Die katholische Kirche vertritt,wie ich finde berechtigt,die Grundhaltung,dass es nicht erlaubt (im ethisch,nicht im juristischen Sinne,das ist ein anderes Thema) einen unschuldigen Menschen direkt zu töten.
Was ist nun mit einem Arzt (gläubiger Katholik),der eine werdende Mutter (15.Schwangerschaftswoche) behandelt.
Auf Grund der Krankheit muss er ihr ein bestimmtes Medikament verabreichen,weil sie ansonsten sterben wird.
Das Medikament kann aber evtl. dazu führen,dass das Kind stirbt.
Wie soll/kann der Arzt sich entscheiden?

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#25 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Pluto » Fr 20. Feb 2015, 13:37

Catholic hat geschrieben:Was ist nun mit einem Arzt (gläubiger Katholik),der eine werdende Mutter (15.Schwangerschaftswoche) behandelt.
Auf Grund der Krankheit muss er ihr ein bestimmtes Medikament verabreichen,weil sie ansonsten sterben wird.
Das Medikament kann aber evtl. dazu führen,dass das Kind stirbt.
Wie soll/kann der Arzt sich entscheiden?
Er soll die Mutter fragen.
__________________________________

Das erinnert an die Fragen mit denen sich Ethiker seit eh und je befassen. Da gibt es das Beispiel der Bahngleise mit der Weiche:

Erste Frage:
Fünf Männer arbeiten an einem Gleisstück. Auf sie rast ein schwerer Waggon zu. Die einzige Möglichkeit für dich ist, eine Weiche so zu stellen, dass der Waggon umgelenkt wird... aber dort steht ein einzelner Arbeiter. Wie entscheidest du dich?

Zweite Frage:
Du stehst auf einer Brücke. Um die fünf Mann zu retten, brauchst du nur den Mann der auf der Brücke steht, vor den Waggon zu schubsen. Was machts du?

Interessant ist die Erkenntnis aus den Studien zu diesen Gedankenexperimenten: Im ersten Fall stellen 90% der Menschen die Weiche um, und opfern einen Menschen um fünf andere zu retten. Im zweiten Fall schubsen 90% der Probanden den Mann nicht herunter.
Die Erklärung ist, dass es eine innere Hemmchwelle gibt, Jemand bewusst zu töten.

Das Beispiel ist in der heutigen Zeit der ferngesteurten Drohnen mehr als nur ein Gedankenexperiment: Es ist die Wirklichkeit der modernen Kriegsführung.
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#26 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Catholic » Fr 20. Feb 2015, 13:51

Pluto hat geschrieben:.
Das Beispiel ist in der heutigen Zeit der ferngesteurten Drohnen mehr als nur ein Gedankenexperiment: Es ist die Wirklichkeit der modernen Kriegsführung.

Nicht nur heute.
Der Pilot,der seinen Kameraden in der Bomberstaffel letztlich den Befehl zur Bombadierung Dresdens gab,sagte viele Jahre später,er hätte den Befehl nie gegeben,wenn er gewusst hätte wie es unter ihm wirklich zuging.
Übrigens wird heute ja deswegen auch diese perfide Art von Krieg geführt,denn ein Soldat,der die "Feinde" nicht mehr sieht,empfindet keine Skrupel sie zu töten.
Ein Grund übrigens,warum die KZ-Häftlinge nur mit ihrer Nummer angesprochen wurden,denn für einen KZ-Aufseher oder einen SS-Schergen war es leichter die Nummer 336535 zu "eleminieren" als den vierfachen Familienvater Shlomo Herzl aus Breslau.

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#27 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von closs » Fr 20. Feb 2015, 13:55

Pluto hat geschrieben:Das Beispiel ist in der heutigen Zeit der ferngesteurten Drohnen mehr als nur ein Gedankenexperiment: Es ist die Wirklichkeit der modernen Kriegsführung.
Das erklärt jedoch nicht, was gut und böse ist, sondern wie raffiniert man sich von der Frage nach gut und böse fernhalten kann - Bsp:

Als vor vielen Jahren mal ein Passagierflugzeug (versehentlich!) von den Amis über Irak(?) abgeschossen wurde, hat man gesehen, wie die Soldaten an den Bildschirmen gejubelt haben, weil sie getroffen hatten - wie im Computerspiel. Das heisst: Man hat sich gar nicht bewusst gemacht, dass da jetzt jemand stirbt - ist ja "nur" ein Computer-Spiel. - Insofern wirkt es immunisierend, wenn man das Töten abstrahiert - also man nicht mehr das "Weiße im Auge des Feindes" sieht. - Das führt dann dazu, dass jemand per Fernbedienung ohne Probleme ein Gemetzel mit abgerissenen Beinen und Köpfen anrichten kann, aber selber zusammenbricht, wenn er sich aus Versehen in den Finger schneidet.

Würde man diese (meist) jungen Menschen zwingen, einen Feind lebendig im Eisenkäfig zu verbrennen, wären sie empört - ignorierend, dass es einem ihrer Absturzopfer genauso gehen kann. - Insofern kann ich übrigens dem Sich-empört-in-die-Brust-Werfen wegen der grausamen IS-Morde wenig abgewinnen - es ist der Versuch, zwischen guter eigener und böser anderer Grausamkeit zu unterscheiden. - Billig und bewusstlos - aber PR-mäßig nützlich.

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#28 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Pluto » Fr 20. Feb 2015, 13:58

Der Punkt ist, dass wir im Bezug auf solche grundsätzlichen Regeln wie "Du sollst nich töten" keine Gebote "von oben" brauchen.
Unser ethisches Verhalten scheint durch die Evolution bereits im Gehirn "verdrahtet" zu sein.

Übrigens... Im Dekalog sollte es eigentlich heißen: "Du sollst nicht morden", denn Töten kann durchaus die richtige Handlung sein.
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#29 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Pluto » Fr 20. Feb 2015, 14:02

closs hat geschrieben:Würde man diese (meist) jungen Menschen zwingen, einen Feind lebendig im Eisenkäfig zu verbrennen, wären sie empört - ignorierend, dass es einem ihrer Absturzopfer genauso gehen kann. - Insofern kann ich übrigens dem Sich-empört-in-die-Brust-Werfen wegen der grausamen IS-Morde wenig abgewinnen - es ist der Versuch, zwischen guter eigener und böser anderer Grausamkeit zu unterscheiden. - Billig und bewusstlos - aber PR-mäßig nützlich.
Im Weltbild der IS ist verankert, dass ihr Gott es "gut" heißt, den (ungläubigen) Feind zu töten (Koran-Sure 8).
Das ist eine ethische falsche Folgerung... die wir als Missbrauch der Reilgion empfinden. Deshalb ist unsere Empörung vollkommen gerechtfertigt.
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#30 Re: Prüfkriterien für das Gute.

Beitrag von Catholic » Fr 20. Feb 2015, 14:10

closs hat geschrieben: Insofern wirkt es immunisierend, wenn man das Töten abstrahiert - also man nicht mehr das "Weiße im Auge des Feindes" sieht. - Das führt dann dazu, dass jemand per Fernbedienung ohne Probleme ein Gemetzel mit abgerissenen Beinen und Köpfen anrichten kann, aber selber zusammenbricht, wenn er sich aus Versehen in den Finger schneidet.

....

wie z.B. der damalige KZ-Kommandant,mit dem Oskar Schindler zu tun hatte.
Der KZ-Kommandant schickte Abertausende Juden in den Tod -- er sah die sterbenden Menschen genauso wenig wie der SS-Scherge,der das Zyklon B einfüllte --,hat aber,so mehrere Augenzeugen,Rotz und Wasser geheult, als sein geliebter Kanarienvogel gestorben war.

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