Hemul hat geschrieben:Begründe doch bitte an Hand der Bibel das meine Aussage Aberglaube ist
Fällt mir spontan nur ein Zitat ein (gibt ganz sicher mehrere):
Mose 29, 3
Und der Herr hat euch bis zum heutigen Tag noch kein verständiges Herz gegeben, Augen, die sehen, und Ohren, die hören.
Erkenntnis ist Folge von Gnade und nicht Folge von Entscheidung. - Es ist Aberglaube, das menschliche Heil als Folge einer Entscheidung des Menschen darzustellen - wenn etwas entscheidet, ist es das Erkennen selbst.
Kingdom hat geschrieben:Gott lässt dem Menschen das was er wählt, wenn er den Fluch dem Segen vorzieht, so respektiert Gott die Wahl.
Du kannst es nicht lassen. - Rein formell ist es nicht falsch, aber es ist subjektiv falsch - konkret: Der Mensch stellt sich nicht hin und sagt: "Wider besseren Wissens entscheide ich mich gegen Dich". - Genau dieses Wissen, also die Erkenntnis, wäre aber die Voraussetzung, von einer spirituell belastbaren Entscheidung zu sprechen. - Etwas detaillierter:
Die Versündigungen gegen Gott (vgl. Deut.17,7) werden im Bibel-Text ausführlich und geschichtlich rückblickend beschrieben und münden in die Begründung für diese Versündigungen, wonach die Israeliten nicht hören wollten, ihren Nacken versteiften und Gott nicht vertrauten (vgl. Deut. 17,14). – Wenn die Israeliten nicht hören „wollten“ (Deut. 17,14), führt dies zum Begriff des Willens. – „Wille“ wird hier dargestellt in Gegenüberstellung zur „Versteifung des Nackens“ (vgl. Deut. 17,14).
Diese „Versteifung des Nackens“ erinnert an das „störrische Volk“ (Ex. 33,3) und den „störrischen Sohn“ (vgl. Deut. 21,21) und beschreibt diejenigen, die gegen das göttliche Gebot oder das Gemeinwesen verstoßen, weil sie ihren „eigenen Kopf“ haben (vgl. zu Deut. 31,27). Gleichzeitig ist dieser „eigene Kopf“ jedoch geradezu als Voraussetzung deutbar, Gottes Angebot anzunehmen „Wähle das Leben“ (Deut. 30,19). – „Wille“ wird somit dargestellt als etwas, was nicht Folge von Erkenntnis, sondern von Vertrauen ist. – Denn der Mensch erscheint nicht als derjenige, der Eigen-Erkenntnis erzwingen kann - im Gegenteil: Erkennende Menschen sind diejenigen, „denen der Herr Weisheit in ihr Herz
gegeben“ (Ex. 36,2) hat. – Im Umkehrschluss hieße dies, dass „Wille“ eine vertrauende Ersatzhandlung ist für mangelnde Eigen-Erkenntnis. – Vertrauen wäre somit Folge eines gut-willigen Zuwendens zu Gott, Misstrauen ein bös-williges Abwenden von Gott („<Da> Du mich böswillig verlassen hast“ (Deut. 28,20) – dies auf der Basis (vgl. Gen. 3,22), dass das „Böse“ die Orientierung der Erkenntnis am Dasein in dessen Funktion als Normierendes bezeichnet und das „Gute“ umgekehrt die Orientierung der Erkenntnis am Sein in dessen Funktion als Normierendes bezeichnet.
Rein phänomenologisch ist „gut“ somit die Ausrichtung des Menschen zu Gott, „böse“ ist analog die Ausrichtung des Menschen zu etwas anderem als Gott. – Somit ist die Aussage „Doch sie <die Israeliten> wollten nicht hören“ (Deut. 17,14) phänomenologisch zu verstehen in dem Sinne, dass die Israeliten in ihrer „Versteifung des Nackens“ (vgl. Deut. 17,14) nicht vertrauensvoll nach oben blicken können. – Inwieweit die Israeliten einen eigenen Anteil beisteuern können, dass sie vertrauen, ist aus dem Text nicht zu entnehmen. Allenfalls wird an anderer Stelle erkennbar, dass Gott danach „heischt“ (Buber: Deut. 10,12), dass der Mensch ihm vertraut. Dieses „Heischen“ ist verbunden mit Ermunterung („Dieses Gebot … geht nicht über Deine Kraft und ist nicht fern von Dir“ (Deut. 30,11)) und Verheißung („Dann wird es Dir gutgehen“ (Deut. 10,13)).
Es geht also nicht um ein Willens-Szenario, sondern um ein Vertrauens-Szenario - so wie ein Kind vertrauen muss, wenn der Vater sagt: "Spring die Mauer runter, ich fange Dich auf". - Es geht nicht darum, dass der Mensch arrogant abwägt, ob er gnädigerweise Gott folgt, sondern darum, dass er etwas wagt. - Deshalb auch das "Heischen" Gottes: "Trau Dich - Du schaffst es".
Dieses differenzierte Darstellung beschreibt etwas ganz anderes als diese moderne Darstellung, dass der Mensch in seinem freien Willen im Wissen um die Konsequenzen selbstverantwortlich zu entscheiden in der Lage wäre - und was da noch für ein Schmarrn verzapft wird. - Es ist viel intimer, viel menschlicher.