Vernunft in Glaubensdingen

closs
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#581 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von closs » Di 10. Jun 2014, 12:50

Naqual hat geschrieben:Ich sehe es so: Die Botschaft des Jesus Christus war es, das Böse zu überwinden. Also ganz praktisch: in diesem Leben.
Der äußerste Punkt dieser Überwindung des Bösen ist es nun, wenn man seinen gesamten Egoismus überwindet und sein Leben auf alle ausrichtet. Das Böse wird überwunden wenn man vergibt. Solange man das Böse nicht vergibt, wirkt es virulent weiter. Im Kreuz findet die Überwindung seinen Höhepunkt
:thumbup: Gut zusammengefasst. - Allerdings klingt das anders als
Naqual hat geschrieben:Jetzt nehmen wir den Kern der HEUTIGEN Sicht auf das Kreuz: Papa-Gott benötigt ein grausames Opfer
Da sieht man, wie ursprünglicher Gehalt und menschliche Umsetzung auseinanderklaffen können.

Rembremerding
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#582 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Di 10. Jun 2014, 14:13

closs hat geschrieben:Da sieht man, wie ursprünglicher Gehalt und menschliche Umsetzung auseinanderklaffen können.
Solche Diskrepanzen entstehen nicht nur bei @Naqual. Es ist einfach der Widerstreit des Fleisches mit dem Geist. Für den Verstand, dem Fleisch, ist der Opfertod des Herrn unsinnig, eben eine Torheit. Doch in jedem von uns kann auch der Geist Gottes durch den menschlichen Geist einströmen. Dort bewirkt er, vielleicht nur kurz, Klarheit, Wahrheit, Liebe und kann die Gesinnung des Herzens vom Fleisch, dem Ego, dem Verstand, lösen.

Man wird für solche Diskrepanzen besonders anfällig, wenn man seinen Geist nicht versteht zu fokussieren. Wenn man aus Angst vermeidet, nachzufolgen, sich festzulegen. Die Angst ist die Angst des Versagens und vor der Hingabe seines Willens an Gott.
Wer wirklich nachfolgen will, soll es beispielsweise einzig und allein mit Buddha oder Christus Jesus tun. Ist es jemanden ernst damit, wird er erkennen, dass im Buddhismus und im Glauben an den Herrn jene Einheit der Menschen mit Gott besteht. Doch der menschliche Versuch Einheit durch Synkretismus zu schaffen, verwirrt die Seele, trübt den Blick hin zur Wahrheit. Lässt man es aber Gott machen, indem man Gottes Weg für sich annimmt, dann wird er für diesen Gehorsam Weisheit schenken, Kraft der Wahrheit zu folgen und eben Liebe.
Der Hl. Franz von Assisi leistete beispielsweise diesen Gehorsam und in seinen wunderbaren Schriften ist oftmals mehr an Lehren des Buddhismus und Hinduismus enthalten, als heutzutage in manchen Büchern der Blümchenkaffeeautoren des hübschen, aber nichtssagenden Wortes. Das deshalb, weil Franz in der Beziehung zum Herrn dessen Weisheit als Gnadengeschenk erhielt, eine Weisheit, die in geeigneter Form auch im Buddhismus oder anderen Religionen verborgen ist.

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closs
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#583 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von closs » Di 10. Jun 2014, 15:40

Rembremerding hat geschrieben:Solche Diskrepanzen entstehen nicht nur bei @Naqual.
Bei aller Zustimmung zu Deinen Ausführungen: Die erwähnte Diskrepanz ist das Hauptproblem INNERHALB des Christentums. - Es gibt auch eine Heilsgeschichte der Exegese - diese ist noch nicht beendet.

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Naqual
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#584 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Naqual » Di 10. Jun 2014, 16:32

Rembremerding hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Da sieht man, wie ursprünglicher Gehalt und menschliche Umsetzung auseinanderklaffen können.
Solche Diskrepanzen entstehen nicht nur bei @Naqual. Es ist einfach der Widerstreit des Fleisches mit dem Geist.
Nehme an, dass es Closs ein wenig anders gemeint hatte, wie Du es verstanden hast.
In mir entsteht die Diskrepanz gar nicht, weil ich das mit den stellv. Opfertod in meinem Glauben nicht kenne, letztere Theorie hatte ich nur zitiert und mich auf diese bezogen.

Der Synkretismusvorwurf (in Deinem weiteren Beitrag) ist auch so eine Sache, weil das Christentum sich über die Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Auseinandersetzungen mit anderen Richtungen, sich ganz gut bedient hat bei den anderen. Das fällt nur heute nicht mehr auf, weil man die Bibel ganz AUTOMATISCH einschließlich der Adaptionen aus anderen Glaubenssystemen interpretiert. Deutlich wird dies besonders dann, wenn man die jüdische Religion mit der christlichen vergleicht und dann schaut, wo die Änderungen her sind. Aber das wäre jetzt auch wieder ein Extra-Thema.

Grundsätzlich halte ich es aber auch für sehr irrtumsanfällig, wenn z.B. jemand aus einer christlichen Kultur sich mit der hinduistischen Adavaita beschäftigt (oder umgekehrt) und "mischt". Bevor man dies macht, muss man beide Denksysteme jeweils in ihren eigenen komplexen Systemen verstanden haben. Das schaffen nicht viele und ist so oder so eine langjährige Arbeit. Das merkt man dann sogar bei vermeintlichen Fachleuten in der Kirche, die den Buddhismus kritisieren, die aber gar nicht merken, dass die Kritik völlig an der Realität des Buddhisten in seinem Denken vorbeigeht. (Selbst gleiche Begriffe sind anders verstanden und zudem eingebettet in ein strukturell und komplex anderem Denken.)

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#585 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von closs » Di 10. Jun 2014, 16:52

Eigentlich gibt es noch ein ganz anderes Problem: Der Mensch denkt sich zu viele geistige Systeme aus, statt die Sache selbst zu kapieren - immer wieder: 1.Kor. 13.

Gloria von Thurn und Taxis hat neulich (komplett gegen den Mainstream) gesagt: "Die Menschen sollen weniger diskutieren und mehr beten". :)

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#586 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Di 10. Jun 2014, 16:59

closs hat geschrieben: Gloria von Thurn und Taxis hat neulich (komplett gegen den Mainstream) gesagt: "Die Menschen sollen weniger diskutieren und mehr beten". :)
Da fällt mir Buber ein:
Der Mensch besinne vor dem Gebet, dass er bereit ist, in diesem Gebet zu sterben um der Ausrichtung willen.

Es lohnt sich diesen Satz zu meditieren und in seinem vollen Umfang verstehen zu lernen.
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#587 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Di 10. Jun 2014, 17:19

closs hat geschrieben:Gloria von Thurn und Taxis hat neulich (komplett gegen den Mainstream) gesagt: "Die Menschen sollen weniger diskutieren und mehr beten". :)

Wieso kann nicht alles Gebet sein oder werden?

Gebet

Nacht, stille Nacht, in die verwoben sind
ganz weiße Dinge, rote, bunte Dinge,
verstreute Farben, die erhoben sind
zu Einem Dunkel Einer Stille, - bringe
doch mich auch in Beziehung zu dem Vielen,
das du erwirbst und überredest. Spielen
denn meine Sinne noch zu sehr mit Licht?
Würde sich denn mein Angesicht
noch immer störend von den Gegenständen
abheben? Urteile nach meinen Händen:
Liegen sie nicht wie Werkzeug da und Ding?
Ist nicht der Ring selbst schlicht
an meiner Hand, und liegt das Licht
nicht ganz so, voll Vertrauen, über ihnen, -
als ob sie Wege wären, die, beschienen,
nicht anders sich verzweigen, als im Dunkel?...
(Rilke)

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#588 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Di 10. Jun 2014, 17:43

Naqual hat geschrieben:Der Synkretismusvorwurf (in Deinem weiteren Beitrag) ist auch so eine Sache, weil das Christentum sich über die Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Auseinandersetzungen mit anderen Richtungen, sich ganz gut bedient hat bei den anderen.

Alle Religionen sind synkretistisch entstanden. Etwas Anderes kann nur behaupten, wer sich mit Religionswissenschaft nicht auskennt oder systematisch Wissen unterdrückt. Das gibts ja! ;)


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#589 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Di 10. Jun 2014, 17:55

Demian hat geschrieben: Alle Religionen sind synkretistisch entstanden. Etwas Anderes kann nur behaupten, wer sich mit Religionswissenschaft nicht auskennt oder systematisch Wissen unterdrückt. Das gibts ja! ;)
Ich weiß, es fällt dir immer schwer, sachlich zu bleiben. Aber wir beide werden das schon hinbekommen. :thumbup:
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#590 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Di 10. Jun 2014, 17:58

Rembremerding hat geschrieben:Ich weiß, es fällt dir immer schwer, sachlich zu bleiben. Aber wir beide werden das schon hinbekommen. :thumbup:

Das ist der Standpunkt der Religionswissenschaft. Weißt Du es besser? - davon abgesehen: was spricht gegen Synkretismen? Mit anderem Wort: was spricht gegen geistige Freiheit und Grenzüberschreitung?

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