Alles Teufelszeug? IX

closs
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#721 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Sa 5. Mai 2018, 09:12

sven23 hat geschrieben:Das hat nichts mit Orwell zu tun.
Nüchtern gesehen ist es erst mal ein eigener Ansatz - gefährlich wird es, wenn man eigene Ansätze monopolisiert und sich nicht dazu bekennt, dass dies weltanschauliche Gründe hat. - Im übrigen ist der KKK nicht methodische Grundlage der Theologie.

sven23 hat geschrieben:du selbst hast eine Aussage Kubitzas reflexartig abgewehrt. Als Ratzinger das Gleiche sagte, gerietest du in Verzückung.
Das, was Ratzinger gesagt hat, war sicherlich nicht im Kontext dasselbe.

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sven23
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#722 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Sa 5. Mai 2018, 09:18

Roland hat geschrieben: …die von unterschiedlichen weltanschaulichen Vorannahmen ausgeht. In der Theologie, also der Lehre von Gott, kann der Glaube, dass es denselben gar nicht gibt, kein Monopol beanspruchen. Wie dieser Glaube mE auch in der Frage nach unserem Ursprung kein Monopol beanspruchen kann. "Intelligente Planung" oder "geistlose Zufallsentstehung", beides Vorannahmen die wahr sein können. Und sie können parallel existieren und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Und BEIDE Vorannahmen sind nicht falsifizierbar.
Die Nicht-Existenz des Spaghettimonsters ist auch nicht falsifizierbar. Erhöht das seine Wahrscheinlichkeit um einen Deut?


Roland hat geschrieben: Eine Absicht schickten antike Schreiber ihren Texten immer voraus, wie wir gesehen haben. Das hat aber eben überhaupt nichts mit "Lügenpropaganda" zu tun, wie du es gerne darstellen würdest.
Dafür gibt es keine Belege.
Wer spricht denn von Lügenpropaganda. Es waren Glaubenspropagandaschriften, bzw. Glaubenschriften, die Glauben wecken sollten.
Darüber herrscht in der Forschung kein Zweifel.

Roland hat geschrieben: Naja, immerhin ist die darwinistische Theorie, aus atheistischer Sicht, die Grundlage für die Existenz des Menschen. Als Grundlage für Humanismus ist sie aber seltsamerweise völlig ungeeignet. Vielleicht stimmt da also mit der atheistischen Sicht was nicht.
Du willst künstliche Widersprüche erzeugen, wo gar keine sind. Die Evolution ist ein Faktum. Daran ändert sich nichts, ob jemand nun Atheist, Humanist oder Gläubiger ist.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Trotzdem kann ein Humanist die Evolutionstheorie Darwins grundsätzlich akzeptieren. Sie ist nun mal ein Faktum.
Nee, die "alberne Zufallstheorie" (wie Jakob von Uexküll sie nannte) kann vielmehr gar nicht als wissenschaftliche Theorie gelten (wie der Wissenschaftstheoretiker Kurt Hübner richtigerweise schrieb) weil sie in den entscheidenden Bereichen Erklärungen vermissen lässt.
Aha, die Evolutionstheorie ist also nach Roland keine wissenschaftliche Theorie. :lol:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es stimmt, dass die Menschen auch schon vorher instinktiv wussten, was richtig ist, denn sie sind nach dem Bilde Gottes geschaffen und nicht in einem unbarmherzigen Ausleseprozess entstanden.
Wohl eher umgkehrt. Menschen erschufen sich Götter nach ihrem Bilde.
Der Mensch steht also über allem. Obwohl er unbeabsichtigt und zufällig aus dem Nichts entstand - und doch nichts ist als schiere Materie - schuf er in seinem Geiste selbst Götter nach seinem Bilde. Welch wundersames Wesen, welch seltsame Kunde… :?
Wo siehst du da einen Widerspruch? Der Mensch kann durch Zufall enstanden sein, und sich dank seiner Vorstellungskraft ein Bild von der Welt machen. Und zu diesem Bild gehörten früher nun mal Götter, Geister und Dämonen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Aber keiner hat es so klar und radikal formuliert wie Jesus Christus und keiner hat Nächsten- und Feindesliebe so konsequent bis zum letzten Blutstropfen gelebt.
Na ja, da muss man auch differenzieren zwischen dem, was Jesus selbst gelehrt hat und was man ihm nachträglich in den Mund gelegt hat.
Und immer wieder die Theorie, dass alles nur Lug und Trug sei, nachträgliche Erfindungen und Einfügungen.
Dass es sich hierbei um bloße Behauptungen handelt, haben wir nun schon oft genug besprochen.
Nee, die Forschung hat gezeigt, dass es Unterschiede in der Authentizität gibt.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ist nicht die Story, dass ein allwissender Gott den sündigen Menschen erschafft und zu seiner Rettung auf die Idee kommt, seinen unehelichen Sohn von denen, die errettet werden sollen, umbringen läßt, absurd?
Ja. Diese Story ist tatsächlich ein absurdes Zerrbild des christlichen Glaubens, an dem so gut wie alles falsch ist.
Aber im Grunde trifft dieser Plot den Kern des NT.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Auch Jesus stellte seinen unterpriviligierten Anhängern eine Belohnung in der neuen Ordnung in Aussicht. (Die Letzten werden die ersten sein...)
In Mt. 20, 16 geht’s aber gerade nicht um Lohn für unser Tun. Gerade dieses Wort von den Letzten und Ersten zeigt doch die Entkoppelung von Handeln und Lohn. Alle erhalten das Gleiche, unabhängig von der Leistung, die sie erbracht haben. Es gilt nur, DASS sie dabei waren im Weinberg.
Egal, ob durch Tun (verkaufe deinen Besitz und gib ihn den Armen) oder durch Glauben, die Belohnung wird in Aussicht gestellt.
Allerdings stellt Jesus, der im Stile eines religiösen Eiferers für die Thoraverschärfung eintritt, auch Strafe in Aussicht, wenngleich er die scharfe Gereichtspredigt Johannes des Täufers abmildert.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Kirche hat dann zeitweise den Akzent auf die Bestrafung gelegt, weil sich mit der Angst davor gute Geschäfte machen ließen.
"DIE Kirche" hat das nicht getan. Obwohl es solche eigennützigen Falschauslegungen in der Geschichte zweifellos gegeben hat.
Die Kirche war nicht für den Ablasshandel verantwortlich?

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es geht nur darum zu zeigen, dass sich der Glaube, man entstamme einem geistlosen, eiskalten und erbarmungslosen Ausleseprozess, im natürlichen Werte-Kompass des Menschen nicht widerspiegelt.
Der Mensch ist aber so entstanden und er kann sich auch einen Wertekompass geben, der unabhängig ist von religösen Belohnungs- und Bestrafungsphantasien.
Er ist weder so entstanden, noch bezieht er einen humanistischen Wertekompass von seiner angeblichen Schöpferin, der Evolution. Sondern der heutige Mensch zehrt noch von der christlich/jüdischen Substanz, wie Habermas richtig sagt. Und je mehr diese zurückgedrängt wird, desto übler wird es werden. Bisher sind nur Ungeborenen vogelfrei, bald werden es dann die Alten und Schwachen sein. Nietzsches Konsequenz aus seinem Atheismus: "Die Schwachen und Mißratenen sollen zugrunde gehen, das ist der erste Satz unsrer Menschenliebe."
Das wäre dann eher der Rassenideologie der Nazis geschuldet. Davon haben wir uns doch, so hoffe ich, emanzipiert.

Roland hat geschrieben: Der Satz des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist unmittelbar christlichen, nicht darwinistischen Ursprungs. Im Darwinismus macht er überhaupt keinen Sinn. Da ist der Mensch ein Tier, wie jedes andere, dem keine besondere Bedeutung zukommt.
Da liegt ein grundsätzliches Mißverständnis vor. Das Anerkennen der Evolution bedeutet doch nicht automatisch, das Recht des Stärkeren zur Geltung kommen zu lassen. Dank unserer kognitiven und sozialen Fähigkeiten sind wir in der Lage, diese Mechanismen ein Stück weit auszuhebeln.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#723 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Sa 5. Mai 2018, 09:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das hat nichts mit Orwell zu tun.
Nüchtern gesehen ist es erst mal ein eigener Ansatz - gefährlich wird es, wenn man eigene Ansätze monopolisiert und sich nicht dazu bekennt, dass dies weltanschauliche Gründe hat. - Im übrigen ist der KKK nicht methodische Grundlage der Theologie.
Sicher nicht der historisch-kritischen Theologie. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:du selbst hast eine Aussage Kubitzas reflexartig abgewehrt. Als Ratzinger das Gleiche sagte, gerietest du in Verzückung.
Das, was Ratzinger gesagt hat, war sicherlich nicht im Kontext dasselbe.
Doch, war es.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#724 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 6. Mai 2018, 08:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Er nicht - aber der "Heilige Geist" als göttliche Instanz hätte wissen müssen, dass es jenseits des starren Himmelsgewölbes unendlich viel mehr gibt. Er wusste es aber nicht.
Falsch. - Weil sich Geistiges IMMER als Offenbarung zeigen muss, da es in Reinform nicht verstehbar ist. - "Geist" muss also auf der Erde irdisch verstehbar sein und auf Alpha Centauri alpha-centaurisch. - Und damals musste eine Offenbarung anders kodiert werden, als man dies heute tun würde. - Heute würde die Genesis vermutlich beginnen mit: "Am Anfang veranlasste Gott den Urknall".
Nee, heute benötigt man nicht mal Götter für den Urknall. :lol:


closs hat geschrieben: Dass es inzwischen auch die Kanonische Exegese gibt, ist dem Umstand geschuldet, dass die historisch-kritische Exegese über die Ermittlung von neutralen Sachergebnissen hinausgeschossen ist und ihre methodischen Ergebnisse hermeneutisch interpretiert (bspw. "Jesus hatte eine Naherwartung (in Deinem Verständnis)".
Hatte er ja auch.

Die Gottesherrschaft
Jesus verkündigt das Reich Gottes oder die Herrschaft Gottes, die in naher Zukunft beginnt und die zugleich schon in der Gegenwart anbricht. Diese Botschaft kommt besonders in den Gleichnissen, aber auch im Verhalten Jesu zum Ausdruck. Neben diesen eschatologischen Worten gibt es in der Überlieferung der Evangelien viele Aussagen, die von der Tradition der Weisheit geprägt sind.

Quelle: http://www.rpi-loccum.de

closs hat geschrieben: - Die Kanonische Exegese ist eine RE-AKTION darauf!!! - "Wenn Ihr das spirituell-interpretative Feld besetzt, müssen wir etwas dagegensetzen". - So ist auch etwa die Biblisch-Kritische Exegese zu verstehen.
Die kanonische Exegese ist als Gegenmodell zur wissenschaftlichen Vorgehensweise der historisch-kritischen Methode entwickelt worden. Sie ist extrem unwissenschaftlich, das sie auf Gaubensbekenntissen aufbaut. Ihr einziges Bestreben besteht darin, die Glaubensbekenntisse zirkelreferent in den Texten bestätigt zu finden. Im Gegensatz zur historisch-kritischen Methode interessiert sie sich nicht für die ursprüngliche Verfasserintention, sondern für die Bedeutung, die spätere Generationen in die Texte hineininterpretierten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#725 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 6. Mai 2018, 09:16

sven23 hat geschrieben:Hatte er ja auch.
Das ist eine hermeneutische Interpretation.

sven23 hat geschrieben:Die Gottesherrschaft
Jesus verkündigt das Reich Gottes oder die Herrschaft Gottes, die in naher Zukunft beginnt und die zugleich schon in der Gegenwart anbricht. Diese Botschaft kommt besonders in den Gleichnissen, aber auch im Verhalten Jesu zum Ausdruck. Neben diesen eschatologischen Worten gibt es in der Überlieferung der Evangelien viele Aussagen, die von der Tradition der Weisheit geprägt sind.
Quelle: http://www.rpi-loccum.de
Siehst Du - dieses Zitat würden auch diejenigen unterschreiben, die Deine hermeneutische Interpretation ablehnen. - Dieses Zitat ist kein Argument für Deine Interpretation.

sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist als Gegenmodell zur wissenschaftlichen Vorgehensweise der historisch-kritischen Methode entwickelt worden.
Nein. - Die kanonische Exegese ist eine wissenschaftliche Vorgehensweise mit anderer Hermeneutik als die der HKM. - Beide sind in DEINEM (!!!) Wortverständnis zirkelreferent und in MEINEM Wortverständnis NICHT zirkelreferent.

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#726 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 6. Mai 2018, 10:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hatte er ja auch.
Das ist eine hermeneutische Interpretation.
Aber eine, die auf Basis der Texte wissenschaftlich ermittelt wurde. Glaubensbekenntnisse sind dafür nicht notwendig.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Gottesherrschaft
Jesus verkündigt das Reich Gottes oder die Herrschaft Gottes, die in naher Zukunft beginnt und die zugleich schon in der Gegenwart anbricht. Diese Botschaft kommt besonders in den Gleichnissen, aber auch im Verhalten Jesu zum Ausdruck. Neben diesen eschatologischen Worten gibt es in der Überlieferung der Evangelien viele Aussagen, die von der Tradition der Weisheit geprägt sind.
Quelle: http://www.rpi-loccum.de
Siehst Du - dieses Zitat würden auch diejenigen unterschreiben, die Deine hermeneutische Interpretation ablehnen.
Dann arbeiten sie nicht wissenschaftlich. Glaubensideologie darf hier keine Rolle spielen.

closs hat geschrieben: - Dieses Zitat ist kein Argument für Deine Interpretation.
Doch ist es, weil es den Konsens in der Forschung widergibt.

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.
Gerd Theißen

Generell ist der Konsens in der Forschung heute breiter und das Jesusbild einheitlicher als je zuvor.

Aus dem Gesamtüberblick gewinnt man einen erfreulichen Eindruck: Die an dieser Problematik am meisten interessierten Forscher, nämlich die Neutestamentler, sind heute im Gegensatz zu früher (auch noch zu vor 3 0 -4 0 Jahren) viel einiger; ihre
Sprache und Redeweise sowie die Art, an die Sache heranzugehen, sind bedeutend einheitlicher geworden. Sogar hinsichtlich der Grundsätze ist eine größere Übereinstimmung festzustellen. Darüber, daß man zum historischen Jesus erst auf dem Weg der Entstehungsgeschichte der Dokumente, die uns die Erinnerungen an ihn tradieren, gelangen kann, besteht ein breiter Konsensus.

Überlegungen zum neueren Stand der Leben-Jesu-Forschung*
Von Giuseppe Ghiberti

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist als Gegenmodell zur wissenschaftlichen Vorgehensweise der historisch-kritischen Methode entwickelt worden.
Nein. - Die kanonische Exegese ist eine wissenschaftliche Vorgehensweise mit anderer Hermeneutik als die der HKM.
Es gibt keine Wissenschaft, die auf solchen Glaubensbekenntnissen aufbaut.

Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit. ,,Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, daß sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte"
Katechismus der katholischen Kirche


closs hat geschrieben: - Beide sind in DEINEM (!!!) Wortverständnis zirkelreferent und in MEINEM Wortverständnis NICHT zirkelreferent.
Das ist dein generelles Problem. Du maßt dir an, das Textverständnis anderer besser beurteilen zu können, als diese selbst.
Dabei habe ich dir schon 100 mal geschrieben, dass die Forschung nicht zirkelreferent arbeitet, glaubensbasierte Exegese dagegen sehr wohl.
Nimm das einfach mal zur Kenntnis. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#727 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » So 6. Mai 2018, 11:33

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Hat sich als sehr schwierig erwiesen, die "Randbedingungen" zu finden, die gegeben sein müssen, damit aus unbelebter Materie eine hitec-Miniaturfabrik (= lebende Zelle) von selbst entstehen kann. Die sich dann auch noch selbst vervielfältigen kann (sonst wäre ihr Tod ja bereits wieder das Ende der Entwicklung).
Richtig, aber es gibt erfolgversprechende Ansätze. Kommt Zeit, kommt Leben.
Ich bewundere deinen starken Glauben!

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Was dafür spricht, dass sich pflanzliches und tierisches Leben sich aus Einzellern zu immer komplexeren Formen entwickelt hat.
Nein, was dafür spricht, dass ein Ingenieur aus dem selben Material völlig unterschiedliches herstellen kann. Die für die Entstehung immer komplexerer Formen gibt es aus der experimentellen Biologie keinerlei Hinweise.
Doch, gibt es. Schau mal in die Natur.
Gerade jetzt im Frühling, ist der Blick in die Natur für mich in ganz besonderer Weise Grund den Schöpfer zu loben. Auf die Idee, dass das alles das Ergebnis von Planlosigkeit ist, komme ich nicht. Wie gesagt, dazu braucht es wirklich einen sehr starken Glauben.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es wird als Rudiment "angesehen" weil man Evolution voraussetzt. Es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, dass es so ist. Das Steißbein erfüllt beim Menschen wichtige Aufgaben.
Natürlich, manche benutzen es zum Denken. :lol:
Nun geh mal nicht zu hart mit dir ins Gericht. :lol:

sven23 hat geschrieben: Ist aber in der Forschung unstrittig und kann plausibel begründet werden.
Fakt ist: Das Steißbein ist notwendig zur Befestigung verschiedener Muskelanteile und Bänder des Beckenbodens und der Hüftgelenke, welche die inneren Organe des kleinen Beckens tragen und die für den aufrechten Gang unabdingbar sind. Alle "Schwanzfantasien" sind evolutionstheoretische Speklulationen ohne jeden Beleg.
sven23 hat geschrieben: Davon abgesehen gibt es noch jede Menge Atavismen, nicht nur beim Menschen.
Siehe oben. Es handelt sich bei Atavismen lediglich um vergleichend-biologische Betrachtungen, die man auch anders interpretieren kann.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist eben der grundlegende Irrtum aller Glaubensideologen. Die neutestamentliche Forschung, die sich wissenschaftlichen Prinzipien verpflichtet fühlt, kommt selbstverständlich ohne Glaubensbekenntnisse wie diese aus:
Das ist nicht der Fall, wie ich gezeigt habe. Sie formuliert ihre "Glaubensbekenntnisse" freilich stilistisch etwas anders, als der katholische Katechismus :) – es bleiben dennoch welche..
Nein, es sind keine "Glaubensbekenntnisse", die auch nur annähernd vergleichbar wären mit dem religiösen Glaubensbekenntnis.
Die Bibel auszulegen als gäbe es Gott nicht, ist glaubensbasierte Auslegung. "Neutral" kann man die Berichte auch gar nicht auslegen, wie wir nun zur Genüge gesehen haben und wie Bultmann, Theissen und Lüdemann offen zugeben.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Auch die Behauptung, die neutestamentlichen Autoren seien Lügner und hätten die Auferstehung erfunden, ist nicht falsifizierbar. Wir können nicht in die Vergangenheit reisen und empirisch widerlegen, dass es so war.
Die Auslegung der Texte "als gäbe es Gott nicht", legt dieses Ergebnis von vornherein fest. "Ergebnisoffen" sieht anders aus.
Lügner wäre ein zu hartes Wort. Es war damals üblich, Geschichten zu erfinden, man hatte ja sonst nichts, um die Phantasie anzuregen. Und die Geschichten waren stark religiös-mythologisch geprägt. Es gab Heerscharen von Schreibern, die offensichtlich einen Markt bedienten, der die Geschichten gierig aufsog.
Geschichten werden auch heute noch erfunden, man nennt sie dann z.B. Romane oder Erzählungen. Und die regen auch heute noch die Phantasie an. Wer einer Geschichte aber vorausschickt, dass das was er nun schreiben wird von ihm selbst gesehen, gehört, erlebt wurde und dass es tatsächlich so geschehen ist, für den ist "Lügner" sicher kein zu hartes Wort, wenn er sie in Wahrheit erfunden hat!

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deshalb macht sie keine Aussagen dazu, weder positiv noch negativ.
Das ist falsch, Bultmanns Auferstehung ins Kerygma oder Lüdemanns Visions-Theorie sind Beispiele für die Leugnung der Auferstehung, wie sie in den Texte berichtet wird. Die klare Festlegung auf den methodischen Atheismus und die Leugnung jeglicher Wunder schließen eine tatsächliche Auferstehung von vornherein aus.
Und so, wie die sog. Auferstehung überliefert ist, sind auch berechtigte Zweifel angebracht.
Jeder hat ja auch das Recht dazu, Zweifel zu hegen. Es ging hier aber um deine Aussage, Wissenschaft mache weder positive noch negative Aussagen zur Auferstehung. Aufgrund der klaren Festlegung auf den methodischen Atheismus ist diese Aussage falsch.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das Gottesbild des AT wird von Atheisten stets höchst einseitig und verzerrt dargestellt, dazu gäbe es viel zu sagen.
Und außerdem: Auf welcher Grundlage triffst du denn diese Bewertung? Wenn du glaubst, dass es keinen Gott gibt, dann gibt es doch gar keine objektiven Werte. Sondern nur sozusagen "Mehrheitsbeschlüsse". Worauf stützt sich also deine Bewertung eines "fragwürdigen Gottesbildes"?
In meinem ethischen Weltbild ist z. B. ein Genozid verwerflich, egal von wem er durchgefürht wird.
M.a.W. deine Bewertung stützt sich auf deiner subjektiven Meinung, die geprägt ist vom christlich/jüdischen Erbe des abendländischen Weltbilds. Im Evolutionsprozess, von dem du glaubst, dass er dein Schöpfer ist, ist "Genozid" überhaupt nicht verwerflich - sondern der Tod des Schwächeren ist geradezu Voraussetzung für den Fortschritt.

sven23 hat geschrieben:Ich weiß natürlich, dass es eine Sintflut so nie gegeben hat, totzdem ist es doch interessant, wie Biblizisten diesen Genozid auch noch als gerechtfertigt verteidigen.
Genozid heißt Völkermord und morden können nur Menschen. Der das Leben gegeben hat, der hat auch das Recht es auch wieder zu nehmen. In jeder Sekunde tut er das, auch jetzt in diesem Moment. Er, der der Ursprung allen Lebens ist, entscheidet, wann es wieder zu ihm zurückgeht. Das hat nichts mit Mord oder Genozid zu tun.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: In unserer Gesellschaft ist z.B. die Möglichkeit ungeborene Menschen umzubringen inzwischen aufgrund eines solchen subjektiven "Mehrheitsbeschlusses" quasi zu einer Art Menschenrecht geworden, das niemand mehr in Frage stellen darf, ohne heftigen Gegenwind zu bekommen.
Wer ist schon ein Fan von Abtreibung? Es wäre aber glaubwürdiger, wenn sich die militanten Abtreibungsgegner auch um das geborene Leben kümmern würden statt immer nur um ungelegte Eier.
Ich kenne keine "militanten Abtreibungsgegner" und kann mir folglich kein Urteil darüber erlauben, ob sie sich um geborenes Leben nicht kümmern. Der Zusammenhang war aber ein anderer: Objektive, absolute Werte kann der Atheismus nicht generieren. Wenn eine Mehrheit sagt: Ungeborenes Leben darf abgemurkst werden, dann ist das eben die "neue" Ethik.
Nochmal Gregor Gysi: "Eine gottlose Gesellschaft, das heißt eine Gesellschaft ohne jede Orientierung, eine Gesellschaft des reinen Pragmatismus, wo man heute das denkt und morgen jenes denkt und überhaupt keine moralisch einigermaßen verbindlichen Maßstäbe mehr hätte."

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und wir sind in unserer Entscheidung völlig frei, keiner hat den schlagenden Beweis für sein Weltbild.
Wir sind frei, dank der Aufklärung und der Säkularisierung. Es gab aber Zeiten, in denen du nicht nur für Unglauben, sondern auch für eine von der Kirche abweichende Meinung geröstet worden wärst.
Entgegen der klaren Aussage Jesu. Im Unkraut-Weizen-Gleichnis macht er klar, dass über Abweichler oder Irrlehrer erst am Ende, von Gott allein, ein Urteil ergehen wird. Im gesamten ersten christlichen Jahrtausend ist aufgrund dieses Gleichnisses, also dieser Magna Carta der Toleranz, tatsächlich kein einziger Häretiker mit Billigung der Kirche getötet worden. Es gilt die Mahnung des Paulus: Caritas tolerat omnia – Die Liebe erträgt alles.
Der Lehre Christi kann man die Schuld am Töten Andersdenkender sicher nicht geben, während man viel eher eine Linie ziehen könnte, von der Aufklärung und Säkularisierung, hin zu den Gräueln und dem Blutrausch der franzöisischen Revolution. Freiheit und Selbstbestimmung ohne Rückbindung an eine höhere Instanz führt eben zu Terror und enthemmter Selbstbehauptung der gerade Stärkeren.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#728 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » So 6. Mai 2018, 11:37

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Hatte dir bereits gezeigt, dass du das Thiede-Video falsch verstanden hast. Er sagt darin, dass "Kritiker der Evangelien" einen abschätzigen Begriff verwenden würden, nämlich dass es sich bei ihnen um Propaganda handele. Dabei, so der Literaturwissenschaftler, sei es geradezu Grundvoraussetzung für antike Schreiber gewesen, eine Absichtserklärung ihren Schriften oder Biografien vorauszuschicken. Was aber gerade NICHT bedeute, dass es sich nicht um historisch Zutreffendes handele. Also er sagt quasi das genaue Gegenteil dessen, was du verstanden hast.
Ich habe ihn schon verstanden, er sagt richtigerweise, dass es in der Antike keine absichtsfreie, tendenz- und propagandafreie Literatur/Biografie gegeben hat, und wenn es sie gegeben hätte, wäre sie nicht gelesen worden.
Ist heute eigentlich auch noch so. Siehe Kubitza :lol:
Der Schreiber will dem Leser etwas mitteilen, er verfolgt eine Absicht mit seinem Text. Was nichts über den Wahrheitsgehalt dessen aussagt, was er mitteilen will. "Propaganda" ist laut Thiede ein "abschätzige Begriff", den "Kritiker der Evangelien" dafür verwenden. Sozusagen als Synonym für Lüge. Dem ist aber nicht notwendigerweise so.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wobei die Schreiber ja nur von den fürs menschliche Auge sichtbaren Sternen und Planeten ausgehen konnten.
Von der unermeßlichen Größe des Universums konnten sie keine Ahnung haben.
Stimmt. Aber auch die Entdeckung der fürs menschliche Auge nicht sichtbaren Sterne hat die Menschen natürlich immer wieder zum Staunen über Gottes Größe veranlasst. Insofern hat Ps. 19,2 auch etwas Prophetisches. Viele Jahrhunderte später schrieb Isaac Newton:
"Die wunderbare Einrichtung und Harmonie des Weltalls kann nur dem Plane eines allwissenden und allmächtigen Wesens zustande gekommen sein. Das ist und bleibt meine letzte und höchste Erkenntnis."
Tja, der Hobby-Alchimist Newton hatte auch eine dunkle Seite. :lol:
Ach ja, die Alchemie… so ist eben Wissenschaft immer der aktuelle Stand des Irrtums, Newton lebte eben im 18. Jahrhundert. In 200 Jahren wird man vermutlich die ET ähnlich belächeln.

Alchemie ist tot - aber der Gedanke, dass wir das Ergebnis von Intelligenz sind, ist unsterblich.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Auch der alte Goethe war also ein Verschwörungstheoretiker. Sie trugen ihn weg. Wussten also genau, dass er tot war. Menschen, die beim Beseitigen oder Vernichten des Leichnams gerade handgreiflich erlebt hatten, dass es keine Hoffnung gibt, predigten gleichwohl mutig, leidenschaftlich und unter Lebensgefahr die selbst erfundene Lüge von der Auferstehung. Wie absurd ist das denn?
Wie das aus psychologischer Sicht funktioniert, sieht man ja an sog. Marienerscheinungen. Einer hat angeblich eine "Vision", die von Gläubigen als Faktum geglaubt wird und fortan hat man einen neuen Wallfahrtsort.
Das ist schon ein Unterschied. Die Menschen mit den Marienerscheinungen hatten die Leiche der Maria ja nicht kurz zuvor beiseite geschafft um ihre Erscheinung dann mutig und unter Lebensgefahr mit dem leeren Grab zu begründen. Sie mussten auch keine Verfolgung befürchten…
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich, lieber Sven.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.
Gerd Theißen
Nur dann, wenn man "Jesu eigene Worte" höchst selektiv liest und das allermeiste willkürlich als ihm "nachträglich in den Mund gelegt" bezeichnet.
Im Gegenteil, wenn man die ursprünglichen Worte Jesu als authentisch begreift.
Es gibt keinen einzigen zwingenden Beleg dafür, dass nicht ALLE überlieferten Worte Jesu authentisch sind. Und wenn sie alle authentisch sind, kann man eindeutig ausschließen, was Gerd Theißen da vermutet.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das heißt, du bist Kurzzeitkreationist, bzw. Junge-Erde Kreationist?
Nein, die Erde kann uralt sein. Das ist mE nicht unbiblisch. Es geht nur um das Leben und den Glauben, es habe sich aus einer Urzelle entwickelt, was tatsächlich Leid und Tod von Beginn an bedeuten würde.
Auch den sog. Tierfrieden hat es nie gegeben. Die Evolution begann mit dem Einzeller und hält bis heute an.
Ich sags ja immer wieder: So tauschen wir eben gegenseitig Glaubensbekenntnisse aus.
Nur: Deins führt in die absolute Sinnlosigkeit, warum sollte ich diesen Glauben annehmen?

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Es gibt eben Bereiche, wo der methodische Atheismus (der in empirischen Fragestellungen ja sinnvoll ist) zur Ideologie wird. Z.B. wenn man in der Theologie vorauszusetzt, dass es den Theos gar nicht gibt. Ebenso in der Frage was der Ursprung des Menschen ist.
Ich sehe in diesen Fragen nichts "Verlässliches" daran, sich von vornherein für den Atheismus zu entscheiden.
Das Ergebnis wird vielmehr "verlässlich" vorweggenommen.
Bei Textquellen geht es nun mal nicht anders. Alles andere wäre das zirkelreferente Bestätigen von vorangestellten Glaubensbekentnissen.
Die Textquellen besagen aber das Gegenteil dessen, was die atheistische Auslegung willkürlich vorwegnimmt. Das ist viel eher zirkelreferent. Und nicht nur das, es ist typisch verschwörungstheoretisch: "Die Autoren lügen", "alles wurde erfunden", "nachträglich eingefügt", "Propaganda", "die Leiche wurde beseitigt" usw. usf. Und das alles basiert allein auf Vermutungen ohne auch nur einen einzigen Beweis!

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Du bist falsch informiert. Alle systemtheoretischen Ansätze incl. EvoDevo gehen davon aus, dass Darwins Gradualismus das Wasser nicht hält. Man sucht immernoch nach der Erklärung für das Entstehen des Neuen.
Man ist ja nicht stehen geblieben. Darwins Theorie ist weiter entwickelt worden.
Weiterentwickelt hin zu der Einsicht, dass das Entscheidende noch fehlt. Naja, dann sucht mal weiter. :)

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Falsch, selbst für die Herstellung von Aminosäuren im Labor bedarf es einer sorgfältigen Versuchsplanung und -durchführung.
Aminosäuren wurden sogar auf Kometen gefunden. Die Grundbaustoffe waren also immer genügend vorhanden.
Wie gesagt, ich bewundere deinen Glauben. Wenn immer schon Ziegel herumlagen, dann muss sich doch auch die Fabrik irgendwie selbst erbaut haben. Rührend, deine Hoffnung, alles möge auf Geistlosigkeit und Zufall beruhen. Und ebenso unverständlich. Wie kann man darauf seine Hoffnung setzen?

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Ob menschliche Intelligenz jemals ausreichen wird um im Labor Leben zu erzeugen wird sich zeigen. Es ist jedenfalls Planung erforderlich und beste Methodenkenntnis.
Du könntest genauso behaupten, um einen so schönen Berg wie das Matterhorn zu erschaffen, bedarf es einer übernatürlichen Intelligenz.
Nein, es bedarf nur gewaltiger Kräfte durch Kontinentalverschiebung, Erosion und langer Zeiträume.
Wie gesagt, selbst die kleinste Bakterienzelle, die weniger als ein Billionstel Gramm wiegt, kann man mit einer echten Fabrik vergleichen, mit Tausenden von vorzüglich gestalteten Teilen einer molekularen Maschinerie, die insgesamt aus einhunderttausend Millionen Atomen besteht, so komplex und auf allerkleinstem Raum, dass von Menschen konstruierte Maschinen dagegen einfach nur plump erscheinen. Und du vergleichst das mit einem Gesteinsberg, der durch Druck empor getrieben wurde. Was für ein schwaches Argument…

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Zufall, Notwendigkeit und lange Zeitperioden reichen dazu nicht aus:
Doch, die Welt ist das beste Beweis.
Der typische Zirkelschluss. Wir setzen voraus: Die Welt existiert durch Zufall und Notwendigkeit. Und der beste Beweis für die Entstehung durch Zufall und Notwendigkeit, ist dann die Tatsache, dass die Welt existiert. Aber ich werfe es dir nicht vor, denn es geht nicht anders. Wir setzen eben alle einen Glauben voraus.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Lange Zeiträume werden gern als Lückenbüßer für unbekannte Mechanismen eingesetzt.
Unmögliches passiert aber auch dann nicht, wenn man lange wartet.
Wie lange hast du denn gewartet und woher weißt du, was "unmöglich" ist?
Ich weiß gar nichts. Und du auch nicht. Es bleibt uns nur Plausibilität. Und Fabriken entstehen eben nicht von selbst. Das ist unplausibel.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Roland
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#729 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » So 6. Mai 2018, 11:41

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: …die von unterschiedlichen weltanschaulichen Vorannahmen ausgeht. In der Theologie, also der Lehre von Gott, kann der Glaube, dass es denselben gar nicht gibt, kein Monopol beanspruchen. Wie dieser Glaube mE auch in der Frage nach unserem Ursprung kein Monopol beanspruchen kann. "Intelligente Planung" oder "geistlose Zufallsentstehung", beides Vorannahmen die wahr sein können. Und sie können parallel existieren und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Und BEIDE Vorannahmen sind nicht falsifizierbar.
Die Nicht-Existenz des Spaghettimonsters ist auch nicht falsifizierbar. Erhöht das seine Wahrscheinlichkeit um einen Deut?
Nein. Nichtfalsifizierbarkeit erhöht die Wahrscheinlichkeit nie. Und die Nichtfalsifizierbarkeit eines Univerums, das sich wie ein Supermünchhausen am eigenen Schopf aus dem Urchaos gezogen haben soll, erhöht auch nicht dessen Wahrscheinlichkeit.
Ich glaube aber weder an ein Spaghettimonster, noch an ein sich selbst erschaffendes Universum. Ich glaube an eine Intelligenz, die alles hervorgebracht hat - und halte das für sehr plausibel.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Eine Absicht schickten antike Schreiber ihren Texten immer voraus, wie wir gesehen haben. Das hat aber eben überhaupt nichts mit "Lügenpropaganda" zu tun, wie du es gerne darstellen würdest.
Dafür gibt es keine Belege.
Wer spricht denn von Lügenpropaganda. Es waren Glaubenspropagandaschriften, bzw. Glaubenschriften, die Glauben wecken sollten.
Naja, wenn es deiner Meinung nach keine Lügen sind, dann ist ja alles gut! :)
Natürlich ist letztlich der Glaube entscheidend. Etweder der Glaube an "das heillose, trostlose, sinnlose Nichts" (Schmidt-Salomon) – oder der Glaube an einen intelligenten Schöpfer, den Gott der Liebe.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nee, die "alberne Zufallstheorie" (wie Jakob von Uexküll sie nannte) kann vielmehr gar nicht als wissenschaftliche Theorie gelten (wie der Wissenschaftstheoretiker Kurt Hübner richtigerweise schrieb) weil sie in den entscheidenden Bereichen Erklärungen vermissen lässt.
Aha, die Evolutionstheorie ist also nach Roland keine wissenschaftliche Theorie. :lol:
Nee, nach Meinung des rennomierten Wissenschaftstheoretikers Kurt Hübner:
"Fassen wir zusammen: Die ET hat nicht den Rang einer echten wissenschaftlichen Theorie, weil sie für die Erscheinungen ihres Bereiches nur in sehr begrenztem Maße Erklärungen liefert (Selektion), gerade in ihrem wesentlichen Teil aber, der Entstehung des makrobiologisch Neuen, also der Evolutionsrichtung, solche vermissen lässt." (Kurt Hübner, Glaube und Denken: Dimensionen der Wirklichkeit 2004, S.56)

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Der Mensch steht also über allem. Obwohl er unbeabsichtigt und zufällig aus dem Nichts entstand - und doch nichts ist als schiere Materie - schuf er in seinem Geiste selbst Götter nach seinem Bilde. Welch wundersames Wesen, welch seltsame Kunde…
Wo siehst du da einen Widerspruch? Der Mensch kann durch Zufall enstanden sein, und sich dank seiner Vorstellungskraft ein Bild von der Welt machen. Und zu diesem Bild gehörten früher nun mal Götter, Geister und Dämonen.
Den Widerspruch sehe ich darin, dass dem angeblichen Ergebnis eines doofen Ellenbogen-Zufallsprozesses, das nichts weiter sein soll als pure Materie, Intelligenz und Moral so wichtig erscheint. Und dass es sich nach nichts mehr seht, als nach Liebe. Deshalb glaube ich: das ist unser Ursprung. "Gott ist Liebe" (1. Joh. 4,8).

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und immer wieder die Theorie, dass alles nur Lug und Trug sei,...
Nee, die Forschung hat gezeigt, dass es Unterschiede in der Authentizität gibt.
Es hilft ja nix, wenn man einen atheistisch- glaubensbasierten Exegesetypus "die Forschung" nennt. Es bleibt eben ein atheistisch- glaubensbasierter Exegesetypus. Authentisch ist hier nur, was methodisch-atheistisch ins Bild passt.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ist nicht die Story, dass ein allwissender Gott den sündigen Menschen erschafft und zu seiner Rettung auf die Idee kommt, seinen unehelichen Sohn von denen, die errettet werden sollen, umbringen läßt, absurd?
Ja. Diese Story ist tatsächlich ein absurdes Zerrbild des christlichen Glaubens, an dem so gut wie alles falsch ist.
Aber im Grunde trifft dieser Plot den Kern des NT.
Er schießt vielmehr meilenweit vorbei. Und das weißt du auch, wenn du ehrich bist, sehr gut.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Auch Jesus stellte seinen unterpriviligierten Anhängern eine Belohnung in der neuen Ordnung in Aussicht. (Die Letzten werden die ersten sein...)
In Mt. 20, 16 geht’s aber gerade nicht um Lohn für unser Tun. Gerade dieses Wort von den Letzten und Ersten zeigt doch die Entkoppelung von Handeln und Lohn. Alle erhalten das Gleiche, unabhängig von der Leistung, die sie erbracht haben. Es gilt nur, DASS sie dabei waren im Weinberg.
Egal, ob durch Tun (verkaufe deinen Besitz und gib ihn den Armen) oder durch Glauben, die Belohnung wird in Aussicht gestellt.
Der reiche Jüngling wollte durch sein eigenes Tun vollkommen werden. Und Jesus sagt ihm: "Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!" Mt. 19, 21.
Aus eigener Kraft kann man zu Gott nur gelangen durch Vollkommenheit. "Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist." Mt. 5, 48
Dass das unmöglich ist, das zeigt Jesus dem Jüngling. All seine Moral bleibt letztlich doch unterm Strich. Deshalb sind wir allein auf Gottes Gnade angewiesen und die Motivation Gutes zu tun ist
Dankbarkeit für diese unverdiente Gnade.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Kirche hat dann zeitweise den Akzent auf die Bestrafung gelegt, weil sich mit der Angst davor gute Geschäfte machen ließen.
"DIE Kirche" hat das nicht getan. Obwohl es solche eigennützigen Falschauslegungen in der Geschichte zweifellos gegeben hat.
Die Kirche war nicht für den Ablasshandel verantwortlich?
Doch, das war so eine eigennützige Falschauslegung. Ich wehre mich nur gegen deine Pauschalierung. Die Christenheit, also die Kirche, ist nicht allein die mittelalterliche katholische Papst-Kirche. Der Ablasshandel hat ja, wie du weißt, Widerspruch in der Kirche hervorgerufen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Er ist weder so entstanden, noch bezieht er einen humanistischen Wertekompass von seiner angeblichen Schöpferin, der Evolution. Sondern der heutige Mensch zehrt noch von der christlich/jüdischen Substanz, wie Habermas richtig sagt. Und je mehr diese zurückgedrängt wird, desto übler wird es werden. Bisher sind nur Ungeborenen vogelfrei, bald werden es dann die Alten und Schwachen sein. Nietzsches Konsequenz aus seinem Atheismus: "Die Schwachen und Mißratenen sollen zugrunde gehen, das ist der erste Satz unsrer Menschenliebe."
Das wäre dann eher der Rassenideologie der Nazis geschuldet. Davon haben wir uns doch, so hoffe ich, emanzipiert.
Die Rassenideologie der Nazis gründet eindeutig auf dem Darwinismus. Hab's dir ja neulich gezeigt:

Charles Darwin in "Die Abstammung des Menschen":
"Bei Wilden werden die an Körper und Geist schwachen bald beseitigt und die welche leben bleiben, zeigen gewöhnlich einen Zustand kräftiger Gesundheit. Auf der anderen Seite tun wir zivilisieten Menschen alles nur mögliche um den Prozess dieser Beseitigung aufzuhalten. Wir bauen Zufluchtsstätten für die Schwachsinnigen, für die Krüppel und Kranken. Hierdurch geschieht es, dass auch die schwächeren Glieder der zivilisierten Gesellschaft ihre Art fortpflanzen. Niemand, welcher der Zucht domestizierter Tiere seine Aufmerksamkeit gewidment hat, wird daran zweifeln, dass dies für die Rasse des Menschen im höchsten Grade schädlich sein muss."

Folgerichtige Gedanken, wenn man glaubt, dass der Mensch nur ein bedeutungsloses Tier in einem gleichgültigen Universum ist, das sich in einem Prozess der Höherentwicklung befindet.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Der Satz des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist unmittelbar christlichen, nicht darwinistischen Ursprungs. Im Darwinismus macht er überhaupt keinen Sinn. Da ist der Mensch ein Tier, wie jedes andere, dem keine besondere Bedeutung zukommt.
Da liegt ein grundsätzliches Mißverständnis vor. Das Anerkennen der Evolution bedeutet doch nicht automatisch, das Recht des Stärkeren zur Geltung kommen zu lassen. Dank unserer kognitiven und sozialen Fähigkeiten sind wir in der Lage, diese Mechanismen ein Stück weit auszuhebeln.
Diese kognitiven und sozialen Fähigkeiten greifen eben auf absolute Werte zurück, die der Atheismus nicht generieren kann und der Darwinismus zweimal nicht. Und die im atheistischen Weltbild auch nicht garantiert werden können. Denn wenn man nur einpaar Jahrzehnte zur Verfügung hat und es am Ende völlig egal ist, wie man gelebt hat, dann ist das Naheliegenste und Logischste: Nützlichkeit, Pragmatismus und Genuss. Folgerichtig ist dann nur der Egoismus.
Ungeborene, die ungelegen kommen, Alte, Schwache, Kranke - all das ist nicht nützlich und dient nicht dem Genuss. Es gibt eigentlich nix, was in diesem Denken "die Würde des nutzlosen Menschen" garantiert - es sei denn, man sieht ihn als Geschöpf Gottes an.
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closs
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#730 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 6. Mai 2018, 13:36

sven23 hat geschrieben:Dabei habe ich dir schon 100 mal geschrieben, dass die Forschung nicht zirkelreferent arbeitet
Nach DEINER Verwendung von "Zirkelreferenz" tut sie es.

sven23 hat geschrieben:glaubensbasierte Exegese dagegen sehr wohl.
Es macht wenig Sinn. - Du weigerst Dich, "wissenschaftliche Arbeitsweise" und "hermeneutische Vorannahmen" zu unterscheiden. - Stattdessen meinst Du, dass die EINEN hermeneutischen Vorannahmen "wissenschaftlich" seien und die anderen nicht. - Glaube 1 = "wissenschaftlich"/Glaube 2 = "glaubensideologisch". - Mit dieser extrem schrägen Vorannahme sind die hier diskutierten Probleme für uns nicht lösbar.

Aber für andere. - Diskussionen wie die unsrige sind "draußen in der Welt" längst geklärt - dass wir das hier thematisieren, ist im Grunde anachronistisch. - Das Tragikomische daran: Jeder Theologe, der sich damit beschäftigt, fühlt sich um Längen aufgeklärter als Deine Fraktion - und v.v. :)

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