Verhängnisvoller Missionsbefehl

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Savonlinna
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#421 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » So 29. Nov 2015, 14:48

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Will man dergleichen kritiseren - was ja auch ich tue -, muss man verstehen lernen, was ein Dogma oder die Schaffung eines oder einer Heiligen für eine Funktion hat. Dazu ist die wissenschaftliche Analyse innerhalb der Dogmatik das geeignete Rüstzeug. Es gibt keinen anderen Weg als über die Wissenschaft!
Im Grundsatz bin ich wirklich Deiner Meinung. - In dieser Utopie wären Wissenschaftler Menschen, die nicht nur analytisch und methodisch arbeiten können, sondern auch WIRKLICH verstehen, WAS sie da bearbeiten.
Ja.

Je mehr ich mich mit dem wissenschaftlichen Grundgedanken auseinandersetze und auf wissenschaftliche Aufsätze stoße, die nicht richten, sondern beschreiben, ausleuchten, Zusammenhänge aufdecken, bis in die Tiefen der Menschen - und ihrer Not - hinein, desto mehr erkenne ich seine Bedeutsamkeit und seine Möglichkeit.
Das rein Analytische ist ja schon lange nicht mehr das einzige in den Wissenschaften. Der ganzheitliche Ansatz greift auch in die Wissenschaften hinein - Beginn war wohl die Ökologie, die die Interaktionen zwischen den Dingen in den Blick nimmt.
Man kann dafür auch "Kommunkation" sagen: alles kommuniziert miteinander, ist nicht nur aus sich selber heraus zu verstehen.

Das ist die große Erkenntnis unserer Zeit, und das sehe ich als ein humanum an.

closs hat geschrieben:Diese Utopie weitergedacht: Ein Wissenschaftlicher würde dann WIRKLICH verstehen, dass ein einfacher Mensch (ob er jetzt dem Abziehbild des gottgläubigen redlichen Christen entspricht, der innerlich frei kein Problem damit hat, materiell arm zu sein - oder ob es das Abziehbild des geistig orientierungs-losen Looser-Typen ist, der sich verschuldet, um auch materiell "dazu zu gehören") für die analytische Reflexion von intellektuellen Aussagen NICHT geeignet ist, aber - und jetzt kommt das eigentlich Wichtige - nicht deshalb weniger fortschrittlich oder rückschrittlich ist in Bezug auf seine Werte, seinen Lebensentwurf, seine Nähe an Wahrheit und auf seinen Lebenssinn ist als ein Intellektueller, egal ob es sich um einen theologischen oder "aufgeklärten" (im Sinne des 21. Jh.) Wissenschaftler handelt.
Ja.
Wissenschaft ist zutiefst demokratisch.
Ich mustte - bezüglich Dichtung - da auch von meinem hohen Sockel runter.
Ich ging in Unterhaltungsstücke und sah, völlig verblüfft, welche Lebensweisheiten sich die Zuschauer daraus holten, wieviel Lebenshilfe da geleistet wurde. Ich sah auch auf St.Pauli in Hamburg die menschliche Funktion, die die Huren oft ausübten. Sie boten weit mehr als Sex, sondern auch Akzeptanz und Trost. Ich hab das selber in Lokalen gesehen.

Es sind diese Zusammenhänge, die wissenschaftliche Untersuchungen herausfinden können - indem sie darauf verzichten, sich mit Wertungen zu blockieren.

closs hat geschrieben:Dann nämlich wäre ein Wissenschaftler und auch ein Philosoph in erster Linie demütiger Sachverwalter derer, denen es nicht gegeben ist, über ihren eigenen Lebenskreis hinaus auf Meta-Ebenen theoretischer Betrachtung unterwegs zu sein. - "Demütig" hieße dann auch, die Grenzen des eigenen Denk-Systems zu erkennen.
Ich meinte die ganze Zeit aber die wissenschaftlichen Forschung. Nicht, dass ich missverstanden werde: ich sprach nicht von den Wissenschaftlern als Privatmenschen.

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Savonlinna
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#422 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » So 29. Nov 2015, 14:58

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Du vertrittst hier das Inhumane.
Das ist absoluter Nonsens und das weißt du auch.
Wenn ich auf die humanitäre Aufgabe der Flüchtlingsintegration hinweise, bügelst du das ab. Ist das human?
Was soll ich tun gegen Deine Verdrehungen?

Ich schrieb diesen Satz auf einen, den Du nicht mitzitiert hast:

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ich sehe aber nicht ein, warum man aus solchen Einzelfällen ein gesellschaftliches Problem machen soll.
Ich sagte ja: Wissenschaft ist ein humanum.
Du vertrittst hier das Inhumane.
Und Du vertrittst hier in diesem Satz das Inhumane.
Dich interessiert ein Dreck, ob diese beiden Mädchen in seelischer Not sind.
Du "siehst nicht ein", warum man daraus ein gesellschftliches Problem machen werde.
Aber genau das würde helfen, bestimmte Dinge zu sanieren.

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Dein Thema aber sind die Dogmen.
Eigentlich hier der Missionsbefehl. ;)
Was auch immer. Jedenfalls nicht die Flüchtlingsproblematik.
Also beschwer Dich nicht darüber, dass Du ewig über die Dogmen oder die katholische Kirche meckern willst.
Ich kann nicht dafür, dass das soviel Raum bei Dir einnimmt.

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#423 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von 2Lena » So 29. Nov 2015, 15:14

Savonlinna hat geschrieben:Auch bei der wissenschaftlichen Erforschung von Dogmen ist wohl der Knackpunkt der, welche Funktion sie haben und haben sollen.
Würde man das herausfinden, wäre man einen Riesenschritt weiter.

Die katholische Kirche hatte deshalb Erfolg, weil sie als Staatsreligion analog einer Herrscherstruktur alle Philosophieschulen unter eine einheitliche Hand brachte.

1) Bei der Vereinheitlichung war es erforderlich, die wichtigsten Grundprinzipien festzulegen, leicht merkbar und einfach. Das ist im Prinzip gleich mit dem Glaubensbekenntnis schon im ersten Konzil geschehen. Das ist nicht nur aufzusagen, sondern enthält wie auch die 10 Gebote weit mehr "innere" Inhalte, ist also im Prinzip ein Lebenskonzept. Man kann es sich leicht merken, wie das Vaterunser oder das Einmaleins. Die haben nicht wegen einer ganz einfachen Erzählung wochenlang debattiert! Auf meiner Webseite siehst du, wie umfangreich die zehn Gebote werden, wenn man sie entschlüsselt. Da ist nicht mehr ein Dogma: "glaube!", sondern es kommen (durch verstandene Situationen und Einsichten) ganz andere Gefühle und Erkenntnisse unterschiedlicher Höhen und Tiefen.

2) Ähnliche Zusammenfassungen gab es bereits im AT. Da dies nicht entschlüsselt wurde, konnten die Analysen nicht stattfinden.

3) Die Vermittlung der Dogmen - ohne eine wirkliche Basis - führte zu Zweifeln an der Bibel und an der Kirchenstruktur - sowie zu schrägen Vorstellungen.
Zuletzt geändert von 2Lena am So 29. Nov 2015, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#424 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von sven23 » So 29. Nov 2015, 15:27

Savonlinna hat geschrieben: Dich interessiert ein Dreck, ob diese beiden Mädchen in seelischer Not sind.
Was redest du für einen Stuss? Ich kenne den Fall gar nicht und kann mir deshalb auch kein Urteil bilden über die seelischen Nöte dieser Mädchen.

Savonlinna hat geschrieben: Du "siehst nicht ein", warum man daraus ein gesellschftliches Problem machen werde.
Meine Beispiele bezogen sich explizit auf esoterische Spinner, die es nun mal zweifesfrei gibt. Wie soll die Gesellschaft darauf reagieren? Muß sie überhaupt reagieren? Wenn es psychische Probleme sind, gibt es genügend Hilfsangebote im Gesundheitswesen.


Savonlinna hat geschrieben: Was auch immer. Jedenfalls nicht die Flüchtlingsproblematik.
Also beschwer Dich nicht darüber, dass Du ewig über die Dogmen oder die katholische Kirche meckern willst.
Ich kann nicht dafür, dass das soviel Raum bei Dir einnimmt.
Doch, ich habe nicht die Dogmen angesprochen, sondern die Flüchtlingsproblematik, der du ausgewichen bist. Also könnte ich dir jetzt inhumanes Verhalten vorwerfen, was ich aber nicht tue, weil es Blödsinn wäre. Aber das ist das Niveau, auf dem du ständig argumentierst.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#425 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von 2Lena » So 29. Nov 2015, 15:28

sven23 hat geschrieben:Eigentlich hier der Missionsbefehl.
Was willst du, es wird doch heftig "missioniert".

Du meintest froh zu sein, dass die Homöopathie an der bayerischen Uni nicht Fuß fasste. Dafür haben sie Anatomiebücher, an denen nicht so alles stimmt. Vielleicht wurde das mittlerweile behoben und sie erleben Wirkungen, selbst wenn sie nicht wissen wie es geht. Willst du Erfahrungen verbieten?

Analog geht es mit den PSI Phänomenen. Das erste, was ich nach einer solchen Äußerung erfuhr - war eine Ohrfeige. Ich hatte einen Blick in die Zukunft getan. Ich sollte nicht lügen. Die Folge war eine trostlose Abgeschiedenheit, und dass ich mir Dutzendmal überlegte, ob andere fühlen, hören und sehen könnten, was ich sehe. In einem Umfeld, das grundsätzlich solche Begabungen nie toleriert, wird es sehr schwer sein, überhaupt etwas dazu in Erfahrung zu bringen. Jeder Betroffene wird verheimlichen, schweigen, ist verunsichert, wird nie mehr mitteilen können.

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#426 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » So 29. Nov 2015, 15:38

Savonlinna hat geschrieben:Nicht, dass ich missverstanden werde: ich sprach nicht von den Wissenschaftlern als Privatmenschen.
Ich auch nicht: Ich halte es für eine Aufgabe INNERHALB der Wissenschaft, deren Grenzen zu kennen. - Auch wenn ein Wissenschaftler innerhalb seines methodischen Systems arbeitet, MUSS er meines Erachtens wissen, dass er nicht "alles" greifen kann, sondern nur das, was sein methodisches System ermöglicht.

Und er muss wissen, dass er nur Nachweise für SEIN jeweilige Modell liefern kann - was inkludiert, dass es immer Modelle geben kann, bei denen zum selben Thema etwas ganz anderes rauskommt. - Wahrscheinlich wissen das gute Wissenschaftler auch - aber es kommt halt gesellschaftlich anders rüber.

Wahre Aufklärung besteht meines Erachtens darin, dass man unterscheiden kann, was man wissen und was man nicht wissen kann. - In diesem Sinne ist unsere Zeit möglicherweise weit von Aufklärung entfernt.

Es würde schon Aufklärung genug sein, wenn man einen modellhaft nachweisbaren Status Quo nicht als Maßstab, sondern als Zwischenergebnis darstellen würde. - Da dies nicht ausreichend im öffentlichen Bewusstsein ankommt, provoziert dies dort unqualifizierte Ablehnung von Wissenschaft, was natürlich ebenfalls unaufgeklärt ist. - Und so bekämpfen sich arrogant-selbstmaßstäbliche Schein-Aufklärung ("Unser Modell weist dieses - beweise das Gegenteil") und dumpfe Schein-Aufklärung ("Die reden Scheiß") gegenseitig.

Es steht zu befürchten, dass wahre Aufklärung, die man in der Tat in erheblichem Maße der Wissenschaft verdankt, in den nächsten Jahrzehnten immer mehr aufgrund der Selbstüberhebung ihrer Protagonisten an diesem Konflikt zerbricht. - Folge davon werden noch mehr Pegida und noch mehr IS und noch mehr Verschwörungs-Theorien sein - als negative Indikatoren einer Gegenkraft, die die autoritäre Dominanz einer methodisch-beschränkten Weltanschauung ("Was nicht nachweisbar/nachgewiesen ist, ist irrelevant - nur, was modell-haft (!) nachgewiesen ist, ist relevant") nicht mehr akzeptieren.

So gesehen verstehe ich (nicht nur) im Christentum eine vermittelnde Größe, da in ihm wissenschaftliche und spirituelle Traditionen gleichermaßen fest verankert sind.

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#427 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Halman » So 29. Nov 2015, 16:24

sven23 hat geschrieben:Manchmal hat man eh den Eindruck, Theologensprech ist erfunden worden, um nicht verstanden zu werden. :mrgreen:
:clap: Diesen Satz möchte ich mal rauxgreifen, weil ich diesen Gedanken auch immer wieder habe.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#428 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » So 29. Nov 2015, 16:36

closs hat geschrieben: Wahre Aufklärung besteht meines Erachtens darin, dass man unterscheiden kann, was man wissen und was man nicht wissen kann. - In diesem Sinne ist unsere Zeit möglicherweise weit von Aufklärung entfernt.
Ich glaube, Du meinst jetzt wieder die Nicht-Wissenschaftler.

Dass die Wissenschaft dermaßen korrupt ist, wie Du sagst, sehe ich nicht.
Wenn ich das aber feststelle - und das irgendwo formulieren kann -, dann formuliere ich das auch.
Wirklich korrupt war sie im Dritten Reich.
Um dem nach dem Zweiten Weltkrieg entgegenzuwirken, hat man sich neu orientiert, sich Gesetze gegeben.

Manches zerbröselt sein einiger Zeit wieder, so die damalige Entschlussenheit, nie wieder an Kriegen teilzunehmen.
Heute wird wieder an das "deutsche Volk" appelliert, damit die Bevölkerung bereit ist, Kriege für akzeptant zu halten.

Und so ist es auch mit der Wissenschaft.
Gerade Nicht-Wissenschaftler wollen die Wissenschaft korrumpieren, im Namen der Wissenschaft: das wissen wir beide.
Aber, wie es aussieht: es sind fast alle ehemalige gläubige Christen.
Sie haben also einmal geglaubt, und zwar genau an das geglaubt, was sie jetzt bekämpfen.
Ich habe ehemalige Christen in vielen Relgionsforen getroffen.

Sie sind ein Sonderfall, mit der Vernunft kann man ihnen selten kommen.
Im Grunde muss man es hinnehmen.
Aufklärung macht da keinen Sinn.
In wissenschaftlichen Arbeiten ist Aufklärung unabdingbar - bei realen Menschen, solange sie kein Unheil anrichten, ist es nicht so wichtig.
Wir können sie mittragen. Eine Demokratie hält das aus.

Draußen, außerhalb der Foren, sehe ich diese Tendenz allerdings nicht so sehr.

closs hat geschrieben:Es steht zu befürchten, dass wahre Aufklärung, die man in der Tat in erheblichem Maße der Wissenschaft verdankt, in den nächsten Jahrzehnten immer mehr aufgrund der Selbstüberhebung ihrer Protagonisten an diesem Konflikt zerbricht.
Die paar Forenleute hier, die Du meinst, sind nicht Maßstab für das, was draußen abläuft.
Ich kenne niemanden in meiner konkreten Umwelt, der so redet wie sie.

Hier wäre eine wissenschaftliche Arbeit über unsere Gefahren hilfreich; man muss nicht von vier Personen auf eine ganze Generation schließen. Das klappt nicht, und man kann sich da sehr vertun.

closs hat geschrieben:- Folge davon werden noch mehr Pegida und noch mehr IS und noch mehr Verschwörungs-Theorien sein - als negative Indikatoren einer Gegenkraft, die die autoritäre Dominanz einer methodisch-beschränkten Weltanschauung ("Was nicht nachweisbar/nachgewiesen ist, ist irrelevant - nur, was modell-haft (!) nachgewiesen ist, ist relevant") nicht mehr akzeptieren.

So gesehen verstehe ich (nicht nur) im Christentum eine vermittelnde Größe, da in ihm wissenschaftliche und spirituelle Traditionen gleichermaßen fest verankert sind.
Nicht vergessen: es sind alles ehemalige Christen, meist Katholiken, die sich aus einem autoritären System befreit haben und nun das Autoritäre an diesem System beschießen.
Sie suchten allerdings sofort neue autoritäre Strukturen auf, denen sie sich unterwarfen.

Das heißt, die Emanzipaiton ist nicht gelungen.
Warum ist sie nicht gelungen?
Meiner Meinung nach, weil sie schon im Christentum das autoritäre System suchten.

Sie brauchten in der Naturwissenschaft einen Ersatz.

Eine wissenschaftliche Untersuchung müsste solche Dinge breit angelegt untersuchen. Ich sehe das jetzt nur aus meinem Blickwinkel und meiner Erfahrung, aber wenn ich 500 Jahre alt werden könnte, würde ich mich an dieses Thema irgendwann noch ranmachen. :)

Ich verstehe Deine Frage natürlich schon:
Was können wir tun, wo können wir ansetzen?

Beim Einzelkampf nicht, meiner Meinung nach. Jeder wird seinen eigenen Zeitpunkt haben, wo bei ihm der Schleier von den Augen fällt.
Da spielt der "Zufall" eine Rolle, oder dramatische Ereignisse, die einen Wandel hervorrufen.
Jemanden im Forum in die Zange zu nehmen, bringt nichts.
Das ruft nur Trotz hervor und den Versuch, sein Gesicht zu wahren.

Die Grundfrage ist:
Wie kommen autoritäre Charaktere zustande?
Das hat Heinrich Mann schon durchgespielt.

Autoritäre Charaktäre fallen nicht vom Himmel.
Und sie sind - bei genauerem Nachdenken meinerseits - das Problem.
Von der Antwort auf die Frage, wie sie entstehen, hängt viel ab.

closs
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#429 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von closs » So 29. Nov 2015, 17:24

Savonlinna hat geschrieben:Ich glaube, Du meinst jetzt wieder die Nicht-Wissenschaftler.
In erster Linie sicherlich ja - diejenigen, die mit Verweis auf Wissenschaft weltanschaulich wirken. - Das sind aber nicht wenige, sondern das ist aus meiner Sicht die Regel.

Schau Dir den allpräsenten Zertifizierungs-Wahn (= Schein-Objektivierungs-Wahn) an - warum gibt es ihn überhaupt? - Weil es "drin steckt", dass man etwas "nachweisen" können müsse. - Und so weist man 50% Akademiker per Bachelor nach, indem man die Kriterien so weit verändert, dass 50% rauskommen können.

Oder schau Dir die Bewertung von Aussagen an: Man fragt, ob eine Aussage von einem studierten Psychologen, Volkswirtschaftlern oder Physikern ist, bevor man urteilt, was gesagt wird. - Man gilt nur dann als konform, wenn man Zertifiziertem (hier einen Ausbildungs-Schein) folgt - statt sich SELBER in eine Aussage hineinzuversetzen, egal, von wem sie kommt (deshalb erneut: Alle Aussagen sollten eigentlich unter "Anonym" veröffentlicht werden und erst dann autoren-mäßig aufgedeckt werden, NACHDEM man sich selber eine Meinung dazu gebildet hat). - Auch hier: Das objektive Korsett des "Der-Autor-ist-Professor" steht über dem Ansinnen einer eigenen inneren Aufgeklärtheit. - Unfreiheit bis zum Anschlag.

Savonlinna hat geschrieben:Dass die Wissenschaft dermaßen korrupt ist, wie Du sagst, sehe ich nicht.
Die Wissenschaft ist direkt nicht korrupt - kein Wissenschaftler wird gegen die formalen Regeln seiner Disziplin verstoßen. - Das Problem liegt im gesellschaftlichen Missverständnis bezüglich des Stellenwerts der Wissenschaft.

Wichtig hinzuzufügen: Bei Wissenschaften, die nicht mit geistigen Fragestellungen kollidieren können, besteht ohnehin keine Gefahr.

Savonlinna hat geschrieben:Aber, wie es aussieht: es sind fast alle ehemalige gläubige Christen.
Meinst Du das wirklich? - Die meisten Menschen wachsen heute doch ohne elterliche oder großelterliche Bindung an christlichen Tradionen auf?!?!

Savonlinna hat geschrieben:Ich kenne niemanden in meiner konkreten Umwelt, der so redet wie sie.
Für intellektuell nicht ambitionierte Menschen sehe ich es auch nicht - sobald aber einer mal das Maul aufmacht, um zu "philosophieren", wird's meistens aber schon materialistisch/existentialistisch (selbst wenn solche Worte dann nicht fallen). - Oder etwas allgemeiner: Die Menschen scheinen unter "Aufklärung" eine reduktionistische Sichtweise zu verstehen. - Als wäre das eigene Nach-Vollziehen-Können ein Maßstab für die Welt - mit anderen Worten: "Je weniger ich nachvollziehen kann, desto besser" :devil: .

Savonlinna hat geschrieben:Das heißt, die Emanzipaiton ist nicht gelungen.
Mag sein - aber: Emanzipation wohin? - In die Beliebigkeit des eigenen Vermögens?

Savonlinna hat geschrieben:Meiner Meinung nach, weil sie schon im Christentum das autoritäre System suchten.
Wo ist der dritte Weg zwischen "autoritäres System" (meinetwegen Christentum) und "Beliebigkeit des eigenen Vermögens"?

Savonlinna hat geschrieben:Jeder wird seinen eigenen Zeitpunkt haben, wo bei ihm der Schleier von den Augen fällt.
RIchtig - insofern sind all unsere Diskussionen hier eigentlich belanglos - denn das, was kommen muss, kommt auch ohne diese Diskussionen.

Savonlinna hat geschrieben:Die Grundfrage ist: Wie kommen autoritäre Charaktere zustande?
Möglicherweise durch Orientierungslosigkeit in Bezug auf das Ich. - Der Mensch möchte kein belangloses Ich-Rädchen sein - und erkennt irgendwann (manche früh, manche spät), dass die eigene Belanglosigkeit nicht durch "Selbst-Verwirklichung" (im heutigen Sinne) aufhebbar ist. - Also sucht man nach Substanz - und stößt auf diesem Weg schnell auf Schein-Substanz.

Savonlinna hat geschrieben:Und sie sind - bei genauerem Nachdenken meinerseits - das Problem.
Was ist das größere Problem: Autoritäre Systeme oder orientierungs-arme Freiheit? - Teufel oder Beelzebub?

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#430 Re: Verhängnisvoller Missionsbefehl

Beitrag von Savonlinna » So 29. Nov 2015, 18:09

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich glaube, Du meinst jetzt wieder die Nicht-Wissenschaftler.
In erster Linie sicherlich ja - diejenigen, die mit Verweis auf Wissenschaft weltanschaulich wirken. - Das sind aber nicht wenige, sondern das ist aus meiner Sicht die Regel.
Unser Thema war aber dieses Forum hier.
Mit Behauptungen, die ich nicht überprüfen kann, kann ich nicht umgehen.

closs hat geschrieben:Schau Dir den allpräsenten Zertifizierungs-Wahn (= Schein-Objektivierungs-Wahn) an - warum gibt es ihn überhaupt? - Weil es "drin steckt", dass man etwas "nachweisen" können müsse. - Und so weist man 50% Akademiker per Bachelor nach, indem man die Kriterien so weit verändert, dass 50% rauskommen können.
Wie soll ich mir die jetzt anschauen?
Das ist doch genau, warum die Wissenschaft mir so wichtig ist: dass man alles sorgfältig untersucht, nicht einfach obeflächlich abhandelt.

closs hat geschrieben: Oder schau Dir die Bewertung von Aussagen an: Man fragt, ob eine Aussage von einem studierten Psychologen, Volkswirtschaftlern oder Physikern ist, bevor man urteilt, was gesagt wird. - Man gilt nur dann als konform, wenn man Zertifiziertem (hier einen Ausbildungs-Schein) folgt - statt sich SELBER in eine Aussage hineinzuversetzen, egal, von wem sie kommt (deshalb erneut: Alle Aussagen sollten eigentlich unter "Anonym" veröffentlicht werden und erst dann autoren-mäßig aufgedeckt werden, NACHDEM man sich selber eine Meinung dazu gebildet hat). - Auch hier: Das objektive Korsett des "Der-Autor-ist-Professor" steht über dem Ansinnen einer eigenen inneren Aufgeklärtheit. - Unfreiheit bis zum Anschlag.
Bei mir bist Du wirklich falsch.
Für mich ist seriöse Untersuchung sämtlicher "Gründe" und Begrünungen und Zusammenhänge das A und O.
Wenn ich einen Essay bei einem mir bekannten wissenschaftlichen Jahrbuch einreiche, dann wird das anonym geschehen.
Insofern kann ich zu Deinen Aussagen nichts sagen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Dass die Wissenschaft dermaßen korrupt ist, wie Du sagst, sehe ich nicht.
Die Wissenschaft ist direkt nicht korrupt - kein Wissenschaftler wird gegen die formalen Regeln seiner Disziplin verstoßen. - Das Problem liegt im gesellschaftlichen Missverständnis bezüglich des Stellenwerts der Wissenschaft.
Woher soll ich wissen, dass das stimmt?

closs hat geschrieben:Wichtig hinzuzufügen: Bei Wissenschaften, die nicht mit geistigen Fragestellungen kollidieren können, besteht ohnehin keine Gefahr.
Wir haben es in den Geisteswissenschaften nur mit geistigen Fragen zu tun.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber, wie es aussieht: es sind fast alle ehemalige gläubige Christen.
Meinst Du das wirklich? - Die meisten Menschen wachsen heute doch ohne elterliche oder großelterliche Bindung an christlichen Tradionen auf?!?!
Ich habe hier ganz konkret von unseren Forenusern, die die katholische Kirche angreifen, gesprochen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das heißt, die Emanzipaiton ist nicht gelungen.
Mag sein - aber: Emanzipation wohin? - In die Beliebigkeit des eigenen Vermögens?
Jetzt stellst Du eine rhetorische Frage und gibst selber die Antwort.
Genau solche Antworten, die man gibt, bevor man eine Sache sorgfältig untersucht hat, benenne ich als unwissenschaftlich.
Da bist Du nicht anders als die, die Du grad angreifst.

Darum ist für mich eben der Königsweg die Wissenschaft.
Man haut aufeinander, auf der Basis seiner Vorurteile, und ich will das einfach nicht mitmachen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Meiner Meinung nach, weil sie schon im Christentum das autoritäre System suchten.
Wo ist der dritte Weg zwischen "autoritäres System" (meinetwegen Christentum) und "Beliebigkeit des eigenen Vermögens"?
Schon wieder eine rhetorische Frage.
"Beliebigkeit des eigenen Vermögens" ist eine Phrase, eine sinnleere Phrase.
Fern jeglichen wissenschaftlichen und neutralen Vorgehens.

Ich schrieb doch: die ehemaligen Forenchristen taumelten von der ersten autoritären Struktur gleich in die nächste rein: und keineswegs in die Beliebigkeit des eigenen Vermögens.
Sie sind sich ja noch nicht einmal ihres eigenen Vermögens bewusst geworden. Sie lassen sich immer von anderen führen.
Erich Fromm hat ein Buch geschrieben: "Die Angt vor der Freihiet".
Das passt hier ganz gut. Ich habe es lange nicht mehr gelesen, aber im Inhaltsverzeichnis steht ->

V. Fluchtmechanismen
1. Autoritäre Tendenzen
2. Der Zerstörungstrieb
3. Automatische Anpasung

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Jeder wird seinen eigenen Zeitpunkt haben, wo bei ihm der Schleier von den Augen fällt.
RIchtig - insofern sind all unsere Diskussionen hier eigentlich belanglos - denn das, was kommen muss, kommt auch ohne diese Diskussionen.
Sehe ich ganz anders. Diese Diskussionen sind fruchtbar, aber jeder wählt seinen Zeitpunkt - oder etwas in ihm wählt den passenden Zeitpunkt -, wann er etwas an sich heranlässt.
Die Menschheit ist keine Maschine, die von oben dirigiert wird.
Es sind unsere Entschlüsse, unsere Handlungen, die Einfluss haben auf das, was dem anderen ermöglicht wird.
Würden wir uns alle regungslos verhalten, wird kein Mensch wachsen können.


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Die Grundfrage ist: Wie kommen autoritäre Charaktere zustande?
Möglicherweise durch Orientierungslosigkeit in Bezug auf das Ich. -
Die Grundfrage muss sorgfältig und wissenschaftlich nach allen Seiten und Perstektiven hin untersucht werden, das ist mein Credo.
Die Schnellschussantworten kommen immer aus Vorurteilen, und Vorurteile blockieren die Entwicklung der Menschen.

closs hat geschrieben: Der Mensch möchte kein belangloses Ich-Rädchen sein - und erkennt irgendwann (manche früh, manche spät), dass die eigene Belanglosigkeit nicht durch "Selbst-Verwirklichung" (im heutigen Sinne) aufhebbar ist. - Also sucht man nach Substanz - und stößt auf diesem Weg schnell auf Schein-Substanz.
Ein massives Vorurteil, das in einer wissenschaftlichen Abhandlung natürlich eingeordnet werden müsste.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und sie sind - bei genauerem Nachdenken meinerseits - das Problem.
Was ist das größere Problem: Autoritäre Systeme oder orientierungs-arme Freiheit? - Teufel oder Beelzebub?
Welche Antwort willst Du denn hören?

Der Weg zur Freiheit akzeptiert kein Entweder-Oder, Teufel oder Beelzebub.
Ich habe an einem kleinen Punkt versucht, Land zu gewinnen:
in der Frage, warum Menschen das Autoritäre im Christentum suchen, sich daraus befreien, um gleich wieder der nächsten Autorität zu verfallen.
Ich werde an dieser Frage dranbleiben. Sie lohnt sich, gründlich untersucht zu werden.

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