Aschera, die Gemahlin Jahwes

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Münek
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#1 Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 21:00

Als Gott seiner Ehefrau müde geworden war, tat er, was Männer heute in der gleichen Situation auch tun würden.

Er nahm sich einen Anwalt. Der Anwalt hieß Hosea. Dieser war ein Prophet und lebte im
8. Jahrhundert v.Chr. in Israel, dem nördlichen der beiden hebräischen Königreiche. Der
Scheidebrief, den Hosea im Namen seines mächtigen Mandanten ausstellte, ist in den Pro-
phetenbüchern der Bibel überliefert:

"Sprecht das Urteil über eure Mutter. Sie sei nicht mein Weib und ich will sie nicht haben"
übersetzte Luther die entsprechende Stelle (Hosea 2,4). In der modernen katholischen Ein-
heitsübersetzung
heißt es: "Verklagt eure Mutter! Denn sie ist nicht meine Frau, und ich
bin nicht ihr Mann." Und der Kommentar der "Jerusalemer Bibel" ergänzt: "Diese Wendun-
gen sind für Mesopotamien als juristische Ehescheidungsformeln bezeugt; wahrscheinlich
waren sie ebenso in Israel gebräuchlich."

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#2 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 21:22

Unser Hemul identifiziert "Jahwes Frau" mit dem Volk Israel, weil er sich eine Göttin an seiner Seite
nicht vorzustellen vermag.


Tatsächlich haben zweieinhalb Jahrtausende lang die Ausleger der Bibel diesen Text als ein
bloßes rhetorisches Bild interpretiert. Gott, so sagen sie, mache seinem untreu gewordenen
Volk den Prozess, weil es wieder einmal Götzendienst und Hurerei betreibe.

Aber trotz aller geistigen Anstrengungen können jüdische und christliche Interpreten nicht die
Tatsache ignorieren
, dass hier eindeutig ein Vater (Gott) gegenüber seinen Kindern (dem Volk
Israels)
über die Untreue ihrer Mutter klagt und die Brut auffordert, gefälligst nicht mit der Un-
treuen solidarisch zu sein.

"Heißt sie, ihre Hurerei von ihr wegtun und ihre Ehebrecherei von ihren Brüsten" schrieb Luther.
Deutlicher noch spricht es die Einheitsübersetzung aus: "Sie soll von ihrem Gesicht das Dirnen-
zeichen entfernen und von ihren Brüsten die Male des Ehebruchs."

closs
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#3 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » Do 17. Dez 2015, 21:50

Münek hat geschrieben:"Verklagt eure Mutter! Denn sie ist nicht meine Frau, und ich bin nicht ihr Mann." Und der Kommentar der "Jerusalemer Bibel" ergänzt: "Diese Wendungen sind für Mesopotamien als juristische Ehescheidungsformeln bezeugt; wahrscheinlich waren sie ebenso in Israel gebräuchlich."
Meinst Du, ein existierenden "Mann" namens "Jahwe" habe tatsächlich eine Frau gehabt?

Das mag man mythisch-traditionell so interpretieren, aber der eigentliche Hintergrund ist doch die Erziehung der Isrealiten zum Monotheismus hin. Es geht hier um einen geistigen Prozess, der zum universalen Gott führen soll - dass man es in einer verständlichen Form (bekannte Mythen) chiffriert, ist doch verständlich - anders wird es doch nicht verstanden.

Allgemein gesagt: Deine Aussagen mögen mythengeschichtlich relevant sein, aber sie sind es "real" nicht. - DER universale Gott ist weder ein Mann noch hat(te) er eine Frau.

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#4 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 21:59

Wer aber war die Frau, über die der betrogene EHEMANN GOTT zetert...

...ihre Kinder seien "Hurenkinder und ihre Mutter ist eine Hure, und die sie getragen hat,
verhält sich schändlich und spricht: Ich will meinen Buhlen nachlaufen?"

Die einzige ernstzunehmende Kandidatin ist die Göttin ASCHERA. Mittlerweile geht die
Mehrheit der Forscher davon aus, dass diese Göttin sowohl in Israel als auch in Juda jahr-
hundertelang nicht nur neben dem biblischen Gott Jahwe verehrt wurde - sogar im Tem-
pel in Jerusalem ließ der König Manasse ihr Bildnis aufstellen (2. Kön. 21,7) -, sondern
dass sie im Bewusstsein der Menschen als Jahwes Frau oder doch zumindest als seine Ge-
fährtin angesehen wurde.

Auf Inschriften heißt es etwa: "Ich segne euch durch YHWH von Samaria und durch seine
Aschera
" oder "Gesegnet sei Uriyahu durch YHWH und von seinen Bedrängern hat er ihn
gerettet durch seine Aschera.

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#5 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 22:04

closs hat geschrieben: Allgemein gesagt: Deine Aussagen mögen mythengeschichtlich relevant sein, aber sie sind es "real" nicht. - DER universale Gott ist weder ein Mann noch hat(te) er eine Frau.

Ja aber ... :shock: Er hat doch einen SOHN - oder etwa nicht? :o

Wo kommt der her?

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#6 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » Do 17. Dez 2015, 22:07

Münek hat geschrieben:Ja aber ... :shock: Er hat doch einen SOHN - oder etwa nicht? :o Wo kommt der her?
Ach Du lieber Gott - verstehst Du das WIRKLICH wörtlich?

"Sohn" ist (geistig gesehen) die authentische Abbildung Gottes im Dasein - mit dem "Sohn" kommt der "Vater" auf die Welt. - Auch "Vater" ist lediglich eine Offenbarungs-Größe und hat nichts mit dem Wesen Gottes selber zu tun - das sind alles menschlich verständliche Begriffe - muss ja, sonst versteht's ja keiner - aber nicht mehr. - Damals konnte man noch nicht so abstrakt denken wie heute.

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#7 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 23:06

Die Idee eines einzigen Gottes war relativ neu.

Bis zum 7. Jahrhundert hatten die Völker von Israel und Juda kaum Schwierigkeiten damit, mehreren
Göttern zu huldigen - genauso wie es Griechen, Römer, Phönizier, Ägypter, Babylonier und alle ande-
ren Zeitgenossen des "Alten Testaments" taten. Der Prophet Hosea, der Aschera Gottes Scheidebrief
"zustellen" sollte, blieb ein ziemlich einsamer Rufer in der Wüste. Die Kinder Israels wollten ihre Mut-
ter
nicht verklagen und verstoßen.

Erst der König Josia, der von 639 - 609 über das Südreich Juda herrschte, beseitigte mit einer großen
religiösen Reform alle Kulte, die nicht Jahwe huldigten. Damals bekamen auch die vielfach umgeschrie-
benen Texte
des "Alten Testaments" erst ihre heutige Gestalt. Josias Bibel-Redakteure bemühten sich,
alle Hinweise auf die früher ganz alltägliche Vielgötterei zu eliminieren.

Sie gingen noch weiter. Sie veröffentlichten ein angeblich im Tempel gefundenes uraltes Gesetzeswerk,
das den strengen Monotheismus als ursprüngliche und einzig akzeptable Religion der Hebräer darstellte -
wahrscheinlich handelte es sich bei diesem "wiedergefundenen" Gesetzbuch um das "sogenannte 5. Buch
Mose", das Deuteronomium.

Mit dessen Hilfe konnte die Verehrung von Gottheiten wie Aschera oder Baal als etwas beschrieben wer-
den, das dem Volk Israel wesensfremd war und auch promt von Jahwe grausam bestraft wurde.

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#8 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Münek » Do 17. Dez 2015, 23:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ja aber ... :shock: Er hat doch einen SOHN - oder etwa nicht? :o Wo kommt der her?
Ach Du lieber Gott - verstehst Du das WIRKLICH wörtlich?

Meines Wissens unterscheidet der "einfache" Christ zwischen Vater und Sohn.

Jesus sagte: "Der Vater ist größer als ich". Und für Paulus war Jesus der Vermitt-
ler
zwischen Gott und den Menschen.

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#9 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von closs » Do 17. Dez 2015, 23:29

Münek hat geschrieben:Meines Wissens unterscheidet der "einfache" Christ zwischen Vater und Sohn.
Ja - auf Sprach-Ebene, Chiffren-Ebene.

Dieses Bild macht ja auch Sinn: "Sohn" als Abkömmling des "Vaters" - die Ableitung vom Ursprung - als Offenbarung des Ursprungs. - Wenn Jesus "Abba" sagt, drückt dies die tiefste innere Verbindung zwischen zwei Ebenen aus.

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#10 Re: Aschera, die Gemahlin Jahwes

Beitrag von Novas » Do 17. Dez 2015, 23:32

closs hat geschrieben:"Sohn" ist (geistig gesehen) die authentische Abbildung Gottes im Dasein - mit dem "Sohn" kommt der "Vater" auf die Welt. - Auch "Vater" ist lediglich eine Offenbarungs-Größe und hat nichts mit dem Wesen Gottes selber zu tun - das sind alles menschlich verständliche Begriffe - muss ja, sonst versteht's ja keiner - aber nicht mehr. - Damals konnte man noch nicht so abstrakt denken wie heute.

So ist es gemeint. :thumbup:

closs hat geschrieben:Dieses Bild macht ja auch Sinn: "Sohn" als Abkömmling des "Vaters" - die Ableitung vom Ursprung - als Offenbarung des Ursprungs. - Wenn Jesus "Abba" sagt, drückt dies die tiefste innere Verbindung zwischen zwei Ebenen aus.

Genau diese innere Verbindung wird intuitiv angesprochen.

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