Descartes und Glaube

closs
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#41 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 24. Apr 2016, 00:16

Thaddäus hat geschrieben:Die Welt, wie sie ist, ist das Eine.
Stimmt. - Aber WAS ist sie? - Vorstellung oder "echt"? - Mit Wahrnehmung können wir dies eben NICHT feststellen. - Descartes glaubt es, Thaddäus glaubt es, Closs glaubt es. - Mit unterschiedlichen Begründungen. - Aber WISSEN tun wir es nicht, weil wir es per Wahrnehmung/Naturwissenschaft gar nicht wissen KÖNNEN.

Thaddäus hat geschrieben: Dadurch, dass Descartes die Welt nicht ontologisch infrage stellt, sondern per methodischen Zweifel unser Wissen über die Welt, wird die Welt nicht zum fundamentum inconcussum.
Wenn man etwas NICHT ontologisch in Frage stellt, also nicht anzweifelt, ist es doch zweifel-los existent - oder nicht? Also ist es ein "unerschütterbares Feld", also ein fundamentum inconcussum.

Ich aber glaube - wie ich meine, in Übereinstimmung mit Descartes, nur das "Cogito" ein setzungs-frei "unerschütterbares Feld" ist. - Was verstehst denn DU unter "fundamentum inconcussum".

Thaddäus hat geschrieben:Descartes ist Rationalist, der davon überzeugt ist, dass man allein durch Nachdenken sehr viel über die natürliche Welt herausfinden kann, ganz unabhänging von allen sinnlichen Erfahrungen.
Ja - das macht ihn ja philosophisch so attraktiv - seine ontologischen (!) Gedanken betrachte ich als nach wie vor un-widerlegt, ja sogar unwiderlegbar.

Thaddäus hat geschrieben:Offenbar ist dir der Unterschied zwischen "etwas durch Argumente beweisen" und "etwas begründungslos setzen" nicht geläufig.
Sei nicht schon wieder arrogant. - Natürlich setzt Descartes Gott als Vollkommenens, weil er nur damit argumentativ zu seiner Aussage des "wohlwollenden Gottes" kommen kann. - Beweise sind nur durch Setzungen möglich (Voraus-Setzung - Behauptung - Beweis) - oder hat sich auch da was in den letzten Jahrzehnten geändert?

Thaddäus hat geschrieben: Deshalb ist Descartes Philosoph, du aber nicht.
Sei nicht schon wieder arrogant. - Und Du bist eine Philosophie-Wissenschaftlerin, aber keine Philosophin. :P

Natürlich Setzt Descartes Gott - wie könnte er ihn sonst zu beweisen suchen? - Wenn ich beweisen will, dass Thaddäus gerne Flamenco tanzt, muss ich voraussetzen, dass es sie gibt.

Thaddäus hat geschrieben:es ist überhaupt nur epistemologisch zu verstehen
Das habe ich befürchtet - damit wird natürlich aus Descartes eine formbare Masse. - Ich sehe ihn nach wie vor unter ontologischen Gesichtspunkten.

Thaddäus hat geschrieben: denn einzusehen, dass ich nicht daran zweifeln kann, dass es einen Zweifelnden geben muss, wenn ich zweifle ist ein WISSEN. Etwas anderes kann es gar nicht sein.
Gut - klar sind ontologische Diskussionen mit Erkenntnis verbunden.

Aber hier geht es darum, Desscartes zu unterstellen, er habe unter philosophischen Gesichtspunkten bei seiner Cogito-Diskussion primär (!!) epistemologische Interessen gehabt. Dies würde Descartes aus meiner Sicht zu einer bedeutungslosen Randfigur zu machen - ich sehe seinen bleibenden Wert in seiner Ontologie.

Und nach wie vor habe ich den Verdacht, dass die moderne Philosophie mit "echter" Ontologie nichts zu tun haben will, weil sie derart ver-materialisiert ist, dass sie wähnt, sie arbeite ohne Setzungen - da kann man ontologische Sachen nicht gebrauchen.

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Münek
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#42 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Münek » So 24. Apr 2016, 02:15

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Welt, wie sie ist, ist das Eine.
Stimmt. - Aber WAS ist sie? - Vorstellung oder "echt"? - Mit Wahrnehmung können wir dies eben NICHT feststellen. - Descartes glaubt es, Thaddäus glaubt es, Closs glaubt es. - Mit unterschiedlichen Begründungen. - Aber WISSEN tun wir es nicht, weil wir es per Wahrnehmung/Naturwissenschaft gar nicht wissen KÖNNEN.
Die Frage nach "Vorstellung" oder "echt" kann sich NICHT stellen, weil unsere unendlich komplexe Mikro- und Makro-Welt mit seinen stets funktionierenden Naturgesetzen und seinen energetischen Abläufen NIEMALS das Produkt eines Träumenden SEIN KANN. Völlig ausgeschlossen. Welches träumendes Wesen sollte dazu jemals in der Lage sein? Das heißt, die Welt ist so wie sie ist - und zwar REAL und keine Traumvorstellung. Eine solche Vorstellungs-Alternative, die Dir vorzuschweben scheint, ist UNDENKBAR.

Lass`Dir meine Vorstellung mal durch den Kopf gehen - und denke diesen Gedanken konsequent bis zum Ende. Vielleicht geht Dir ein Licht auf.

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sven23
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#43 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » So 24. Apr 2016, 06:48

closs hat geschrieben: „Nun, wenn er mich auch täuscht, so ist es also unzweifelhaft, daß ich bin. Er täusche mich, so viel er kann, niemals wird er jedoch fertigbringen, daß ich nichts bin, so lange ich denke, daß ich etwas sei.
Damit negiert Descartes als sicher ungewollten Nebeneffekt seiner Begründung die Allmacht Gottes. ;)
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closs
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#44 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 24. Apr 2016, 08:24

Münek hat geschrieben:, weil unsere unendlich komplexe Mikro- und Makro-Welt mit seinen stets funktionierenden Naturgesetzen und seinen energetischen Abläufen NIEMALS das Produkt eines Träumenden SEIN KANN.
Wie willst DU das bestimmen? - Anthropozentrismus.

Münek hat geschrieben: Welches träumendes Wesen sollte dazu jemals in der Lage sein?
Wieso "träumen"? - Es geht hier darum, dass die Welt an sich VOrstellung sein könnte, ohne dass wir es nicht merken würden.

Ansonsten hat auch Thaddäus bereits darauf hingewiesen, dass Descartes selbst fern davon ist, die "Echtheit" die Welt in Frage zu stellen. - Es geht hier ausschließlich darum, dass wir mit unserer Wahrnehmung nicht feststellen könnten, wenn sie NICHT "echt" wäre.

sven23 hat geschrieben:Damit negiert Descartes als sicher ungewollten Nebeneffekt seiner Begründung die Allmacht Gottes.
:?: - Er macht einen theoretisch-logischen Gedanken: "Selbst wenn Gott mich täuschen WÜRDE, beträfe es die Aussage 'Ich bin' NICHT".

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sven23
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#45 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » So 24. Apr 2016, 08:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Damit negiert Descartes als sicher ungewollten Nebeneffekt seiner Begründung die Allmacht Gottes.
:?: - Er macht einen theoretisch-logischen Gedanken: "Selbst wenn Gott mich täuschen WÜRDE, beträfe es die Aussage 'Ich bin' NICHT".
Nein, Descartes sagt, dass Gott es nicht fertig bringen würde, ihn in bestimmter Weise zu täuschen. Es gibt also mal wieder etwas, das Gott nicht kann und seine Allmacht begrenzt.
q. e. d.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#46 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » So 24. Apr 2016, 08:42

sven23 hat geschrieben:Nein, Descartes sagt, dass Gott es nicht fertig bringen würde, ihn in bestimmter Weise zu täuschen. Es gibt also mal wieder etwas, das Gott nicht kann und seine Allmacht begrenzt. q. e. d.
Ach Du lieber Gott. - "Gott ist NICHT allmächtig, weil er den Menschen nicht über die Existenz seines Ichs täuschen kann". - Ja, formal kann man das so sehen - persönlich halte ich es für Sophismus in Reinstform.

"Ein Sophismus (Pl. Sophismen) oder Sophisma (Pl. Sophismata), von altgriechisch sophízesthai ‚ausklügeln‘, ‚aussinnen‘ und altgriechisch sophós ‚geschickt‘, ‚klug‘ ist ein Argument, das scheinbar einen logisch gültigen Beweis führt, tatsächlich aber einen formellen oder informellen Fehlschluss darstellt." (wik)

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Thaddäus
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#47 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » So 24. Apr 2016, 08:54

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Welt, wie sie ist, ist das Eine.
Stimmt. - Aber WAS ist sie? - Vorstellung oder "echt"? - Mit Wahrnehmung können wir dies eben NICHT feststellen.
Vor allem solltest du erst einmal akzeptieren, dass dies eine erkenntnistheoretische Frage ist, die nicht im Zentrum von Descartes Untersuchungen steht, sondern nur am Rande und innerhalb seines methodischen Zweifelns auftaucht.

Was wir über die Welt unserer sinnlichen Erfahrung überhaupt wissen können, diese Frage wird erst von Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft ausführlich durchdacht und behandelt und zieht sich als Fragestellung bis in die neueste Philosophie, z.B. in Hilary Putnams brain in a vat-Gedankenexperiment.
Kants Ergebnis ist übrigens, dass es etwas jenseits unserer Sinne geben MUSS, welches unsere Sinne affiziert, also auf sie kausal einwirkt. Dieses rohe und ganz und gar unspezifzierbare Material wird erst durch die Kategorien unseres Verstandes und die Urteile unserer Vernunft zu Etwas. Zu was es wird, sind die Erscheinungen der Dinge, die wir wahrnehmen (so sehen wir z.B. zwar Farben, aber naturwissenschaftlich sind die Objekte selbst nicht farbig). Wir können überhaupt immer nur die Erscheinungen der Dinge erkennen, nie aber das Ding an sich. Über das Ding an sich können wir lediglich aussagen, dass es existieren muss, weil es etwas kausal Auslösendes geben muss, das unsere Sinne affiziert. Wir können aber nicht einmal feststellen, ob es Dinge an sich sind, also mehrere oder tatsächlich nur ein fortwährender Strom kausaler Auslöser unserer Sinnesaktivität, das als "Ding" zu bezeichnen eigentlich schon falsch ist, weil auch die Unterscheidung dieses Stroms kausaler Auslöser in Einzeldinge eine Leistung unseres Verstandes, also des Subjekts ist.

Und Putnam beweist in einem komplizierten sprachlogischen Beweis, dass wir nicht lediglich Gehirne in einem Tank sein können, denen die Welt nur als Simulation vorgegaukelt wird.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Dadurch, dass Descartes die Welt nicht ontologisch infrage stellt, sondern per methodischen Zweifel unser Wissen über die Welt, wird die Welt nicht zum fundamentum inconcussum.
Wenn man etwas NICHT ontologisch in Frage stellt, also nicht anzweifelt, ist es doch zweifel-los existent - oder nicht?
Wenn ich nicht anzweifle, dass es gerade regnet, dann gehe ich davon aus, dass es gerade tatsächlich regnet. Deshalb wird das augenblickliche Regnen aber nicht zur festen Basis aller meiner Überlegungen, worin ich mich täuschen könnte. Das Cogito wird bei Descartes zum fundamentum inconcussum, weil es am Ende allen methodischen Zweifelns logisch unmittelbar evident ist, dass Der- oder Dasjenige, welches an allem zweifelt, nicht daran zweifeln kann, dass es zweifelt. Das ist ein logischer Beweis.

Descartes setzt auch nicht einfach Gott und dessen Vollkommenheit. Er stellt vielmehr fest, dass wir - offensichtlich - den Begriff eines vollkommenen Wesens bilden können. Descartes spricht in diesem Zusammenhang von der Idee (idea) eines vollkommenen Wesens, die er für angeboren hält (idea innata). Zum Begriff/Idee der Vollkommenheit gehört zwingend logisch, dass ein Wesen nicht vollkommen sein kann, wenn es irgendeine Eigenschaft aufweist, die nicht-vollkommen ist. Zu diesen vollkommen sein müssenden Eigenschaften gehört, wiederum logisch - die Moralität. Ein Wesen, welches in moralischer Hinsicht nicht vollkommen ist, ist eben nicht vollkommen. Ein täuschender, also in betrügerischer Absicht agierender Gott (deus mailgnus), kann nicht moralisch vollkommen sein. Ergo kann er nicht dasjenige vollkommene Wesen sein, von dem ich einen Begriff/eine Idee habe bzw. bilden kann. Einfach gesetzt wird in dieser Argumentation gar nichts, auch dann nicht, wenn man sie für falsch hält.

closs hat geschrieben: Was verstehst denn DU unter "fundamentum inconcussum".
Das steht nicht zur Debatte. Es geht darum, was Descartes als fundamentum inconcussum nachweist.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Descartes ist Rationalist, der davon überzeugt ist, dass man allein durch Nachdenken sehr viel über die natürliche Welt herausfinden kann, ganz unabhänging von allen sinnlichen Erfahrungen.
Ja - das macht ihn ja philosophisch so attraktiv - seine ontologischen (!) Gedanken betrachte ich als nach wie vor un-widerlegt, ja sogar unwiderlegbar.
Der ontologische Grundgedanke Descartes ist, die Welt in res cogitans und res extensa aufzuteilen, die substanziell nichts miteinander zu tun haben. Diese strenge ontologische Unterscheidung wird heute allgemein als katastrophaler ontologischer Fehler eingeschätzt.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Offenbar ist dir der Unterschied zwischen "etwas durch Argumente beweisen" und "etwas begründungslos setzen" nicht geläufig.
Sei nicht schon wieder arrogant.
Das ist nicht arrogant, sondern ein kritischer Hinweis auf deine Vorgehensweise. Du setzt permanent willkürlich irgendwelche vagen Annahmen ohne sie weiter zu begründen. Descartes und alle Philosophen, die es Wert sind, so bezeichnet zu werden, tun das gerade nicht, und wenn sie etwas begründungslos setzen müssen, weisen sie explizit darauf hin und achten darauf, dass das, was sie setzen, logisch so unmittelbar einleuchtend und evident wie möglich ist.

closs hat geschrieben: Natürlich setzt Descartes Gott als Vollkommenens, weil er nur damit argumentativ zu seiner Aussage des "wohlwollenden Gottes" kommen kann.
Nein. Warum Nein, habe ich oben ausgeführt.

closs hat geschrieben: Beweise sind nur durch Setzungen möglich (Voraus-Setzung - Behauptung - Beweis) - oder hat sich auch da was in den letzten Jahrzehnten geändert?
In der Philosophie, Mathematik und Logik werden praktisch ausschließlich logisch unmittelbar evidente Aussagen gesetzt, wie z.B. der Satz der Identität oder der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch. Alles, was hierüber hinausgeht, wird stets mit möglichst plausiblen Argumenten begründet.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Deshalb ist Descartes Philosoph, du aber nicht.
Sei nicht schon wieder arrogant. - Und Du bist eine Philosophie-Wissenschaftlerin, aber keine Philosophin. :P
Immerhin ... ;)

closs hat geschrieben: Natürlich Setzt Descartes Gott - wie könnte er ihn sonst zu beweisen suchen?
Nein, denn eine Setzung und eine Annahme sind nicht dasselbe. Eine Setzung wird nicht weiter begründet, deshalb sollte sie auch unmittelbar logisch einleuchtend, also evident, sein. Eine Annahme, die immer den Chrakter der Vorläufigkeit hat, wird durch eine möglichst überzeugende argumentative Begründung gestützt, die Annahme damit also als berechtigt wahrscheinlich gemacht oder gar im strengen Sinne bewiesen (so z.B. die theoretische Annahme Wolfgang Paulis, es müsse Neutrinos geben, was schließlich empirisch auch bewiesen wurde. Oder die Annahme, dass ein mathematischer Beweis für ein bestimmtes mathematischen Problem möglich ist, was dann auch bewiesen wird oder eben nicht bewiesen werden kann.) Eine Annahme muss also bestätigt werden.

closs hat geschrieben: Und nach wie vor habe ich den Verdacht, dass die moderne Philosophie mit "echter" Ontologie nichts zu tun haben will, weil sie derart ver-materialisiert ist, dass sie wähnt, sie arbeite ohne Setzungen - da kann man ontologische Sachen nicht gebrauchen.
Diese Aussage bedeutet in Wahrheit, dass du frustriert darüber bist, dass die Philosophie deine Überzeugungen nicht bestätigt.
Zuletzt geändert von Thaddäus am So 24. Apr 2016, 09:48, insgesamt 4-mal geändert.

Pluto
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#48 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » So 24. Apr 2016, 09:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:, weil unsere unendlich komplexe Mikro- und Makro-Welt mit seinen stets funktionierenden Naturgesetzen und seinen energetischen Abläufen NIEMALS das Produkt eines Träumenden SEIN KANN.
Wie willst DU das bestimmen? - Anthropozentrismus.
Nein es braucht keinen Anthropozentrismus.
Man kann mit den Gesetzen der Informatik mathematisch zeigen, dass die Komplexität des Problems die Fähigkeiten jedes Computers übersteigt, denn es gibt mehr Möglichkeiten als Atome im Universum. Damit ist eine von dir gedachte "Matrix"-Welt widerlegt. Hinzu kommt aber die Frage, wer soll diesen Computer gebaut haben und zu welchem Zweck?
Da du diese Fragen nicht beantworten kannst, ist deine Frage müssig.

closs hat geschrieben:Es geht hier darum, dass die Welt an sich VOrstellung sein könnte, ohne dass wir es nicht merken würden.
NEIN. Siehe oben... ;)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#49 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » So 24. Apr 2016, 09:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, Descartes sagt, dass Gott es nicht fertig bringen würde, ihn in bestimmter Weise zu täuschen. Es gibt also mal wieder etwas, das Gott nicht kann und seine Allmacht begrenzt. q. e. d.
Ach Du lieber Gott. - "Gott ist NICHT allmächtig, weil er den Menschen nicht über die Existenz seines Ichs täuschen kann". - Ja, formal kann man das so sehen - persönlich halte ich es für Sophismus in Reinstform.

"Ein Sophismus (Pl. Sophismen) oder Sophisma (Pl. Sophismata), von altgriechisch sophízesthai ‚ausklügeln‘, ‚aussinnen‘ und altgriechisch sophós ‚geschickt‘, ‚klug‘ ist ein Argument, das scheinbar einen logisch gültigen Beweis führt, tatsächlich aber einen formellen oder informellen Fehlschluss darstellt." (wik)
Damit hast du im Grunde alle versuchten Gottesbeweise treffend charakterisiert. :lol:
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SilverBullet
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#50 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von SilverBullet » So 24. Apr 2016, 09:54

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das ist ein vorschnelles Urteil.
Ich finde dazu Descartes' folgend Aussagen (aus wik) nach wie vor schlüssig:

„Nun, wenn er mich auch täuscht, so ist es also unzweifelhaft, daß ich bin. Er täusche mich, so viel er kann, niemals wird er jedoch fertigbringen, daß ich nichts bin, so lange ich denke, daß ich etwas sei. Und so komme ich, nachdem ich nun alles mehr als genug hin und her erwogen habe, schließlich zu der Feststellung, daß dieser Satz: „Ich bin, ich existiere“ (lat. ego sum, ego existo), so oft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist.“

„Indem wir so alles nur irgend Zweifelhafte zurückweisen und für falsch gelten lassen, können wir leicht annehmen, dass es keinen Gott, keinen Himmel, keinen Körper gibt; dass wir selbst weder Hände noch Füße, überhaupt keinen Körper haben; aber wir können nicht annehmen, dass wir, die wir solches denken, nichts sind; denn es ist ein Widerspruch, dass das, was denkt, in dem Zeitpunkt, wo es denkt, nicht bestehe. Deshalb ist die Erkenntnis: »Ich denke, also bin ich,« (lat.: ego cogito, ergo sum) von allen die erste und gewisseste, welche bei einem ordnungsmäßigen Philosophieren hervortritt.“
OK, versuchen wir das mal genauer zu analysieren.

Die Aufgabenstellung/Fragestellung lautet:
Welches „sichere/wahrnehmungsunabhängige Wissen“ (Wissensfundament) kann man rund um die menschliche Wahrnehmung aufstellen, wenn man nur die menschliche Wahrnehmung zur Verfügung hat und erst einmal alles in Frage stellt?

Als grundlegend sicher gilt:
Egal was „in der Wahrnehmung“ gerade vor sich geht (Denken, Vorstellung, Glauben, Zweifel, Täuschung usw.) kann man sagen, dass hierfür eine Art Ablauf/Vorgang stattfinden muss.
Es kann nicht sein, dass die Wahrnehmung einen Vorgang an sich selbst erkennt, aber nirgendwo irgendein Vorgang (egal wie dieser aussieht) stattfindet.
Es ist hierbei unerheblich, ob der „Vorgang in der Wahrnehmung“ oder nur das „Erkennen“ oder nur ein darunter liegendes „Glauben des Erkennens“ stattfindet.
In jedem Fall ist es ein Ablauf/Vorgang.

Das Stattfinden eines Ablaufes/Vorganges ist damit ein Wissensfundament, weil es wahrnehmungsunabhängig (also unabhängig davon, was sich die menschliche Wahrnehmung dabei vorstellt) gilt.

Descartes formuliert es nicht über einen Ablauf, sondern er verwendet das Wort „Ich“.

Wenn man untersucht, in wieweit das Wort „Ich“ wahrnehmungsunabhängig ist, dann stellt man sehr schnell fest: gar nicht!
Entweder „Ich“ steht für den „aktiven Körper“, der (in der Wahrnehmung) über die Sinne „erlebt“ wird oder es soll für einen „unsichtbaren Denk-Substanz-Kern“ stehen, den man philosophisch in die „subjektive Wahrnehmungsperspektive“ hineininterpretiert.

Egal wie, „Ich“ ist wahrnehmungsabhängig. Es verstösst somit exakt gegen die Aufgabenstellung, denn es geht ja gerade darum, ein wahrnehmungsunabhängiges Wissensfundament aufzubauen, indem alles in Frage gestellt wird, also auch das „Ich“.
Die Verwendung einer Wahrnehmungsabhängigkeit als Ausgangspunkt für eine Schlussfolgerung ist im Sinne der Aufgabenstellung wertlos
=> Descartes baut kein Wissensfundament auf.

Überprüfung:
Es scheint in der „Logik für den Alltag“ schnell einsichtig zu sein, dass
…wenn „ich zweifle, es einen Zweifelnden geben muss, weil ja der Zweifel stattfindet“
…wenn „ich denke, es einen Denkenden geben muss, weil ja das Denken stattfindet“

Jeder schlägt sich hierbei auf die Schenkel und ruft laut „ist doch völlig klar und richtig, was gibt es daran auszusetzen?“
=> Ganz einfach: es muss nicht korrekt sein!

Wenn man Wahrnehmung (im Sinne der Aufgabenstellung) grundlegend in Frage stellen möchte, dann muss man dies auch in allen Bestandteilen tun und nicht nur einen angezweifelten Teil mit einem anderen, geglaubten Teil „beweisen“ wollen.

Das grundlegende In-Frage-Stellen lautet:
1. Was ist „Zweifel“?
2. Was ist „Ich zweifle?“
3. Was soll ein „Zweifelnder“ sein?

Wenn man dies durchführt, kommt man sehr schnell auf den Begriff „Bedeutungszusammenhang“.
D.h. „Zweifel“ ist ein Bedeutungszusammenhang innerhalb einer aktiven Wahrnehmung. Es wird auf eine ganz bestimmte Art reagiert, wobei diesem „speziellen Reagieren“ wiederum eine allgemeine Bedeutung zugeschrieben wird: „der Zweifel“ (was auch wieder eine Reaktion ist).

Man kann dies für sämtliche „Mentalhandlungen“ durchführen und wird immer nur die Begriffe „Reaktion“ und „Bedeutung“ im Wechselspiel verwenden müssen.
Unter diesem Gesichtpunkt ist Wahrnehmung eine umfassende Reaktion, in der es zur „Verwaltung einer Bedeutungswelt“ kommt. Innerhalb dieser „Bedeutungswelt“ spielt das „Bewusstsein“, das „Ich“, die „subjektive Perspektiv“ eine Rolle.

Für das Stattfinden des „Zweifels“ braucht man keinen „Zweifelnden“, sondern einen „Reagierenden“ in dessen Reaktion es zu den Bedeutungszusammenhängen kommt.
(analog für „Ich denke“)

Der Reagierende ist also eine wahrnehmungsunabhängige Instanz, die nur den Ablauf/Vorgang aus dem Fundamentalwissen durchführt, aber nicht selbst für die Bedeutungszusammenhänge steht, die in diesem Ablauf eine Rolle spielen.

Nun kann man sich auf die Suche nach diesem „Reagierenden“ machen…

Ein möglicher Kandidat muss dabei allerdings explizit in eine saubere Verbindung zum Wissensfundament gebracht werden.

=> das vorschnelle philosophische Urteilen in Form des "Ich von Descartes" ist wertlos

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