Alles Teufelszeug? IX

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Münek
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#981 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » So 10. Jun 2018, 02:36

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie benötigen keine übernatürlichen Glaubensbekenntnisse. Das ist mit apriorifrei gemeint.
Nein - "apriorifrei" bedeutet GAR keine Glaubensbekenntnisse, also auch keine säkularen.
Die Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission", die historisch-kritische Exegese habe sich apriorischer Glaubensannahmen zu enthal-
ten und die biblischen Texte in derselben Art und Weise zu interpretieren wie andere antike Texte auch, ist nach Deiner Auffassung
ein "säkulares Glaubensbekenntnis" der HKM?


Sach mal - gehts noch? :shock:

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Münek
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#982 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » So 10. Jun 2018, 07:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung ist keine "geistige" Schlussfolgerung, sondern sie ergibt sich aus der apriorifreien Herangehensweise an die Textquellen.
Krasser Fehler
Nein - genauso und nicht anders ist es.

closs hat geschrieben:Interpretationen sind IMMER hermeneutisch, also nicht apriorifrei.
Für wie dämlich hältst Du die Mitglieder der "Päpstlichen Bibelkommission"?

closs hat geschrieben:Die wissenschaftliche Beschreibung "Hier schreibt ein Verfasser, dass er im Sinne des damaligen Volksglaubens an eine Naherwartung Jesu erwarte" ist etwas ganz anderes als die Interpretation "Jesus hatte eine Naherwartung in diesem Sinne".
Die Erwartung der nahen Gottesherrschaft war primärer Bestandteil der jüdischen APOKALYPTIK und Eschatologie. Jesus war Apokalyptiker.

Die jesuanische Botschaft vom "nahen Gottesreich" wird von der historisch-kritischen Exegese als authentisches Wort Jesu angesehen und nicht als persönliche Auffassung der Evangelisten. Das "Nahesein der Gottesherrschaft" stand im ZENTRUM seiner Verkündigung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auf Grund der sehr unterschiedlichen Herangehensweisen, also Wissenschaft vs. Glaubensbekenntnis, ergeben sich die Diskrepanzen zwischen Forschung und Lehre.
Das ist extrem laienhaft gesehen.
Das sagt der Richtige. :lol:

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sven23
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#983 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 10. Jun 2018, 09:36

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie benötigen keine übernatürlichen Glaubensbekenntnisse. Das ist mit apriorifrei gemeint.
Nein - "apriorifrei" bedeutet GAR keine Glaubensbekenntnisse, also auch keine säkularen.
Eben, deshalb bezeichnete Ratzinger ja die historisch-kritische Methode als apriorifrei. Sie benötigt keine vorangestellten Glaubensbekenntnisse wie die Kanoniker.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die Nahewartung Jesu ist unter anderem deshalb so plausibel, weil sie sich praktisch schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat.
Das ist ein klassischer Zirkelschluss auf dem Niveau "Die Bibel ist wahr, weil sie sagt, dass sie wahr ist".
Du verwechselst die Forschung mit den Kanonikern. Für letztere ist dieser Zirkelschluss in der Tat die Ausgangsbasisis ihrer "Forschung".

So verkündet Jesus nach Mk 9,1: „Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht
schmecken, bis sie das Reich Gottes kommen sehen in Kraft.“ Seine Jünger hat er zur
Verkündigung ausgesandt mit den Worten: „Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu
Ende kommen, bis der Menschensohn kommt“ (Mt 10,23). Und in Mk 13,30 bekräftigt er:
„Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen
sein wird.“ Für die Historizität dieser Worte spricht, dass sie sich schon bei Abfassung des
ältesten Evangeliums quasi als falsch herausgestellt hatten und überholt waren. Sie
hätten schwerlich später erfunden werden können, ihr Niederschlag in den Evangelien ist
überhaupt nur zu verstehen, wenn sie die Autorität Jesu haben beanspruchen können.

Kubitza, Der Jesuswahn

Kubitza zitiert hier die Forschungsergebnisse, wie Lindemann bestätigt.

Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen.
Lindemann

Es handelt sich also nicht um einen Zirkelschluss, sondern um logische Schlussfolgerungen aus den ältesten Traditionsschichten.
Warum hätten die Schreiber Jesus eine Naherwartung in den Mund legen sollen, wenn sie sich schon bei Abfassung quasi als Irrtum erwiesen hat?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Siegried Hagl
Hagl ist ein Weltanschauler - das ist SEINE Hermeneutik.
Und Glaubensdogmatiker sind völlig ideologiefreie Unschuldsknaben. :lol:

Hagl beschreibt doch nur die Situation, wie sie nun mal ist.
Die Diskrepanz zwischen Forschung und Lehre kann doch von niemandem ernsthaft bestritten werden.

Die Kluft zwischen Forschung und Lehre
Die beiden Bilder des Gott­gesandten – der „historische Je­sus” und der „Christus des Glau­bens” – lassen sich immer we­niger mit­einander vereinen, je mehr Tat­sachen (oder das, was man dafür hält) von Wissenschaftlern, meist in mühseliger Kleinarbeit, herausgefunden werden. Die Kluft zwischen Forschung und Lehre wird zu­nehmend tiefer.
Aber auch die Spannungen innerhalb der Kirchen wie in den einzelnen Christen-Menschen selbst müs­sen unvermeidlich wachsen; denn es wird immer schwieriger, von den Kanzeln einen Christus zu pre­digen, der mit dem historischen Jesus kaum noch den Namen gemeinsam hat.

Siegried Hagl, Der historische Jesus und der Christus des Glaubens

Sicher war auch Albert Schweitzer ein ganz furchtbarer Ideologe.

Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt bei Kanonikern und anderen glaubensbasierten Exegesen eine auffällige Gemeinsamkeit mit Verschwörungstheoretikern. Beide denken vom Ende her und ordnen alles diesem Ziel unter.
"Vom Ende her" ist richtig gesehen - mit der nicht-falsifizierbaren Vorannahme, dass Jesus göttlicher Natur war. - Was das mit "Verschwörungstheorien" zu tun hat, entzieht sich meinem Verständnis.
Dann hast du den Beitrag nicht angeschaut, was mich nicht wundern würde. :roll:
Es geht nicht darum, aus den Evangelien eine Verschwörungstheorie zu basteln, sondern um die Denkmuster, die dahinter stehen.
Verschwörungstheoretiker gehen vom Endergebnis aus und fragen: cui bono? Damit haben sie die "Schuldigen" identifiziert und sammeln retrospektiv alle Argumente, die für iher Theorie sprechen. Anderes wird völlig ausgeblendet.
Kreationisten sehen sich z. B. eine perfekte Symbiose zwischen einer Pflanze und einem Insekt an und schlussfolgern: das kann nur ein intelligenter Schöpfer gemacht haben. Sie ignorieren den langen Weg der Evolution, der zu diesem Ergebnis führte.
Kanoniker sehen nur das kanonisierte Endprodukt aus dem 4. Jahrhundert, in dem der verklärte Christus fast nichts mehr gemein hat mit dem historischen Jesus.
Wer dagegen wissen will, was historisch der Fall war, muss zu den Ursprüngen zurückgehen. Daran führt kein Weg vorbei.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#984 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 10. Jun 2018, 13:26

Münek hat geschrieben:Grundlage der Theologie ist NICHT ein wie auch immer geartetes "spirituelles Verständnis", sondern der schlichte Glaube an einen allmächtigen väterlichen Gott und dessen Offenbarung.
Das ist doch dasselbe. :o

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Theologie versucht immer im Sinne des "Heiligen Geistes" zu verstehen.


Wat? Wovon träumst Du nachts? Sieh´ Dir die Kirchengeschichte und das Wirken des "Heiligen Geistes" an.
:?: - Die Rede ist hier nicht von Kirchengeschichte, sondern vom Sollzustand der Theologie.

Münek hat geschrieben:Der in der Apg. 8 erwähnte, nicht schriftkundige Äthiopier musste sich an einen Interpreten (Exegeten) wenden, um einen Abschnitt aus dem Jesaja-Buch zu verstehen.
"Exegese" ist hier aber nicht historisch-kritisch, sondern spirituell gemeint.

Münek hat geschrieben:die "Päpstliche Bibelkommission" spricht lediglich vom "echten" Verständnis der Schrift durch wissenschaftliche Erforschung des Wortsinnes antiker Texte.
Ja - das echte spirituelle Verständnis über die Etappe der HKE.

Münek hat geschrieben:Es gibt Texte - natürlich auch außerhalb der Bibel - , die der Leser ohne fachkundige Erklärung Dritter aus gutem Grund nicht verstehen kann. Das ist doch das Normalste der Welt.
Klar - deshalb ist die HKE aus heutiger Sicht doch so wichtig auf dem Weg zum spirituellen Bibelverständnis.

Münek hat geschrieben:Die Textinterpretation ist alleinige Aufgabe der Exegese. Danach folgt keine "geistige Interpretation" mehr.
Ähm - doch. - Die HKE ist ein Steigbügelhalter für die geistige Interpretation der Bibel - zumindest aus Sicht der RKK (1993).

Münek hat geschrieben:Nö - mit "geistigem" Verständnis hat die HKM sowieso nichts am Hut.
Eben - warum machst Du dann so rum?

Münek hat geschrieben: und damit "VERSTEHEN" kann, was die gläubigen biblischen Autoren tatsächlich gemeint haben
1) Selbst das geht nach einer bestimmten Hermeneutik (der HKE), die in Bezug auf die Wirklichkeit falsch sein KANN (nicht muss).
2) Für die Theologie ist wichtiger, was das Original (Jesus) gemeint hat, und nicht was die Rezeption (Textverfasser) gemeint haben. - Meistens deckt sich beides - OB es sich allerdings deckt, ist wieder eine Frage der Hermeneutik des Untersuchenden. - So einfach ist das nicht.

Münek hat geschrieben:Für ihn gibt es keinen Vorbehalt "wenn es Gott gibt".
Er untersucht so, als gäbe es Gott - den Vorbehalt "entsorgt" er vorher durch eben diese Vorannahme, die er "Glaubensentscheid" nennt. - Die HKE hat andere Vorannahmen alias "Glaubensentscheide".

Münek hat geschrieben: Es sollte Dich nicht kümmern, wie wissenschaftliche Ergebnisse von Laien rezipiert werden. Halte Dich doch einfach an das Original - und gut ist.
Das ist leider nicht möglich, da die weltanschauliche Ver-Interpretierung der Wissenschaft das ist, was in der Öffentlichkeit ankommt. - Das fängt bei all den Kubitzas an und hört bei Fehl-Interpretationen von Theißen auf.

Münek hat geschrieben:immer wieder betont, dass Wissenschaft keine ewig gültigen Wahrheiten postuliert und kritisches Hinterfragen ausdrücklich wünscht
1) Richtig.
2) Ein Scheinargument - denn das ist in JEDER Wissenschaft so. - Auch die kanonische Exegese oder die Kerygmatik wissen am Anfang nicht, was am Ende rauskommt.

Du verwechselst "Vorannahmen" (die sind jeweils fest) mit "Forschung" (die ist überall offen).

Münek hat geschrieben:Folgt man den Quellen, ist es äußerst unwahrscheinlich
Falsch formuliert -richtig wäre: Folgt man den Quellen in DER VON DIR/DER HKE GEWÄHLTEN Hermeneutik, dann ist es (in der Tat) sehr unwahrscheinlich. - Das ist eine ganz andere Aussage.

Münek hat geschrieben:wenn Du dem alttestamentlichen Modell folgst, dass die Erde im Mittelpunkt der Welt steht, dann ist es NICHT möglich, dass unser Planet die Sonne umkreist.
Wenn Du auf dieser Vorannahme bestehst, ist es methodisch so, selbst wenn es "wirklich" anders ist.

Wenn man auf der Vorannahme besteht, dass Jesus am besten ermittelbar ist, wenn man die Bibel liest wie einen normalen Text, dann ist er methodisch nur Mensch, selbst wenn er "wirklich" göttlich ist.

Wenn man auf der Vorannahme besteht, dass Jesus am besten ermittelbar ist, wenn man die Bibel liest, als sei Jesus göttlich, dann ist er methodisch göttlich, selbst wenn er "wirklich" nur menschlich ist.

Münek hat geschrieben:Lass´mal Deine Modelle weg.
Geht nicht - genau das ist die Grundlage von Wissenschaft.

Münek hat geschrieben:Was findest Du an Conzelmanns Aussage falsch?
Der zitierte Satz ist unwissenschaftlich (in DEINEM Verst#ndnis von Wissenschaft).

closs
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#985 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 10. Jun 2018, 13:50

Münek hat geschrieben:Die Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission", die historisch-kritische Exegese habe sich apriorischer Glaubensannahmen zu enthal-
ten und die biblischen Texte in derselben Art und Weise zu interpretieren wie andere antike Texte auch, ist nach Deiner Auffassung
ein "säkulares Glaubensbekenntnis" der HKM?
Das alleine nicht - es wird dann zum säkularen Glaubensbekenntnis, wenn man den Modell-Charakter der Aussage überträgt auf die Wirklichkeitsebene. - Konkret:

Apriorifrei wäre:
* "Die Textverfasser meinen (zeitweise), dass Jesus eine Naherwartung in Müneks Sinne hatte".
* Sogar: "Übertrüge man das zugrundeliegende Modell auf die Wirklichkeit, wäre es sehr wahrscheinlich, dass Jesus WIRKLICH eine Naherwartung in Münks Sinn gehabt hätte". (So macht es Theißen - siehe sein Vorwort)

Glaubensbekennend wäre:
* "Ich glaube, dass dieses Modell der Wirklichkeit gerecht wird, deshalb sage ich 'Jesus HATTE eine Naherwartung' "

Die RKK (1993) bezieht sich auf den apriorifreien Teil der HKE (ein Glaubensbekenntnis hat sie ja selber) - den glaubensbekennenden Teil der HKE nennt sie im Extremfall "Antichrist".

Münek hat geschrieben:Für wie dämlich hältst Du die Mitglieder der "Päpstlichen Bibelkommission"?
Ich halte sie für schlau - deshalb haben sie sich doch auf den apriorifreien Teil der HKE bezogen.

Münek hat geschrieben:Die Erwartung der nahen Gottesherrschaft war primärer Bestandteil der jüdischen APOKALYPTIK und Eschatologie.
Richtig - aber nach christlicher Ansicht wird diese Apokalyptik transponiert in etwas Neues. - "Vollendung des AT" ist neutestamentarisch als "Aufhebung des AT in etwas Neues" zu verstehen.

sven23 hat geschrieben: deshalb bezeichnete Ratzinger ja die historisch-kritische Methode als apriorifrei.
Damit beschreibt er den Sollzustand der HKE aus seiner Sicht.

sven23 hat geschrieben:Es handelt sich also nicht um einen Zirkelschluss, sondern um logische Schlussfolgerungen aus den ältesten Traditionsschichten.
Wenn man die ältesten Schichten inhaltlich falsch interpretiert ("irrig in Svens Sinne"), ist es ein Zirkelschluss. - Es wäre erst mal zu klären, OB die ältesten Schichten überhaupt irrig sind - das sind sie nach theologischer Hermeneutik NICHT - nach HKE-Hermeneutik schon.

sven23 hat geschrieben:Die Diskrepanz zwischen Forschung und Lehre kann doch von niemandem ernsthaft bestritten werden.
Nur dann, wenn man den Begriff "Forschung" apriorisch so getrimmt hat (Neusprech), dass Dein Satz stimmt ("Alle Buben heißen Egon, nur nicht Fritz, der heißt Klaus").

In anderen Worten: Die unterschiedlichen Forschungsdisziplinen kommen selbstverständlich auf so unterschiedliche Ergebnisse, dass sie mal im Gegensatz und mal in Übereinstimmung mit der Lehre stehen.

sven23 hat geschrieben:Sicher war auch Albert Schweitzer ein ganz furchtbarer Ideologe.
Ein Hermeneutiker ist kein Ideologie, wenn er weiß, dass es andere Hermeneutiken gibt. - Man wird erst dann zum Ideologen, wenn man seine eigenen Vorannahmen leugnet und exklusiv für sich beansprucht "Das IST so".

sven23 hat geschrieben:Wer dagegen wissen will, was historisch der Fall war, muss zu den Ursprüngen zurückgehen. Daran führt kein Weg vorbei.
Genau das meine ich mit "HKE = das IST so". - Nein - HKE ist zunächst mal eine Hermeneutik wie jede andere auch.

Im nächsten Schritt stellt sich heraus, dass die HKE ihre Vorannahmen sehr gut im Rahmen ihrer Methodik begründen kann --- das geht bei manch anderen hermeneutiken NICHT (das merkt man im Verlauf des Hermeneutischen Zirkels). - Das heißt aber trotzdem nicht, dass die HKE am nächsten am Jesus vor 2000 jahren dran sein muss. - Nach wie vor kann die kerygmatik näher dran sein.

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#986 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » So 10. Jun 2018, 15:48

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Erwartung der nahen Gottesherrschaft war primärer Bestandteil der jüdischen APOKALYPTIK und Eschatologie.
Richtig - aber nach christlicher Ansicht wird diese Apokalyptik transponiert in etwas Neues. - "Vollendung des AT" ist neutestamentarisch als "Aufhebung des AT in etwas Neues" zu verstehen.
Eben, das ist christlich-paulinischer Schnick-Schnack. Der Jude Jesus hatte damit nichts am Hut.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es handelt sich also nicht um einen Zirkelschluss, sondern um logische Schlussfolgerungen aus den ältesten Traditionsschichten.
Wenn man die ältesten Schichten inhaltlich falsch interpretiert ("irrig in Svens Sinne"), ist es ein Zirkelschluss. - Es wäre erst mal zu klären, OB die ältesten Schichten überhaupt irrig sind - das sind sie nach theologischer Hermeneutik NICHT - nach HKE-Hermeneutik schon.
Was redest du für ein Blech?
Was hat das mit einem Zirkelschluss zu tun? Die ältesten Schichten beeinhalten nun mal die Naherwartung und die hat sich definitiv als Irrtum erwiesen.

So verkündet Jesus nach Mk 9,1: „Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht
schmecken, bis sie das Reich Gottes kommen sehen in Kraft.“ Seine Jünger hat er zur
Verkündigung ausgesandt mit den Worten: „Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu
Ende kommen, bis der Menschensohn kommt“ (Mt 10,23). Und in Mk 13,30 bekräftigt er:
„Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen
sein wird.“ Für die Historizität dieser Worte spricht, dass sie sich schon bei Abfassung des
ältesten Evangeliums quasi als falsch herausgestellt hatten und überholt waren. Sie
hätten schwerlich später erfunden werden können, ihr Niederschlag in den Evangelien ist
überhaupt nur zu verstehen, wenn sie die Autorität Jesu haben beanspruchen können.

Kubitza, Der Jesuswahn

Kubitza zitiert hier die Forschungsergebnisse, wie Lindemann bestätigt.

Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen.
Lindemann

Es handelt sich also nicht um einen Zirkelschluss, sondern um logische Schlussfolgerungen aus den ältesten Traditionsschichten.
Warum hätten die Schreiber Jesus eine Naherwartung in den Mund legen sollen, wenn sie sich schon bei Abfassung quasi als Irrtum erwiesen hat?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Diskrepanz zwischen Forschung und Lehre kann doch von niemandem ernsthaft bestritten werden.
Nur dann, wenn man den Begriff "Forschung" apriorisch so getrimmt hat
Nö, die Diskrepanz wird doch von Theologen beider Seiten nicht bestritten. Es wäre auch geradezu albern, das zu tun. :roll:

closs hat geschrieben: In anderen Worten: Die unterschiedlichen Forschungsdisziplinen kommen selbstverständlich auf so unterschiedliche Ergebnisse, dass sie mal im Gegensatz und mal in Übereinstimmung mit der Lehre stehen.
Kanoniker können per Vorannahem schon zu keinem anderen Ergebnis kommen als die Lehre vorgibt. Was da noch "erforscht" werden soll, wird wohl auch der Glaubensideologe closs nicht erklären können.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sicher war auch Albert Schweitzer ein ganz furchtbarer Ideologe.
Ein Hermeneutiker ist kein Ideologie, wenn er weiß, dass es andere Hermeneutiken gibt. - Man wird erst dann zum Ideologen, wenn man seine eigenen Vorannahmen leugnet und exklusiv für sich beansprucht "Das IST so".
Albert Schweitzer sagt klipp und klar:

Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.

Er muss also ein ganz furchbarere Ideologe sein. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer dagegen wissen will, was historisch der Fall war, muss zu den Ursprüngen zurückgehen. Daran führt kein Weg vorbei.
Genau das meine ich mit "HKE = das IST so". - Nein - HKE ist zunächst mal eine Hermeneutik wie jede andere auch.
Sie ist zunächst mal ein wissenschaftlicher Methodenapparat, der keine Glaubenshermeneutik benötigt.

closs hat geschrieben: Im nächsten Schritt stellt sich heraus, dass die HKE ihre Vorannahmen sehr gut im Rahmen ihrer Methodik begründen kann --- das geht bei manch anderen hermeneutiken NICHT (das merkt man im Verlauf des Hermeneutischen Zirkels). - Das heißt aber trotzdem nicht, dass die HKE am nächsten am Jesus vor 2000 jahren dran sein muss. - Nach wie vor kann die kerygmatik näher dran sein.
Nein, am historischen (echten) Jesus ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Forschung am nächsten dran.
Der kerygmatische ist ein unhistorisches, literarisches Kunstprodukt, das die Kirche bis in den heutigen Tag transportieren will. Manche sprechen auch von der Flucht ins Kerygma, weil der historische Jesus, wie Lindemann sagt, dem Glauben im Weg ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#987 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 10. Jun 2018, 17:49

sven23 hat geschrieben: Der Jude Jesus hatte damit nichts am Hut.
Hermeneutische Aussage.

sven23 hat geschrieben: Die ältesten Schichten beeinhalten nun mal die Naherwartung und die hat sich definitiv als Irrtum erwiesen.
Sie haben sich nur DANN als Irrtum erwiesen, wenn man "Naherwartung" so definiert wie Du es tust. - Du transferierst DEINE Hermeneutik in die ältesten Quellen UND verkennst zudem, dass es hier nicht um die Volksmeinung geht, sondern um Jesus - gleich zwei Bolzen.

sven23 hat geschrieben:Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen.
Lindemann
Das ist eine apriorische Aussage:

* Wir setzen, dass unsere Methodik/unser Modell zutreffend ist ("ältere Quelle wahrer als spätere Quelle")
* Wir setzen, dass die Verfasser unter Naherwartung dasselbe verstehen wie das Volk
* Wir setzen, dass Jesus genaus dachte wie Verfasser/Volk.

Auf Basis dieser Setzungen stellt man fest, dass die Naherwartung schon zu Markus' Le bzeiten ein Irrtum war - und das soll kein Zirkelschluss sein?

sven23 hat geschrieben: die Diskrepanz wird doch von Theologen beider Seiten nicht bestritten.
Die Diskrepanz zwischen historisch-kritisch ermitteltem und kerygmatischen Jesus wird natürlich nicht bestritten - aber das sagt doch nichts darüber aus, welche beider ergebnisse näher am Jesus vor 2000 Jahren dran ist.

sven23 hat geschrieben:Kanoniker können per Vorannahem schon zu keinem anderen Ergebnis kommen als die Lehre vorgibt.
Niemand macht Vorannahmen zum Forschungsgegenstand. - Man erforscht die Quellen und guckt, ob die Vorannahmen noch haltbar sind (hermeneutischer Zirkel) - das ist überall so - egal ob in der Kerygmatik oder der HKE.

sven23 hat geschrieben:Sie ist zunächst mal ein wissenschaftlicher Methodenapparat, der keine Glaubenshermeneutik benötigt.
De facto braucht auch die HKE eine Glaubenshermeneutik, nur dass sie sie nicht so nennt - s.o.

sven23 hat geschrieben:Nein, am historischen (echten) Jesus ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Forschung am nächsten dran.
Das ist eine weltanschauliche Überzeugung, die möglich ist - mit Wirklichkeit hat dies nur bedingt zu tun.

sven23 hat geschrieben:Manche sprechen auch von der Flucht ins Kerygma, weil der historische Jesus, wie Lindemann sagt, dem Glauben im Weg ist.
Das ist pro domo aus hermeneutischer Sicht der HKE gesagt. - Natürlich flieht alles andere, wenn man seinen eigenen Modell-Standpunkt für fix hält. - Ein Kerygmatiker könnte genauso sagen, dass die HKE-Ergebnisse eine Flucht ins naturalistische Weltverständnis sind. - Das wäre genauso parteiisch und ohnehin unwissenschaftlich.

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#988 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 11. Jun 2018, 00:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Grundlage der Theologie ist NICHT ein wie auch immer geartetes "spirituelles Verständnis", sondern der schlichte Glaube an einen allmächtigen väterlichen Gott und dessen Offenbarung.
Das ist doch dasselbe. :o
Selbstverständlich NICHT. Erst kommt das Verständnis - und erst danach folgt, wenn überhaupt, der Glaube. Deine Behauptung, Grundlage der Theologie sei ein "spirituelles Verständnis", ist aus diesem Grund Schwachsinn.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der in der Apg. 8 erwähnte, nicht schriftkundige Äthiopier musste sich an einen Interpreten (Exegeten) wenden, um einen Abschnitt aus dem Jesaja-Buch zu verstehen.
"Exegese" ist hier aber nicht historisch-kritisch, sondern spirituell gemeint.
Ersetze "Interpret" und "Exeget" durch "Schriftgelehrter". Der Äthiopier war schriftunkundig, Philippus war schriftkundig, schriftgelehrt. Denke nur an Missionare. Ohne schriftkundige und überzeugende Erklärungen läuft da nichts in Richtung Glauben. ;)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die "Päpstliche Bibelkommission" spricht lediglich vom "echten" Verständnis der Schrift durch wissenschaftliche Erforschung des Wortsinnes antiker Texte.
Ja - das echte spirituelle Verständnis über die Etappe der HKE.
Nein - das "spirituell" kannst Du streichen. Davon ist in dem Dokument der Bibelkommission nicht einmal andeutungsweise die Rede.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt Texte - natürlich auch außerhalb der Bibel - , die der Leser ohne fachkundige Erklärung Dritter aus gutem Grund nicht verstehen kann. Das ist doch das Normalste der Welt.
Klar - deshalb ist die HKE aus heutiger Sicht doch so wichtig auf dem Weg zum spirituellen Bibelverständnis.
Da würden Dir Berger und Ratzinger glatt widersprechen (Zertrümmerer des Glaubens, Bibelfälscher, Antichrist).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Textinterpretation ist alleinige Aufgabe der Exegese. Danach folgt keine "geistige Interpretation" mehr.
Ähm - doch. - Die HKE ist ein Steigbügelhalter für die geistige Interpretation der Bibel.
Die alten Kirchenväter benötigten keine Steigbügelhalter, als sie sich auf das hohe Ross setzten und ihre Glaubensdogmen formulierten, die nach wie vor als absolute Wahrheiten Gültigkeit haben. Damit hat die HKM nichts am Kopf.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nö - mit "geistigem" Verständnis hat die HKM sowieso nichts am Hut.
Eben - warum machst Du dann so rum?
:shock:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: und damit "VERSTEHEN" kann, was die gläubigen biblischen Autoren tatsächlich gemeint haben
1) Selbst das geht nach einer bestimmten Hermeneutik (der HKE).
So - nach welcher denn?

closs hat geschrieben:Für die Theologie ist wichtiger, was das Original (Jesus) gemeint hat, und nicht was die Rezeption (Textverfasser) gemeint haben.
Vorsicht. Für gläubige Theologen waren die Textverfasser vom "Heiligen Geist" persönlich inspiriert und darum eben KEINE Rezipienten.

Tja - und leider ist Jesus seit 2000 Jahren tot und kann nicht mehr befragt werden, was er denn nun eigentlich mit der "nahen Gottesherrschaft" gemeint hat. Aber ich denke, aus den Quellen lässt sich das mit seriöser Exegese plausibel erschließen.


Das hat die historisch-kritische Exegese überzeugend mit Akribie und Sachverstand getan - ohne auf die Existenz transzendenter
Welten und Wesen zurückzugreifen. Das deren nahezu einvernehmliches Ergebnis bei Gläubigen auf Abwehr stößt, ist nachvollziehbar.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für ihn gibt es keinen Vorbehalt "wenn es Gott gibt".
Er untersucht so, als gäbe es Gott - den Vorbehalt "entsorgt" er vorher durch eben diese Vorannahme, die er "Glaubensentscheid" nennt.
Ratzinger "entsorgt" keinen "Wahrheitsvorbehalt", weil er einen solchen nicht hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Es sollte Dich nicht kümmern, wie wissenschaftliche Ergebnisse von Laien rezipiert werden. Halte Dich doch einfach an das Original - und gut ist.
Das ist leider nicht möglich, da die weltanschauliche Ver-Interpretierung der Wissenschaft das ist, was in der Öffentlichkeit ankommt.
Deshalb empfahl ich Dir ja, Dich an das Original zu halten. :)

closs hat geschrieben:Das fängt bei all den Kubitzas an und hört bei Fehl-Interpretationen von Theißen auf.
Schon klar - ein Aufklärer wie Kubitza, der den aktuellen Forschungsstand der historisch-kritischen Exegese in verständlicher Sprache unters Volk bringt, passt Dir nicht. Welche Ideologie mag schon Kritik?

Bei Theißen von Fehlinterpretationen zu sprechen, dazu fehlt Dir jegliche Kompetenz.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:immer wieder betont, dass Wissenschaft keine ewig gültigen Wahrheiten postuliert und kritisches Hinterfragen ausdrücklich wünscht
Richtig.
Ja Menschenskinder, dann verinnerliche diese Tatsache doch endlich mal. In drei Tagen behauptest Du wieder das Gegenteil.

closs hat geschrieben:Auch die kanonische Exegese oder die Kerygmatik wissen am Anfang nicht, was am Ende rauskommt.

:lol: :lol: :lol: Kurt, der war gut. :thumbup:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Folgt man den Quellen, ist es äußerst unwahrscheinlich
Falsch formuliert -richtig wäre: Folgt man den Quellen in DER VON DIR/DER HKE GEWÄHLTEN Hermeneutik, dann ist es (in der Tat) sehr unwahrscheinlich. - Das ist eine ganz andere Aussage.
In der Tat arbeitet die historisch-kritische Exegese apriorifrei, d.h. ohne jegliche Glaubensvorannahmen, was die Existenz oder Nichtexistenz Gottes betrifft. So wollte es richtigerweise auch die "Päpstliche Bibelkommission", weil ihr klar war, dass es aus historisch-wissenschaftlicher Sicht dazu nichts zu sagen ist..

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:wenn Du dem alttestamentlichen Modell folgst, dass die Erde im Mittelpunkt der Welt steht, dann ist es NICHT möglich, dass unser Planet die Sonne umkreist.
Wenn Du auf dieser Vorannahme bestehst, ist es methodisch so, selbst wenn es "wirklich" anders ist.
ICH bestehe ganz gewiss nicht auf diese Vorannahme. :) Aber die Katholische Kirche hat dies getan und Galileo Galilei erst 400 Jahre später rehabilitiert, als ihr nichts mehr anderes übrigblieb.

closs hat geschrieben:Wenn man auf der Vorannahme besteht, dass Jesus am besten ermittelbar ist, wenn man die Bibel liest wie einen normalen Text.
Es handelt sich hier nicht um eine "Vorannahme", sondern im Gegenteil um eine Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission", sich apriorischer Glaubensannahmen zu enthalten und Bibeltexte in derselben Art und Weise zu interpretieren wie andere antike Texte auch.

Dass sich die historisch-kritische Exegese an diese Vorgabe hält, stufst Du als "apriorische Vorannahme" ein. Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was findest Du an Conzelmanns Aussage falsch?
Der zitierte Satz ist unwissenschaftlich (in DEINEM Verst#ndnis von Wissenschaft).
Conzelmanns Aussage, dass die Kirche davon lebt, dass die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese in ihr nicht puplik werden, ist keine wissenschaftliche Aussage, sondern eine simple Tatsachenfeststellung.

closs
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#989 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 11. Jun 2018, 16:51

Münek hat geschrieben:Erst kommt das Verständnis - und erst danach folgt, wenn überhaupt, der Glaube.
Moment: "Erkennen" im Sinne des hebräischen Wortes meint beides - wir sprechen hier nicht von kritisch-rationalem Verständnis im Sinne von distanzierter Analyse, sondern von Erkennen aus gefühlter Betroffenheit.

Münek hat geschrieben:Ersetze "Interpret" und "Exeget" durch "Schriftgelehrter".
Aber eben NICHT im Sinne der von Jesus so angegriffenen Schriftgelehrten, sondern im Sinne dessen, der geistig erkennt. - Philippus war beides - was ideal ist.

Münek hat geschrieben:Da würden Dir Berger und Ratzinger glatt widersprechen (Zertrümmerer des Glaubens, Bibelfälscher, Antichrist).
Würden sie NICHT. - Es ist doch gerade Ratzinger, der die HKE als "Steigbügelhalter" des spirituellen Verständnisses versteht ("unerverzichtbar für Verständnis"). - Würde man es wortwörtlich verstehen, wäre Pauli zwischenzeitlicher Glaube an die Naherwartung Jesu (in Deinem Sinne) "inspiriert".

Münek hat geschrieben:Aber ich denke, aus den Quellen lässt sich das mit seriöser Exegese plausibel erschließen.
Das hat nichts mit "seriös" zu tun, sondern mit unterschiedlichen Hermeneutiken. - Ein HKE-ler ist nicht unseriös, wenn er aus seiner Hermeneutik etwas interpretiert - unseriös ist allerdings sehr wohl, wenn er beansprucht, als Einziger "neutral" zu sein.

Münek hat geschrieben:Das deren nahezu einvernehmliches Ergebnis bei Gläubigen auf Abwehr stößt, ist nachvollziehbar.
Das ist ein Konsens innerhalb EINER Hermeneutik!!! - Mehr ist es nicht.

Münek hat geschrieben:Ratzinger "entsorgt" keinen "Wahrheitsvorbehalt", weil er einen solchen nicht hat.
:?: - Verstehst Du das wirklich nicht? - Ratzinger tritt absolut auf, NACHDEM er den "Glaubensentscheid" alias Glaubensvorbehalt hinter sich hat.

Münek hat geschrieben:Deshalb empfahl ich Dir ja, Dich an das Original zu halten.
Das Original ist primär Jesus, sekundär sind es die Quellen.

Münek hat geschrieben:Bei Theißen von Fehlinterpretationen zu sprechen, dazu fehlt Dir jegliche Kompetenz.
1) Vergöttere Wissenschaftler nicht.
2) Ich sprach von Fehlinterpretationen in Bezug auf Theißen - also von Leuten, die Theißen fehlinterpretieren.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
immer wieder betont, dass Wissenschaft keine ewig gültigen Wahrheiten postuliert und kritisches Hinterfragen ausdrücklich wünscht

Richtig.


Ja Menschenskinder, dann verinnerliche diese Tatsache doch endlich mal. In drei Tagen behauptest Du wieder das Gegenteil.
Diese "Tatsache" war schon vor Gründung dieses Forums bekannt. - Du hast immer noch nicht begriffen, dass
a) Vorannahmen/Hermeneutiken und
b) Forschungsgegenstand
zwei völlig unterschiedliche Nummern sind.

Vorannahmen werden zumindest bis auf Widerrufe verabsolutiert - "Wir untersuchen so, als seien ältere Quellen authentischer als jüngere" - "Wir untersuchen so, als seien Wunder mythische Größen" - etc.

Münek hat geschrieben:ein Aufklärer wie Kubitza,
Da kann ich Dir wirklich nicht mehr helfen.

Münek hat geschrieben:In der Tat arbeitet die historisch-kritische Exegese apriorifrei, d.h. ohne jegliche Glaubensvorannahmen, was die Existenz oder Nichtexistenz Gottes betrifft.
Das ist methodisch-formal richtig, aber in Wirklichkeit falsch. - Wenn eine Methodik vorgibt, nur das untersuchen zu können, was prinzipiell nachweisbar/falsifizierbar ist, bleibt nur der "Mensch Jesus" übrig. - Ergo kann man die Bibel nicht interpretieren, als sei er göttlich (selbst wenn er es historisch IST).

Münek hat geschrieben:ICH bestehe ganz gewiss nicht auf diese Vorannahme. :) Aber die Katholische Kirche hat dies getan und Galileo Galilei erst 400 Jahre später rehabilitiert, als ihr nichts mehr anderes übrigblieb.
Mit Verlaub: Das ist unendlich primitiv argumentiert. - Um das zu verstehen, muss man 7 x 7 tiefer einsteigen.

Münek hat geschrieben:Es handelt sich hier nicht um eine "Vorannahme", sondern im Gegenteil um eine Vorgabe der "Päpstlichen Bibelkommission", sich apriorischer Glaubensannahmen zu enthalten und Bibeltexte in derselben Art und Weise zu interpretieren wie andere antike Texte auch.
Abner doch nicht für die Frage, wie Jesus (geistig) am besten zu verstehen ist, sondern als Vorbereitung für geistige Interpretationen.

Münek hat geschrieben:Conzelmanns Aussage, dass die Kirche davon lebt, dass die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese in ihr nicht puplik werden, ist keine wissenschaftliche Aussage, sondern eine simple Tatsachenfeststellung.
Ebenfalls ungeheuer primitiv, es sei denn man legt es auf Provokation an.

Conzelmann sagt zwar nicht, aber erweckt den Eindruck, dass die HKE-Ergebnisse zu Jesus auf einer Ebene mit spirituellem Verständnis seien, somit also der Kirche auf Augenhöhe gefährlich werden könnten - das ist rein sachlich gesehen lächerlich.

Allerdings gibt es ein indirektes Problem in diesem Kontext: Wenn die geistige Kultur immer mehr einbricht, kann es sein, dass man gar nicht mehr weiter kommt als auf HKE-Interpretationen, die ja SELBER beanspruchen, NICHT geistiger Natur zu sein. - Mit anderen Worten: So weit reicht's noch mit dem Verständnis - darüber sieht man nichts - also ist es das Höchste.

Versuche Ratzingers "Antichrist-"Aussage mal in diesem Kontext zu verstehen.

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#990 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Di 12. Jun 2018, 01:56

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Erst kommt das Verständnis - und erst danach folgt, wenn überhaupt, der Glaube.
Moment: "Erkennen" im Sinne des hebräischen Wortes meint beides.
Nein - man kann logischerweise ERST zum Glauben kommen, wenn man VERSTANDEN hat, was der Bibelinterpret (Pfarrer, Religionslehrer, Prediger, Missionar) als biblische Kernbotschaft seinen Zuhörern übermitteln wollte.

Dem Äthiopier in der Apostelgeschichte war es nicht möglich, ohne erläuternde Erklärungen durch den schriftkundigen Philippus
den von ihm gelesenen Jesajatext zu verstehen. So einfach ist das.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da würden Dir Berger und Ratzinger glatt widersprechen (Zertrümmerer des Glaubens, Bibelfälscher, Antichrist).
Würden sie NICHT.
Haben sie aber: Zertrümmerer des Glaubens, Bibelfälscher, Antichrist. Schlimmer geht es doch nicht.

closs hat geschrieben:Es ist doch gerade Ratzinger, der die HKE als "Steigbügelhalter" des spirituellen Verständnisses versteht ("unerverzichtbar für Verständnis").
Nee - :lol: . Die heute noch gültigen Glaubensdogmen der katholischen Kirche wurden zu einer Zeit formuliert, als es noch keine "historisch-kritische Exegese" gab. Die alten Kirchenväter benötigten keine "Steigbügelhalter".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aber ich denke, aus den Quellen lässt sich das mit seriöser Exegese plausibel erschließen.
Das hat nichts mit "seriös" zu tun, sondern mit unterschiedlichen Hermeneutiken.
Glaubensbasierte Exegesen tragen für mich den Stempel "unseriös", weil deren apriorische Setzung das Ergebnis vorwegnimmt - gemäß den kirchlich-dogmatischen Vorgaben.

closs hat geschrieben:Ein HKE-ler ist nicht unseriös, wenn er aus seiner Hermeneutik etwas interpretiert - unseriös ist allerdings sehr wohl, wenn er beansprucht, als Einziger "neutral" zu sein.
Mir ist nicht bekannt, dass die HKM eine Glaubensposition pro oder contra einnimmt. Im Gegenteil. Zu den Fragen der Existenz von Göttern, Teufel, Engel, Dämonen, Sühnetod eines Gottesssohnes, Höllen- und Himmelfahrt, Auferstehung der Toten aus ihren Grä-
bern, Feuersee, Satan als siebenköpfiger Drachen der Endzeit etc. äußert sie sich nicht.


Das nenne ich neutral. :thumbup:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das deren nahezu einvernehmliches Ergebnis bei Gläubigen auf Abwehr stößt, ist nachvollziehbar.
Das ist ein Konsens innerhalb EINER Hermeneutik!!! - Mehr ist es nicht.
Nun lass`mal Deine "Hermeneutik" weg. Der Konsens besteht innerhalb einer theologischen Diziplin, die die alleinige Kompetenz für die Auslegung biblischer Texte besitzt: Das ist die EXEGESE.

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