Hausaltar

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre

Habt ihr einen Hausaltar?

Ja
4
36%
Nein
7
64%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 11

Mirjam
Beiträge: 311
Registriert: Sa 17. Mär 2018, 19:51

#41 Re: Hausaltar

Beitrag von Mirjam » Do 7. Mär 2019, 19:29

Lena hat geschrieben:
Do 7. Mär 2019, 16:50
Ich erkenne den Sinn eines Altars nicht. Auch nicht das opfern.
Was besprichst Du mit Geistern und mit Toten?
Wie weisst Du ob sie nicht tägliche Opfer von Dir wollen?
Und was für Opfergaben sie wollen?
Was können sie damit anfangen?

Warum opfern Neuheiden jeglicher Tradition ihren Götzen? Welcher Sinn steckt dahinter?
Das würde mich wirklich interessieren.

Ich will sehr gerne versuchen, das aus meiner Sicht zu erklären. Allerdings spreche ich hier für meine persönliche Interpretation, die sich dezidiert auf altägyptische Konzepte bezieht, diese aber in moderner Form umsetzt.
Ob andere Neuheiden das anders oder ähnlich sehen kann ich nicht sagen.

Der Sinn von Altar und Opfergaben an sich
Da gibt es mehrere Aspekte.
1. Der praktische Aspekt ist der menschliche. Ähnlich wie bei den Götterbildern ist die Opfer- und Ritualpraxis eine Ausdrucksmöglichkeit für uns Menschen. Die Götter brauchen das ganze Brimborium vielleicht gar nicht so dringend. Aber wir Menschen möchten unsere Gefühle irgendwie ausdrücken. Dazu nutzen wir menschliche Symbole und Assoziationen - und das ist auch in Ordnung so.
Wir richten einen Altar mit Götterfiguren her (in alter Zeit: wir bauen sogar einen Tempel) um die Götter und ihre Ma'at auf die Erde und in unsere Leben zu holen. Egal ob das nun "wirklich funktioniert", es ist auf jeden Fall eine Symbolik, die uns Menschen emotional und spirituell anspricht.
Ich kann besser beten, wenn ich ein Bild als Gegenüber habe.
Wenn ich vor meinem Ritual eine Reinigungszeremonie einhalte und auch meinen Altar rein halte, so mache ich mich damit symbolisch frei von Chaos und Bosheit - was sich auf meine psychische Verfassung positiv auswirkt.
Wenn ich meine Götter loben und ihnen danken möchte, dann kann ich ihnen den Festaltar hübsch herrichten - analog dazu, wie ich meine Wohnung schmücke, wenn ich ein Fest ausrichte.
Ich kann Opfergaben geben, analog dazu, wie ich gutes Essen koche und Geschenke gebe für Menschen, die mir wichtig sind.
Versteht ihr, was ich sagen will? Wir Neuheiden nutzen Symbole und Verhaltensweisen, die aus menschlicher Sicht Sinn ergeben. Ob das aus Sicht einer transzendenten Gottheit auch sinnvoll oder nötig ist? Nun, immerhin haben uns die Götter so erschaffen, wie wir sind. Und wir gehen davon aus, dass die Götter uns kennen und verstehen. Warum also nicht auf menschlicher Weise mit ihnen kommunizieren? Etwas anderes KÖNNEN wir ja gar nicht, oder?
2. Der theologische Aspekt
Hier sind zwei Vorannahmen wichtig:
Ich glaube daran, dass bewusst gesprochene Worte und bewusst vollzogene rituelle Handlungen eine transzendente, magische Wirkung haben.
Ich glaube daran, dass meine Gottheiten nicht allmächtig sind. Sie befinden sich in einem dauernden Kampf FÜR die Ma'at und die Schöpfung und GEGEN das Böse und die Vernichtung.
Als Mensch kann und soll ich mich an diesem Kampf beteiligen. Durch den Altar und die Götterbilder stärke ich die Präsenz und Verkörperung der Götter, und durch die Opfergaben stärke ich die Götter und Göttinnen für ihren Kampf.
3. Do ut Des ("Ich tue, damit du tun mögest")
Das ist der Aspekt, der den Heiden oft vorgeworfen wird... Man sagt, wir betreiben ja einen Tauschhandel mit unseren Göttern: "Du kriegst die Opfergabe, im Austausch will ich Erfolg haben mit meiner Bewerbung". Oder gar, wir versuchen sie zu bestechen: "Hier hast du den guten Wein, jetzt nimm bitte diese Krankheit von mir".
Meine Antwort dazu: Ja, das tue ich. Ich betreibe "Tauschhandel". Mag sein, dass es auch wieder nur eine menschliche Verhaltensweise ist, die ich auf die Götter übertrage... aber wie oben schon geschrieben, das finde ich in Ordnung. Dagegen würde ich es als unhöflich und respektlos empfinden, wenn ich mich mit einer Bitte bei den Gottheiten melde und dabei kein Gastgeschenk mitbringe. Und falls ich ein spontanes Gebet an sie richte, ohne Opferung, und erhört werde - tja, dann sollte ich später ein Dankopfer bringen.

Woher weiß ich, welche Opfer die Götter wollen und wie oft?
Eine Mischung aus Tradition, Analogie und Intuition.
Es gibt Opfergaben, die bestimmten Gottheiten sein Jahrtausenden zugeordnet sind, wie Brot, Wein, Wasser etc.
Es gibt Gaben, die wir als moderne Menschen in Analogie zu antiken Traditionen geben. Z.B. wurden Djehuty früher Schreibbinsen und Papyrus geweiht, heutzutage kann es ein Füllfederhalter und ein hübsches Notizbuch sein.
Und Intuition - da sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Zum Beispiel bringe ich Re gerne Orangen und Mandarinen, weil sie mich in Form und Farbe an das Symbol der Sonnenscheibe erinnern.
Und wie oft?
Auch eine Frage der Tradition und der persönlichen Möglichkeiten. Manche ägyptischen Neuheiden pflegen eine tägliche Opferpraxis in Anlehnung an das antike Tempelritual. (welches sehr präzise überliefert ist, dank der Tatsache, dass Wände der Tempel mit Darstellungen und Ritualanweisungen beschriftet sind)
Ich dagegen will gar nicht der Priesterschaft nacheifern, sondern verstehe mich als Privatperson, daher sind meine Riten unregelmäßig und situationsbezogen.

Und was können die Götter damit anfangen?
Siehe oben, theologischer Aspekt. Die Magie des Wortes und der Ritualhandlung stärken die Göttinnen und Götter in ihrem Kampf für die Ma'at.
Es geht beim Götteropfer übrigens tatsächlich vor allem um die Ritualhandlung. Die Opfer verbleiben meist gar nicht dauerhaft bei der Gottheit. Geopferte Speisen werden nach dem Ritual abgeräumt und slebst verzehrt. Geopferte Gegenstände, wie das Notizbuch, werden danach selbst verwendet (wobei sich meist bemüht, die Sachen in einer der Gottheit gefälligen Weise zu nutzen, z.B. wenn man es dem Gott der Schrift dar gebracht hat und es dann für Übungen in Kalligraphie benutzt)
Nur Votivgaben bleiben meist dauerhaft im Schrein/auf dem Altar.


Liebe Grüße

Mirjam
Zuletzt geändert von Mirjam am Do 7. Mär 2019, 20:28, insgesamt 1-mal geändert.

Rilke
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#42 Re: Hausaltar

Beitrag von Rilke » Do 7. Mär 2019, 20:16

Vielen Dank euch beiden. :)
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. - Joh 10, 27-28

EaYggdrasil
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#43 Re: Hausaltar

Beitrag von EaYggdrasil » Do 7. Mär 2019, 20:28

@ Mirjam
Dies finde ich so schön am Heidentum.
Obwohl zB. wir beide zwei unterschiedliche Götterhimmel verehren haben sie vieles gemeinsam. Auch das Denken der unterschiedlichen Heidengruppen ähnelt sich. Klar, es gibt überall Eigenheiten. Aber Grundsätzliches ist fast identisch.
Wotans Raben werden kommen,
Wissen bringen in der Nacht.
Hör ihr Wispern, hör ihr Klagen.
Ob der Götter du gedacht.

Mirjam
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#44 Re: Hausaltar

Beitrag von Mirjam » Do 7. Mär 2019, 21:18

EaYggdrasil hat geschrieben:
Do 7. Mär 2019, 20:28
@ Mirjam
Dies finde ich so schön am Heidentum.
Obwohl zB. wir beide zwei unterschiedliche Götterhimmel verehren haben sie vieles gemeinsam. Auch das Denken der unterschiedlichen Heidengruppen ähnelt sich. Klar, es gibt überall Eigenheiten. Aber Grundsätzliches ist fast identisch.
Auf jeden Fall :thumbup: :)
Und vor allem: Wir können auch mal theologische Differenzen haben und unterschiedliche Gottheiten auf unterschiedliche Weise verehren, aber das ist kein Grund zum Streit. Dieser Grundsatz "Ich habe meine Götter, du hast deine Götter, und das ist in Ordnung"...

liebe Grüße

Mirjam

EaYggdrasil
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#45 Re: Hausaltar

Beitrag von EaYggdrasil » Di 12. Mär 2019, 12:25

Mirjam hat geschrieben:
Do 7. Mär 2019, 21:18
Dieser Grundsatz "Ich habe meine Götter, du hast deine Götter, und das ist in Ordnung"...
Dies kann auch zwischen Heiden und Monotheisten funktionieren. In Berlin versucht man da einiges.
Wotans Raben werden kommen,
Wissen bringen in der Nacht.
Hör ihr Wispern, hör ihr Klagen.
Ob der Götter du gedacht.

kolibri
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Wohnort: Ostschweiz

#46 Re: Hausaltar

Beitrag von kolibri » Fr 19. Apr 2019, 19:12

Janina hat geschrieben:
Di 5. Mär 2019, 09:24
EaYggdrasil hat geschrieben:
Mo 4. Mär 2019, 23:00
Habt ihr einen Hausaltar?
So sieht meiner aus.

Und so meiner. Falls jemand Spaß versteht. ;)

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und dazu noch ein sehr schöner

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