KI >> Homo Deus

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closs
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#481 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Sa 24. Aug 2019, 14:21

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:51
Warum wird hier eigentlich immer noch das Wort “Hermeneutik” extrem idosynkratisch verwendet, wenn man damit in Wirklichkeit theoretische Systeme zur Erfassung der Wirklichkeit (grob gesagt: Weltanschauungen) meint?
Der Begriff "Hermeneutik" ist weiter gefasst, als Du anscheinend bisher gewohnt warst - möglicherweise ist Dein enger Ansatz idiosynkratischer als der meinige. - Zur Erläuterung:

Mit unterschiedlichen Hermeneutiken meint man die unterschiedlichen Auslegungen von Äußerungen (mündlich, schriftlich, auch musikalisch oder in der bildenden Kunst), die in der Tat oft weltanschaulicher Natur sind (nolens volens) und vor allem nie denjenigen, der interpretiert, außen vorlässt. - Gadamer spricht hier vom "Verschmelzen der Horizonte von Objekt und Subjekt" (oder so ähnlich).

In wik ist Hermeneutik (zu meiner Freude) noch weiter ausgelegt, indem damit das Verstehen von Sinnzusammenhängen in Lebensäußerungen aller Art aus sich selbst heraus (z. B. in Kunstwerken, Handlungen, geschichtlichen Ereignissen) gemeint ist. - Also nix da mit irgendeiner rhetorischen Text-Technik, und damit wäre es das gewesen. :roll:

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:51
closs hat einen Text vom Vatikan ergoogelt, der Begriffe wie “positivistische Hermeneutik” verwendet. Nur, ups, es ging da um die Interpretation der Bibel – ein Kulturprodukt.
Es ist egal, ob Bibel oder "Faust" von Goethe oder die Geschichte Deutschlands von 1945 - 1989 - das Prinzip ist immer dasselbe: Man geht an ein Forschungs-Objekt bewusst oder unbewusst (ersteres wäre besser :angel: ) hermeneutisch heran - das kann positivistisch oder feministisch oder fundamental-theologisch oder aus DDR-Sicht oder aus BRD-Sicht sein und kommt - das ist das Entscheidende - selbst bei ideal gleicher Quellenlage (in der Regel) zu unterschiedlichen Interpretations-ERgebnissen. - Da spielt die Musik, die Hermeneutik so interessant macht.

Um zum KI-Thema zu kommen: Kann KI hermeneutisch denken? - Kann KI im Bewusstsein "Verschmelzen der Horizonte von Objekt und Subjekt" stemmen?
Zuletzt geändert von closs am Sa 24. Aug 2019, 14:23, insgesamt 1-mal geändert.

Claymore
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#482 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Sa 24. Aug 2019, 14:23

Thaddaeus hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 21:53
closs hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 20:34
Thaddaeus hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 19:28
DEINE THESE (T1) lautet: Jede Hermeneutik hat ihre eigenen Wahrmacher (= Kriterien, die eine Aussage wahr machen).
Stimmt doch nicht. - Meine These ist so, wie ich sie erläutert habe:
closs hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 15:56
Nein: Meine Aussage ist, dass es verschiedene Hermeneutiken zur selben Sache geben kann, deren Ergebnisse in sich widerspruchsfrei sind sowie intersubjektiv und logisch im Sinne der Argumentationsführung überprüft werden können. - Wenn man "wahr" ontisch versteht, hat das nur im Idealfall damit etwas zu tun, den sich natürlich jeder wünscht, der den Weg seiner Hermeneutik geht.
Das ist etwas ganz anderes als das, was Du mir unterstellst.
Nein, wie schon Stromberg ausgeführt hat, ist das ganz und gar nichts anderes als deine These T1.

closs hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 20:34
Meine Aussage ist, dass es verschiedene Hermeneutiken zur selben Sache geben kann, deren Ergebnisse in sich widerspruchsfrei sind sowie intersubjektiv und logisch im Sinne der Argumentationsführung überprüft werden können.
= dass es verschiedene Hermeneutiken gibt zur derselben Sache, die zu sich widersprechenden Aussagen in der Sache führen können, die aber trotzdem alle wahr sind, - also unterschiedliche Wahrmacher haben (= unterschiedliche Kriterien, die die Aussage in H1-n wahr machen).
Das ist exakt deine These T1.

Und die ist - wie oben gezeigt - selbstwidersprüchlich und damit sinnlos und damit nicht wahrheitsfähig.
Ich denke closs meint, dass seine bizarre Theorie über den Weltanschaungen (ich schließe mich nicht seinem falschen Gebrauch von “Hermeneutik” an) stehen kann, weil sie sich direkt aus der Vernunft, durch direkte Einsicht der Wahrheit ergibt, die keine truth-maker benötigt. Wie in folgendem Textabschnitt dargelegt:
Thomas Nagel: “Geist und Kosmos” hat geschrieben:Das Unverwechselbare an der Vernunft ist, dass sie uns direkt mit der Wahrheit verbindet. Die Wahrnehmung verbindet uns nur indirekt mit der Wahrheit. Wenn ich einen Baum sehe, sehe ich ihn, weil er dort steht, aber nicht nur, weil er dort steht. Die Wahrnehmung ist keine Form der Erkenntnis: Ich erfasse das Vorhandensein des Baums nicht unmittelbar, obwohl es zunächst anscheinend so ist. Ich bin mir des Baums vielmehr deshalb bewusst, weil der Baum aufgrund der Beschaffenheit meines visuellen Systems eine geistige Wirkung in mir verursacht, wobei wir vermuten können, dass mein visuelles System von der natürlichen Auslese geprägt wurde, um in dieser Weise auf Licht zu reagieren, das von physikalischen Objekten zurückgeworfen wird. Ein solches System befähigt mich, zusammen mit weiteren perzeptiven und motivationalen Dispositionen, in der Welt zu überleben. Deshalb ist es nur in einem komplizierten und indirekten Sinne so, dass ich dann, wenn ich einen Baum sehe, ihn sehe, weil er da steht.

Doch nehmen wir einmal an, ich stelle einen Widerspruch fest zwischen meinen Überzeugungen und »sehe«, dass ich mindestens eine von ihnen aufgeben muss. (Ich fahre am frühen Morgen nach Süden, und die Sonne geht rechts von mir auf.) In diesem Fall erkenne ich, dass die widersprüchlichen Überzeugungen nicht alle wahr sein können, und ich erkenne es einfach, weil es der Fall ist. Ich begreife es direkt. Es ist nicht angemessen zu sagen, dass ich mit einem Widerspruch konfrontiert bin und die dringende Notwendigkeit verspüre, meine Überzeugungen zu ändern, um ihm zu entkommen, was sich mit dem Umstand erklären lässt, dass die Vermeidung von Widersprüchen ebenso wie das Ausweichen vor Schlangen und Abgründen die Fitness meiner Ahnen steigerte. Das würde eine indirekte Erklärung dafür sein, weshalb die Unmöglichkeit des Widerspruchs meine Überzeugung erklärt, dass es nicht wahr sein kann. Aber selbst dann, wenn einige unserer Vorfahren Opfer bloß logischer Phobien und Instinkte waren, sind wir längst darüber hinausgegangen: Wir verwerfen einen Widerspruch schon deshalb, weil wir die Unmöglichkeit sehen, und wir akzeptieren eine logische Implikation schon deshalb, weil wir sehen, dass sie notwendigerweise wahr ist.

Bei der gewöhnlichen Wahrnehmung sind wir wie Mechanismen, die einem (grob) wahrheitserhaltenden Algorithmus gehorchen. Wenn wir aber die Vernunft gebrauchen, gleichen wir einem Mechanismus, der erkennen kann, dass der Algorithmus, dem er folgt, wahrheitserhaltend ist. Es ist etwas geschehen, dass unser Denken unmittelbar mit der rationalen Ordnung der Welt in Kontakt gebracht hat oder zumindest mit den Grundelementen jener rationalen Ordnung, die wiederum genutzt werden können, um an sehr viel mehr heranzureichen. Damit können wir über Begriffe verfügen, welche die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit bestimmter Überzeugungen mit allgemeinen Hypothesen zeigen. Den Anfang müssen wir damit machen, unsere präreflexiven Eindrücke als eine beschränkte und perspektivische Sicht auf die Welt zu betrachten, doch dann sind wir in der Lage, Vernunft und Vorstellungskraft zu gebrauchen, um Optionen für eine umfassendere Vorstellung zu konstruieren, die diesen Teil enthalten und erklären können. Dies trifft für den Bereich der Werte ebenso zu wie für den Bereich der Tatsachen. Das Vorgehen ist höchst fehleranfällig, aber ohne diesen harten Kern der Selbstverständlichkeit, auf den jeder weniger sichere Vernunftgebrauch angewiesen ist, könnte es nicht einmal versucht werden. Bei der Kritik und Korrektur des Vernunftgebrauchs ist die letzte Berufungsinstanz stets die Vernunft selbst.

So weit so gut – gegen den Abschnitt von Nagel habe ich nichts einzuwenden. Es gibt aber zwei klitzekleine Problemchen mit der speziellen Closs-Nummer. Nämlich erstens, dass er den Radikalskeptizismus nicht vermeiden kann:
Claymore hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 00:25
Nach deiner abstrusen Descartes-Rezeption beginnt “Erkenntnis” mit einem Glaubensentscheid – wie immer das möglich ist. Denn wenn man deine ganzen Ausführungen ernst nehmen würde, warum sollte es nicht eine gänzlich vernünftige Option sein, den Glaubensentscheid eben nicht zu tätigen und sich dem Radikalskeptizismus hinzugeben?
– hinter seinem Glaubensentscheid steckt nicht mehr als die hemdsärmelige Tour, einem ein Zugeständnis zu “naja, niemand wird doch wirklich ernsthaft in Frage stellen, dass unsere subjektiven Empfindungen nicht auch meist durch eine Wirklichkeit hervorgerufen werden” abzupressen – onkelhaft-aufdringlich. Da wagt sich keiner mehr zu sagen “Oh, closs, du hast mir gezeigt, dass der Radikalskeptizismus vernünftig ist und ich bleibe dabei!”. Was aber, wenn genau das passieren würde?

Ich frag mich… was sollten diese Präliminarien in der edlen, reinen Philosophie denn bitte, wenn das ganze dann doch nur mit psychologischem Druck “sorry, Solipsismus ist doch absurd” endet? Warum kann man nicht gleich damit anfangen? Das wäre die ehrliche Vorgehensweise.

Das zweite Problemchen ist, dass er die Korrespondenztheorie der Wahrheit genauso wie die Ablehnung bestimmter moderater idealistischer Auffassungen eingeschmuggelt, ohne sie in irgendeiner Form zu rechtfertigen. Nur damit kommt man zu seinem “methodisch vs. ontisch wahr”.

Es gibt aber Leute mit Ansichten – man mag von diesen halten, was man will – wo man das ganz anders auffasst. In der Kohärenztheorie der Wahrheit (“eine Aussage ist wahr, wenn sie Teil eines kohärenten Systems von Aussagen ist”) kann man die closs’sche Unterscheidung zwischen “methodisch wahr” und “ontisch wahr” nicht einmal formulieren. Genauso muss er moderate Idealismen, wonach unser Bild der Wirklichkeit die Wirklichkeit selbst beeinflusst, ausschließen.

Eine Begründung liefert er nicht. Darauf darf er sich nämlich keinesfalls einlassen, denn dann würde den Leuten auffallen, dass nach seiner eigenen Denkweise seine über“““hermeneutische””” Grotesk-Philosophie ja doch auch nur eine weitere ““““Hermeneutik”””” ist.

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#483 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Sa 24. Aug 2019, 14:36

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Ich denke closs meint, dass seine bizarre Theorie über den Weltanschaungen
Es geht nicht um Theorien über den Weltanschauungen, sondern dass das, was der Fall ist, nicht ein Produkt anthropozentrischer Theorien ist. - Natürlich ist das selber eine Behauptung: "Ich behaupte, dass das, was der Fall ist, unabhängig über dem steht, was der Mensch davon versteht". - Abstrus?

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Es gibt aber zwei klitzekleine Problemchen mit der speziellen Closs-Nummer. Nämlich erstens, dass er den Radikalskeptizismus nicht vermeiden kann:

Claymore hat geschrieben: ↑
Do 22. Aug 2019, 00:25
Nach deiner abstrusen Descartes-Rezeption beginnt “Erkenntnis” mit einem Glaubensentscheid – wie immer das möglich ist. Denn wenn man deine ganzen Ausführungen ernst nehmen würde, warum sollte es nicht eine gänzlich vernünftige Option sein, den Glaubensentscheid eben nicht zu tätigen und sich dem Radikalskeptizismus hinzugeben?
Weil Descartes (und jeder normale Mensch) sich für eine Grundlage für die eigene Existenz entscheiden WILL - sonst kann man sich gleich selber aufhängen. - Natürlich bleibt letztlich nur der Radikal-Skeptizismus, der sicher ist (außer dem "Cogito") - aber genau den will man doch mit einem Glauben auflösen - bspw: "Ich glaube, dass unsere wissenschaftlichen Messungen keine Vorstellung sind, sondern 'echt' - also ist das Gemessene 'echt' - Radikal-Skeptizismus aufgelöst".

ICH glaube, dass das, was der Fall ist, über dem steht, was wir daran erkennen können. - Ich kann mich natürlich täuschen, da "die Welt" tatsächlich "Wille und Vorstellung des Menschen" wäre - glaube ich aber nicht. - Radikal-Skeptizismus aufgelöst.

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Da wagt sich keiner mehr zu sagen “Oh, closs, du hast mir gezeigt, dass der Radikalskeptizismus vernünftig ist und ich bleibe dabei!”.
Das wäre ja auch die falsche Empfehlung - s.o.

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
In der Kohärenztheorie der Wahrheit (“eine Aussage ist wahr, wenn sie Teil eines kohärenten Systems von Aussagen ist”) kann man die closs’sche Unterscheidung zwischen “methodisch wahr” und “ontisch wahr” nicht einmal formulieren.
Du Witzbold: Das ist doch DEREN Problem. - Wenn sie - hermeneutisch - die Welt so sehen, dass zwischen "Was nimmt der Mensch mit welchen Theorien war?" und "das, was der Fall ist" kein Unterschied gesehen wird, weil man Sein als anthropozentrisches Schauspiel versteht, ist das doch nicht MEIN Problem.

Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Eine Begründung liefert er nicht.
Auch in diesem Post habe ich begründet - nicht zum ersten Mal. - Kann es sein, dass eine "Horizontverschmelzung von Objekt und Subjekt" so intensive sein kann, dass man nichts anderes mehr sieht?

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sven23
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#484 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von sven23 » Sa 24. Aug 2019, 15:06

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:16
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 12:32
Ja, furchtbar, überall Anthropozentrismus.
Das muss nicht "furchtbar" sein - es ist halt eine Entscheidung, was man zum Zentrum macht.
Hat nicht die Theologie den Menschen zur Krone der Schöpfung gemacht und mußte über Jahrhunderte immer wieder Kränkungen erfahren, indem die Stellung des Menschen im Universum auf nahezu Bedeutungslosigkeit geschrumpft wurde?

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:16
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 12:32
Und warum ergreifst du nicht die Gelegenheit, mal über deinen glaubensideologischen Tellerrand hinaus zu blicken?
Weil ich nicht glaubensideologisch bin
Aha, weil closs nicht glaubensideologisch ist, kann er nicht über den glaubensideologischen Tellerrand hinaus blicken. Das ist wohl mal wieder closssche Logik. :roll:

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:16
Ich bin es deshalb nicht, weil ich problemlos in verschiedene Hermeneutiken gedanklich hineinschlüpfen kann, ohne selbst davon glaubens-mäßig betroffen sein zu müssen. ---- Du gerätst hier mit Deinen Einschätzungen frontal an den Falschen.
Offensichtlich nicht, denn der angebliche Polyhermeneutiker closs landet immer wieder bei seiner Glaubensideologie.

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:16
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 12:32
Weil dir die Argumente ausgehen?
Nee - weil da bei Goethe etwas steht, was das Thema sehr gut umfasst.

Natürlich paßt das zur Kirchengeschichte.

Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.


Goehte war da sowieso weiter, als mancher heutige Zeitgenosse.

Glaubt nicht, dass ich fasele, dass ich dichte; Seht hin und findet mir andre Gestalt! Es ist die ganze Kirchengeschichte Mischmasch von Irrtum und von Gewalt.
(Johann Wolfgang von Goethe, dt. Dichter, 1749-1832)

Mir willst du zum Gotte machen. Solch ein Jammerbild am Holze!
(Johann Wolfgang Goethe, Dichter 1749-1832)

Es werden wohl noch zehntausend Jahre ins Land gehen, und das Märchen vom Jesus Christus wird immer noch dafür sorgen, daß keiner so richtig zu Verstande kommt.
(Johann Wolfgang Goethe, Dichter,1749-1832)

"Die Geschichte des guten Jesus hab ich nun so satt, dass ich sie von keinem, außer von ihm selbst, hören möchte".
(Johann Wolfgang von Goethe, dt. Dichter, 1749-1832)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#485 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Sa 24. Aug 2019, 15:31

sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
Hat nicht die Theologie den Menschen zur Krone der Schöpfung gemacht und mußte über Jahrhunderte immer wieder Kränkungen erfahren, indem die Stellung des Menschen im Universum auf nahezu Bedeutungslosigkeit geschrumpft wurde?
Das hat mit "Kränkung" nichts zu tun - das wäre ja anthropozentristisch. - Um es kurz zu machen: Der ERkenntnisweg (in christlicher Sicht) des Mesnchen soll dahin führen, dass er merkt, dass er NICHT das Maß ist.

sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
denn der angebliche Polyhermeneutiker closs landet immer wieder bei seiner Glaubensideologie.
Nur aus Interesse: WELCHE ist denn das überhaupt?

sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
Natürlich paßt das zur Kirchengeschichte.
Es war eher auf Dich und Deine Sekte gemünzt.

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sven23
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#486 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von sven23 » Sa 24. Aug 2019, 15:45

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:31
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
Hat nicht die Theologie den Menschen zur Krone der Schöpfung gemacht und mußte über Jahrhunderte immer wieder Kränkungen erfahren, indem die Stellung des Menschen im Universum auf nahezu Bedeutungslosigkeit geschrumpft wurde?
Das hat mit "Kränkung" nichts zu tun - das wäre ja anthropozentristisch. - Um es kurz zu machen: Der ERkenntnisweg (in christlicher Sicht) des Mesnchen soll dahin führen, dass er merkt, dass er NICHT das Maß ist.
Was denn sonst, irgendeine Ideologie?

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:31
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
denn der angebliche Polyhermeneutiker closs landet immer wieder bei seiner Glaubensideologie.
Nur aus Interesse: WELCHE ist denn das überhaupt?
Als Jemand, der das Hohe Lied der RKK singt, solltest du das wohl selber besser wissen.

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:31
sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 15:06
Natürlich paßt das zur Kirchengeschichte.
Es war eher auf Dich und Deine Sekte gemünzt.
Da du kein Mitglied der RKK bist, wie nennt man denn deine Sekte?
Freischaffender Freitzeithermeneutiker mit christlichem Migrationshintergrund? :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#487 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Sa 24. Aug 2019, 16:57

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:21
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 13:51
Warum wird hier eigentlich immer noch das Wort “Hermeneutik” extrem idosynkratisch verwendet, wenn man damit in Wirklichkeit theoretische Systeme zur Erfassung der Wirklichkeit (grob gesagt: Weltanschauungen) meint?
Der Begriff "Hermeneutik" ist weiter gefasst, als Du anscheinend bisher gewohnt warst - möglicherweise ist Dein enger Ansatz idiosynkratischer als der meinige. - Zur Erläuterung:

Mit unterschiedlichen Hermeneutiken meint man die unterschiedlichen Auslegungen von Äußerungen (mündlich, schriftlich, auch musikalisch oder in der bildenden Kunst), die in der Tat oft weltanschaulicher Natur sind (nolens volens) und vor allem nie denjenigen, der interpretiert, außen vorlässt. - Gadamer spricht hier vom "Verschmelzen der Horizonte von Objekt und Subjekt" (oder so ähnlich).

In wik ist Hermeneutik (zu meiner Freude) noch weiter ausgelegt, indem damit das Verstehen von Sinnzusammenhängen in Lebensäußerungen aller Art aus sich selbst heraus (z. B. in Kunstwerken, Handlungen, geschichtlichen Ereignissen) gemeint ist. - Also nix da mit irgendeiner rhetorischen Text-Technik, und damit wäre es das gewesen. :roll:
Ich habe Hermeneutik nie bloß auf Texte bezogen verstanden – da habe ich mehrfach explizit dargestellt:
Claymore hat geschrieben:
So 6. Jan 2019, 12:08
closs hat geschrieben:Nein - ich kann keine Grundlagen erkennen, welchen Sinn das machen würde. - Du sagst, Du seist Kulturwissenschaftler - was macht man da? - Welche Grundlagen hat man da, um Kulturen und Zeiten gerecht zu werden? - Vor allem wenn man hermeneutische Grundprobleme nicht erkennt.
Ich erkenne deine “hermeneutischen Grundprobleme” nicht – Riesenunterschied! Du willst Hermeneutik unmittelbar, direkt auf die Wirklichkeit bezogen sehen. Das akzeptiere ich nicht.

Irgendeine Form von “Kulturprodukt”, üblicherweise ein Text, von mir aus auch etwas weit hergeholtes wie eine Parkanlage (z.B. Sanssouci), oder ein Cocktail-Rezept (“Manhattan”), muss – so wie ich es gelernt habe – zwingend existieren. Ansonsten macht Hermeneutik schlichtweg keinen Sinn.
Ob man das jetzt noch weiter ausweitet, z. B. auf die Interpretation der Ideale einer ganzen Epoche oder geschichtliche Ereignisse usw. ist hier nicht der springende Punkt – da ist Kultur, also kann man das so sehen. Das wesentliche Problem ist: du hast hier mehrfach Hermeneutik so verwendet, dass sie sich auch auf den Teil Wirklichkeit beziehen kann, der nichts mit Kultur oder Lebensäußerungen zu tun hat – z. B. zuletzt hier.

Bis jetzt hast du nichts unternommen um meinen Verdacht, dass deine idiosynkratische Verwendung des Wortes “Hermeneutik” dem alleinigen Ziel der Verwirrung dient, aufzulösen. Aber du kannst uns ja gerne mal “Hermeneutik” auf intellektuell aufrichtige Weise definieren, mal sehen was dann kommt. Das folgende:
closs hat geschrieben:
Di 6. Aug 2019, 12:28
Str0mberg hat geschrieben:
Di 6. Aug 2019, 12:03
closs hat geschrieben:Ist das Gehirn der primäre Schöpfer dessen, was auch Du "Geist" nennen könntest?
Ja; das geht aus seinem Beitrag auch ganz klar hervor.
Damit entscheidet er sich für EINE von zwei plausiblen Hemeneutiken - die Schlussfolgerungen werden dem angemessen sein. - Ganz normaler Vorgang.

Str0mberg hat geschrieben:
Di 6. Aug 2019, 12:03
closs hat geschrieben:oder woanders her?
Wenn es halt ein "woanders" gäbe...
Das ist
a) gut begründbar
b) nicht nachweisbar.

Für DEINE Hermeneutik gilt übrigens dasselbe:
a) gut begründbar
b) nicht nachweisbar.

Denn das, was Du nachweisen kannst, ist dasselbe, auch wenn meine Hermeneutik die wahre wäre.
passt jedenfalls nicht mit deinem obigen Versuch einer Definition von Hermeneutik zusammen.

Ob das Gehirn Schöpfer des Geistes ist, ist nichts was unter “Verstehen von Sinnzusammenhängen in Lebensäußerungen aller Art aus sich selbst heraus (z. B. in Kunstwerken, Handlungen, geschichtlichen Ereignissen)” fällt.

Claymore
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#488 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Sa 24. Aug 2019, 18:00

closs hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:36
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Ich denke closs meint, dass seine bizarre Theorie über den Weltanschaungen
Es geht nicht um Theorien über den Weltanschauungen, sondern dass das, was der Fall ist, nicht ein Produkt anthropozentrischer Theorien ist. - Natürlich ist das selber eine Behauptung: "Ich behaupte, dass das, was der Fall ist, unabhängig über dem steht, was der Mensch davon versteht". - Abstrus?
In Kombination damit:
closs hat geschrieben:
Fr 23. Aug 2019, 20:05
Thaddaeus hat geschrieben:
Fr 23. Aug 2019, 19:53
"Richtigkeit" hat bei dir also nichts mit Wahrheit zu tun?!
Wenn ich diesen ersten sachlichen Satz Deines Posts aufgreifen darf:

"Methodische/hermeneutische Richtigkeit" haben nich notwendigerweise etwas mit "Wahrheit" zu tun, weil (nicht nur) ich "Wahrheit" ontisch verstehen - also das, was WIRKLICH der Fall ist. - Sie sollen natürlich etwas miteinander zu tun haben - das ist schließlich das Ziel jeder Hermeneutik. Aber das gelingt oft NICHT.
Ja, definitiv abstrus. Weil die Grundlage, auf der du diese Kritik aufbaust, selbst nicht den Ansprüchen genügt, die du bei den Einzel-“““““Hermeneutiken””””” anlegst.
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Es gibt aber zwei klitzekleine Problemchen mit der speziellen Closs-Nummer. Nämlich erstens, dass er den Radikalskeptizismus nicht vermeiden kann:

Claymore hat geschrieben: ↑
Do 22. Aug 2019, 00:25
Nach deiner abstrusen Descartes-Rezeption beginnt “Erkenntnis” mit einem Glaubensentscheid – wie immer das möglich ist. Denn wenn man deine ganzen Ausführungen ernst nehmen würde, warum sollte es nicht eine gänzlich vernünftige Option sein, den Glaubensentscheid eben nicht zu tätigen und sich dem Radikalskeptizismus hinzugeben?
Weil Descartes (und jeder normale Mensch) sich für eine Grundlage für die eigene Existenz entscheiden WILL - sonst kann man sich gleich selber aufhängen. - Natürlich bleibt letztlich nur der Radikal-Skeptizismus, der sicher ist (außer dem "Cogito") - aber genau den will man doch mit einem Glauben auflösen - bspw: "Ich glaube, dass unsere wissenschaftlichen Messungen keine Vorstellung sind, sondern 'echt' - also ist das Gemessene 'echt' - Radikal-Skeptizismus aufgelöst".
Damit ist rein gar nichts aufgelöst – es handelt sich schließlich nur um Glaube.

Auf die Frage, warum es vernünftig ist, den Radikalskeptizismus abzulehnen, kommt nur eine Erklärung, dass der Mensch üblicherweise über eine psychologische Disposition verfügt, diesen abzulehnen. Damit weichst du der eigentlichen Frage aus.
ICH glaube, dass das, was der Fall ist, über dem steht, was wir daran erkennen können. - Ich kann mich natürlich täuschen, da "die Welt" tatsächlich "Wille und Vorstellung des Menschen" wäre - glaube ich aber nicht. - Radikal-Skeptizismus aufgelöst.
Nein, das ist keine Auflösung. Du willst nur auf einmal von deinen eigenen Kriterien nichts mehr wissen.
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Da wagt sich keiner mehr zu sagen “Oh, closs, du hast mir gezeigt, dass der Radikalskeptizismus vernünftig ist und ich bleibe dabei!”.
Das wäre ja auch die falsche Empfehlung - s.o.
Aber falsch eben nicht verstanden im Sinne von “nicht ontisch wahr”!

Dein ganzes endloses Herumreiten auf “ontisch wahr” … nur um es bei nächster Gelegenheit leichtfertigst beiseite zu werfen.
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
In der Kohärenztheorie der Wahrheit (“eine Aussage ist wahr, wenn sie Teil eines kohärenten Systems von Aussagen ist”) kann man die closs’sche Unterscheidung zwischen “methodisch wahr” und “ontisch wahr” nicht einmal formulieren.
Du Witzbold: Das ist doch DEREN Problem. - Wenn sie - hermeneutisch - die Welt so sehen, dass zwischen "Was nimmt der Mensch mit welchen Theorien war?" und "das, was der Fall ist" kein Unterschied gesehen wird, weil man Sein als anthropozentrisches Schauspiel versteht, ist das doch nicht MEIN Problem.
Du verwendest das Wort Hermeneutik hier nicht gemäß deiner eigenen Definition.

Das Problem für dich ist, dass eine ““““Hermeneutik”””” wie die Kohärenztheorie der Wahrheit von deiner (Möchtegern-)Meta-Theorie sich nicht bloß unterscheidet wie sich z. B. eine ““““Hermeneutik”””” des naturwissenschaftlichen Realismus von einer bibeltreuen ““““Hermeneutik”””” unterscheidet (die beide in deiner Meta-Theorie analysiert werden können, da sie von “was wirklich der Fall ist” ausgehen und akzeptieren, dass Aussagen im Verhältnis zu dieser Wirklichkeit wahr oder falsch sein können) – sondern direkt in Konkurrenz zu deiner Meta-Theorie steht.

Und du kannst kein besseres Argument bringen als “ich glaube an meine Meta-Theorie”. Nach deinem eigenen Standard triffst du hier Vorannahmen, wo doch deine Meta-Theorie einzig dafür kreiert wurde, zu zeigen, dass alle widerspruchslosen ““““Hermeneutiken”””” – da sie Vorannahmen treffen müssen – gleichberechtigt sind.
Claymore hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 14:23
Eine Begründung liefert er nicht.
Auch in diesem Post habe ich begründet - nicht zum ersten Mal. - Kann es sein, dass eine "Horizontverschmelzung von Objekt und Subjekt" so intensive sein kann, dass man nichts anderes mehr sieht?
Du hast es nie begründet. Und auch dieses mal drückst du dich wieder um eine Begründung. Wie sollte es auch anders sein?

JackSparrow
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Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#489 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von JackSparrow » Sa 24. Aug 2019, 18:07

closs hat geschrieben:
Do 22. Aug 2019, 20:34
Es gibt auch heute (siehe Dürr - und die Religionen sowieso) die Auffassung, dass der Ursprungs von allem Geist ist,
Wieso Auffassung. Es ist eine inflationär gebrauchte Verlegenheitsfloskel, die immer dann zur Anwendung kommt, wenn das eigene Fachgebiet keine eleganteren Erklärungen mehr anzubieten hat.

Das würdest Du wahrscheinlich "Dualismus" nennen.
Sicher. Wenn der Herr Dürr nicht versäumt hätte uns zu erläutern, warum dieser "Geist" von gewöhnlicher Materie kategorial verschieden ist.

Solche Grundsatzfragen (zu der auch Descartes' Res-cogitans-/Res extensa-Problematik gehört) sind prinzipiell physikalisch nicht beantwortbar, weil ihre Antwort jenseits naturwissenschaftlichen Zugriffs liegt.
Weil sie Fantasiekonstrukte sind.

Um zum KI-Thema zu kommen: Kann KI hermeneutisch denken? - Kann KI im Bewusstsein "Verschmelzen der Horizonte von Objekt und Subjekt" stemmen?
Kannst du das?


Claymore hat geschrieben:Die Bhagavad Gita, die ja nur ein kleiner Teil des Mahabharata ist, auswendig zu lernen ist durchaus machbar… das ganze Mahabharata… nein, unmöglich
Wohl noch nie einen Anatomie-Kurs belegt.

Claymore
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#490 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Sa 24. Aug 2019, 18:17

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 24. Aug 2019, 18:07
Wohl noch nie einen Anatomie-Kurs belegt.
Häh?

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