KI >> Homo Deus

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closs
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#631 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Mo 16. Sep 2019, 22:56

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:28
Es heißt dass die Aussage, etwas sei "der Fall" und etwas anderes sei nicht "der Fall, allein Folge deiner Vorstellungskraft ist.
Das ist eh richtig - aber das sage ich doch nicht. - Meine Aussage ist, dass das, was der Fall ist, unabhängig von unserer Vorstellungskraft der Fall ist - das ist das Gegenteil von anthropozentrisch.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:28
Vielleicht gab es in ferner Vergangenheit sogar mal eine Handvoll Leute, die wirklich alles glaubten, was in der Bibel steht (ich bezweifle es)
So, wie man offenbar heute die Bibel vorzugsweise liest, KANN nicht alles richtig sein - so gesehen glauben das nicht mal Päpste. ;) - Das Problem ist hier ein ganz anderes: Die Bibel wird völlig falsch gelesen. - Liest man sie richtig, wird sie auch noch in 1000 Jahren geglaubt.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:28
JackSparrow hat geschrieben: ↑Das wäre der strenge anthropozentristische Ansatz. - Warum das?



a) Weil man diese Option in Betracht ziehen muss, wenn man über die Echtheit oder Falschheit von Wahrnehmungen philosophieren möchte.
b) Weil ein strenger anthropozentrischer Ansatz der einzig mögliche Ansatz ist, der einem Menschen zur Verfügung steht.

PRAGMATISCH stimme ich Dir zu - oder wie einer unserer Professoren zu unserer Erheiterung immer sagte: "zur Befriedigung der Leibes- und Lebens-Notdurft" :lol: - Das ist ok (mache ich genauso). - Anders kommt man nicht durch Familie und Wirtschaftsleben durch. - Aber will man das geistige Fundament dieser Leibes--und-Lebens-Notdurft-Ebene thematisieren, sieht das ganz anders aus.

Was zur Frage führt: Kann es sein, dass heutige Philosophie nichts anderes ist als Lebenshilfe für diese Leibes--und-Lebens-Notdurft-Ebene? (Das ist nämlich mein Verdacht) ---- Oder dass man so die Bibel liest?

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#632 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Di 17. Sep 2019, 19:52

closs hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:47
Claymore hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 20:37
Nein, die Frage ist davor relevant, schließlich muss man doch wissen, worum es beim “echt” geht.
Da ist "ontischer Nukleus" schon die richtige Antwort, wobei damit nicht eine transzendente Herkunft gemeint ist, sondern eine physikalische Größe - konkret: Wenn wir die Farbe "lila" sehen, dann ist es das, was unabhängig von unserer Wahrnehmung physikalisch existiert, dass uns etwas lila erscheinen kann.
Ok, “echt” = “existiert physikalisch”. Allerdings nimmst du das nachher wieder zurück. Die Begeisterung ist ja da bei dir, nur bist du leider etwas verwirrt.
Claymore hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 20:37
Was soll’s nun sein? “echt” oder “von echtem kommen”?
Das ist doch reine Sprach-Artistik, die Du hier inszenierst. - Nimm einfach "Was unabhängig von unserer Wahrnehmung physikalisch existiert, dass uns etwas lila erscheinen kann".
Wieder physikalisch. Alles wird damit erklärt. Später willst du davon nichts mehr wissen.
Du bist auf der falschen Ebene unterwegs.
Hehe, das war klar, dass du das sagen würdest, nicht?
- Es geht bei Descartes nicht darum, ob man "lila" oder das, was uns "lila" sehen lässt, meint, sondern ob etwas Wahrgenommenes GENUIN Vorstellung ist oder sich auf etwas bezieht, was auch ohne unsere Vorstellung "ist".
Irgendwie verwendest du “Vorstellung” sehr seltsam, da das landläufig als der willentliche Akt verstanden wird, sich von etwas ein Bild im Geiste zu machen. Dass wir uns etwas nicht nur vorstellen, ist daher schon bereits wegen des fehlenden Willens für uns erkennbar. Du meinst wohl eher etwas wie Halluzination oder Einbildung? Ich habe “das hast du dir nur vorgestellt” noch nie in freier Wildbahn gehört; “das hast du dir nur eingebildet” jedoch oft.

Aber dir wird doch der genius malignus nicht entfallen sein, dessen postulierte Einwirkung auf Descartes nun keine Halluzination oder Einbildung (und erst recht keine Vorstellung wie man es landläufig versteht) ist, da sie nicht von Descartes selbst ausgeht. Du vermischst hier immer noch mehrere Thesen.

Was für ein Spiel möchtest du denn spielen? Die Definition von “echt” über den ontischen Nukleus und schließlich über das physikalische (was du dann bei Gelegenheit wieder verwirfst) – und die Definition von “Vorstellung” als Erleben, das sich auf nichts mit einem ontischen Nukleus bezieht? Oder lieber gleich das amüsant zirkuläre “echt” = “nicht vorgestellt” und “vorgestellt” = “nicht echt”?
Claymore hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 20:37
Aber solange nicht klar ist, worum es sich bei “echt” oder “wirklich existent” handelt, ist das eine inhaltslose Vereinbarung. Da du jetzt Rückzieher/Ausweicher/Herumgeeiere mit deinem “ontischen Nukleus” machst, sind wir bei der Klärung dieser Frage noch ganz am Anfang.
Ich hoffe, dass es jetzt klar ist.
Tja, eher nicht. Aber vielleicht klappt es beim nächsten Anlauf.
Claymore hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 20:37
Du hast darin kein Problem gesehen, dass “res extensa” schwerlich “ausgedehnte Dinge” bedeuten kann, da das für dich leicht durch “physikalisches” zu ersetzen ist. Wobei wir aber damit wieder bei dem Problem sind, dass wir erst Physik betreiben müssen, bevor wir verstehen, worum es bei dem cartesischen “Glaubensakt” überhaupt gehen soll.
Nein - Du machst den Fehler, den viele machen: Ins Innerbetriebliche ausweichen. - Egal, wie man etwas physikalisch beschreibt (was Descartes ja eh nicht in unserer Qualität konnte), ist der davon völlig unabhängige Unterschied, ob das Wahrgenommene von unserer Vorstellung genuin geschaffen ist ("Es gibt den Mond gar nicht außer, in meiner Vorstellung") oder ob wir wir etwas wahrnehmen, was auch ohne unsere Wahrnehmung ist. - Dazu muss man nicht wissen, wie der Mond physikalisch zu verstehen ist.
Descartes hat es über die angenommene Essenz der res extensae, nämlich der Ausgedehntheit, definiert. Er hat also eine Definition gegeben, worin die Täuschung bestehen soll. Bei dir ist das nicht so, denn die Tätigkeit des genius malignus uns zu täuschen, und die wir wahrnehmen, wäre ja auch real.

“genuin geschaffen” bringt jetzt einen weiteren Aspekt in die Debatte. Der genius malignus erschafft allerdings auch etwas, nämlich nach Descartes das, was uns als “res extensae” vorkommt, aber es in Wirklichkeit nicht ist. Also hängt alles an dem “genuin”.
Claymore hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 20:37
Was sind denn nun die res extensa? Bleibst du bei deiner alten Aussage: “physikalisches”? Anscheinend ja.
Diesseits des Transzendenten bleibe ich bei "physikalisch". - Natürlich gilt es auch für transzendente Entitäten, die es auch ohne meine Vorstellung gibt.
Jetzt bist du doch schon so nah an einer profunden Einsicht – zu schade, dass ich es noch mal erklären muss. Also: die Frage “gibt es wirklich die res extensae?” muss man doch verstehen können, ansonsten ist es eine Nicht-Frage: inhaltslos, bedeutungslos. Wenn du dabei auf die Physik rekurrierst, dann setzt du genau das voraus, was ohne Descartes’ “Glaubensakt” doch deiner Meinung nach unmöglich sein sollte.

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#633 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Di 17. Sep 2019, 21:00

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Ok, “echt” = “existiert physikalisch”. Allerdings nimmst du das nachher wieder zurück. Die Begeisterung ist ja da bei dir, nur bist du leider etwas verwirrt.
Nee - das ist halt nicht ganz einfach:

"Echt" ist hier als Abkürzung gemeint für "res extensa" im Gegensatz zu "nur Einbildung des Menschen". - Dass Res cogitans eh "echt" sind, sollte klar sein - aber nicht in dieser Gegenüberstellung "echt vs. Einbildung".

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Wieder physikalisch. Alles wird damit erklärt. Später willst du davon nichts mehr wissen.
Später werde ich möglicherweise von etwas anderem sprechen, ohne dass Du es merkst.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Irgendwie verwendest du “Vorstellung” sehr seltsam, da das landläufig als der willentliche Akt verstanden wird, sich von etwas ein Bild im Geiste zu machen.
Wo willst Du hin? Dann versuchen wir es halt mal mit "bewusster oder unbewusster Projektion" - irgendwas werden wir schon für Dich finden.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Was für ein Spiel möchtest du denn spielen?
Mir wäre recht, wenn klar wäre, wovon wir jeweils reden. - Das Thema "Ist das, was wir wahrnehmen, lediglich Produkt unserer Res Cogitans oder 'echt'? " und Deine "Malignus-Geschichte" haben wenig miteinander zu tun.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Descartes hat es über die angenommene Essenz der res extensae, nämlich der Ausgedehntheit, definiert.
Ja - weil das der Stand der Physik war. Heute würde er es auch auf physikalische Wellen ausweiten. - Ihm geht es doch nicht um die Ausgedehntheit an sich, sondern ob das, was wir wahrnehmen, lediglich Produkt unserer Res Cogitans oder 'echt' ist. - Bzw.: Er "weiß" ja, dass es echt ist - er will zeigen, dass wir beides nicht unterscheiden können.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Bei dir ist das nicht so, denn die Tätigkeit des genius malignus uns zu täuschen, und die wir wahrnehmen, wäre ja auch real.
Was meinst Du mit "real"?

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Der genius malignus erschafft allerdings auch etwas, nämlich nach Descartes das, was uns als “res extensae” vorkommt, aber es in Wirklichkeit nicht ist.
Es geht darum, dass dieses Geschaffene keine eigene Entität hätte, also mit unserer Beendigung der Wahrnehmung weg wäre. - Es geht letztlich darum, ob der Mond noch existiert, wenn wir weggucken.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Also hängt alles an dem “genuin”.
Richtig.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
ie Frage “gibt es wirklich die res extensae?” muss man doch verstehen können, ansonsten ist es eine Nicht-Frage: inhaltslos, bedeutungslos.
Im Sinne von Descartes ist es ja klar - und da ist es physikalisch zu verstehen, weil - auch ich wiederhole mich ständig - die Res cogitans aus Sicht Descartes' EH Entität ist - nur halt keine "äußere ausgedehnte" (="extensa").

Worauf willst Du raus? Was ist DEIN Ergebnis in dieser Sache?

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#634 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Münek » Di 17. Sep 2019, 22:15

closs hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:56
JackSparrow hat geschrieben:
Mo 16. Sep 2019, 22:28
Es heißt dass die Aussage, etwas sei "der Fall" und etwas anderes sei nicht "der Fall, allein Folge deiner Vorstellungskraft ist.
Meine Aussage ist, dass das, was der Fall ist, unabhängig von unserer Vorstellungskraft der Fall ist.
Na bravo! :clap: Meine Aussage ist, dass das, was NICHT (!) der Fall ist, unabhängig von unserer Vorstellungskraft NICHT der Fall ist. :thumbup:

Hier geraten wir ins tautologische Fahrwasser: "Wenn Gott existiert, dann existiert er." Dann ist seine Existenz "der Fall" - wie Du sagen würdest. Auch wenn eine solche Aussage evident, logisch und widerspruchsfrei ist, so ist ihr Erkenntniswert gleich Null. Denn wenn Gott NICHT existiert, dann existiert er NICHT. Dann ist seine NICHTexistenz eben das, was Du "den Fall" nennst.

Wie leicht zu erkennen ist, drehst Du Dich mit Deiner hier ständig vorgetragenen "was-der-Fall-ist-Argumentation" erkenntnismäßig dann im Kreis, wenn Du "das, was NICHT der Fall ist" mit in Deine Überlegungen einbeziehst. Und das musst Du schon tun.

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#635 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Mi 18. Sep 2019, 00:02

Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Meine Aussage ist, dass das, was NICHT (!) der Fall ist, unabhängig von unserer Vorstellungskraft NICHT der Fall ist.
Genauso richtig.

Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Hier geraten wir ins tautologische Fahrwasser
Nein - Du hast immer noch nicht den Unterschied zwischen "Konditional-Satz" und "Tautologie" intus.

Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Wie leicht zu erkennen ist, drehst Du Dich mit Deiner hier ständig vorgetragenen "was-der-Fall-ist-Argumentation" erkenntnismäßig dann im Kreis, wenn Du "das, was NICHT der Fall ist" mit in Deine Überlegungen einbeziehst.
Da gibt es nichts zu erkennen, weil es derart naheliegend ist, dass man erst mal drauf kommen kann, es zu thematisieren.

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#636 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Münek » Mi 18. Sep 2019, 01:40

closs hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 00:02
Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Meine Aussage ist, dass das, was NICHT (!) der Fall ist, unabhängig von unserer Vorstellungskraft NICHT der Fall ist.
Genauso richtig.
Okay. Ich habe nur immer wieder den Eindruck, dass Du die Möglichkeit, dass etwas gedanklich für wahr gehaltenes Nichtfalzifizierbares (z.B. der Glaube an die Existenz Gottes) "NICHT der Fall ist", gern aus den Augen verlierst. Du fokussierst Deinen Blick ausschließlich auf
"das was der Fall ist", ohne die geringste Ahnung zu haben, was denn überhaupt "der Fall ist"...


Natürlich wird es in unserem unendlichen Universum "Dinge" geben, von denen wir nicht die geringste Ahnung haben und auch (höchstwahrscheinlich) nie haben werden. Ein ernst zu nehmendes Argument in Richtung Gottes Existenz ist das allerdings nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Hier geraten wir ins tautologische Fahrwasser
Nein - Du hast immer noch nicht den Unterschied zwischen "Konditional-Satz" und "Tautologie" intus.
Ich erinnere mich ganz genau daran, dass ich es war, der Dir vor längerer Zeit den Unterschied erklären musste. Also nochmal:

"Wenn es regnet, dann regnet es" ist eine Tautologie ohne jeglichen Erkenntniswert. "Wenn es regnet, verlasse ich nicht das Haus" ist dagegen ein Konditionalsatz. Deswegen ist es kein Argument, wenn Du sagst "Wenn Gott existiert, dann existiert er." Denn ich könnte diesem "Argument" die ebenso richtige, logische und widerspruchsfreie Behauptung entgegenhalten "Wenn Gott nicht existiert, dann existiert er nicht."

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 22:15
Wie leicht zu erkennen ist, drehst Du Dich mit Deiner hier ständig vorgetragenen "was-der-Fall-ist-Argumentation" erkenntnismäßig dann im Kreis, wenn Du "das, was NICHT der Fall ist" mit in Deine Überlegungen einbeziehst.
Da gibt es nichts zu erkennen, weil es derart naheliegend ist, dass man erst mal drauf kommen kann, es zu thematisieren.
Wenn es so naheliegend wäre, würdest Du Dich nicht ständig mit dem Pseudo-Argument von "dem was der Fall ist" im Kreis drehen.

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#637 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Mi 18. Sep 2019, 08:05

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
Du fokussierst Deinen Blick ausschließlich auf "das was der Fall ist", ohne die geringste Ahnung zu haben, was denn überhaupt "der Fall ist"...
Das Eine steckt doch im anderen drin. - Es ist doch gerade der Gag, dass wir letztlich NICHT wissen, was der Fall ist, und es deshalb glauben müssen - über nichts anderes reden wir seiten Jahren.

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
Natürlich wird es in unserem unendlichen Universum "Dinge" geben, von denen wir nicht die geringste Ahnung haben und auch (höchstwahrscheinlich) nie haben werden. Ein ernst zu nehmendes Argument in Richtung Gottes Existenz ist das allerdings nicht.
Letzteres ist ein purer Glaubenssatz. - Was Du meinst, ist: "Aus meiner Verständnisebene/Hermeneutik ist es kein ernst zu nehmendes Argument".

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
Ich erinnere mich ganz genau daran, dass ich es war, der Dir vor längerer Zeit den Unterschied erklären musste.
Ach SOOOO rum war das. :lol:

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
"Wenn es regnet, dann regnet es" ist eine Tautologie ohne jeglichen Erkenntniswert. "Wenn es regnet, verlasse ich nicht das Haus" ist dagegen ein Konditionalsatz.
Genau. - Übertragen heißt dies: "Wenn unsere Verständnis-Hermeneutik authentisch zu dem ist, was der Fall ist, dann sind unsere Ergebnisse wahr". - Das versuche ich zu vermitteln.

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
Deswegen ist es kein Argument, wenn Du sagst "Wenn Gott existiert, dann existiert er."
Schon richtig. - Wenn ein solcher Satz einmal fällt, dann als Kurzform für: "Wenn etwas der Fall ist, dann ändert sich nichts dadurch daran, dass man systemisch per Wahrnehmung zu anderen ERgebnissen kommt".

Im übrigen sind solche Aussagen im Gespräch nicht aussagelogisch, sondern rhetorisch gemeint.
"Was auf den ersten Blick wie eine simple Tautologie (im logischen Sinn) aussieht ... kann, eingesetzt als stilistisches oder rhetorisches Mittel, der Verstärkung und Hervorhebung der Bedeutung (Emphase) dienen. Man spricht dann auch von scheinbaren Tautologien" (wik).

Münek hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 01:40
Wenn es so naheliegend wäre, würdest Du Dich nicht ständig mit dem Pseudo-Argument von "dem was der Fall ist" im Kreis drehen.
Mein Verdacht: Es scheint immer noch gedankliche Fehler bei der kategorialen Trennung von Wahrnehmung und "was der Fall ist" zu geben - anders kann ich mir Deine Aussage nicht erklären.

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#638 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von Claymore » Mi 18. Sep 2019, 23:21

closs hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 21:00
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Ok, “echt” = “existiert physikalisch”. Allerdings nimmst du das nachher wieder zurück. Die Begeisterung ist ja da bei dir, nur bist du leider etwas verwirrt.
Nee - das ist halt nicht ganz einfach:

"Echt" ist hier als Abkürzung gemeint für "res extensa" im Gegensatz zu "nur Einbildung des Menschen". - Dass Res cogitans eh "echt" sind, sollte klar sein - aber nicht in dieser Gegenüberstellung "echt vs. Einbildung".
Jaja, und “nur Einbildung des Menschen” definierst du dann durch “nicht ‘echt’” – die Scare-Quotes werden wir einfach nicht los.

Res extensa wäre recht klar definiert, wenn man bei Descartes bleiben würde (auch wenn es dafür ganz cartesisch die Annahme braucht, dass uns das Konzept der räumlichen Ausdehnung angeboren ist). Aber das ist bei deinen Ausführungen gerade nicht der Fall, und damit wird res extensa nur über Physik definierbar – was sich nicht mit deinem “den Rücken frei halten für Naturwissenschaft” vereinbaren lässt.
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Wieder physikalisch. Alles wird damit erklärt. Später willst du davon nichts mehr wissen.
Später werde ich möglicherweise von etwas anderem sprechen, ohne dass Du es merkst.
Ein anderes “echt”?
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Irgendwie verwendest du “Vorstellung” sehr seltsam, da das landläufig als der willentliche Akt verstanden wird, sich von etwas ein Bild im Geiste zu machen.
Wo willst Du hin? Dann versuchen wir es halt mal mit "bewusster oder unbewusster Projektion" - irgendwas werden wir schon für Dich finden.
Ich will darauf hin, dass Vorstellung vom Willen abhängt, Einbildung dagegen nicht. Das wirst du doch als Veteran der Hermeneutik sicher nicht überlesen haben.
Was für ein Spiel möchtest du denn spielen?
Mir wäre recht, wenn klar wäre, wovon wir jeweils reden. - Das Thema "Ist das, was wir wahrnehmen, lediglich Produkt unserer Res Cogitans oder 'echt'? " und Deine "Malignus-Geschichte" haben wenig miteinander zu tun.
Da würde ich dir empfehlen, Descartes zu lesen:
René Descartes: “Meditationes de prima philosophia” hat geschrieben:Ich will also annehmen, dass nicht der allgütige Gott die Quelle der Wahrheit ist, sondern dass ein boshafter Geist, der zugleich höchst mächtig und listig ist, all seine Klugheit anwendet, um mich zu täuschen; ich will annehmen, dass der Himmel, die Luft, die Erde, die Farben, die Gestalten, die Tone und alles Aeusserliche nur das Spiel von Träumen ist, wodurch er meiner Leichtgläubigkeit Fallen stellt; ich werde von mir selbst annehmen, dass ich keine Hände habe, keine Augen, kein Fleisch, kein Blut, keine Sinne, sondern dass ich mir nur den Besitz derselben fälschlich einbilde; ich werde hartnäckig in dieser Meinung verharren und so, wenn es mir auch nicht möglich ist, etwas Wahres zu erkennen, wenigstens nach meinen Kräften es erreichen, dass ich dem unwahren nicht zustimme, und mit festem Willen mich vorsehen, um nicht von jenem Betrüger trotz seiner Macht und List hintergangen zu werden.
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Descartes hat es über die angenommene Essenz der res extensae, nämlich der Ausgedehntheit, definiert.
Ja - weil das der Stand der Physik war.
Das ist gerade nicht der Fall (denk mal an Leibniz, mindestens so Physiker wie Descartes, dessen Monaden ausdehnungslos sind). Sondern weil “ausdehnungslos” für uns, so meint Descartes, fassbar ist ohne Wissen, das wir empirisch durch Physik gewonnen haben.
Heute würde er es auch auf physikalische Wellen ausweiten. - Ihm geht es doch nicht um die Ausgedehntheit an sich, sondern ob das, was wir wahrnehmen, lediglich Produkt unserer Res Cogitans oder 'echt' ist. - Bzw.: Er "weiß" ja, dass es echt ist - er will zeigen, dass wir beides nicht unterscheiden können.
Da hast du wohl in deinem Eifer vergessen, dass Descartes Essentialist ist (und seine Philosophie auch nur von einem essentialistischen Standpunkt einen Sinn ergibt). Und dass er eben die Essenz der namensgebenden Ausgedehntheit bei den res extensae ausgemacht haben will, die für uns – und das ist das wichtigste dabei – fassbar ist ohne vorinterpretiertes empirisches Wissen.

Hier weichst du radikal von Descartes ab. Du machst das System Descartes’s inkonsistent; er selbst war intelligent genug genau das zu vermeiden. Wenn man dich auf deine Unfähigkeit, diese Grundzusammenhänge zu erfassen, hinweist, dann tust du das ab mit: das ist nur “kritisch” im Sinne (O-Ton) “Ich suche nach einem Haar in der Suppe, die ich selber noch gar nicht geschmeckt habe”. Dein regelmäßiges Abgleiten in dieses Programm volkstümlicher-Spruch + Klappe-zu macht philosophischen Erkenntnisgewinn schwierig bis unmöglich.

Dass Dinge uns anders erscheinen als sie sind, das ist für Descartes nun gerade kein Kriterium, dass sie nicht echt sind. Jedoch sind sie dann nicht echt, wenn uns etwas als ein ausgedehntes Ding erscheint, es das aber in Wirklichkeit nicht ist.
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Bei dir ist das nicht so, denn die Tätigkeit des genius malignus uns zu täuschen, und die wir wahrnehmen, wäre ja auch real.
Was meinst Du mit "real"?
Hier meine ich damit nur, dass Descartes das so verwendet.

Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Der genius malignus erschafft allerdings auch etwas, nämlich nach Descartes das, was uns als “res extensae” vorkommt, aber es in Wirklichkeit nicht ist.
Es geht darum, dass dieses Geschaffene keine eigene Entität hätte, also mit unserer Beendigung der Wahrnehmung weg wäre. - Es geht letztlich darum, ob der Mond noch existiert, wenn wir weggucken.
Na, dieses Level an “Erklärungen” sollte doch für dich als philosophisch ambitionierten Menschen nicht ausreichend sein.

Der Mond existiert also noch, wenn wir weggucken. Aber darunter soll ja nun nicht fallen, dass der Mond als ein Programm der virtuellen Realität, die der genius malignus erschafft, existiert. In welcher Form soll er dann existieren? Sind wir dann wieder beim “physikalischen”?

Eine Einbildung ist der Mond dann auch nicht, wenn er durch einen genius malignus hervorgerufen wird, zumindest nicht wenn man unter Einbildung versteht: kausal (jedoch nicht willentlich) durch uns selbst hervorgerufen.

Du hast dich halt immer noch nicht entschieden, ob es “existiert nach Beendigung unserer Wahrnehmung noch” sein soll, da du an anderer Stelle auf “Produkte unserer res cogitans” abhebst.

I.Ü. ist die Quantenmechanik so formuliert , dass der Akt der Beobachtung erst gewisse Eigenschaften erzeugt. Ein Teilchen z. B., das keine wohldefinierte Position vor der Messung besitzt. Wir haben, wenn wir uns auf deine Theorie einlassen, also einen harten Bruch zwischen deiner naiv aufgefassten Klotz-Realität und der Quantenwelt. Du wirst doch sicher einsehen, dass es da mit so einer Randbemerkung
closs hat geschrieben:
Sa 14. Sep 2019, 18:06
NB: Etwas komplizierter wird es, wenn man die QM miteinbezieht.
nicht getan ist.
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
Also hängt alles an dem “genuin”.
Richtig.
Und, was bedeutet es? Mit “genuin” = “ontischer Nukleus von physikalischer” Größe führt das zum bekannten Problem.
Claymore hat geschrieben:
Di 17. Sep 2019, 19:52
ie Frage “gibt es wirklich die res extensae?” muss man doch verstehen können, ansonsten ist es eine Nicht-Frage: inhaltslos, bedeutungslos.
Im Sinne von Descartes ist es ja klar - und da ist es physikalisch zu verstehen, weil - auch ich wiederhole mich ständig - die Res cogitans aus Sicht Descartes' EH Entität ist - nur halt keine "äußere ausgedehnte" (="extensa").

Worauf willst Du raus? Was ist DEIN Ergebnis in dieser Sache?
Darauf, dass die Frage “Sind die res extensa echt?” – wenn man “res extensa” wie du als “physikalisches” versteht – komplett unverständlich ist, wenn man nicht vor diesen Meditationen Physik betrieben hat. Ohne Physik ist “physikalisch” ein inhaltsleeres Wort.

Gerade wenn wir meinen, dass wir den Unterschied zwischen “echt” und nicht-“echt” (vorgestellt? / eingebildet? / Täuschung?) nicht feststellen können, müssen wir uns anschauen, ob dieser Unterschied wirklich besteht. D.h. (a) ob wir ihn überhaupt verstehen können und (b) ob sich irgendwelche praktischen Konsequenzen daraus ergeben. Ganz besonders bzgl. (b) braucht es ein gutes Argument, warum Naturwissenschaft grundsätzlich nicht mit Idealismus vereinbar ist. Da reicht nicht “Glaubst du ernsthaft, dass es eine solipsistische Naturwissenschaft geben kann?” (was eine Karikatur des Idealismus darstellt). Über so ein Niveau bist du doch – hoffe ich – philosophisch hinaus. Deine 40 Jahre Beschäftigung mit dem Thema können doch nicht so umsonst gewesen sein?

Ich will einfach schauen, ob man den Idealismus nicht so moderat formulieren kann, dass er eine Alternative zu deinem “ontisch wahr / methodisch wahr” darstellt. Solcher Radikalskeptizismus (der nur an einer Stelle nicht skeptisch ist und leichtfertigst die Vorstellung einer “real existenten” äußeren Klotz-Welt, contra Descartes, als “Glaubensakt” umarmt) ist eine ungute Sache mit der böse Menschen – jaja, du gehörst sicher nicht dazu – allerlei Schindluder treiben können.

Können wir verstehen was “ontisch wahr” ist? Ich denke nicht – sonst würdest du dich nicht so dermaßen im Kreis drehen und dir selbst widersprechen sondern hättest schon gute Antworten geliefert.

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#639 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Do 19. Sep 2019, 00:37

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Res extensa wäre recht klar definiert, wenn man bei Descartes bleiben würde
Ich kann nach wie vor nicht erkennen, wie und wo meine Auffassung substantiell von Descartes' abweichen sollte.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Ich will darauf hin, dass Vorstellung vom Willen abhängt, Einbildung dagegen nicht.
Das ist natürlich ein Unteschied. - Aber wo ist hier die Relevanz, wenn es um das Verhältnis Subjekt - Objekt geht?

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
"Ich will also annehmen, dass nicht der allgütige Gott die Quelle der Wahrheit ist, sondern dass ein boshafter Geist, ..."
Naja - da setzt Descartes Gott einen Demiurgen vor die Nase, damit nicht Gott selbst der "Pöhse" ist - das wäre wohl zu blasphemisch für ihn gedacht. - Ansonsten ist der erkenntnis-theoretische Konflikt an dieser Stelle ganz gut skizziert.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Sondern weil “ausdehnungslos” für uns, so meint Descartes, fassbar ist ohne Wissen, das wir empirisch durch Physik gewonnen haben.
Das verstehe ich echt nicht - ich versuche in anderen Worten zu wiederholen:
Das Ausdehnungslose ist für uns ohne empirisches Wissen fassbar. - Meint er mit "ausdehnungslos" die Res cogitans"? - Falls ja: Natürlich richtig.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Da hast du wohl in deinem Eifer vergessen, dass Descartes Essentialist ist (und seine Philosophie auch nur von einem essentialistischen Standpunkt einen Sinn ergibt).
Moment: Aber "Essenz" muss nicht physikalischer Natur sein, wenn damit die Res cogitans gemeint ist. - Wenn damit ausdehnungslose physikalische Wellen gemeint wären, wären sie keine Res cogitans.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Und dass er eben die Essenz der namensgebenden Ausgedehntheit bei den res extensae ausgemacht haben will, die für uns – und das ist das wichtigste dabei – fassbar ist ohne vorinterpretiertes empirisches Wissen.
WENN es sie gibt!!! - Denn das, was wir als Res extensa bezeichnen, könnte ja Täuschung sein.

Davon abgesehen: Meinst Du empirischem Wissen methodisch-systematisch, oder alltagsbezogen: "Der Neandertaler nimmt einen Stein und 'hat was inder Hand' ".

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Hier weichst du radikal von Descartes ab. Du machst das System Descartes’s inkonsistent
Kann es sein, dass wir schlicht Descartes unterschiedlich verstehen? --- Was sagt Descartes aus Deiner Sicht zu unserem Thema "Subjekt vs. Objekt"/"Ich vs. Res extensae"? - Mal ganz konkret und ohne mordsmäßige Begründung - was ist diesbezüglich sein Plot?

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Dass Dinge uns anders erscheinen als sie sind, das ist für Descartes nun gerade kein Kriterium, dass sie nicht echt sind.
Das hat auch niemand behauptet - zumindestens nicht ich. - Begründung: Egal, wie der Mensch irrt oder nicht irrt - es ändert nichts an dem, was der Fall ist.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Jedoch sind sie dann nicht echt, wenn uns etwas als ein ausgedehntes Ding erscheint, es das aber in Wirklichkeit nicht ist.
Das wäre eine Teilmenge von Deinem Satz zu vor. - Besteht Einvernehmen, dass niemand überprüfen kann, ob der Mensch hier Sein oder Schein wahrnimmt?

Vielleicht stehe ich auf der Leitung: Wo ist der Gegensatz zu meiner Auffassung?

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Der Mond existiert also noch, wenn wir weggucken.
Davon geht Descartes aus, weil er sich nicht als getäuscht annimmt. - Geht mir genauso.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Aber darunter soll ja nun nicht fallen, dass der Mond als ein Programm der virtuellen Realität, die der genius malignus erschafft, existiert. In welcher Form soll er dann existieren? Sind wir dann wieder beim “physikalischen”?
Nee - da sind wir bei der Res cogitans, die fehlgeleitet ist/wäre. - Und diese Res cogitans ist NICHT physikalisch. - Sollte die Malignus-Variante wahr sein, gibt es auch kein Gehirn - und das gibt es erst, NACHDEM man entschieden hat, nicht getäuscht zu sein.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Eine Einbildung ist der Mond dann auch nicht, wenn er durch einen genius malignus hervorgerufen wird, zumindest nicht wenn man unter Einbildung versteht: kausal (jedoch nicht willentlich) durch uns selbst hervorgerufen.
Man könnte hier fragen: Ist es "etwas", wenn man sich es einbilden kann. - Nach meinem Verständnis würde Descartes sagen, im Geistigen ja, aber nicht auf Res-extensa-Ebene. -- Der Malignus wäre also einer, der die Res cogitans mit Täuschungs-Bildern ("Mond, den es nicht extensa gibt, obwohl er so erscheint") schafft. -- Gibt es da ein Problem für Dich?

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Du hast dich halt immer noch nicht entschieden, ob es “existiert nach Beendigung unserer Wahrnehmung noch” sein soll, da du an anderer Stelle auf “Produkte unserer res cogitans” abhebst.
Da habe ich gemeint, dass die Entität Mond unabhängig von unserer Wahrnehmung ist - er ist da, ob wir hingucken oder nicht. --- "Produkte der Res cogitans" wäre, dass der Mond keine eigene Entität unabhängig von unserer Wahrnehmung ist, sondern nur "Einbildung". - Wobei man natürlich hier weiter fragen könnte, was passiert sein muss, dass man sich gerade "Mond" einbilden kann - es muss also apriorisch ein Repertoire an Einbildbarem da sein (-> Malignus).

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
I.Ü. ist die Quantenmechanik so formuliert , dass der Akt der Beobachtung erst gewisse Eigenschaften erzeugt. Ein Teilchen z. B., das keine wohldefinierte Position vor der Messung besitzt. Wir haben, wenn wir uns auf deine Theorie einlassen, also einen harten Bruch zwischen deiner naiv aufgefassten Klotz-Realität und der Quantenwelt. Du wirst doch sicher einsehen, dass es da mit so einer Randbemerkung

closs hat geschrieben: ↑
Sa 14. Sep 2019, 18:06
NB: Etwas komplizierter wird es, wenn man die QM miteinbezieht.

nicht getan ist.
Ja - aber da bräuchten wir echte QM-ler, die gleichzeitig philosophisch ansprechbar sind. --- Mir wäre von der Reihenfolge lieber, dass man erst mal das Grundproblem bei Descartes ("Wir können prinzipiell nicht unterscheiden, ob das von uns Wahrgenommene Entität oder Einbildung ist") unter Dach und Fach brächte. - Dass die QM hier hochinteressant ist, ist mir wohl bewusst. - Allerdings konnte mir noch keiner sagen, ob "die Erzeugung von gewissen Eigenschaften durch den Akt der Beobachtung" offenlässt, ob Beobachtung etwas ex nihilo schafft oder an etwas Bestehendem etwas verändert. - Die Antwort auf diese Frage wäre Voraussetzung, um Descartes miteinzubeziehen.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Darauf, dass die Frage “Sind die res extensa echt?” – wenn man “res extensa” wie du als “physikalisches” versteht – komplett unverständlich ist, wenn man nicht vor diesen Meditationen Physik betrieben hat. Ohne Physik ist “physikalisch” ein inhaltsleeres Wort.
Klar - Descartes spricht ja nicht als Betroffener ("Hilfe - ist das echt?"), sondern aus einer Meta-Ebene -im Sinne von "Ist uns eigentlich klar, dass ....?". --- Descartes zweifelt zu keinem Moment, dass die Res extensa existenz sind.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Gerade wenn wir meinen, dass wir den Unterschied zwischen “echt” und nicht-“echt” (vorgestellt? / eingebildet? / Täuschung?) nicht feststellen können, müssen wir uns anschauen, ob dieser Unterschied wirklich besteht.
Das wäre eine Frage, die voll zur QM passt. --- Aber geht es Descartes darum? Ich glaube nein - er wollte nach meinem Verständnis etwas loswerden, was irgendwo zwischen Theologie und Erkenntnis-Theorie anzusiedeln ist.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Ganz besonders bzgl. (b) braucht es ein gutes Argument, warum Naturwissenschaft grundsätzlich nicht mit Idealismus vereinbar ist.
Da gibt es eine GANZ einfache Antwort:
Naturwissenschaft ist Wissenschaft, Idealismus ist Weltanschauung/Philosophie. -- Heideggers "Wissenschaft denkt nicht" klingt anders, als es gemeint war. - H. meint damit, dass Wissenschaft aus methodischen Gründen sich selber einen Rahmen vorgibt, den zu verlassen undiszipliniert wäre . -Philosophie dagegen DARF keinen Rahmen haben.

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Ich will einfach schauen, ob man den Idealismus nicht so moderat formulieren kann, dass er eine Alternative zu deinem “ontisch wahr / methodisch wahr” darstellt.
Da sehe ich eher Gefahren. ---- Denn dann ist es schnell passiert, dass ein solcher Idealismus zur Ancilla Scientiae wird - wenn es nicht schon passiert ist.

closs
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#640 Re: KI >> Homo Deus

Beitrag von closs » Do 19. Sep 2019, 00:37

Claymore hat geschrieben:
Mi 18. Sep 2019, 23:21
Können wir verstehen was “ontisch wahr” ist? Ich denke nicht – sonst würdest du dich nicht so dermaßen im Kreis drehen und dir selbst widersprechen sondern hättest schon gute Antworten geliefert.
Da machst Du es Dir zu einfach - es ist einfach schwierig, mit Sprache perfekt zu hantieren - das fängt schon mit unterschiedlichen semantischen Besetzungen eines Wortes an. - Sprache ist immer Chiffre/Offenbarungs-Ebene, auf der man Sinn geglückt oder unglücklich herausziehen kann.

Zu Deiner Frage selbst: Was verstehst Du unter "verstehen"? - Vorab:
Wir verstehen/wissen NICHT, WAS ontisch wahr ist - wir können es nur spüren/ahnen/glauben. ---- Andererseits: Wir verstehen selbstverständlich, dass damit gemeint ist "Das, was unabhängig von uns und unseren Wahrnehmungsmöglichkeiten der Fall ist".

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