#51 Re: Glauben ...
Verfasst: Fr 22. Mai 2020, 16:50
Ich.
Nach einer Glaubesnerfahrung wird etwas zum Wissen. Sonst könnten die Schreiber der Schrift z.B. niemals schreiben "wir wissen aber ..."
Ich sehe keine Diskrepanz zwischen Glauben und Wissen. Manche"wissen" sogar, dass es Gott gibt und glauben dennoch nicht, viel glauben aber an etwas was niemand wissen kann. Es ist auch nicht jeder Glaube Glaube. Nicht umsont grenzen wir dies auch vom Aberlgauben ab.
Ähm... nö... per Definition eben nicht - aber die juckt dich ja dahingehend nicht.
Schreiber irgendwelcher Schriften können grundsätzlich schreiben was immer sie wollen...
"Wissen" != Wissen.
Doch, siehe Ziskas Aufzählungen zum einen und wir sind auch Zeugen, wenn wir eine Glaubenserfahrung gemacht haben.
Ja, das sind z.B. die Rituale in einer Religion (einschliesslich Glaubensbekenntnis).Ruth hat geschrieben:<<<Das bedeutet nämlich, dass dort, wo man „Mitglaubende“ gefunden hat, man damit anfängt, Mauern zu bauen, um den (eigenen) Glauben zu schützen. Man baut „Nester“ die gut ausgepolstert sind (mit Regeln, die Glaubensgrundsätze beinhalten), um die Schar weiter zu vereinen und ihnen das Gefühl der Geborgenheit zu geben.
Wenn die einzige/hauptsächliche Bestätigung in der gemeinschaftlichen Reaktion besteht, dann sind Abweichungen natürlich ein Angriff auf die Stabilität.Ruth hat geschrieben:<<<Der sogenannte „Herdentrieb“ wird damit gefüttert: Gemeinsam sind wir stark.
Und wenn jemand die bestehenden Regeln nicht unterstützt, oder gar angreift, wird diese Funktion verletzt … oder wenigstens geschwächt.
Das Interessante ist, dass der ursprüngliche Anlass zur Missionierung als Konzept gerade in einer fehlenden "Beziehung zur vermuteten Macht" liegen könnte.Ruth hat geschrieben:<<<Es geht dabei gar nicht mehr wirklich um die Beziehung zu Gott, sondern viel mehr darum, möglichst viele „Kämpfer“ zum eigenen Schutz zu sammeln: "... gegen den Rest der Welt".
Nein; eine Glaubenserfahrung bringt nur Überzeugung, festigt - sozusagen - den Glaube, geht womöglich auch über "Hoffnung" hinaus.
SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 23. Mai 2020, 10:01Ja, das sind z.B. die Rituale in einer Religion (einschliesslich Glaubensbekenntnis).Ruth hat geschrieben:<<<Das bedeutet nämlich, dass dort, wo man „Mitglaubende“ gefunden hat, man damit anfängt, Mauern zu bauen, um den (eigenen) Glauben zu schützen. Man baut „Nester“ die gut ausgepolstert sind (mit Regeln, die Glaubensgrundsätze beinhalten), um die Schar weiter zu vereinen und ihnen das Gefühl der Geborgenheit zu geben.
Liegt eine Funktionalität in der Realität tatsächlich vor, dann gibt es keine Rituale (wozu auch?).
Rituale sind gleichbedeutend mit Bestätigungsverhalten. Die Rituale sind dann der eigentliche Inhalt der Religion. Vor diesem Hintergrund bilden sich dann natürlich unzählige Spielarten von "Konfessionen" heraus – kleine Abweichungen reichen aus.
Wenn die einzige/hauptsächliche Bestätigung in der gemeinschaftlichen Reaktion besteht, dann sind Abweichungen natürlich ein Angriff auf die Stabilität.Ruth hat geschrieben:<<<Der sogenannte „Herdentrieb“ wird damit gefüttert: Gemeinsam sind wir stark.
Und wenn jemand die bestehenden Regeln nicht unterstützt, oder gar angreift, wird diese Funktion verletzt … oder wenigstens geschwächt.
Es geht nie um die Situation "wenn du es nicht glaubst, dann versuch es halt anders, wirst schon sehen" - nein, "sehen" wird man nie irgendetwas, sondern die Unsicherheit nimmt durch Abweichungen unmittelbar zu - die Illusion "wir liegen richtig" zerplatzt, wenn es zu alternativen Haltungen kommt.
Gäbe es tatsächlich irgendeine Grundlage für die jeweilige Religion, dann könnten die Anhänger ganz entspannt mit Andersdenkenden umgehen.
Man könnte zwar von einem entspannten Umgang nicht direkt auf eine tatsächlich vorhandene Grundlage schliessen aber umgekehrt, wenn der entspannte Umgang fehlt, dann ist ganz sicher keine Grundlage vorhanden.
Ruth hat geschrieben:<<<Es geht dabei gar nicht mehr wirklich um die Beziehung zu Gott, sondern viel mehr darum, möglichst viele „Kämpfer“ zum eigenen Schutz zu sammeln: "... gegen den Rest der Welt".
Das Interessante ist, dass der ursprüngliche Anlass zur Missionierung als Konzept gerade in einer fehlenden "Beziehung zur vermuteten Macht" liegen könnte.
Wie ich gesagt habe: die Juden missionieren eigentlich nicht.
Wie kommt es also, dass sich plötzlich im Judentum eine Strömung ergibt, die begeistert ihre Ideen an andere (irgendwie sogar an Nicht-Juden) weitergeben möchte?
Das ist ein Kontinuitätsbruch, der eine elementare Grundlage haben muss.
Schaut man sich die antiken Quellen an, dann gibt es hierfür eine ganz unmittelbare Grundlage in der Unterdrückung der Region Judäa durch das antike Rom und die fanatische Idee im Judentum, dass es durch eine flächendeckende Einhaltung der Regeln ("Gesetz") zum Auftauchen des Messias (quasi "zur Rettung") kommen muss .
Schaut man sich diese Idee mal näher an:
- Ausgangspunkt ist die flächendeckend ("Israel") vorhandene Überzeugung zum auserwählten Volk zu gehören, die durch eine übermächtige Fremdherrschaft ("Rom") regelrecht ad absurdum geführt wird.
- In den älteren antiken Schriften (Altes Testament) gibt es Geschichten rund um eine „handfeste“ Unterstützung durch eine Macht („Gott“), die sich die Juden als "Volk" ausgesucht haben soll.
- Gibt es nun in der antiken Lage von Judäa keine Unterstützung durch die vermutete Macht, dann kann es in der Logik von "Gläubigen" nur daran liegen, dass das Volk etwas nicht ganz richtig macht.
- Das strikte Einhalten der überlieferten Regeln wird dann relativ einfach als Erlösungsstrategie angesehen.
- Jeder, der von dem Einhalten abweicht, zerstört die Möglichkeit auf Befreiung.
- Wie ich geschrieben habe, gibt es für diese Leute "den Bonus" erst dann, wenn alle sauber mitmachen.
=> In der Folge entwickelt sich ein Missionierungsverhalten, bei dem ohne Probleme hart durchgegriffen wird.
Die Messias-Ankunfts-Idee auf Basis von "verhaltet euch rein, dann kommt er" beinhaltet automatisch einen harten Fanatismus.
Genauso ist es wohl im ersten Jahrhundert in Judäa geschehen.
Auf dieser Basis entstehen Leute, die sich als "Beschützer des richtigen Glaubens" ansehen wollen.
In der christlichen Auslegung der antiken Texte wird dieser Automatismus durch eine Friedens- und Liebesidylle verschleiert, aber die Geschichte des Christentums zeigt, dass der Automatismus zum harten Fanatismus allzeit vorhanden ist.
Die Naherwartungs-Diskussionen bei den "Gläubigen" laufen alle darauf hinaus, dass "das Reich" erst kommen soll, wenn alle Völker von der Botschaft erfahren haben - kommt das Reich nicht, dann muss es (laut dieser Logik) irgendwo einen Winkel geben, den man "aufräumen" muss.