closs hat geschrieben: ↑Mi 19. Jun 2019, 08:02
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Es geht hier jedoch schlicht um eine Annahme, die die Interpretation sehr stark einfärben wird, und nicht um ein unperfektes Vorverständnis von Bedeutungen der Einzelelemente (z. B. der einzelnen Worte) – um das man nicht herum kommt um überhaupt etwas zu verstehen.
Was soll diese Unterscheidung? Entscheidend ist, dass unvermeidbare Grundlagen den Korridor vorgeben, in dem man forscht. - Dieser Korridor kann gesprengt werden, wenn es entsprechende Erkenntnisse der Untersuchung nahe legen - aber eben nur "kann" (oft geschieht es NICHT).
Das ist die Unterscheidung zwischen “notwendiges Übel†oder “mit voller Absicht†(… Ideologie betreiben!).
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Du begreifst den hermeneutischen Zirkel daher als ideologisches Rechtfertigungsinstrument und nicht als seriöse (nach der klassischen Hermeneutik: wissenschaftliche) Methode, sich der Bedeutung von Texten (oder anderen Kulturprodukten) anzunähern.
Mit Ideologie hat das nichts zu tun, sondern mit der Erkenntnis, dass Vorannahmen/Vorverständnisse unvermeidbar sein können und den Korridor festlegen können, in dem Ergebnisse zu erwarten sind. ..... DEIN Verständnis von Hermeneutik verstehe ich sehr wohl - das meinige steht nicht im Widerspruch dazu.
Natürlich kannst du deine kuriosen privaten Ansichten als “Hermeneutik†bezeichnen – die haben nur nichts damit zu tun wie Hermeneutik an geisteswissenschaftlichen Fakultäten betrieben wird oder jemals betrieben wurde.
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Ein naturwissenschaftlicher Text ist natürlich auch ein Kulturprodukt – er bedeutet etwas – und könnte daher hermeneutisch interpretiert werden, obwohl es kein Beispiel gibt, wo das für die wissenschaftliche Praxis notwendig wäre. Hier würde sich die Hermeneutik aber immer noch auf den Text beziehen und eben nicht auf die Natur selbst.
Auf die Natur selbst (Objekt) eh nicht - aber auf die Untersuchung derselben.
Das hast du schon anders behauptet. Aber immerhin ein Fortschritt.
Erstaunlich, wie knapp du immer wirst, wenn es darum geht, wie deine Theorie eigentlich funktionieren soll.
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Descartes’ Philosophie zeichnet sich durch den Versuch aus mit absoluter Präzision und scharfen Dichotomien unverrückbar sichere Gewissheit zu erreichen.
Daher kannst du nicht einfach res extensa umdefinieren und Elementarteilchen dazu zählen oder res extensa synonym für das Physikalische verstehen.
Was ist denn DAS wieder? - Wieder mal typisch 21. Jh.: "Wir untersuchen etwas 'kritisch' und stellen fest, dass Descartes sich geirrt hat, weil er noch keine Strings gekannt hat. - Descartes ist also falsifiziert" (oder so ähnlich). -
Warum bist du nicht in der Lage den “21. Jh.â€-Argumenten etwas
wirklich entgegen zu setzen? Warum reicht es nur zum Nachäffen bei dir?
Klassisch gebildet wäre: "Wofür steht das, was Descartes mit den Mitteln seiner Zeit ausdrücken wollte?"
Das ist keine klassisch-gebildete sondern eine anachronistische Herangehensweise, die ignoriert was für einen Anspruch Descartes an sich selbst hatte.
Es geht hier nicht um Kunst, Lebensphilosophie oder einen unsystematischen Philosophen wie Nietzsche. Ja, niemand sollte es kümmern, dass die erste Schilderung einer Weltraumreise (Lukian, “Wahre Geschichtenâ€) wissenschaftlich unhaltbar ist. Es sollte uns aber kümmern, wenn in der Metaphysik eines Philosophen, der u. a. folgende Regeln für den Vernunftgebrauch
- Akzeptiere nur als wahr, was unbezweifelbar gewiss ist.
- Zerlege jede Frage in Teilprobleme und einfache Fragen, die mit Gewissheit entschieden werden können.
- Baue das Wissen der Reihe nach aus den Antworten auf diese einfachen Fragen auf und unterstelle für alle komplexe Fragen einen solchen einfachen Aufbau.
- Überprüfe diese Elemente daraufhin, ob sie eine vollständige Ordnung bilden.
aufstellte, die zentrale Dichotomie, auf der alles weitere aufbaut, eindeutig widerlegt wurde.
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Das kann man vielleicht an anderer Stelle machen, wie Descartes’ kuriosen Ansichten über die Zirbeldrüse … aber nicht bei seiner fundamentalen res-extensa-res-cogitans-Dichotomie.
Substantiell meint Descartes damit, dass der Mensch in seinem Wesen geistiger, unphysikalischer Natur ist (also auch keine Neuronen und Strings) UND als dieses Wesen in der physikalischen Welt inkariert ist. -
Das ist nur etwas, was jeder Philosoph (mit wenigen Ausnahmen wie Demokrit) im Westen vor Descartes genauso angenommen hat.
Platon, Aristoteles, Plotinus, Augustinus, Thomas von Aquin, Duns Scotus, etc. meinten, dass der Mensch eine Seele und einen Körper besitzt. Neu ist die cartesische Dichotomie in res extensa und res cogitans, wobei res cogitans aufgrund dieser auch das phänomenale Bewusstsein mit einschließt (es ist schließlich nichts räumlich ausgedehntes). Wenn man dann noch daran glauben will, dass nur der Mensch über eine Seele – res cogitans – verfügt, muss man annehmen, dass Tiere über kein Bewusstsein verfügen. Und das hat Descartes ja auch ernsthaft geglaubt – daher hat er seine Versuchstiere nicht mal in Narkose versetzt als er sie bei lebendigem Leib einer Vivisektion unterzog.
Wenn alles was bei Descartes neu ist, sowohl in aller Strenge widerlegt als auch vom gesunden Menschenverstand her grotesk-absurd ist, und alles was nach closs von Descartes “substantiell gemeint†war, alt ist, was soll dann deine Descartes-Fixierung?
Mehr als deine Masche, deinen gesammelten Unfug unter das Label “Aufklärung†zu stellen, steckt da anscheinend nicht dahinter.
Und jetzt fragt Descartes: "Ist der Mensch eigentlich WIRKLICH inkarniert oder bildet er sich das nur ein?" - Seine Antworten:
1) Diese Frage ist unentscheidbar.
Auch für den Skeptizismus muss man nicht Descartes bemühen, dafür reicht Pyrrhon von Elis.
2) Ich GLAUBE, dass der Mensch WIRKLICH inkarniert ist, weil .....
3) Da dem so ist, kann ich Naturwissenschaft betreiben, weil ich dann ja keine "Einbildungen", sondern was "Echtes" untersuchen kann.
Das war jetzt eine zitat-lose und zusammenfassende Verständnis-Beschreibung - also sozusagen der Wald und nicht Einzel-Bäume und Sträucher.
Hatten wir alles schon tausendfach durchgenudelt aber bis jetzt hast du dich nicht herabgelassen, ein Argument zu bringen, warum der Idealismus mit der Naturwissenschaft inkompatibel sein sollte.
Mit “physikalisch†und “inkarniert†schmuggelst du genau das wieder ein, was ich in Frage gestellt habe. “Wald und nicht Einzel-Bäume†à la closs heißt: wacker den wesentlichen Punkt durch eine petitio principii ignorieren.
Claymore hat geschrieben: ↑Di 18. Jun 2019, 19:41
Wenn du die Welt in physikalisch und mental unterteilen willst, dann würde ich mal gerne die Definitionen dazu hören!
"Mental" wäre heute eine neurologische Sache und somit "Res extensa". ---- Interessant ist in der Tat die Frage, wie - nach christlicher Tradition - die Schnittstelle zwischen Geist und Leib definierbar ist.
Wir sind immer noch bei Descartes. Wenn “mental†nicht zu res cogitans gehört, was gehört dann dazu? Die Grenze können wir nicht mehr zwischen “räumlich ausgedehnt†und “räumlich nicht ausgedehnt†ziehen… also, wo dann?