Trennung — Glaube / Wissenschaft

Säkularismus
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seeadler
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#121 Re: Trennung — Glaube / Wissenschaft

Beitrag von seeadler » Fr 13. Jun 2014, 16:58

Pluto, du darfst mich gerne korrigieren, aber so weit ich die Geschichte der Wissenschaft verstanden habe ist sie aus dem Glauben heraus geboren worden. Oder anders ausgedrückt, es waren zunächst zutiefst gläubige Menschen, die den Dingen auf den Grund gehen wollten, was ihnen die Gottesmänner vorne auf der kanzel weismachen wollten. Selbst dein Freund Newton hatte neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten sehr viel Zeit verwendet, um sich mit den biblischen Schriften auseinander zu setzen und die Prophetien zu interpretieren. Auch er war ein Anhänger eines "nahen Weltendes" und sah ebenfalls wie viele andere im Papsttum von damals den Antichristen. Und genau das ist der springende Punkt. Denn die Römisch katholische Kirche war sowohl die von Jesus auserkorene Kirche als auch zugleich der Ort, wo sich der Antichrist breit machen sollte. Und als das Papsttum seine prophezeite tödlichen Wunde erhielt mittels Napoleon, begann die Zeit der Befreiung, die Zeit der Aufklärung, die Zeit eines neuen freien Geistes.... all das, was nach 1789 folgte verdanken wir dem Dolchstoß gegenüber der RKK. Doch damit wurde es keinesfalls besser, sondern die bestehenden Probleme wurden auf andere Bereiche übertragen.

Man kann durchaus sagen, der wissenschaftliche Fortschritt in eine Richtung ganz ohne Gott verdankt seinem Ursprung dem Wirken des Antichristen.

Gruß
Seeadler
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

Pluto
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#122 Re: Trennung — Glaube / Wissenschaft

Beitrag von Pluto » Fr 13. Jun 2014, 17:25

seeadler hat geschrieben:Pluto, du darfst mich gerne korrigieren, aber so weit ich die Geschichte der Wissenschaft verstanden habe ist sie aus dem Glauben heraus geboren worden. Oder anders ausgedrückt, es waren zunächst zutiefst gläubige Menschen, die den Dingen auf den Grund gehen wollten, was ihnen die Gottesmänner vorne auf der kanzel weismachen wollten.
Ich denke das waren eher parallele Entwicklungen die einander ergänzten.
Der Ursprung von Religion liegt im Schamanismus. Hinweise auf ein religiöses Verhalten der Menschen finden sich bereits in den 30-40'000 Jahre alten Grabbeigaben (Nahrungsmittel, Schmuck). Diese sollten den Toten auf seinem Weg in die Ewigkeit begleiten. Doch damals waren die frühen Menschen vermutlich noch Sammler und Jäger. Spuren erster Siedlungen finden sich erst vor rund 10-12'000 Jahren an einigen Stellen in Mesopotamien und im östlichen China. Als die Menschen langsam begannen Viezucht und Ackerbau zu betreiben, erlaubten diese "wissenschaftlichen" Entwicklungen, den Leuten mehr Freizeit; es wurde nicht mehr nötig, dauernd auf Nahrungssuche zu gehen. So entstanden Hierarchien in den Siedlungen, und zweifellos war auch der Dorf-Schamane eine wichtige Person dem der ihm gebührende Respekt geboten wurde. Aus diesen "Auserwählten" entstand nach und nach eine Art Priesterschaft denen man die Nähe zu den Göttern zugestand.
Es war also nicht so, dass Wissenschaft als kausale Folge aus Religion entstand, sondern die frühe "Wissenschaft" verhalf den "Geistlichen", sich dem Meditieren widmen zu können.

Selbst dein Freund Newton hatte neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten sehr viel Zeit verwendet, um sich mit den biblischen Schriften auseinander zu setzen und die Prophetien zu interpretieren.
Ein wenig bekannter Fakt ist, dass Newton mehr theologische als wissenschaftliche Texte verfasste. Überlebt haben aber nur seine wissenschaftlichen Texte, während seine Theologie in die Versenkung geriet.

Man kann durchaus sagen, der wissenschaftliche Fortschritt in eine Richtung ganz ohne Gott verdankt seinem Ursprung dem Wirken des Antichristen.
Dem würde ich ganz und gar nicht zustimmen.
Der "Antichrist" ist meiner Meinung nach eine reine Erfindung der Menschen, eine Art selbsdarstellerischer Narzissmus, um sich von den "Anderen", den "Bösen" abzuheben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Rembremerding
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#123 Re: Trennung — Glaube / Wissenschaft

Beitrag von Rembremerding » Do 26. Jun 2014, 11:23

Hallo und einen schönen Magdalenageburtstagstag an alle Foristen! :)

Pluto hat geschrieben:Doch damals waren die frühen Menschen vermutlich noch Sammler und Jäger. Spuren erster Siedlungen finden sich erst vor rund 10-12'000 Jahren an einigen Stellen in Mesopotamien und im östlichen China. Als die Menschen langsam begannen Viezucht und Ackerbau zu betreiben, erlaubten diese "wissenschaftlichen" Entwicklungen, den Leuten mehr Freizeit; es wurde nicht mehr nötig, dauernd auf Nahrungssuche zu gehen. So entstanden Hierarchien in den Siedlungen, und zweifellos war auch der Dorf-Schamane eine wichtige Person dem der ihm gebührende Respekt geboten wurde. Aus diesen "Auserwählten" entstand nach und nach eine Art Priesterschaft denen man die Nähe zu den Göttern zugestand.
Es war also nicht so, dass Wissenschaft als kausale Folge aus Religion entstand, sondern die frühe "Wissenschaft" verhalf den "Geistlichen", sich dem Meditieren widmen zu können.
Inzwischen tendiert die Forschung dazu, dass die Sesshaftwerdung und damit einhergehend der Ackerbau und die Viehzucht (nicht nomadisierende Viehzucht!) keinerlei Überlebensvorteile für den Frühmenschen hatte. Die Sesshaftwerdung geschah bereits, obwohl noch kein Bevölkerungsdruck dazu nötigte. Im Gegenteil: Der Mensch machte sich durch Sesshaftwerdung noch mehr von der Natur abhängig und wurde gezwungen Besitz zu verteidigen. Die Gewaltbereitschaft und die Sterblichkeitsrate stieg sogar an.
Warum der Frühmensch dennoch sesshaft wurde erklären aktuell mehrere Theorien. Eine will eine Klimaverschlechterung, eine andere eine Klimabesserung als Grund dafür angeben.

Sehr interessant und im Moment gut im Rennen ist jene Theorie, die schlichtweg die "Entdeckung" des Alkohols und des Mutterkorns als Grund für die Sesshaftwerdung angibt. Man konnte feststellen, dass der Frühmensch bereits Drogen kannte und anwandte. So wurde der Fliegenpilz, die Tollkirsche und Alraune oder Hittrach als Schmerz- und Aufputschmittel verwendet, aber auch als Mittel um ekstatische, spirituelle Visionen zu erlangen. Schamanen und "Medizinmänner" verwandten sie zur Heilung, aber ebenso für ihren sogenannten Seelenflug.
Es wurde entdeckt, dass die ersten Urgetreidefelder von Nomaden genau an jenen Stellen gepflanzt wurden, wo sie sich ein- oder zweimal im Jahr mit anderen Nomadengruppen trafen, spirituelle Feste feierten, Waren tauschten und ihren Heiratsmarkt abhielten. Dieses Getreide war weit weniger ergiebig, als die damals vorherrschende Viehzucht und die Jäger- und Sammlerkultur, es kann also nicht zur Ernährung verwendet worden sein, sondern wurde vergoren - eben zu Alkohol. Und dieser Alkohol war weit besser und gefahrloser im Stande Menschen durch rauschhafte Zustände in eine andere Wirklichkeit zu versetzen, als etwa gefährliches Tollkirschenextrakt. Der Getreideanbau war also durch die Sehnsucht des Menschen nach einer Gemeinschaft mit der Überwirklichkeit, mit Gott inspiriert. Der Alkohol "sozialisierte" quasi diese Sehnsucht und machte Visionen der breiten Masse zugänglich. Die Visionen wurden allerdings unklarer und später war nur mehr der Rausch an sich wichtig.

Später verbesserte man durch Zucht das Getreidewachstum, die Alkoholgewinnung wurde ergiebiger, aber die Felder mussten nun vor Tieren bewacht werden. Diese Bewacher lebten nun gebunden an einem Ort und mussten von dem leben, was sich in der Umgebung befand. Sie gaben das Nomadentum auf, bauten feste Wohnstätten, betrieben Viehzucht, begannen Felder anzulegen und entdeckten, das Getreide auch gemahlen und gebacken werden konnte.
Es gäbe noch mehr zu berichten ...

Nach dieser Thorie ist also die Sesshaftwerdung eine Folge der Spiritualität, der Religiosität des Menschen.

Servus :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Pluto
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#124 Re: Trennung — Glaube / Wissenschaft

Beitrag von Pluto » Do 26. Jun 2014, 13:35

Rembremerding hat geschrieben:Inzwischen tendiert die Forschung dazu, dass die Sesshaftwerdung und damit einhergehend der Ackerbau und die Viehzucht (nicht nomadisierende Viehzucht!) keinerlei Überlebensvorteile für den Frühmenschen hatte.
Hast du eine Quelle für diese Tendenz (Hypothese)?

Der Vorteil der Seßhaftwerdung liegt doch auf der Hand: Sammeln von Beeren, Früchten und Pilzen ist mühsame Kleinarbeit; Jagen ist auch für den (primitiv ausgerüsteten) Jäger gefährlich. Ackerbau und Viehzucht erleichterten das Leben ganz erheblich. Dadurch dass man mehr erntete, als man für sich allein brauchte, konnten sich erstmals neue Arbeitsteilungs-Strategien entwickeln: Während die Einen zu Bauern wurden, konnten sich die anteren mehr planerischen oder spirituellen Tätigkeiten zuwenden.
Siehe auch die frühe Menschheitsgeschichte. Z. Bsp. HUNTER-GATHERERS TO FARMERS

Rembremerding hat geschrieben:Nach dieser Thorie ist also die Sesshaftwerdung eine Folge der Spiritualität, der Religiosität des Menschen.
Ach so.... da läuft also der Hase hin... :lol:

Nach meiner Meinung war Spiritualität definitiv früher vorhanden; das kann ich nur bestätigen. Das erkennt man schon an den Riten der frühen Menschen (Grabstätten mit Beigaben, Höhlenmalereien mit sprituellen Motiven) die schon zur Zeit der Sammler & Jäger, also vor 30-40 000 Jahren begannen. Andererseits, erlaubte erst die Seßhaftwerdung die mit Ackerbau und Viehzucht einherging, die Bildung von kastenähnlichen hierarchischen Strukturen in diesen frühen "Vorkulturen", die einen Zuwachs an frühreligiösen (schamanistischen) Gedanken erst ermöglichten.

So war diese erste "landwirtschaftliche Revolution" für die Menschheit im wahrsten Sinn des Wortes ein doppelter Segen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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