Erstmal finde ich es klasse dass Gläubige wie Atheisten hier auf Augenhöhe diskutieren und das auch noch mit Niveau, klasse
Ich kann mich in beiden Beiträgen selbst wiederfinden, ich hatte auch mehrere Phasen in meinem Leben wo ich mich auf die Suche nach Gott machte. Davon lies ich jedoch bald ab und ich machte mich auf die Suche nach einer Ethik. Ich habe mich als Atheist viel mit verschiedenen ethischen und moralischen Modellen befasst, sei es aus der Stoa, dem Buddhismus oder gar aus dem Völkerrecht und sogar dem paganen Heidentum. Die Suche nach einer Ethik, mündete bei mir tatsächlich in dem Finden von Gott!
Ich habe mir jahrelang den Kopf zerbrochen, warum Gläubige glauben, warum wir einen Gott denn überhaupt brauchen, wo wir doch zahlreiche humanistischen Abhandlungen über Ethik und Moral haben. Wie kann auch der Glauben - der so viele schreckliche Greuel gebiert - den Anspruch auf ethische Korrektheit erheben?
Im Gespräch mit einem kath. Seelsorger bekam ich eine neue Sichtweise. Ich fragte ihn, warum alle Menschen an irgendeinen Gott glauben müssen und ob nicht alles gegen einen Gott sprechen würde. Er antwortete mir sinngemäß: "Jeder Mensch, egal woher er kommt, egal wo er wohnt und egal woran er glaubt, jeder Mensch sehnt sich nach Liebe. Diese Liebe, dieses ALLES verbindende, das ist für mich Gott." Da fing ich an, auch wieder christliche Lehren in meiner Suche mit einzubinden. Die Initialzündung für meine Suche nach Gott, war eigentlich die Bergpredigt, die ich überhaupt zum ersten Mal las. Doch es hat noch Jahre gebraucht, bis ich von mir sagen konnte: Ich glaube an Gott. Das ist nämlich erst seit kurzem aufgrund wunderbarer Erfahrungen wieder der Fall.
Nun fand ich Gott nicht weil ich Gott suchte, ich fand ihn weil ich der Liebe auf den Grund gehen wollte. Daher kann ich Deinem Satz theophilus, dass wir Gott suchen MÜSSEN oder dass Leute die ihn leugnen arm dran sind, nicht gut finden. Steht einem Christ das Urteil zu wer arm dran ist und sein Heil nicht findet? Nein, das steht allein Gott zu, er (so ist mein Glaube) errettet durch Gnade, nicht durch Werke.
Die Ansicht von Heliaia kann ich nur zu gut nachvollziehen, denn der Grund für meinen restriktiven Atheismus waren damals u.a. Erfahrungen in der kath. Kirche. Diese Kirche erlebte ich auch nur als Zwang. Und ich finde es toll, wenn Menschen sich zwar von der Kirche und vom Glauben lossagen, aber dennoch auf der Suche nach Werten bleiben, die der menschlichen Existenz Würde angedeihen lassen. Und wenn ich es richtig verstanden habe, leugnest Du ja auch nicht grundsätzlich Übernatürliches, oder?
Ich finde in dem Zusammenhang Paulus' Lied der Liebe zeitlos schön, selbst für Nichtgläubige
1. Korinther 13 hat geschrieben:Der Weg der Liebe
1Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz, eine lärmende Zimbel.
2Und wenn ich die Gabe prophetischer Rede habe und alle Geheimnisse kenne und alle Erkenntnis besitze und wenn ich allen Glauben habe, Berge zu versetzen, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts.
3Und wenn ich all meine Habe verschenke und meinen Leib dahingebe, dass ich verbrannt werde,A aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.
4Die Liebe hat den langen Atem, gütig ist die Liebe, sie eifert nicht.
Die Liebe prahlt nicht,
sie bläht sich nicht auf,
5sie ist nicht taktlos,
sie sucht nicht das ihre,
sie lässt sich nicht zum Zorn reizen,
sie rechnet das Böse nicht an,
6sie freut sich nicht über das Unrecht, sie freut sich mit an der Wahrheit.
7Sie trägt alles,
sie glaubt alles,
sie hofft alles,
sie erduldet alles.
8Die Liebe kommt niemals zu Fall: Prophetische Gaben - sie werden zunichte werden; Zungenreden - sie werden aufhören; Erkenntnis - sie wird zunichte werden.
9Denn Stückwerk ist unser Erkennen und Stückwerk unser prophetisches Reden.
10Wenn aber das Vollkommene kommt, dann wird zunichte werden, was Stückwerk ist.
11Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, überlegte wie ein Kind. Als ich aber erwachsen war, hatte ich das Wesen des Kindes abgelegt.
12Denn jetzt sehen wir alles in einem Spiegel, in rätselhafter Gestalt, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich ganz erkennen, wie ich auch ganz erkannt worden bin.
13Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Die grösste unter ihnen aber ist die Liebe.
Selbst ausgemachte Religionshasser werden zumindest der Liebe und der Hoffnung einen gewissen Stellenwert einräumen und das wäre ein gemeinsamer Nenner um sich gegenseitig auf Augenhöhe zu begegnen. Natürlich finde ich als Christ es schön, wenn mein Gegenüber auch an Gott glaubt, und natürlich ist es als Christ auch meine Aufgabe das Evangelium in die Welt zu tragen, aber ich will nicht Menschen gegen ihren Willen zu bekehren versuchen und damit letztlich dem Ansehen meines Glaubens zu schaden. Aber ich kann andere Menschen in ihrem Tun bestärken, ohne mit Gott kommen zu müssen. Viele Menschen blocken bei "Gott", "Religion", "Glaube" sofort ab, habe ich ja selbst früher. Aber mir ist ein Atheist, mit dem ich mich über Nächstenliebe unterhalten kann tausendmal lieber als ein Christ, der sich über Nicht-Glaubende stellt.
Theophilus hat geschrieben:Doch nur auf dem Berge Horeb im Sinai finden wir den wahren Gott, oder seit neuesten in Christus am Kreuz offenbar wurde, dort gewinnt er Form und Substanz.....er (es =Gott) ist greifbar.
Lieber Theophilus, den wahren Gott finden wir auf keinem Berg, in keinem Tempel und in keinem Geschichtsbuch. Wir können nur nach ihm suchen und seinen Hinweisen folgen und nach seinem Willen, den er uns in der Überlieferung offenbart hat, leben. Wir sind niemals sicher, ob Gott existiert oder nicht existiert. Ich bin sicher, dass er existiert, denn was ich nach Gebeten erlebt habe kann nicht alles Zufall sein. Und ich behaupte mal, dass nicht alle Menschen vollkommen entfremdet sind vom Transzendenten, höchstens entfremdet von dem, was DU und ICH Gott nennen, wovon wir aber selbst nur GLAUBEN dass es richtig ist.
Für den Nächsten da sein... man kann auch SEINE Werke tun ohne an IHN zu glauben. Wenn in der Bibel steht, das man glauben muss, so ist das ein Gebot für uns, die sich schon zu ihm bekennen. Woher soll ich die Gewissheit haben, dass er nicht all jene erlöst, die nicht an ihn glauben?