Bedingungsloses Grundeinkommen

Säkularismus
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Pluto
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#411 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Pluto » Do 10. Sep 2015, 00:05

closs hat geschrieben:Ich habe noch nie verstanden, warum Gesellschaften immer moralische Feigenblätter brauchen - warum nicht so sagen, wie es ist?
Sehe ich genauso. :smiley15:

Ist denn das BGE auch so ein "moralisches Feigenblatt"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#412 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von closs » Do 10. Sep 2015, 00:21

Pluto hat geschrieben:Ist denn das BGE auch so ein "moralisches Feigenblatt"?
Wenn es ernst gemeint, nicht. - "Feigenblatt" heisst ja im Grunde, dass man etwas vortäuscht.

Was das BGE selber angeht, hätte ich aus Gründen staatlicher Bequemlichkeit kein Problem, die gesetzlich zustehende Grundsicherung an jeden auszuzahlen. - Dabei würde man sich endlose Behörden-Kosten sparen. - Das dazu benötigte Geld könnte man sich über solche Einsparungen sowie über eine veränderte Steuerpolitik reinholen.

Eigentlich ist es eine Phantom-Debatte - denn Quersubventionen sind eh gang und gäbe. - Bei den Banken hat's der letzte gemerkt - die Atomkonzerne versuchen momentan, über Konzern-"Gestaltungen" um die zugesagten Gelder für Rückbau der Atomkraftwerke rumzukommen. - Da ist also absehbar, dass auch hier demnächst wieder mal Milliarden an Verbindlichkeiten sozialisiert werden, nachdem die Gewinne privatisiert wurden.

Warum nicht auch Grundsicherungskosten per BGE zahlen? Rein emotionale Gründe.

JackSparrow
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#413 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von JackSparrow » Do 10. Sep 2015, 03:27

barbara hat geschrieben:und du meinst, dass jene, die heute am Förderband stehen, und pro Tag 20 Türen oder 100 Schlösser montieren, immer noch Bock haben auf ihren Job?
Leider benötigen auch BGE-Bezieher manchmal Türen und Schlösser, welche demzufolge von irgendjemandem produziert werden müssen. Aber die kann man ja aus China importieren. Dort wohnt dann die ausgebeutete Arbeiterklasse, während wir endlich alle zur Burgeoisie aufgestiegen sind.

es spricht eigentlich nichts dagegen, ein paar Sachen wieder in Handarbeit zu produzieren
Und wer hätte nicht gern eine schöne Bergbaumine im Garten, um in liebevoller Handarbeit etwas Eisenerz aus dem Felsen hacken und dem geschätzten Nachbarn mal wieder einen neuen Kochtopf schenken zu können.

Dann kann man sie nämlich massgefertigt dem Kunden anpassen, wie das früher ganz normal war, und heute aber nicht mehr ist.
Wenn du dem Produzenten die benötigte Arbeitszeit bezahlst, baut der für dich sehr gern auch heute noch einen maßgefertigten Kochtopf.

barbara
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#414 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von barbara » Do 10. Sep 2015, 07:00

JackSparrow hat geschrieben: Leider benötigen auch BGE-Bezieher manchmal Türen und Schlösser, welche demzufolge von irgendjemandem produziert werden müssen. Aber die kann man ja aus China importieren. Dort wohnt dann die ausgebeutete Arbeiterklasse, während wir endlich alle zur Burgeoisie aufgestiegen sind.

ja, *manchmal* benötigt man Türen und Schlösser. Und andere Waren. Aber keineswegs in den rauhen Mengen, die produziert werden, sodass Absurditäten wie geplante Obsoleszenz möglich sind, einfach um den Umsatz künstlich hoch zu halten.

Und wer hätte nicht gern eine schöne Bergbaumine im Garten, um in liebevoller Handarbeit etwas Eisenerz aus dem Felsen hacken und dem geschätzten Nachbarn mal wieder einen neuen Kochtopf schenken zu können.

Es sind genug Metalle im Umlauf, und auch genug Kochtöpfe. meine älteste Pfanne ist bald 70 Jahre alt und zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen, und die wird es auch noch... keine Ahnung... unendlich lange tun.

Wenn du dem Produzenten die benötigte Arbeitszeit bezahlst, baut der für dich sehr gern auch heute noch einen maßgefertigten Kochtopf.

Oder ich mach's gleich selbst, mir selbst muss ich die eigene Zeit ja nicht zahlen. oder tausche was mit andern. Es gibt ja schliesslich Freunde.

gruss, barbara

Novas
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#415 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Novas » Do 10. Sep 2015, 08:20

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ist denn das BGE auch so ein "moralisches Feigenblatt"?
Wenn es ernst gemeint, nicht. - "Feigenblatt" heisst ja im Grunde, dass man etwas vortäuscht.

Was das BGE selber angeht, hätte ich aus Gründen staatlicher Bequemlichkeit kein Problem, die gesetzlich zustehende Grundsicherung an jeden auszuzahlen. - Dabei würde man sich endlose Behörden-Kosten sparen. - Das dazu benötigte Geld könnte man sich über solche Einsparungen sowie über eine veränderte Steuerpolitik reinholen.

Eigentlich ist es eine Phantom-Debatte - denn Quersubventionen sind eh gang und gäbe. - Bei den Banken hat's der letzte gemerkt - die Atomkonzerne versuchen momentan, über Konzern-"Gestaltungen" um die zugesagten Gelder für Rückbau der Atomkraftwerke rumzukommen. - Da ist also absehbar, dass auch hier demnächst wieder mal Milliarden an Verbindlichkeiten sozialisiert werden, nachdem die Gewinne privatisiert wurden.

Warum nicht auch Grundsicherungskosten per BGE zahlen? Rein emotionale Gründe.


So ist es. Endlich mal ein paar vernünftige Worte zum Thema.
Zuletzt geändert von Novas am Do 10. Sep 2015, 08:50, insgesamt 1-mal geändert.

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#416 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Novas » Do 10. Sep 2015, 08:34

barbara hat geschrieben: zumindest in der Welt jener wäre das der Fall, die das Grundeinkommen ablehnen und die ausschliesslich und nur wegen dem Lohn Ende Monat arbeiten gehen, und die keinen sonstigen Gewinn aus ihrer Arbeit ziehen, keinen Sinn, keine Freude, keine Resultate.

gruss, barbara

Das ist wirklich schade. :( Visionäre braucht die Welt

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#417 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von 2Lena » Do 10. Sep 2015, 21:11

Pluto hat geschrieben: Gibt es denn einen moralischen Unterschied zwischen einer Sozialleistung und dem BGE?
Aber sicher. Jeder, der zu 1 € Jobs verdonnert wurde oder zahllose, oft vergebliche Bewerbungen auf den Tisch legen muss, ist nicht nur in einem System als zweite-Wahl eingestuft, sondern mit jedem Behördenkontakt weiter degradiert.

Letztendlich ist es so, dass die "Wirtschaft" volle Leistungsfähigkeit will. Wenn sie nicht mehr gegeben wird, muss der Staat für die abgeschobenen Leute aufkommen - was er immer weniger kann, den Druck erhöht.

Viele Fremdarbeiter gingen nach Deutschland zu Geldverdienen. Mit dem Ersparten konnten manche einen kleinen Betrieb in der Heimat aufbauen, oder ein Haus bauen. Dieser Rückzug ist durch die Zunahme der Lohnabhängigkeit hier nicht mehr gegeben. Der Staat braucht mehr Mittel für die Leistungsempfänger, die ihrerseits einen Teil der "Wirtschaft" ausmachen, genau wie ihre Krankheiten. Die bringen Umsätze, sind aber eigentlich Schäden. Die Folgen sind Gebühren- und Steuererhöhungen, mehr Druck auf die Kreditinstitute, die Geld vermehren wollen / müssen, Druck auf die Wirtschaft, mehr Gewinne zu machen, etc. So geht das weiter, eine Runde nach der anderen. Mit mehr Wirtschaft kommen mehr Umweltschäden, etc.

... mit anderen Worten gesagt: Negativwirtschaften ohne Ende, vom Rabenvater Staat am Ruder vorne.
... während hinten Mutter Erde vergeblich gegen die Schäden kämpft und alles gratis für alle gibt.

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#418 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Pluto » Do 10. Sep 2015, 22:03

2Lena hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Gibt es denn einen moralischen Unterschied zwischen einer Sozialleistung und dem BGE?
Aber sicher. Jeder, der zu 1 € Jobs verdonnert wurde oder zahllose, oft vergebliche Bewerbungen auf den Tisch legen muss, ist nicht nur in einem System als zweite-Wahl eingestuft, sondern mit jedem Behördenkontakt weiter degradiert.
Du weichst meiner Frage aus.
Was bitte haben 1-Euro Jobs mit Sozialleistungen zu tun?

2Lena hat geschrieben:Letztendlich ist es so, dass die "Wirtschaft" volle Leistungsfähigkeit will. Wenn sie nicht mehr gegeben wird, muss der Staat für die abgeschobenen Leute aufkommen - was er immer weniger kann, den Druck erhöht.
Und du meinst, das wäre mit einem BGE gelöst?
Wer soll denn den BGE bezahlen, wenn schon der Staat mit den Sozialleistungen (Hartz IV) Probleme hat?

Meines Erachtens wäre ein BGE nur mit einer massiven Steuererhöhung machbar. Wollen das die Wähler überhaupt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#419 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von 2Lena » Fr 11. Sep 2015, 08:22

Pluto hat geschrieben:Du weichst meiner Frage aus.
Was bitte haben 1-Euro Jobs mit Sozialleistungen zu tun?
Von diesem Geld kann keiner leben.
Wer verdient es? Es bleibt ein flaues Gefühl beim Betroffenen. Vermutlich hat er frustrierte Gefühle wegen vergeudeter Chancen. Vermutlich gibt es leere Versprechen, gefolgt von stiller Demotivierung. Oder da folgen eben andere Extreme, wie permanente Rücksichtslosigkeiten oder mehr Rechte haben wollen / müssen. Auf Dauer ist es schwer am Minimum - bei extremen Schwankungen ohne Ausgleiche - leben zu können.

Pluto hat geschrieben:Meines Erachtens wäre ein BGE nur mit einer massiven Steuererhöhung machbar. Wollen das die Wähler überhaupt?
Machbar ist so ein Prinzip schon. Ob das vor dem heutigen "?"Hintergrund der Gewinnmaximierung gehen würde - darüber sagen die angesprochenen, meist recht kritischen, Diskussionsbeiträge schon eine Menge Gründe.

Es müsste ein ganz anderes Wirtschaftsmodell geben, das dies schultern kann. Heute sind Immobilien- Versicherungs- Bankengewinne der Geldmotor. An dem Geldfluss hängt ganz hinten die Landwirtschaft, von der alles lebt. Da meint man bei 0,51 € endlich günstig Milch einzukaufen, auf die ein Landwirt 20 Cent drauflegt, damit er erzeugen kann. Dass das nicht gut gehen kann, müsste einleuchten.

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#420 Re: Bedingungsloses Grundeinkommen

Beitrag von Pluto » Fr 11. Sep 2015, 14:01

2Lena hat geschrieben: Auf Dauer ist es schwer am Minimum - bei extremen Schwankungen ohne Ausgleiche - leben zu können.
Meinst du nicht, dass die Hartz IV Zahlungen stabil und zuverlässig kommen? Viele Menschen leben von dieser Errungenschaft, und da ist Deutschland einsame Spitze in der Welt.

Zur Erinnerung...
Meine Frage war: Was unterscheidet Hartz IV vom BGE, außer dass das BGE an alle Menschen bezahlt werden müsste, nicht nur an Bedürftige?

2Lena hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Meines Erachtens wäre ein BGE nur mit einer massiven Steuererhöhung machbar. Wollen das die Wähler überhaupt?
Machbar ist so ein Prinzip schon.
Ja natürlich, aber zu welchem Preis?
Steuern kann man nicht beliebig erhöhen. Das haben schon viele Ökonomien lernen müssen: Wenn der Anreiz nicht mehr da ist, zu arbeiten, erlischt irgendwann die Lust auf Arbeit.

2Lena hat geschrieben:Da meint man bei 0,51 € endlich günstig Milch einzukaufen, auf die ein Landwirt 20 Cent drauflegt, damit er erzeugen kann. Dass das nicht gut gehen kann, müsste einleuchten.
Stimmt. Wenn aber der Landwirt draufzahlt, sollte er darauf reagieren und weniger statt mehr produzieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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