Das Schweigen der Männer

Säkularismus
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sven23
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#31 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von sven23 » Fr 28. Aug 2015, 19:07

closs hat geschrieben: Die eigentliche Aufarbeitung der Betroffenen ist aus meiner Sicht gar nicht so sehr das Problem, sondern der Umstand, dass die Missbrauchs-Affäre dauerhaft als Munition gegen die Kirche verwendet wird. -
Daran trägt die Kirche aber eine gehörige Mitschuld, denn es läge an ihr, die Skandale abschließend aufzuklären, um einen Schlußstrich zu ziehen. Der dabei zu erwartende Gegenwind kann als kathartische Buße angesehen werden.
Bis heute zieht sie es aber vor, das Problem auszusitzen und auf die biologische Endlösung zu hoffen, d. h. wenn Opfer und Täter gestorben sind.
Das ist einer Institution mit einem moralisch hohen Anspruch nicht würdig, paßt aber nahtlos ins Bild der RKK, die immer das Ansehen der Institution höher achtete als die Opfer.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#32 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von closs » Fr 28. Aug 2015, 21:27

sven23 hat geschrieben:Daran trägt die Kirche aber eine gehörige Mitschuld, denn es läge an ihr, die Skandale abschließend aufzuklären, um einen Schlußstrich zu ziehen.
Spätestens der Fall Wullf hat gezeigt, dass das nicht funktioniert.

sven23 hat geschrieben:Das ist einer Institution mit einem moralisch hohen Anspruch nicht würdig
Mit welcher eigenen Substanz glaubt eigentlich die säkulare Gesellschaft, Richter oder wenigstens Maßstab zu sein, wann wer moralischen Ansprüchen genügt oder nicht?

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Magdalena61
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#33 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von Magdalena61 » Sa 29. Aug 2015, 02:00

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Wem nützt das etwas, immer wieder in demselben Tümpel schwimmen zu gehen, für den die Öffentlichkeit nachhaltig sensibilisiert ist
Es nützt dem Zeitgeist, der seine Feindbilder braucht.
Ich würde sagen es nützt so lange etwas, wie das Entsetzen und die Ernsthaftigkeit der Taten bei manchen Gruppierungen noch nicht angekommen ist.
Sünde ist Sünde, ob sie nun von offiziellen Gläubigen begangen wird oder von offiziellen Atheisten/ Agnostikern, und das Wesen, die Auswirkungen der Sünde sind immer destruktiv für die Opfer. Mit dem Maß, mit dem wir (andere) messen (und aburteilen) werden wir AUCH gemessen werden. Ist das den Kirchenkritikern eigentlich klar?

KEIN einziger Gläubiger, der das Evangelium ernst nimmt, kann ungerührt bleiben, wenn die Gemeinde Jesu beschmutzt wird und in die Negativ-Schlagzeilen gerät. Andererseits wird von Seiten der "Kritiker" gerne und inbrünstig polemisiert, mit dem Ziel, die Organisation als Ganzes schlecht zu reden. Von "sachlicher Aufklärung" kann keine Rede sein.

Deswegen ist es verständlich, wenn die Kirchen und Gemeinschaften nicht ständig Rechenschaft ablegen wollen. Warum sollten sie auch?

Aber warum kümmern sich kirchenferne Mitbürger überhaupt darum, was in der Kirche läuft? Haben sie denn keine anderen Baustellen, im säkularen Bereich, in welchem sie Verantwortung wahrnehmen sollten?
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#34 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 02:03

:thumbup:

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Magdalena61
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#35 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von Magdalena61 » Sa 29. Aug 2015, 02:12

Es könnte sein, dass dem einen oder anderen der folgende Beitrag bereits bekannt ist. :)

Das ist ein Bericht aus erster Hand, nämlich von mir. Die Sache ist vielleicht 10 Jahre her oder etwas länger.
__________________________________________________________________________________________________________________

Manchmal kann ich mich des Verdachts nicht erwehren: Der Vorwurf des "Mißbrauchs" ist zu einem beliebten Instrument geworden, wenn jemand einem Pfarrer etwas anhängen will.

Vor einigen Jahren ging- nicht an meinem jetzigen Wohnort- ein Fall durch die örtliche Presse. Ich nenne keine Namen, um die Identität der betroffenenen Personen nicht preiszugeben.

Einem katholischen Geistlichen wurde vorgeworfen, ein oder zwei Mädchen sexuell mißbraucht zu haben. Er bestritt diese Vorwürfe.
Es kam zu einem Strafbefehl, den er akzeptierte, obwohl er weiterhin der Anklage widersprach.

Da der Name des Pfarrers in der Zeitung stand suchte ich ihn im Telefonbuch und rief ihn an. Ich wollte von ihm selbst hören, was geschehen war und wollte wissen, warum er den Strafbefehl akzeptiert hatte.

Er war ein freundlicher, gebildeter Mann, wir unterhielten uns etwas länger... vielleicht war er froh, dass ihm endlich mal jemand zuhörte, der ihn nicht gleich verurteilte. Er hat mir glaubhaft erklärt und beschrieben, dass er sich nicht des Mißbrauchs schuldig gemacht hatte.

Was er getan hatte? Das war nun freilich unklug gewesen. Er hatte einmal den Arm um ein Mädchen gelegt-- um die Schulter! vielleicht auch bei beiden (Mädchen), das weiß ich nicht mehr. Und die jungen Dinger machten sich dann wichtig... Trittbrettfahrer gibt es viele.

Ich fragte den Pfarrer, warum er es nicht auf ein Gerichtsverfahren ankommen ließe. Er meinte, sinngemäß wiedergegeben--- "dass Ruhe einkehren müsse"... und "er wolle es den Mädchen ersparen, bei Gericht aussagen zu müssen".

DAS ist ein Hirte... der sein Leben gibt für die Schafe... und der dadurch, dass er sich selbst beschuldigen ließ, den Mädchen die Sünde falscher Anklage gegen ihn VOR GERICHT ersparte. Ein stiller Held, dem es wichtiger war, die Mädchen vor dieser Sünde zu bewahren als seinen guten Ruf und seine Arbeitsstelle zu behalten.

Ich habe mich relativ lange mit ihm unterhalten, da war ein Verstehen... er hat selbst eingesehen, dass es falsch war, die Mädchen überhaupt anzufassen.

Ich meine, die Eltern der Mädchen hätten das direkt mit ihm klären müssen, nachdem er ja keinen Versuch unternahm, den Vorfall zu verschleiern. Und weil eben DAS die Wahrheit hinter der teilweise reißerisch aufgemachten Berichterstattung in den Medien war stehe ich diesen medienwirksamen Anklagen gegen Geistliche sehr distanziert gegenüber.
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#36 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von sven23 » Sa 29. Aug 2015, 06:43

closs hat geschrieben:Spätestens der Fall Wullf hat gezeigt, dass das nicht funktioniert.
Der Fall Wulff hatte ganz andere Prämissen.

closs hat geschrieben: Mit welcher eigenen Substanz glaubt eigentlich die säkulare Gesellschaft, Richter oder wenigstens Maßstab zu sein, wann wer moralischen Ansprüchen genügt oder nicht?
Man sollte die Kirche an ihrem eigenen moralischen Anspruch messen. Über 2000 Jahre hat die Kirche ihre Schäfchen zur Buße angehalten, jetzt wäre sie selbst mal an der Reihe, um mit gutem Beispiel voran zu gehen.
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#37 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 09:32

sven23 hat geschrieben:Man sollte die Kirche an ihrem eigenen moralischen Anspruch messen.
Innerhalb der Kirche hat es doch viel Entschuldigungen und Aktivitäten gegeben - daran liegt es nicht. - Du erweckst den Eindruck, dass es eher um einen Kotau vor der säkularen Meinungs-Gesellschaft geht.

Magdalena61 hat geschrieben: Er hatte einmal den Arm um ein Mädchen gelegt-- um die Schulter!
Diesbezüglich weiß ich von einem Pfarrer, der "Schäfchen" bei der Verabschiedung umarmt hat - dies ist ihm seit der Missbrauchs-Affäre verboten worden.

Magdalena61 hat geschrieben:Trittbrettfahrer gibt es viele.
Es gibt selbstverständlich echte und zum Teil heftige Missbrauchsfälle - aber auch Trittbrettfahrer. - Zwei wurden in meinem Umfeld aufgedeckt: Eine Frau, die seit Jahren (also schon VOR der öffentliche Wahrnehmung) Geld von der Diözese Geld für psychische Aufarbeitung bekommen hat - bis sich geklärt hat (auch durch ihr Geständnis), dass ihr Missbrauchsfall erfunden war. - Ein Mann, der seitenweise Platz in Tageszeitungen für seine Missbrauchs-Story bekam, bis sich herausstellte, dass seine Firma bankrott war und er deshalb die geforderten 700.000 Euro haben wollte.

Hätte es einen fairen und wahrhaft kritischen Umgang mit diesem Thema gegeben, wäre den tatsächlichen Opfern gedienter gewesen.

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#38 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von sven23 » Sa 29. Aug 2015, 10:54

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man sollte die Kirche an ihrem eigenen moralischen Anspruch messen.
Innerhalb der Kirche hat es doch viel Entschuldigungen und Aktivitäten gegeben - daran liegt es nicht. - Du erweckst den Eindruck, dass es eher um einen Kotau vor der säkularen Meinungs-Gesellschaft geht.
Tja, ich fürchte, ohne den Gang nach Canossa im Büßergewand wird das nichts mit der Rehabilitierung.
Der Bischof von Osnabrück hats vorgemacht, nur den Symbolen müssen auch Taten folgen.

Nebenbei: Eine historische Aufarbeitung ohne die Rolle der Bischöfe zu beleuchten ist schlichtweg undenkbar. Auch das muß die Kirche endlich begreifen.
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#39 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 10:56

sven23 hat geschrieben:wird das nichts mit der Rehabilitierung.
Vor WEM? - Vor der säkularen Gesellschaft? - Sicher nicht. - Die Kirche will sich ausschließlich vor den Opfern rehabilitieren.

sven23 hat geschrieben: Eine historische Aufarbeitung ohne die Rolle der Bischöfe zu beleuchten ist schlichtweg undenkbar.
Natürlich sind die Bischöfe in ihrer politischen Verantwortung miteinzubeziehen.

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#40 Re: Das Schweigen der Männer

Beitrag von sven23 » Sa 29. Aug 2015, 11:02

closs hat geschrieben:Vor WEM? - Vor der säkularen Gesellschaft? - Sicher nicht. - Die Kirche will sich ausschließlich vor den Opfern rehabilitieren.
Vor wem sonst, auch die Opfer sind Teil der säkularen Gesellschaft und die Kirche lebt nicht im luftleeren Raum. Sie wird das noch begreifen müssen.

closs hat geschrieben: Natürlich sind die Bischöfe in ihrer politischen Verantwortung miteinzubeziehen.
Politische Verantwortung ist meist ein Synonym für null Verantwortung. Es geht auch um rechtliche Verantwortung, wenn gegen bestehendes Kirchenrecht verstoßen wurde. Auch das bedarf der Aufklärung.
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