Thaddäus hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Aus meiner Sicht gibt es letztlich keine Gedanken, propositionalen Einstellungen, Gefühle, Wünsche, Hoffnungen usw., kein Bewusstsein.
So kommen wir nicht weiter, denn mit dieser Aussage begehst du einen performativen Widerspruch!
Nein, das tue ich nicht.
Die „Existenz von Gedanken“ und das Zustandekommen der „Überzeugung vom Vorhandensein von Gedanken“ sind zwei vollständig unterschiedliche Bereiche.
Die „Überzeugung vom Vorhanden sein von Gedanken“ (phänomenal, also nicht-sprachlich) führt dabei „genauso“ zu der Aussage: „Ich habe Gedanken“.
Im Alltag kann man ohne Probleme sagen „Ich habe Gedanken“ und von Gedanken, als etwas, irgendwie greifbar Existentiellem ausgehen – das funktioniert dort prima.
Wenn es aber darum geht, herauszufinden, wie diese Situation zustande kommt und dabei lediglich das Gehirn als objektiv existenzielle Grundlage/Verbindung vorhanden ist, dann sollte man einen Schritt zurück machen.
Da du anscheinend keine Idee, keinen Ansatz hast, aus was Gedanken usw. sein sollen, müsste das für dich ein zusätzlicher Anreiz sein, einen Schritt zurück zu machen.
Was hindert dich daran?
Ist es die subjektive Feststellung, also die unmittelbare Überzeugung, dass Gedanken vorhanden sind?
Genau darin liegt doch die wesentliche Funktion.
Die „Überzeugung vom Vorhandensein“ ist die Elementarfunktion, über die das Bewusstsein stattfindet (aber „leider“ nicht existentiell, sondern nur im „Wechselspiel der Funktionen“).
Du bestätigst dies ja sogar (zumindest kann man es dahin interpretieren).
Zitat-Thaddäus: „
Ich sage lediglich, dass jeder unzweifelhaft und unhintergehbar feststellen kann, dass er Bewusstsein hat“
Ja, jeder stellt etwas fest => „jeder besteht“ aus diesen Überzeugungen.
Selbst wenn du von der Existenz von „Farbe“ und einem „Subjekt/Ich“ ausgehen möchtest, muss dir klar sein, dass „Du“, als Bewusstseinskern, nicht die Farbe selbst, sein kannst.
Somit musst du immer eine Verstehreaktion auf „das Andere“ leisten. Es muss zu einem Kontakt und einer anschliessenden Wirkung kommen.
Die Wirkung ist in diesem Fall das Ablaufen der „Überzeugung vom Vorhandensein von Farbe“.
Das bedeutet, dieser Verstehvorgang muss der innerste Schritt, die innerste, unmittelbarste Funktion, sein.
Erst wenn dieser Vorgang geklärt ist, kann man den Existenzstatus „des Anderen“ untersuchen.
Thaddäus hat geschrieben:Das heißt, ich behaupte lediglich, dass du, wenn du z.B. in einen Apfel beißt, empfinden kannst, wie er schmeckt. Möchtest du das bestreiten?
Wenn du das bestreitest, dann tue es jetzt und hier und schreibe, dass du es bestreitest!
Ich bestätige, dass es zur Überzeugung kommt, dass „ein konkreter Geschmack des Apfels vorliegt“, wobei aber keine Idee vorhanden ist, (aus) was Geschmack sein soll – also die Bedeutung ist glasklar (dennoch, irgendwie nicht von mir – zumindest bin ich mir dessen nicht bewusst), aber ansonsten: keine Analyse, kein Zugang, kein Verstehen.
Ich vermute, dass die Sensorzellen bei Kontakt mit dem Apfel, elektrische Impulse ans Gehirn liefern, die dort datenverarbeitungstechnisch ausgewertet werden, wodurch es im sonstigen Wechselspiel der Bedeutungszusammenhänge zum Ablaufen der „Überzeugung von Geschmack“ kommt (natürlich eine Phänomenal-Überzeugung, also nicht-sprachlich).
Den Geschmack als eigene „phänomenale Existenz“ gibt es dabei (aus meiner Sicht) aber nicht.
Ich bestreite also in keiner Weise die Überzeugung (die Feststellung), aber von einem „immateriellen Geschmack“, den man philosophisch, mit der Welt der Dinge auf die gleiche Realitäts-/Wirklichkeitsstufe stellen könnte, gehe ich nicht aus.
Thaddäus hat geschrieben:Es ist also ganz und gar kein "Rätsel" warum solche <„unhintergehbaren“ und „nicht bestreitbaren“ Ansprüche> aufgestellt werden können! Es ist im Gegenteil sogar ganz und gar offensichtlich, warum sie aufgestellt werden können. Wir können sie aufstellen, weil wir sie faktisch haben!
Kann man sich auf so ein Urteil verlassen?
Was sind Urteile wert, wenn sie von jemandem kommen, der keinerlei Hintergrundanalyse durchführen kann?
Schau dir mal dieses Bild an:
Linien
Sind die Linien schräg?
„Klar, unzweifelhaft, unhintergehbar erfahrbar - das Urteil passt“
Nein, leider passt das Urteil nicht – die Linien sind
nicht schräg, sondern parallel.
(wer es nicht glaubt, kann Bereiche abdecken oder die Abstände nachmessen)
Jetzt, da du es weisst, versuch das Bild korrekt zu „sehen“ – auf geht’s, maximale Konzentration .
Warum gelingt es dir nicht?
Du kennst doch jetzt die Existenzverhältnisse und kannst die Wirklichkeit durch deinen Willen faktisch korrekt erfahren.
Warum ist die Schräge für dich „zwanghaft“ da, obwohl sie gar nicht da ist?
Bist du der Meinung, dass es „immaterielle schräge Linien“ oder die „immaterielle Schräge“ gibt?
Dieses Bild sehe ich als Beispiel an, wie stark die „Überzeugung vom Vorhandensein“ sein kann: Wahrnehmung einer Ausprägung, die so gar nicht existieren kann.
Wie war das noch mit dem „Haben von Gedanken“?
(Naja, objektiv kann man „Gedanken“ nicht feststellen/auffinden)
Thaddäus hat geschrieben:Ich sage die ganze Zeit, was es sein soll.
Wenn ich sage, du kannst jederzeit bei dir selbst feststellen, dass du Gedanken hast und weißt, welche Inhalte deine Gedanken haben; dass du bewusst bist und dabei gleichzeitig weißt, dass du dich auch nicht darüber täuschen kannst, dass du bewusst bist, solange du bewusst bist; dann sage ich dir doch ziemlich konkret, worum es sich handelt.
Nein, denn deinem oder meinem Urteil unterliegt auf dieser Basis, keinerlei Analysekraft.
Wir verwenden dadurch in der „Beweisführung“ einen Zusammenhang, den wir eigentlich erklären wollen – so was ist aber nie gut.
Thaddäus hat geschrieben: SilverBullet hat geschrieben:…sondern „Rot ist die Bedeutung“
Dem stimme ich zu! Am besten spricht man hier aber von einer rot-Empfindung, also einem rot-Qualium (da der Begriff der "Bedeutung" in der modernen Philosophie seit Frege anders verwendet wird).
Nein, das sollte man nicht tun, denn das Gehirn „empfindet“ nicht und des Weiteren kann keinerlei Vorgang analysiert werden (also liegt auch eher keine Handlung, kein Verlauf vor).
Schaltoperationen entsprechen (sofern sie zu einer korrekten Funktion führen) aber immer konkreten Bedeutungszusammenhängen.
Letztlich ist das Gehirn vorhanden, während das „Selbstverständnis“ aus der Wahrnehmungsverarbeitung rätselhaft ist.
Somit ist es ratsam eine Vereinheitlichung (vom Gehirn ausgehend) zu suchen. Da hilft es nichts, wenn man Begriffe verwendet, die in direkter Beziehung zum Rätsel stehen.
Thaddäus hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Das „Haben eines Gedankens“ ist eine Bedeutung, über die (zusammen mit vielen anderen) das Bewusstsein stattfindet - aber nur innerhalb der Abläufe, auf die diese Bedeutung eine Auswirkung hat, also ein Zusammenhang besteht.
Hier sprichst du nun wieder von Gedanken und Bewusstsein und stellst Hypothesen über sie auf. Weiter oben bestreitest du aber, dass es Gedanken und Bewusstsein überhaupt gibt. Was denn jetzt?
Nein, ich weise explizit daraufhin, dass es (aus meiner Sicht) nur
innerhalb der Abläufe zu den Bedeutungszusammenhängen „Haben von Gedanken“ und „Haben von Bewusstsein“ kommen kann. Dies ist aber eine virtuelle Form, also keine, mit der Wirklichkeit vergleichbare Existenz.
Das Bewusstsein findet innerhalb von Bedeutungsfunktionen statt, von aussen betrachtet, existiert es aber nicht.
Es „bildet“ sich sozusagen
eine Fähigkeit, ohne die darin behauptete Existenz.
(Das ist auch der Grund, warum ich den, von dir angesprochenen Widerspruch nicht begehe – ich kann die Existenz in Frage stellen, aber die Fähigkeit behalten/verwenden)
Thaddäus hat geschrieben:Ähem, - ich stelle oben genau solche Bedeutungszusammenhänge her, wenn ich darüber schreibe, dass wir unhintergehbar feststellen können, Gedanken, Bewusstsein, Qualia-Erlebnisse usw. zu haben und sie auch anderen Menschen immer schon zusprechen!
Nein, vom „unhintergehbaren Feststellen des Faktischen“ spreche ich nicht.
Ich ziele auch nicht auf „immaterielle Existenzen“ oder „materielle Bewusstseinsexistenzen“ ab.
Thaddäus hat geschrieben:Ich stimme dir aber zu, dass wir offenbar Gehirn und Nervenbahnen benötigen, um bewusst sein zu können, Gedanken haben zu können usw.
Ich bin mir nicht so sicher, ob du mir zustimmst.
Letztlich möchtest du (vermutlich) auf die „immateriellen Existenzen“ hinaus.
Zumindest erkläre ich mir so dein Bestreben, Texte von „Markus Gabriel“ und den „Neuen Realismus“ als Untermauerung deiner Position zu verwenden.