Pluto hat geschrieben:Andreas hat geschrieben:Der Zufall gefährdet unser Sicherheitsbedürfnis, unsere Eitelkeit, unseren freien Willen, unsere Planung. Unvorhersehbar lauert er latent hinter jeder Ecke und er ist unerklärlich. Deswegen kann der Zufall zwar eine wahre Antwort sein, aber keine mit der man zufrieden sein könnte. Es fällt mir schwer das zu glauben, ich kann mir das nicht vorstellen.
Der Zufall ist im Negativen eine unpersönliche Kröte, die man in einem Stück schlucken muss. "Wo war der Zufall in Auschwitz" macht keinen Sinn. Reiner Zufall, dass Hitler als Mann geboren wurde und nicht als Frau. Ende Gelände.
Man könnte in deinen Beispielen das Wort "Zufall" durch "Unkenntnis" ersetzen, ohne dass der Sinn verändert wird.
Zufall erscheint uns nur deshalb bedrohlich, weil es das Unbekannte, nicht Verstandene darstellt.
Danke Andreas für deinen Beitrag, du hast das ausgedrückt, was ich auch empfinde, für das ich aber irgendwie nicht die richtigen Worte gefunden habe.
Ich würde nur einen etwas anderen Akzent setzen und damit der Antwort meiner Frage etwas näher kommen.
Ersetzen wir, wie Pluto vorgeschlagen hat, im Beitrag von Andreas das Wort Zufall gegen Unkenntnis (was ja faktisch korrekt ist), dann kommt die ganze Wahrheit der Aussage von Andreas zum Tragen. Die Unkenntnis bedeutet Unfähigkeit zur Kontrolle der Situation, Hilflosigkeit, Unmöglichkeit zu reagieren oder sogar zu lernen. Unser Grundbedürfnis, den negativen Situationen in Zukunft auszuweichen (oder die positiven zu wiederholen) wird nicht befriedigt, weil wir nichts in der Hand haben, mit dem wir die Zukunft steuern können.
Setzen wir an Stelle der Unkenntnis das Wort Gott, dann mag die Situation prinzipiell genauso aussehen, ändert sich aber fundamental. Denn Gott ist persönlich, er ist ansprechbar, er ist möglicherweise sogar beeinflussbar. Wie wir mit fremden Personen umgehen, die unser Leben beeinflussen, wissen wir. Uns steht die ganze Palette der Anklage, der Schmeichelei, der Bestechung (Opfer) und des Gebets zur Vefügung. Wir sind nicht mehr hilflos, auch wenn ein Ungläubiger das vielleicht anders sehen würde.
Setzen wir an die Stelle der Unkenntnis das Wort Zufall, dann entfällt diese persönliche Beziehung, denn Zufall ist per Definition ein unpersönliches Wirkprinzip. Dennoch hat man etwas verändert. Denn das Wort Zufall wird dann genauso gebraucht, wie die Modellierungen in der Naturwissenschaft. Zufall gaukelt bekannte Wirkmechanismen vor, kommt daher im Gewand eines "Naturgesetzes". Man hat das Gefühl, die Zusammenhänge zu verstehen und damit Pläne und Mechanismen für die Zukunft entwickeln zu können. Man hat das Gefühl, damit wäre das Leben wieder in der eigenen Hand.
Was natürlich vollkommen falsch ist.
Wenn Gott das Opium für das Volk ist, dann ist der Zufall das Heroin für die Atheisten.
Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.