Allein im Universum?

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Pluto
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#21 Re: Allein im Universum?

Beitrag von Pluto » Mo 27. Okt 2014, 21:27

Andreas hat geschrieben:Also mit km/s könnte ich noch was Anfangen. Das könnte ich gedanklich in Bezug zur Lichtgeschwindigkeit bringen aber bei 2 Längeneinheiten in km/s.MPc hakts bei mir aus.
Hier in unserer Nähe ist die Expansion 74km/s. Je weiter man sich von der Sonne entfernt, umso schneller wird die Expansion. Belegt wird das durch die stark steigende Rotverschiebung von entfernten Galaxien.


Andreas hat geschrieben:Wie kann man Raum ohne Materie messen?
Messen kann man das nicht.
Es ist ein Postulat des Physikers Alan Guth. Ohne Inflation wäre das Universum heute um ein Vielfaches kleiner als es uns erscheint.
Guth hatte die geniale Idee, dass als es Materie noch nicht gab, das sehr gleichförmige Universum in einem unterkühlten Zustand war. Den Effekt kann man sich vorstellen, wie das Öffnen einer Colaflasche die in der Tiefkühltruhe lag: Plötzlich bilden sich überall Eiskristalle.
Sobald sich Materie bildet, hört die Inflation auf, weil die Gravitation bremst und eine weitere Ausdehnung verhindert. Der Rest des die Materie umhüllenden Raums, kann sich aber ungebremst weiter ausdehnen. Guths Theorie sieht vor, dass sich seit dem Urknall vielleicht unzählige solche Insel-Universen gebildet haben könnten, jedes sogar mit seinen eigenen Naturgesetzen und -konstanten. Ein Multiversum in nur drei (+1) Dimensionen. Diese Universen werden voneinander von unüberwindbar großen Entfernungen getrennt, so dass keine Informationen uns mehr erreichen können.

Wolhgemerkt, dass sind keine Beweise!
Die Ideen von Guth und anderen Kosmologen sind alle im heutigen Standard-Modell des Kosmos zusammengefasst worden. Das geniale an den ungeheuer genauen Messungen des Planck-Teleskops ist, dass sie dieses Standard-Modell (das Lambda-CDM-Modell) des Universums erstaunlich gut bestätigen.
Die winzigen Anomalien im CMB weisen allerdings darauf hin, dass das Standard Modell noch nicht alles erklärt, und noch ergänzt werden muss.

Interessantes dazu findest du auch hier: http://www.spektrum.de/alias/pdf/sdw-10 ... 1414441834
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ThomasM
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#22 Re: Allein im Universum?

Beitrag von ThomasM » Di 28. Okt 2014, 09:17

Pluto hat geschrieben: Hier in unserer Nähe ist die Expansion 74km/s. Je weiter man sich von der Sonne entfernt, umso schneller wird die Expansion. Belegt wird das durch die stark steigende Rotverschiebung von entfernten Galaxien.
Also hier geht doch etwas durcheinander.
Die Expansion ist konstant, die Rotverschiebung wird größer, je weiter weg ein Objekt ist.

Man darf sich die Sache eben NICHT als Expansion von Materie vorstellen, sondern es ist eine Expansion des Raumes. Bei einer Expansion der Materie, wie bei einer Explosion, wäre R.F.s Einwand berechtigt und Plutos Gedanke auch. Tatsächlich ist aber beides falsch.

Will man sich das anschaulich vorstellen, so ist es am Einfachsten, sich einen Luftballon vorzustellen, der aufgeblasen wird (ein niedrigdimensionales Analogon). Man markiere auf dem Luftballon Punkte, das sind die Galaxien.
Nun blase man den Ballon auf. Die markierten Punkte bewegen sich nicht, sie bleiben an Ort und Stelle, also KEINE Bewegung.
Aber durch den zunehmenden Radius des Ballons vergrössert sich die Entfernung zwischen den Punkten, und zwar um so schneller, je weiter die Punkte voneinander weg sind. Auch wenn man den Ballon konstant aufbläst. Ein Lichtsignal, das auf der Ballonoberfläche von einem Punkt zum anderen unterwegs ist, würde also eine Rotverschiebung erfahren. Trotzdem die Punkte völlig bewegungslos verharren.

Im realen Universum beschleunigt sich die Expansion (dunkle Energie) und die Punkte (Galaxien) haben zusätzlich noch eigene Bewegungen. Aber die sind halt im normalen Bereich.

Übrigens Andreas:
Der Mikrowellenhintergrund erfüllt das Universum wie ein Lichtsee. Man darf sich also nicht vorstellen, dass dieses Licht irgendwie von einem PÜunkt zjm anderen unterwegs wäre, wie bei Sternenlicht. Auch hier sind die Besonderheiten der Struktur des Universums zu berücksichtigen.
Dieser Lichtsee ist 100.000 nach Urknall enstanden (die sogenannte Abkopplung des Lichts von der Materie) und wird seitdem durch die Ausdehnung des Alls rotverschoben. Zwar gibt es durchaus noch Wechselwirkung mit der Mateire, aber die ist geringfügig und erzeugt einzelne Störungen.
Beispiel ist das letztens durch die Presse angebliche Signal der Inflation in der Polarisation des Mikrowellenhintergrunds. Inzwischen scheint es immer deutlicher zu werden, dass das Signal nicht echt ist, sondern eine Störung durch die Wechselwirkung mit dem Sternenstaub.

Andreas hat geschrieben:Wie kann man Raum ohne Materie messen?
Raum ohne Materie ist ein Modell, das deshalb so attraktiv ist, weil man es rechnen kann.
Einige Ergebnisse dieser Berechnung kann man auf unser Universum übertragen, aber man muss immer darauf achten, zu schauen, ob diese Näherung noch gut ist.
Das ist so, wie bei der Erdanziehung. Die Formel F = m g ist eine gute Näherung, wenn man die Luftreibung vernachlässigt und dicht an der Erdoberfläche ist. Und man kann diese Formel so schön rechnen.
In Wirklichkeit muss man im Zweifel wesentlich kompliziertere Formeln nehmen. Fallschirmspringer leben davon

Gruß
Thomas
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Pluto
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#23 Re: Allein im Universum?

Beitrag von Pluto » Di 28. Okt 2014, 09:59

ThomasM hat geschrieben:Hier in unserer Nähe ist die Expansion 74km/s. Je weiter man sich von der Sonne entfernt, umso schneller wird die Expansion. Belegt wird das durch die stark steigende Rotverschiebung von entfernten Galaxien. Also hier geht doch etwas durcheinander.
Die Expansion ist konstant, die Rotverschiebung wird größer, je weiter weg ein Objekt ist.
Du irrst lieber Thomas. Die NASA weiß Antwort: Ask an Astrophysicist

Heute weiß man: Die Hubble-Konstante ist im Raum konstant, aber in der Zeit variabel.
Wenn man in den Nachthimmel schaut, ist es auch immer ein Blick in die Vergangenheit, deshalb kann man sagen, die Hubble-Konstante ist nicht konstant.

Man darf sich die Sache eben NICHT als Expansion von Materie vorstellen, sondern es ist eine Expansion des Raumes.
Richtig! Dem ist nicht zu widersprechen.
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#24 Re: Allein im Universum?

Beitrag von ThomasM » Di 28. Okt 2014, 11:15

Pluto hat geschrieben: Heute weiß man: Die Hubble-Konstante ist im Raum konstant, aber in der Zeit variabel.
Wenn man in den Nachthimmel schaut, ist es auch immer ein Blick in die Vergangenheit, deshalb kann man sage, die Hubble-Konstante ist nicht konstant.
Das genau habe ich gemeint, so wie du das ausgedrückt hast, war es sehr missverständlich.
Es hörte sich so an, als wäre bei einem entfernten Objekt in diesem Augenblick die Expansion anders. Du meintest, dass von uns aus betrachtet der Blick in die Vergangenheit geht und wir daher bei uns den vergangenen Zustand sehen.

Ich habe natürlich den göttlichen Standpunkt eingenommen, in dem ich das gesamte Universum in seinem aktuellen Zustand überblicke.
Für einen Physiker ein völlig natürlicher Standpunkt

Gruß
Thomas
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#25 Re: Allein im Universum?

Beitrag von Pluto » Di 28. Okt 2014, 11:17

ThomasM hat geschrieben:Ich habe natürlich den göttlichen Standpunkt eingenommen,
:o Natürlich ist das nicht. ;)
ThomasM hat geschrieben:Für einen Physiker ein völlig natürlicher Standpunkt.
In der Tat. :)
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#26 Re: Allein im Universum?

Beitrag von R.F. » Di 28. Okt 2014, 21:19

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Rotverschiebung des CMB entspricht exakt einem Alter von 13,7 Milliarden Jahren.
Sooo lange war das Licht unterwegs, bis es bei uns ankam?
Diese Frage wurde von Kritikern schon oft gestellt. Immerhin soll ein Lichtstrahl, wenn er die Quelle verlassen hat, ohne Nachlassen der Geschwindigkeit ewig unterwegs sein...

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#27 Re: Allein im Universum?

Beitrag von Pluto » Di 28. Okt 2014, 21:54

R.F. hat geschrieben:Diese Frage wurde von Kritikern schon oft gestellt. Immerhin soll ein Lichtstrahl, wenn er die Quelle verlassen hat, ohne Nachlassen der Geschwindigkeit ewig unterwegs sein...
Jaja, die gute alte Lichtermüdung. Sie wurde vor über 60 Jahren verworfen...
Selbst Max Planck wusste das schon, mit seiner Theorie des gequantelten Lichts.

Du gehst aber gar nicht mit der Zeit, lieber Erwin.
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#28 Re: Allein im Universum?

Beitrag von ThomasM » Mi 29. Okt 2014, 09:40

R.F. hat geschrieben: Diese Frage wurde von Kritikern schon oft gestellt. Immerhin soll ein Lichtstrahl, wenn er die Quelle verlassen hat, ohne Nachlassen der Geschwindigkeit ewig unterwegs sein...
Ein Körper verharrt in Ruhe oder in gleichförmiger Bewegung, solange keine Kraft auf ihn einwirkt.
Trägheitssatz, Newton 18. Jahrhundert.

Warum sollte das NICHT für Licht gelten?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#29 Re: Allein im Universum? KONSTANTE ?

Beitrag von Flavius » Mi 29. Okt 2014, 10:58

Jetzt gebe ich meine Senf doch auch noch dazu. == > ZU BEDENKEN IST auch, dass die Ausdehnugsgeschwindigkeit im All überraschenderweise immer noch leicht zunimmt ! - dass das ganze Universum also Tempo verleiret, und - nach versch. Thesen in 3-4 Milliarden Jahren- wohl wieder den Rückwärtsgang einlegen wird und dann irgendwann gänzlich in sich zusammenfallen soll.

Dann (nach dieser These) wird es wieder einen Riesen- Knall geben und alles ist fuscht und weg !
Schlechte Aussichten also!? Na, ja- sei beruhigt: Ein paar Jährchen haben wir ja noch bis dahin !

Flav.
Zuletzt geändert von Flavius am Mi 29. Okt 2014, 11:18, insgesamt 1-mal geändert.
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).

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#30 Re: Allein im Universum?

Beitrag von Pluto » Mi 29. Okt 2014, 11:11

Flavius hat geschrieben:Jetzt gebe ich meine Senf doch auch noch dazu. == > ZU BEDENKEN IST auch, dass die Ausdehnugsgeshwindigkeit im All zwar überraschenderweise immer noch leicht zunimmt, das ganze Universum aber - nach versch. Thesen in 3-4 Milliarden Jahren- wohl wieder den Rückwärtsgang einlegen wird und gänzlich in sich zusammenfallen soll.
Ja das ist eine Möglichkeit. Die Fachleute nennen das die "Big Crunch" Hypothese. Dann spricht man von einem "geschlossenen" Universum, dass unter der Kraft der Gravitation in sich zusammenfällt.

Wenn nicht die "dunkle Energie" wäre...
Die Hypothese des "Big Crunch" wird von neueren Beobachtungen widerlegt. Genaue Messungen, sowohl der Supernovae in entfernten Galaxien zeigen aber dass das Universum nicht nur auf Expansionskurs ist, sondern dass diese Expansion sich sogar beschleunigt — zumindest in den Räumen zwischen den Galaxienhaufen ist dies der Fall.
Dies wird auch durch die Untersuchung der CMB (kosmische Hintergrundstrahlung) mit neusten Geräten (Planck und SPT Obeservatorien) bestätigt.
Das ist der Urpsrung der Idee der "dunklen Energie", die rund 70% der Energie des Universums ausmachen soll.

Flavius hat geschrieben:Dann (nach dieser These) wird es wieder einen Riesen- Knall geben und alles ist fuscht und weg !
Einen Knall?
Ich finde es immer belustigend, wenn in Sci-Fi Filmen die Explosionen von Asteroiden oder Raumschiffen durch laute Geräusche untermalt werden.
Im Vakuum des Kosmos können Geräusche nicht übertragen werden.
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