Was ist Zufall?

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Janina
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#401 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Janina » Mo 1. Dez 2014, 13:54

ThomasM hat geschrieben:Das interpretiere ich als das, was in der Bibel mit "Gott ist ein Gott der Ordnung" beschrieben wird.
Gott hat die Ordnung in unserem Universum geschaffen, also die Wahrscheinlichkeitsgesetze, die wir schön feststellen können - auch im Bereich der QM.
Das Universum hält sich daran und Gott garantiert, dass es so ist.
Nein nein, das bedeutet, ja, dass GOTT sich daran zu halten hat.
Kurz: Wer den Zufall für Gottes Werk hält, schränkt seine Handlungsfreiheit ein.
Denn letztlich ist der Zufall ja schon fast so streng determiniert, wie die Planetenbahnen.

ThomasM
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#402 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Dez 2014, 14:23

Janina hat geschrieben: Nein nein, das bedeutet, ja, dass GOTT sich daran zu halten hat.
Das habe ich nicht geschrieben. Gott kann auch anders, will aber nicht.
Oder anders ausgedrückt: Gott weiß genau, das wir zum Leben Ordnung brauchen. Also sorgt er dafür, dass wir leben können.
Janina hat geschrieben: Kurz: Wer den Zufall für Gottes Werk hält, schränkt seine Handlungsfreiheit ein.
Nein, er öffnet die Pforten für sein Handeln.
Die klassische Physik ist doch eine wesentlich stärkere Einschränkung von Gottes Handeln. Warum siehst du das nicht als Problem?
Oder noch anders ausgedrückt: Wieso meinst du, dass Gott ausschließlich durch magisches, von Menschen nicht nachvollziehbare Art und Weise handeln kann?
Janina hat geschrieben: Denn letztlich ist der Zufall ja schon fast so streng determiniert, wie die Planetenbahnen.
Die, wie wir wissen, auch recht chaotisch sind. Niemand weiß genau, unter welchen Umständen ein Planet aus seiner Bahn brechen kann. Die letzten paar Milliarden Jahren war es recht ruhig im Sonnensystem, aber denke alleine an die Entstehung des Mondes, das soll die Kollision mit einem Mars-großen Körper gewesen sein.

Ich habe ja nicht ausgeschlossen, dass es Bereiche gibt, die im Verlauf menschlicher Zeitrechnung recht deterministisch sind. So wundert es mich nicht, wenn morgens die Sonne aufgeht. Sollte sie es aber mal nicht mehr tun, kann ich mich auch nicht auf meine Naturgesetze berufen und mich beschweren.

Aber die Bereiche, in denen es dermaßen berechenbar zugeht sind kleiner als wir denken und insbesondere unser tägliches Leben ist alles andere als berechenbar.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#403 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Mo 1. Dez 2014, 14:30

Janina hat geschrieben:Denn letztlich ist der Zufall ja schon fast so streng determiniert, wie die Planetenbahnen.
Das ist zu wenig, denn die Planetenbahnen sind nur scheinbar determiniert. Sie sind zwar besser als die Mondumlaufbahn, aber dennoch auf lange Sicht instabil. Selbst unsere Milchstraße fällt irgendwann in sich zusammen und das wird noch durch das Wachstum des SL in ihrer Mtte, beschleunigt.

Aber kein Grund zur Panik.... es wird noch ein paar Jahre dauern, bevor die Sonnensyteme und Galaxien kollabieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#404 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Halman » Mo 1. Dez 2014, 21:28

ThomasM hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: ... wie beim Lotto. Komplexe Systeme erscheinen uns aus Datenmangel zufällig, weil wir ihre schwach kausalen Zusammenhänge, aufgrund der Tatsache, dass in solch "chaotischen" Systemen Ursache und Wirkung nichtliniear zusammenhängen, nicht vollständig durchschauen und daher nicht sicher prognostizieren können. Unabhängig von diesem Unvermögen sind sie aufgrund der Naturgesetze physikalisch festgelegt (nicht bewusst geplant).
Kannst du beweisen, dass Lotto tatsächlich subjektiv zufällig, also eigentlich physikalisch festgelegt ist?

Ich bin der Meinung, dass du das nicht beweisen kannst, denn dann müsstest du zeigen, dass du die Lottozahlen vorhersagen kannst, wenn die Genauigkeit des Anfangszustands größer als meinetwegen 10^(-6) ist. Denn bei kleineren Dimensionen kommst du in den atomaren Bereich und dann bestimmt der objektive Zufall das Ergebnis.

Ein nettes Beispiel sah ich mal auf YouTube. Dort hatte ein Physiker sich das Würfeln mit einem Würfel vorgenommen. Er baute eine Maschine, die für einen gegebenen (echten) Würfel an Hand der Neigung und der Höhe des Abwurfs das Würfelergebnis vorhersagen konnte. In der Demonstration klappte das auch recht gut, allerdings hatte er bei 5 Würfen auch mal einen Fehler dazwischen. Also so ganz genau war das nicht.

Gruß
Thomas
Möglicherweise lagen kleinste Abweichungen in den Anfangsbedingungen vor. Seine Maschine ist vermutlich nicht perfekt.

Die Chaostheorie besagt, dass bereits kleinste Änderungen in den Anfangsbedingungen komplexer Systeme zu größen Änderungen im weiteren Verlauf führen können.
Der Mathematiker und Meteorologe Edward Lorenz untersuchte in den 1960er Jahren Computermodelle für die Wettervorhersage. Dabei stellte er fest, dass sich die Wettervorhersage erheblich änderte, wenn er die Werte hinter dem Komma rundete. Bereits kleinste Abweichungen zeigten große Auswirkungen auf den weiteren Wetterverlauf.
Im Buch "50 Schlüsselideen Physik" von Joanne Baker steht in in der "12. Schlüsselidee", "Die Chaostheorie", auf Seite 49:
In den Ausdrucken waren die Zahlen auf die dritte Stelle hinter dem Komma gerundet; im Rechner gespeichert waren aber sechs Dezimalstellen. Lorenz beachtete verblüfft, dass sich eine vollkommen andere Wettervorhersage ergab, wenn er die Simulation von Hand etwa mit 0,123 neu startete, statt sie mit dem gespeicherten Wert von 0,123456 weiterrechnen zu lassen.
Daraus folgere ich: Bei exakt identischen Werten ist der Ablauf immer der Selbe. Der Zufall in der Chaostheorie ist also subjektiv und unterliegt dem Determinismus.

Für uns Menschen ist es unmöglich bspw. den Lauf einer Billardkugel exakt vorherzubestimmen (abgesehen von einem Meister vielleicht, aber auch ihm können kleinste Fehler unterlaufen). Dazu müsste man schon ein Cyborg wie Cameron sein. Schau Dir bitte diese unterhalsame Demostration von mechanischen Determinsmus an :smiley15: :
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#405 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Halman » Mo 1. Dez 2014, 21:30

Pluto hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Denn letztlich ist der Zufall ja schon fast so streng determiniert, wie die Planetenbahnen.
Das ist zu wenig, denn die Planetenbahnen sind nur scheinbar determiniert. Sie sind zwar besser als die Mondumlaufbahn, aber dennoch auf lange Sicht instabil. Selbst unsere Milchstraße fällt irgendwann in sich zusammen und das wird noch durch das Wachstum des SL in ihrer Mtte, beschleunigt.

Aber kein Grund zur Panik.... es wird noch ein paar Jahre dauern, bevor die Sonnensyteme und Galaxien kollabieren.
Gem. der ART sind die Bewegungen von Massen durch die Raumzeit determiniert, in diesem Fall die Instabilität. Hier liegt ein komplexes "chaotisches" System vor, welches aufgrund der Komplexität und der nichtlinearen Dynamik nicht exakt prognostizierbar ist.
Andererseits müsstest Du aufzeigen, inwiefern die Wellenfunktion hierauf Anwendung findet. ;)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Flavius
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#406 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Flavius » Mo 1. Dez 2014, 22:15

Cicero's Beitrag zur schon alten bzw. damaligen Diskussion über Zufall:

"Soll ich mich nicht wundern,dass es Leute gibt, die wirklich behaupten die "festen Körper" (damit meinte er die Atome) bewegen sich nur infolge von Schwerkraft durch den Weltraum und unsere wunderbar und herrlich ausgestattet Welt ? ... Wer glaubt, dass es geschehen könne, den kann ich nicht verstehen; von dem Mann kann ich nicht begreifen, warum er dann sich nicht auch vorstellen kann, dass man die Formen der 21 Buchstaben - aus Gold oder sonst einem Material - irgendwie zusammenwürfe, dass daraus die "Annalen" von Ennius entstehen. Dabei dürfte der blinde Zuafll wahrscheinlich nicht einmal bei einen einzigen Vers soviel fertig bringen können" . -
(aus: "Über die Natur der Götter" II, 93 - um 50 n. Chr. verfasst).

W.B. Flav.
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).

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#407 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Mo 1. Dez 2014, 22:32

Flavius hat geschrieben: Wer glaubt, dass es geschehen könne, den kann ich nicht verstehen; von dem Mann kann ich nicht begreifen, warum er dann sich nicht auch vorstellen kann, dass man die Formen der 21 Buchstaben - aus Gold oder sonst einem Material - irgendwie zusammenwürfe, dass daraus die "Annalen" von Ennius entstehen. Dabei dürfte der blinde Zuafll wahrscheinlich nicht einmal bei einen einzigen Vers soviel fertig bringen können" . -
(aus: "Über die Natur der Götter" II, 93 - um 50 n. Chr. verfasst).
Kennst du Jorge Luis Borges (1899 - 1986), Argentinischer Schriftsteller?
Borges quantifizierte die Gedanken von Cicero in einer Novelle mit dem Titel "Die Bibliothek von Babel". Darin beschreibt er eine fiktive Bibliothek, die alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Bücher der Welt in allen (mit dem lateinischen Aphabet darstellbaren) Sprachen enthält. Die Zahl der darin enthaltenen Bücher ist riesig — ihre Zahl übersteigt die Billiarden — aber sie ist nicht unendlich.
Das erste Buch bestünde also von vorne bis hinten aus lauter "A", usw.

Viel Spaß beim lesen: http://mcn.privat.t-online.de/borgbib.htm

Wie Borges zeigte, ist die Wahrscheinlichkeit zwar klein aber nicht Null, dass selbst Shakespeares Hamlet durch Zufall entstehen kann.
Cicero hatte also unrecht. 8-)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Janina
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#408 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Janina » Di 2. Dez 2014, 09:11

Pluto hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Denn letztlich ist der Zufall ja schon fast so streng determiniert, wie die Planetenbahnen.
Das ist zu wenig, denn die Planetenbahnen sind nur scheinbar determiniert.
Deterministisches Chaos, das war Absicht. ;)
Prinzipiell unvorhersagbar, aber dennoch detailliert determiniert. Das heißt, die Zukunft hat zwar keine Alternative, aber niemand kann sie wissen.

closs
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#409 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von closs » Di 2. Dez 2014, 09:49

Janina hat geschrieben: Das heißt, die Zukunft hat zwar keine Alternative, aber niemand kann sie wissen.
Genau - es gibt eine Seins-Teleologie, aber keine Wahrnehmungs-Teleologie.

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#410 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Janina » Di 2. Dez 2014, 09:53

War das jetzt das, was ich gesagt hatte, übersetzt in eine unbekannte Sprache? :shock:

Janina hat geschrieben:Die Zukunft hat zwar keine Alternative, aber niemand kann sie wissen.
Und das gilt bereits schon für die klassische Mechanik. Da haben wir noch gar keine Quantenmechanik drin.
Zuletzt geändert von Janina am Di 2. Dez 2014, 09:56, insgesamt 1-mal geändert.

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