Können Tiere denken und reflektieren?

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Pluto
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#111 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Pluto » Do 30. Apr 2015, 18:41

Catholic hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Doch diese Art Selbstbewusstsein haben auch viele höheren Tiere, u.a. Primaten, Delfine und Elefanten.

Und genau das meinte ich,denn wenn z.B. ein Schimpanse in dem Spiegel schaut erkennt er dann sich,ist sich also bewusst (!),dass er es ist,oder sieht er einfach einen (!) Schimpansen?
Dass der Schimpanse sich selbst im Spiegel erkennt, wurde mit einem einfach Experiment nachgewiesen:
Man malt ihm einen Farbtupfer ins Gesicht. Wenn er versucht den Fleck in seinem Gesicht wegzureiben, dann hat er sich selbst im Spiegel erkannt.
Interessant ist, dass Kleinkider ab etwa 18 Monate genau dasselbe Verhalten zeigen.
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closs
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#112 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von closs » Do 30. Apr 2015, 20:07

Pluto hat geschrieben:Ein Säugling hat vermutlich noch kein Selbstbewusstsein. Dieses bildet sich erst etwa mit 18 Monaten aus, wenn es anfängt sein Spiegelbild zu begreifen. Doch diese Art Selbstbewusstsein haben auch viele höheren Tiere, u.a. Primaten, Delfine und Elefanten.
Das hängt allein von der Definition von "selbst" und "Bewusstsein" ab.

Ich vermute, dass Deine Aussagen auf Basis entsprechender Definitionen zutreffend sind.

Pluto hat geschrieben:IMO unterscheiden wir uns von den Tieren nicht qualitativ, sondern bloß quantitativ, in dem unsere Gehirne komplexer und mächtiger sind als die Gehirne anderer Arten.
Hier gilt dasselbe: Vermutlich auf Basis des unterliegendem Weltbildes zutrefffend.

"Bewusstsein" im christlichen/spirituellen Sinn ist etwas anderes als das, was die Naturwissenschaft im Rahmen ihres Zugriffs-Spielraums versteht. - Das ist keine Kritik, sondern ausschließlich der Hinweis, dass das Thread-Thema je nach Definition mit JA oder mit NEIN zu beantworten ist.

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#113 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Pluto » Do 30. Apr 2015, 20:29

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:IMO unterscheiden wir uns von den Tieren nicht qualitativ, sondern bloß quantitativ, in dem unsere Gehirne komplexer und mächtiger sind als die Gehirne anderer Arten.
Hier gilt dasselbe: Vermutlich auf Basis des unterliegendem Weltbildes zutrefffend.
Man kann die Gehirne von höheren Tieren miteinander und mit denjenigen von Menschen direkt vergleichen. Dehalb handelt es sich nicht um eine Behauptung einer Weltanschauung, sondern um ein falsifizierbares naturwissenschaftliches Modell.

Mit welcher Begründung lehnst du diese Modell ab?

closs hat geschrieben:"Bewusstsein" im christlichen/spirituellen Sinn ist etwas anderes als das, was die Naturwissenschaft im Rahmen ihres Zugriffs-Spielraums versteht. - Das ist keine Kritik, sondern ausschließlich der Hinweis, dass das Thread-Thema je nach Definition mit JA oder mit NEIN zu beantworten ist.
Dazu eine Parabel...
Ein Junge erfindet ein neues Spiel: Eine Fußball-Art mit einem Würfel.
Also geht er zum nächsten Fußballverein und will mit den anderen Jungs spielen, doch diese lehnen ab. Sie wollen mit dem herkömmlichen runden Bal spielen. Der Trainer sagt zum Neuankömmling: "Da hinten, der Platz am Waldrand ist noch frei. Du kannst mit uns mit dem runden Ball spielen, oder dort hinten allein trainieren. Du hast die Wahl."
____________________________________________

Ich anerkenne die übliche Begriffsdefinition von "Bewusstsein" der Lexika:
Wikipedia:
Bewusstsein ist im weitesten Sinne das Erleben mentaler Zustände und Prozesse

Duden:
  • Zustand, in dem man sich einer Sache bewusst ist; deutliches Wissen von etwas, Gewissheit
  • Gesamtheit der Überzeugungen eines Menschen, die von ihm bewusst vertreten werden
  • (Psychologie) Gesamtheit aller jener psychischen Vorgänge, durch die sich der Mensch der Außenwelt und seiner selbst bewusst wird
  • Zustand geistiger Klarheit; volle Herrschaft über seine Sinne.

Du kannst natürlich eine eigene Begriffsdefiniton vorschlagen, nur versetzt du dich damit in die Lage des Jungen der mit dem Würfel Fußball spielen will.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#114 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von closs » Do 30. Apr 2015, 21:54

Pluto hat geschrieben:Mit welcher Begründung lehnst du diese Modell ab?
Im biologischen Sinne lehne ich es NICHT aus. - Es sagt nur nichts über die Frage aus, was "Bewusstsein" im naturalistischen/materialistischen und im christlichen/spirituellen Sinne ist.

Pluto hat geschrieben:Du kannst natürlich eine eigene Begriffsdefiniton vorschlagen, nur versetzt du dich damit in die Lage des Jungen der mit dem Würfel Fußball spielen will.
Nachdem "Bewusstsein" offensichtlich den von Dir zitierten semantischen Shift hinter sich hat, kannst Du so argumentieren. - Trotzdem eine Anmerkung: Deine Lexika-Definitionen erklären (bis auf die letzte) "Bewusstsein" über das Wort "bewusst" - also KEINE Erklärung. - Und auch die letzte Definition ist nichtssagend, weil "geistig" definiert werden müsste.

Trotzdem kann ich Dir folgen - weshalb ich ja darauf hingewiesen habe, dass man zwischen "naturalistischem/materialistischem Bewusstsein" und "christlichem/spirituellen Bewusstsein" unterscheiden muss. Das Problem: Wenn man Schriften bis ins 19. Jh. hinein liest, in denen das Wort "Bewusstsein" (bzw. conscientia) vorkommt, ist eben der "Würfel" (in Deinem Beispiel) gemeint. - Inszwischen spielt man aber mit einem "Ball" - aber deshalb wird ein Würfel doch nicht rund.

Wir müssen uns mindestens bewusst darüber sein, dass "Bewusstsein" in beiden Fällen etwas ganz Unterschiedliches bedeutet - eigentlich ist es ein Homophon. - Unterm Strich führt es dazu, dass Tiere im Sinne Deiner Bewusstseins-Definition tatsächlich denken und reflektieren können, wie auch der Mensch nichts anderes ist als ein besondern gut entwickeltes Tier. - Aber das ist keine absolute Wahrheit, sondern Folge diverser Begriffs-Definitionen. - Christlich/spirituell kommt man zu ganz anderen Ergebnissen, weil die verwendeten Begriffe (Bewusstsein, Geist, erkennen, etc.) semantisch ganz anders hinterlegt sind.

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#115 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Pluto » Do 30. Apr 2015, 22:31

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du kannst natürlich eine eigene Begriffsdefiniton vorschlagen, nur versetzt du dich damit in die Lage des Jungen der mit dem Würfel Fußball spielen will.
Nachdem "Bewusstsein" offensichtlich den von Dir zitierten semantischen Shift hinter sich hat, kannst Du so argumentieren.
Tja...
Was soll man machen? Sich mit einer Zeitmaschine ins finstere Mittelalter zurück "beamen" lassen? Das führt aber zu unauflösbaren Paradoxien.
Wir leben nun mal im 21. Jahrhundert.

closs hat geschrieben:Wenn man Schriften bis ins 19. Jh. hinein liest, in denen das Wort "Bewusstsein" (bzw. conscientia) vorkommt, ist eben der "Würfel" (in Deinem Beispiel) gemeint.
Das erscheint mir falsch.
Schon bei David Hume und vermutlich auch bei Imannuel Kant hat das menschliche Bewusstsein seine neue Bedeutung.
Beide Philosophen sind 18. Jahrhundert.

closs hat geschrieben:Wir müssen uns mindestens bewusst darüber sein, dass "Bewusstsein" in beiden Fällen etwas ganz Unterschiedliches bedeutet
Du hast die Parabel nicht verstanden. Die Mehrheit der Jungs spielt nun mal lieber mit einem runden Ball. Wer mitspielen will muss sich also anpassen.

Das bedeutet, "Bewusstsein" kann man für sich im Privaten definieren wie man will.
Wenn aber die eigene Auffassung anachronistisch ist und die Mehrheit eine andere Begriffsbedeutung verwendet, muss man sich anpassen, sonst hapert es mit der Kommunikation.

closs hat geschrieben:Unterm Strich führt es dazu, dass Tiere im Sinne Deiner Bewusstseins-Definition tatsächlich denken und reflektieren können, wie auch der Mensch nichts anderes ist als ein besondern gut entwickeltes Tier.
Richtig so sieht es jedenfalls ein Biologe, und dies ist objektivierbar.
Allerdings ist es NICHT meine Definition, sondern diejenige der zeitgenössischen Kognitionswissenschaft.

closs hat geschrieben:Aber das ist keine absolute Wahrheit, sondern Folge diverser Begriffs-Definitionen.

Christlich/spirituell kommt man zu ganz anderen Ergebnissen, weil die verwendeten Begriffe (Bewusstsein, Geist, erkennen, etc.) semantisch ganz anders hinterlegt sind.
Das geht nicht. Es kann nur eine Wahrheit geben kann; wir können sie aber nicht erreichen.
Das Beste was wir tun können, ist uns gemeinsam dieser einen Wahrheit zu nähern, in dem wir uns auf eine gemeinsame Begriffsdefinition einigen, sonst reden wir aneinander vorbei.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#116 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von closs » Do 30. Apr 2015, 23:03

Pluto hat geschrieben:Wir leben nun mal im 21. Jahrhundert.
Damit kommt man zurecht. - Aber dann darf man SChriften bis zum 19.Jh. nicht mit den heutigen Begriffs-Definitionen lesen - mit anderen Worten: Dann sollte man sich nur mit dem 21. Jh. beschäftigen und rückwirkend keine anderen Jahrhunderte kontaminieren.

Pluto hat geschrieben:Beide Philosophen sind 18. Jahrhundert.
Ja - da ging es los. - Wobei man prüfen müsste, ob sich beide mehr in der spirituellen oder der naturalistischen Definition wiederfinden würden (ich weiss es nicht). - Meine Vermutung ist, dass sich das "Ding an sich" nur platonisch interpretieren lässt, also aus Sicht des 21. Jh. nicht interpretierbar ist.

Pluto hat geschrieben:Wenn aber die eigene Auffassung anachronistisch ist und die Mehrheit eine andere Begriffsbedeutung verwendet, muss man sich anpassen, sonst hapert es mit der Kommunikation.
"Anachronistisch" ist richtig - nicht "zeit-gemäß". - Nur müsste man sich dann konsequenterweise jeder geistigen Diskussion enthalten, weil sie im 21. Jh. nicht vorgesehen sein kann - es sei denn (und so wird's wohl sein), dass man das Wort "Geist" ebenfalls verfremdet.

Halten wir einfach fest, dass die philosophische Literatur des Altertums, Mittelalters und der früheren Neuzeit dann schlicht und ergreifend nicht mehr verständlich sein kann. - Denn wenn man ein Würfelspiel als Fußball bezeichnet, versteht man das Würfelspiel nicht mehr.

Pluto hat geschrieben:Richtig so sieht es jedenfalls ein Biologe, und dies ist objektivierbar.
Das bezweifelt doch keiner. - Das sagt aus, dass unter definitorischen Prämissen objektivierbare Aussagen möglich sind - Modellwissen. - Damit ist aber eben gar nichts ausgesagt, ob ein Tier Bewusstsein im platonischen/christlichen/spirituellen Sinne haben kann - diese Frage bleibt damit komplett unbehandelt.

Pluto hat geschrieben:Das Beste was wir tun können, ist uns gemeinsam dieser einen Wahrheit zu nähern, in dem wir uns auf eine gemeinsame Begriffsdefinition einigen, sonst reden wir aneinander vorbei.
Genau das ist in der Regel der Fall, wenn Christen und Naturalisten miteinander sprechen.

Machen wir mal ein Spiel: In diesem Spiel ist die Aufgabe für die Wissenschaft, Bewusstsein im Sinne des Christentums biologisch nachzuweisen. - Definiert ist Bewusstsein dadurch, dass ein Ich in der Lage ist, nach seinem transzendenten/meta-physischen/spirituellen Ursprung zu fragen - dies als notwendige Voraussetzung für die Einlösung des Begriffs "Bewusstsein". - Wie würde ein solcher Forschungsauftrag nach Deiner Auffassung umgesetzt werden können?

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#117 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Pluto » Fr 1. Mai 2015, 00:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wir leben nun mal im 21. Jahrhundert.
Damit kommt man zurecht. - Aber dann darf man SChriften bis zum 19.Jh. nicht mit den heutigen Begriffs-Definitionen lesen - mit anderen Worten: Dann sollte man sich nur mit dem 21. Jh. beschäftigen und rückwirkend keine anderen Jahrhunderte kontaminieren.
Ähm... Du bist es doch, der dauernd von alten Begriffsdefinitionen redet. ;)

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Beide Philosophen sind 18. Jahrhundert.
Ja - da ging es los.
Im 18. Jahrhundert war der Begriff bereits verändert. Eigentlich ging es schon früher los, und zwar mit Hand-in-Hand mit der Aufklärung.

closs hat geschrieben:Meine Vermutung ist, dass sich das "Ding an sich" nur platonisch interpretieren lässt, also aus Sicht des 21. Jh. nicht interpretierbar ist.
Platonisch...? Ich bin jetzt etwas verwirrt.
Das "Ding an sich" ist eine Begriffsbildung (Redewendung) von Immanuel Kant. Damit wollte er das Seiende beschreiben; also das was unabhängig von der Tatsache existiert, dass wir es wahrnehmen.

closs hat geschrieben:"Anachronistisch" ist richtig - nicht "zeit-gemäß". - Nur müsste man sich dann konsequenterweise jeder geistigen Diskussion enthalten, weil sie im 21. Jh. nicht vorgesehen sein kann - es sei denn (und so wird's wohl sein), dass man das Wort "Geist" ebenfalls verfremdet.
In diesem Thread nehme ich an, dass man die Spiritualität nicht benötigt,. Es geht ja hier um die Frage, ob Tiere denken und reflektieren können; nach Kenntnisstand der heutigen Kognitionswissenschaftler kann man da nur zustimmen.

closs hat geschrieben:Halten wir einfach fest, dass die philosophische Literatur des Altertums, Mittelalters und der früheren Neuzeit dann schlicht und ergreifend nicht mehr verständlich sein kann. - Denn wenn man ein Würfelspiel als Fußball bezeichnet, versteht man das Würfelspiel nicht mehr.
Das würde ich nicht sagen, sondern man muss die Perspektive an das Gespräch anpassen.
Wenn wir fragen, ob und wie Tiere denken können, dann wird diese Frage von Evolutionspsychologen bejaht:
Denken und Reflektieren ist bei vielen Tieren beobachtet worden, und ist allem Anschein nach bei ihnen in rudimentärer Form bereits vorhanden.
Nochmals: Die Unterschiede zum Menschen sind quantitativer Natur.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Richtig so sieht es jedenfalls ein Biologe, und dies ist objektivierbar.
Das bezweifelt doch keiner. - Das sagt aus, dass unter definitorischen Prämissen objektivierbare Aussagen möglich sind - Modellwissen.
Modellwissen...?
Jede Hypothese, jedes Modell beginnt mit einer Vermutung. Wenn eine Beobachtung objektivierbar wird, erhält sie den Status einer Theorie. "Definitorischen Prämissen" braucht es dann nicht mehr.

closs hat geschrieben:Damit ist aber eben gar nichts ausgesagt, ob ein Tier Bewusstsein im platonischen/christlichen/spirituellen Sinne haben kann - diese Frage bleibt damit komplett unbehandelt.
Mag sein, dass Platon das anders gesehen hat, aber aus der Sicht der modernen Biologie sieht es ganz danach aus, als hätte er Unrecht gehabt.

closs hat geschrieben:Machen wir mal ein Spiel: In diesem Spiel ist die Aufgabe für die Wissenschaft, Bewusstsein im Sinne des Christentums biologisch nachzuweisen. - Definiert ist Bewusstsein dadurch, dass ein Ich in der Lage ist, nach seinem transzendenten/meta-physischen/spirituellen Ursprung zu fragen - dies als notwendige Voraussetzung für die Einlösung des Begriffs "Bewusstsein". - Wie würde ein solcher Forschungsauftrag nach Deiner Auffassung umgesetzt werden können?
Bei einem solchen Forschungsauftrag muss ich passen, denn er wäre nicht ergebnisoffen. Das wird es schon durch die Forderung "im Sinne des Christentums".

Die Frage nach der Aufgabe des Geistes hatte ich eigentlich vor einiger Zeit beanwortet.
Ich sehe Geist als unterstützenden Prozess im täglichen Bemühen die Homöostase aufrecht zu erhalten. Bewusstsein sehe ich als Konstrukt des Gehirns um die Erlebnisse zu verwalten und Handlungen zu steuern. Was die Transzendenzfähigkeit betrifft, so ist diese am besten als eine Art "Spandrel" unserer Kreativität und Intelligenz zu umschreiben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#118 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von closs » Fr 1. Mai 2015, 00:49

Pluto hat geschrieben:Du bist es doch, der dauernd von alten Begriffsdefinitionen redet
Ja - die Definitionen, die die europäischen Kultur bis ins (18./)19. Jh. geprägt haben. - Wenn man ein kulturelles Tabula Rasa haben möchte, kann man darauf verzichten.

Pluto hat geschrieben:Eigentlich ging es schon früher los, und zwar mit Hand-in-Hand mit der Aufklärung.
Die Früh-Aufklärung bis ins 18./19. Jh. war christlich geprägt. - Die Entkopplung fand erst danach statt.

Pluto hat geschrieben:Platonisch...? Ich bin jetzt etwas verwirrt.
Ja - es ist nicht genau dasselbe - aber geht in die Richtung. Das Ding an sich bezeichnet die Differenz zwischen unserem Verstand und dem perfekten Intellectus intuitivus Gottes (vgl. wik) - wir haben also hier sehr wohl Gott im Spiel und sind somit nahe an dem, was Plato mit seinen "Ideen" ausdrücken wollte.

Pluto hat geschrieben:Es geht ja hier um die Frage, ob Tiere denken und reflektieren können; nach Kenntnisstand der heutigen Kognitionswissenschaftler kann man das nur bejahen.
SChließt man das spirituelle Moment aus, ist das zweifellos richtig - das wusste auch jeder Bauer im Mittelalter. - Das Problem dabei ist, dass dieses biologische Reflexions-Vermögen auf dieselbe Ebene gestellt wird wie geistiges/spirituelles Reflexions-Vermögen. - Damit werden - zeitgemäß - Tier und Mensch auf eine kategorial gleiche Ebene gestellt.

Es sei also nachgewiesen, dass das Tier kategorial auf gleicher Ebene mit dem Menschen, was WESENSMÄSSIG total falsch ist, aber bei vorliegender Definitions- und Modell-Auswahl überspielt wird.

Pluto hat geschrieben:Nochmals: Die Unterschiede zum Menschen sind quantitativer Natur.
Genau das kommt dann dabei raus. - Richtig wäre aus meiner Sicht:

"Bei vorliegender Definitions- und Modell-Auswahl sind die Unterschiede zum Menschen quantitativer Natur" - das ist keine ontologische Aussage ("das, was ist"), sondern eine Modell-Aussage.

Pluto hat geschrieben:Wenn sie objektivierbar wird, erhält sie den Status von Wissen.
Ja - Wissen INNERHALB der Modell-Vorstellungen. - Da scheint der Hase im Pfeffer zu liegen.

Pluto hat geschrieben:Mag sein, dass Platon das anders gesehen hat, aber aus der Sicht der modernen Biologie sieht es ganz danach aus, als hätte er Unrecht gehabt.
Die Biologie (ob modern oder nicht) untersucht doch etwas ganz anderes - sie untersucht lediglich ihr Modell, dass mit platonischen/christlichen/spirituellen Aussagen dazu gar nichts zu tun hat.

Pluto hat geschrieben:Bei einem solchen Forschungsauftrag muss ich passen, denn er wäre nicht ergbnisoffen.
Wenn mein Hausarzt mein Blut ins Labor schickt und nach den Lipid-Werten fragt, ist dieser Auftrag ebenfalls nicht ergebnisoffen - er ist nur offen innerhalb der Fragestellung. - Das ist meines Erachtens wissenschaftlicher Alltag. - Das sollte also kein K.O.-Kriterium für "meinen" Forschungsauftrag sein.

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#119 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Pluto » Fr 1. Mai 2015, 01:39

closs hat geschrieben:Die Früh-Aufklärung bis ins 18./19. Jh. war christlich geprägt. - Die Entkopplung fand erst danach statt.
Dass das grundlegend falsch ist, müsstest du eigentlich wissen. In jener Zeit war das Christentum viel zu sehr mi der Verfolgung von Ungläubigen beschäftigt um an eine Wende zu denken. Man nennt es nicht um sonst die kopernikanische Wende.

closs hat geschrieben:wir haben also hier sehr wohl Gott im Spiel und sind somit nahe an dem, was Plato mit seinen "Ideen" ausdrücken wollte.
Ob Gott im spiel ist, wissen wir Beide nicht. Was allerdings Fakt ist, ist dass die platonische Ideenlehre seit dem Ausgang des Universalienstreits im 13. Jahrhundert ad acta gelegt wurde (William of Ockham lässt grüßen).

closs hat geschrieben:Das Problem dabei ist, dass dieses biologische Reflexions-Vermögen auf dieselbe Ebene gestellt wird wie geistiges/spirituelles Reflexions-Vermögen. - Damit werden - zeitgemäß - Tier und Mensch auf eine kategorial gleiche Ebene gestellt.
Richtig. Das wird durch zahlreiche empirische Beobachtungen bestätigt.
Ich verstehe echt nicht, wie Beobachtungen zum Problem werden können; sie schaffen lediglich Welche.
Falls es ein Problem gibt, dann entsteht dieses eher in der geistig/spirituellen Betrachtungsweise. Vermutlich bedarf sie einer grundlegenden Revision.

closs hat geschrieben:Es sei also nachgewiesen, dass das Tier kategorial auf gleicher Ebene mit dem Menschen,
Nein. Es ist nicht erwiesen, dass Mensch und Tier kategorial gleich zu stellen sind. Wir unterscheiden uns biologisch sehr deutlich von den Tieren. Z. Bsp. in unserer Symbolik und im Vorstellungsvermögen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nochmals: Die Unterschiede zum Menschen sind quantitativer Natur.
Genau das kommt dann dabei raus.
Tja... Das ist eine nicht zu leugnende Schlussfolgerung.

closs hat geschrieben:"Bei vorliegender Definitions- und Modell-Auswahl sind die Unterschiede zum Menschen quantitativer Natur" - das ist keine ontologische Aussage ("das, was ist"), sondern eine Modell-Aussage.
Stimmt es ist keine otologische, sonder neine epistemologische Aussage. Die Unterschiede zwischen Mensch und Schimpanse bleiben quantitativer Natur.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn sie objektivierbar wird, erhält sie den Status von Wissen.
Ja - Wissen INNERHALB der Modell-Vorstellungen.
Du verwechselst hier Glaube mit Wissen. Glaube ist systemgebunden, aber Wissen ist systemunabhängig.

closs hat geschrieben:Die Biologie (ob modern oder nicht) untersucht doch etwas ganz anderes - sie untersucht lediglich ihr Modell, dass mit platonischen/christlichen/spirituellen Aussagen dazu gar nichts zu tun hat.
Es ist eine Tatsache, dass es zwei konkurrierende Methoden gibt, die Antworten auf die gleichen Frage nach unserer Herkunft geben.
Die naturwissenschaftliche Methode geht kritisch rational vor und ihre Schlussfolgerungen sind falsifizierbar. Spirituelle Aussagen sind weder rational begründbar, noch systematisch.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Bei einem solchen Forschungsauftrag muss ich passen, denn er wäre nicht ergbnisoffen.
Wenn mein Hausarzt mein Blut ins Labor schickt und nach den Lipid-Werten fragt, ist dieser Auftrag ebenfalls nicht ergebnisoffen.
Das ist nicht vergleichbar.
Ein Lipid-Wert ist kein Forschungsauftrag, sondern lediglich ein Laborauftrag, vergleichbar mit der Überprüfung der Abgase eines Autos.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Salome23
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#120 Re: Können Tiere denken und reflektieren?

Beitrag von Salome23 » Fr 1. Mai 2015, 09:20

Senf: Bewusst-sein= Die Fähigkeit, etwas wahrnehmen zu können und das Wahrgenommene zuordnen/einordnen können.(dazu bedarf es keiner Sprache)
Der Affe mit dem gelben Punkt an der Stirn guckt in den Spiegel
a-er kann sein Spiegelbild wahrnehmen
b- er kann den gelben Punkt wahrnehmen, ist sich aber darüber bewusst, das sich dieser gelbe Punkt nicht auf diesem Wesen befindet, dass er im Spiegel erkennen kann, sondern sich dieser gelbe Punkt am eigenen Körper befindet= Selbst-bewusst-sein
Interessant wäre aber , wie der Affe reagieren würde, wenn man einen grossen Spiegel aufstellen würde und neben ihm noch einen Affe positioniert, welcher ebenfalls einen gelben Punkt an der Stirn hat.

Nach intensiver Beobachtung meiner Katzen stellte ich fest, dass sie(zumindest meine weibliche Katze)in der Lage ist, logisch zu denken (Zusammenhänge zu erfassen=ihr ist bewusst, was passieren wird und darauf reagiert, welches durch ihre Beobachtung meines Verhaltens ->Lernprozess <- zustande kam)
Allerdings sind sie nicht in der Lage, zu begreifen, dass ich sie mit dem Lockmittel "Futter" austricksen kann. Sie fallen immer wieder darauf herein. ;)

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