Versagt die Evolutionstheorie? II

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Flavius
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#581 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Flavius » So 21. Okt 2018, 19:41

Flavius hatte geschrieben:
Wo bleibt man dann als Wissenschaftler mit seinem "Glauben" und seinen Erfahrungen, die auf etwas "Höheres" hinweisen ? (und "Erfahrungen geht tatsächlich oft über Wissen" hinaus. )

Janina => Zuhause (lassen).. Oder am Pförtner abgeben. Jedenfalls nicht ins Labor mitnehmen.

FLvs. => Man(n) und auch Frau können gemachte Erfahrungen nicht "einfach ablegen".

Was Du meinst ist wohl eher : den (möglichst klaren) Verstand nicht ablegen. Dem stimme ich natürlich weitgehend zu. Der Verstand ist nützlich und hat natürlich seine Berechtigung (für viele Bereiche.. )

Dennoch gibt es aber auch Bereiche, die dem Verstand verschlossen sind, oder die er nicht erklären kann.
( z.B. Intuition, Dinge-Voraussehen, Erklärung für bestimmte "Zufälle" od. Begegnungen im Leben.).
Auch "Sich-Verlieben" ist doch eindeutig keine Verstandes-Sache.
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).

Claymore
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#582 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » So 21. Okt 2018, 20:21

closs hat geschrieben:Wenn es heißt "Mann und Frau gemeinsam", dann ist damit "jada" gemeint ("Adam erkannte Eva" - das IST die Vereinigung).
“Mann und Frau gemeinsam” kommt in dem Satz nicht vor. Er lautete folgendermaßen:
closs hat geschrieben:Mann und Frau sind je verschiedene endliche Abbilder der unendlichen Vollkommenheit Gottes, und durch beide zusammen wird die Vollkommenheit Gottes voller dargestellt als durch eines allein.
Aus dem Satz:

Der David und die Pietà sind je verschiedene Zeugnisse der Fähigkeit von Michelangelo als Bildhauer, und durch beide zusammen wird seine Fähigkeit voller dargestellt als durch eines allein.

kann man auch nicht schließen, dass es da um eine “Vereinigung” geht.
closs hat geschrieben:Klar - aber wo kommt die Vernunft her? - Da würde die RKK sagen: "Von Gott".
Ja und? Wie ist das ein Argument dafür (wie es die RKK meint), die Nicht-Akzeptanz des kath. geprägten Naturrechts durch Ungläubige wäre objektiv irrational?
closs hat geschrieben:Wenn man es mit <...> macht, ist das in der Wissenschaft üblich, weil es der Erläuterung dienen soll.
Das ist in der Wissenschaft nur ok, wenn eine Veränderung des Inhalts praktisch ausgeschlossen ist. Das war hier aber nicht der Fall.
closs hat geschrieben:Das wäre ein dickes Brett, zu dessen Durchbohrung man wirkliche Theologen bräuchte, die auch noch darauf spezialisiert wären.
Aber du bist doch derjenige, der die Androgynisierung der Kultur als Problem dargestellt hat.
closs hat geschrieben: - Um es mal etwas schnippisch zu sagen: Jede intakte Kultur spürt diesen Unterschied. - Die Androgynisierung in unserer Kultur ist eher die Ausnahme.
Anscheinend sind die Archetypen des Weiblichen und Männlichen so subtil, dass sie sich bei näherem Nachfragen verflüchtigen.
Was ist LGBT?
Ernsthaft nie gehört? :devil:
Wikipedia: LGBT hat geschrieben:LGBT […] ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, also Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.
closs hat geschrieben:
Claymore hat geschrieben:Seelische Vereinigung ist auch zwischen Personen gleichen Geschlechts möglich.
Ja - aber Geschlechtsverkehr ist insofern einzigartig, dass dabei die unterschiedlichen Geschlechter in den Zustand der Vermehrungs-Möglichkeit kommen, also die Wiederschöpfungskraft der Natur aktivieren können.

Natürlich gibt es auch Seelen-Verwandtschaften zwischen Gleichgeschlechtlichen - aber nicht mit Wiederschöpfungskraft.
Ich darf dich an den Kontext erinnern, in dem das stand:
Spoiler
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closs hat geschrieben: Du musst es irgendwie schaffen aus dem folgenden Zirkel auszubrechen:
  1. Also ist Homosexualität sündhaft, weil es gegen den natürlichen Telos der Geschlechtlichkeit verstößt.
  2. Das Argument ist nicht ausreichend, denn es geht auch darum, dass sich Mann und Frau seelisch vereinen.
  3. Seelische Vereinigung ist auch zwischen Personen gleichen Geschlechts möglich.
  4. Daran ist nichts auszusetzen. Problematisch wird es, wenn sie Sex haben.

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|    v
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- Vereinigung und Wiederschöpfungskraft sind prinzipiell aus christlicher Sicht wesensverbunden.
Warum? Wie kann man das rein durch Vernunftgründe beweisen?
closs hat geschrieben:Ich weiß nicht, welches Wort dort im Hebräischen steht - gemeint ist es so NICHT.
Ähem…:
Richter 19:25 (Einheitsübersetzung) hat geschrieben:Doch die Männer wollten nicht auf ihn hören. Da ergriff der Levit seine Nebenfrau und brachte sie zu ihnen auf die Straße hinaus. Sie erkannten [jada] sie und trieben die ganze Nacht hindurch bis zum Morgen ihren Mutwillen mit ihr. Sie schickten sie erst fort, als die Morgenröte heraufzog.
Mit “jada” wird hier eine Vergewaltigung beschrieben. Daran gibt es nichts zu deuteln.

Falls du mir nicht glaubst, hier ist Strong's Concordance für den Vers. Strong's Nummer 3045 ist “jada” – einfach in der Zeile mit “and they knew” draufklicken.

Du interpretierst hier ungültig etwas in einen Euphemismus für sexuelle Handlungen hinein.
closs hat geschrieben:Christlich gesehen eben NICHT.
Es geht hier nicht um “christlich”, sondern um “vernünftig”. Da es die RKK darunter nicht macht, mache ich das auch nicht.
- Dort besteht eine Wesensverbindung zwischen Sexualität und Wiederschöpfungskraft. Wenn diese KRaft nicht zum Ausdruck kommt (Paare mit versagtem Kinderwunsch), ist trotzdem die wesensmäßig vorgesehene Konstellation da: Zwei Geschlechter + Kinderwunsch.
Die Argumentation funktioniert nicht so einfach. Wenn man eine Frau heiratet, von der man weiß, dass sie die Wechseljahre erreicht hat oder eine Hysterektomie hinter sich hat, dann hat man sich (mindestens) damit abgefunden keine Kinder mit ihr zu bekommen. Wie kann da noch von einer “wesensmäßig vorgesehenen Konstellation” oder einem ernsthaften Wunsch die Rede sein?

Insbesondere das “wesensmäßig” ist ein sehr wichtiger Punkt: Warum wird da ausgerechnet auf “zwei Geschlechter” abgehoben anstatt tatsächlich vorhandenes Potential zur Fruchtbarkeit?
closs hat geschrieben:Weil es es nicht bei Homo-Sex SO gibt, wie es geistig/geistlich gemeint ist.
Du musst schon mal erklären, was mit “jada” genau gemeint ist, wenn es doch nicht um die tatsächliche Wiederschöpfungskraft geht, sondern um die “wesensmäßige” … was bedeutet das genau?

Lustig: In Richter 19:22 und 1. Mose 19:5 wird “jada” für homosexuelle Handlungen verwendet.
closs hat geschrieben:Wir sprechen nicht darüber, dass Homosexuelle nicht dasselbe denken und empfinden könnten wie Heterosexuelle - das sagt niemand. -
Darum ging’s hier nicht. Es ging darum, dass man auch die Wiederschöpfungskraft wie Platon verstehen könnte, abstrakter in Richtung: Edle und mutige Taten, großartige Werke, etc.

Wenn man sich schon auf das Gleis mit den “geistigen Früchten” begibt – warum nicht?
closs hat geschrieben:Gesagt wird seitens des Christentums, dass mit Homosexualität die Wesenseinheit von seelischer Verbindung und Wiederschöpfungskraft gebrochen wird. - Konkret: Ich habe nichts dagegen, wenn ein Bischof homosexuell ist - aber es ist aus christlicher Sicht ein Kreuz, das er zu tragen hat, und nicht im Einklang mit dem, was sein soll.
Allerdings hat die RKK ein Problem damit, da sie Homosexuellen weiterhin den Zugang zur Weihe verwehrt.
closs hat geschrieben:Wie würdest Du die theologische Disziplin nennen, die die geistigen/geistlichen Grundlage des Christentums analysiert und kommuniziert?
Fundamentaltheologie ist da schon richtig. Nur ist die kath. Sexualethik doch wohl keine “geistige Grundlage des Christentums”. Das gehört zur kath. Moraltheologie und theologischen Ethik.
closs hat geschrieben:3) Fundamental ist man gegen Empfängnisverhütung - pastoral ist man Großabnehmer von Kondomen in der Missionsarbeit.
Was zu belegen wäre.
closs hat geschrieben:Das heißt NICHT, dass Seelsorger den fundamental definierten Soll-Zustand verachten oder die Begründungen dafür nicht verstehen oder ablehnen, sondern dass man in der Praxis die Menschen dort abholen muss, wo sie sind. - Fundamentale Regeln dienen zwar als Orientierungspunkt für die Pastorale, aber die Geistlichen in der Pastorale entscheiden selbst, was davon machbar ist - fundamentale Regeln haben viel mehr die Funktion, Grundlagen in die Zukunft zu tradieren. - Also nicht "Wir laufen der Gesellschaft nach, um ihr gerecht zu werden", sondern "Wir bewahren unsere Grundlagen, damit die Gesellschaft weiß, wo sie uns findet, wenn sie wieder mal danach sucht".
Also taktisches Verhalten?
closs hat geschrieben:Das ist gar nicht so weit weg, da unsere gesellschaftlich dominante Denkformatierung ebenfalls so angelegt ist, dass sie "nicht laufen kann".
Das ist etwas grundverschiedenes. Die andere “Denkformatierung” beschreibt nur eine sehr tiefgreifende Meinungsverschiedenheit. Es ist nicht so, dass man sich über das Ideal (“täglich Marathon laufen”) einig wäre, aber jemand dieses aufgrund eines Defekts (“keine Beine”) nicht erreichen kann.

Es wäre grotesk, dem der bei der Meinungsverschiedenheit im Recht ist, eine Schwäche, ein Unvermögen oder einen Defekt vorzuwerfen. Und wer hier Recht hat, darum geht es in dieser Diskussion gerade.

Das ist wie wenn man auf nebulöse Art eine Äquivalenz zwischen folgendem aufbaut:
  1. “Ich ermutige meine Frau schon gar nicht mehr, dass sie aufhören soll zu rauchen.”
  2. “Ich ermutige meine Frau schon gar nicht mehr, dass sie aufhören soll Tee zu trinken.”
B erklärt sich erstmal nicht durch einen “Defekt” bei der Frau. A schon, nämlich Willensschwäche. Und wenn man tatsächlich der Meinung ist, dass Tee trinken schädlich ist, dann müsste man alles daran setzen, diese Überzeugungsarbeit zu leisten. Was sollte an dieser Überzeugungsarbeit “lieblos” sein?

PS: Wir hatten das bereits in allen Details durchdiskutiert. Dennoch rutschst du immer wieder da rein! Du kannst irgendwie nicht anders, als stillschweigend vorauszusetzen, dass hinter einer Ablehnung der tollen katholischen Sexualethik ein “Defekt” liegen muss – im Sinne von spirituell verkümmert, oberflächlich. Das ist schon wie ein Automatismus bei dir.

Claymore
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#583 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » So 21. Okt 2018, 20:35

closs hat geschrieben:"Der in Regensburg geborene Benediktiner Pater Gerhard Lagleder arbeitet seit 1987 als Missionar in Südafrika. 1992 gründete er die „Brotherhood of Blessed Gérard“ als eigenständige durch Spenden finanzierte Hilfsorganiation innerhalb des Malteserordens, die sich seit 2003 verstärkt des Themas AIDS annimmt. Durch die Aktion konnte bislang 40.000 HIV-infizierten Menschen geholfen werden" ("Kirche in Not" <leider ohne Datum>). - Allerdings sagt er in diesem Text nicht ausdrücklich, dass er Kondome gibt, sondern dass man "mehr" tun muss, als das (natürlich tut er es).
Aha.
closs hat geschrieben:Das Problem: Man darf damit nicht offiziell werden, weil dann das Pastorale mit dem Fundamentalen kollidiert - obwohl es jeder weiß (auch Ratzinger wusste es). - Umso bescheuerter ist es, wenn irgendwelche Schlaumeier-Bischöfe daraus einen Terz machen und dann dazu zwingen, Sanktionen auszusprechen. - Das liegt (s.o.) an den verschiedenen Funktionen von "fundamental" und "pastoral".
Damit sind wir aber schon weit abgekommen von:
closs hat geschrieben:Der Vatikan sagt dann "Wir KÖNNEN es fundamental-theologisch nicht erlauben, weil wir Gründe haben". - Aber der Vatikan sagt AUCH: "IHR seid in der PRaxis - Ihr habt alle Freiheiten". - Das ist alles nicht so einfach.
Außerdem: wenn schon als Belege Bücher mit Titel “Sex und der Vatikan: Ein Bericht über die verborgenen Seiten der Kirche” herhalten müssen!

Du zitierst einen Pater Felice, der zugibt, heimlich eine Beziehung mit einer Frau zu haben (S. 227 in dem Buch), dem Vatikan Heuchelei vorwirft (S. 225) und meint “Außer den jungen, die neu ins Land kommen und Abstinenz predigen, haben alle Priester ein Sexualleben.” Das Interview schließt er ab mit: “Ich möchte Sie erneut darum bitten, meine Angaben mit größter Diskretion zu behandeln.”

Statt “fundamental” vs. “pastoral” hört sich das (wie auch die anderen Stories des Buches) eben doch an wie “den fundamental definierten Soll-Zustand verachten”.
closs hat geschrieben:S.o.: Die Wesenseinheit von Vereinigung und Wiederschöpfungskraft.
“Wesenseinheit von Vereinigung und Wiederschöpfungskraft” ist nicht einmal ein vollständiger Satz, geschweige denn ein Argument.

Versuch doch mal eine echte Begründung: “Man kann erkennen: Gott will nicht, dass Menschen masturbieren/verhüten/homo-Sex haben, weil _________________________.”

Viel Erfolg!
closs hat geschrieben:- Nochmals: Das heißt NICHT, das Ehepaare nur dann zusammensein dürfen, wenn die Frau ihre fruchtbaren Tage hat, sondern dass generell diese Wesenseinheit nicht in Frage gestellt wird.
Was es aber heißt, ist, dass selbst nach dem 12ten Kind Verhütung Sünde ist.
closs hat geschrieben:Womit hat es denn aus Deiner Sicht zu tun, wenn nicht mit “Natur des Menschen im göttlichen Willen”?
Versuch dich mal an der ‘Aufgabe’ darüber. Und zwar nicht “aus christlicher Sicht”, sondern rein philosophisch. Es wird dann leichter sein, das zu verstehen.
closs hat geschrieben:Sprachprobleme: Ich vermute, dass Du mit "Sein auf das Sollen" meinst "Dasein auf das sollen" - also die Phänomene des Daseins als Hinweise meinst auf einen Idealzustand hin ---???
Die Frage ist, wie man aus deskriptiven (rein beschreibenden) Aussagen denn normative Aussagen ableiten kann.
closs hat geschrieben:Ich verstehe Ratzinger so, dass er eine naturalistisch verstandene Natur nicht als Grundlage für geistige/geistliche Handlungsanweisungen versteht. - Aber eigentlich geht es ihm mehr um den kritische Rationalismus und dessen Ungeeignetheit, geistige/geistliche Handlungsanweisungen zu erstellen.
Du verstehst ihn falsch. Es geht hier nicht um “geistig/geistlich”, sondern um die Frage, wann aus Recht denn Unrecht wird. Wenn ein Staat ein Gesetz erlässt, das mit der von Benedikt XVI. favorisierten Rechtsbasis (Naturrecht) in Konflikt steht, dann wird dieser Staat zu der in der Rede angesprochenen “Räuberbande” (Augustinus). Und zwar irrelevant ob das besagte Gesetz vollkommen demokratisch zustande gekommen ist.
closs hat geschrieben: - Rätselhaft erscheint mir, warum das die Frage an die NATUR sein könnte - also da schwimme ich.
Es ist schon mal ein Anfang, dass dir was von der RKK “rätselhaft” erscheint. Ich habe mich in aller Breite über das Verständnis von “Natur” im Naturrecht ausgelassen. Jetzt ist erstmal gut; ich weiß nicht, warum ich hier RKK-Philosophie erklären sollte. Ich vertrete sie schließlich nicht.

Es reicht, sich anzuschauen wie die Reise dann weiter ging:
Papst Benedikt XVI. (Zur Feier des Weltfriedenstages) hat geschrieben:Auch die natürliche Struktur der Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau muß anerkannt und gefördert werden gegenüber den Versuchen, sie rechtlich gleichzustellen mit radikal anderen Formen der Verbindung, die in Wirklichkeit die Ehe beschädigen und zu ihrer Destabilisierung beitragen, indem sie ihren besonderen Charakter und ihre unersetzliche gesellschaftliche Rolle verdunkeln. Diese Grundsätze sind keine Glaubenswahrheiten, noch sind sie nur eine Ableitung aus dem Recht auf Religionsfreiheit. Sie sind in die menschliche Natur selbst eingeschrieben, mit der Vernunft erkennbar und so der gesamten Menschheit gemeinsam. Der Einsatz der Kirche zu ihrer Förderung hat also keinen konfessionellen Charakter, sondern ist an alle Menschen gerichtet, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit. Solch ein Einsatz ist um so nötiger, je mehr diese Grundsätze geleugnet oder falsch verstanden werden, denn das stellt eine Beleidigung der Wahrheit des Menschen dar, eine schwere Verletzung der Gerechtigkeit und des Friedens.
Kurz, die RKK verkauft ihre Glaubensüberzeugungen wieder einmal als die absolute Wahrheit, nach denen sich der säkulare Staat rein “mit der Vernunft erkennbar” richten soll.
closs hat geschrieben:Da würde ich ihm deshalb widersprechen, weil aus meiner Sicht "Recht" ein Ordnungsgröße des Soveräns ist und primär keine geistige/geistliche Größe (von der die "Ethik dann eine Folge ist). - Ratzinger schein "Recht" auf Natur-"Recht" zu beziehen.
Damit widersprichst du nicht nur ihm, sondern einer der wichtigsten Traditionen der katholischen Kirche.
closs hat geschrieben:Deine darauf folgenden Aussagen verstehe ich nicht ganz. - Denn letztlich sehe ich nur einen Unterschied: Versteht man "Natur" als ein geistliches/geistliche Produkt oder nicht?
Klar, “geistliches/geistliche”, das kommt dabei raus. :mrgreen: Vielleicht erklärst du bei der Gelegenheit mal, was “geistlich” in dem Zusammenhang überhaupt zu bedeuten hat und warum nicht “geistig” alleine ausreicht.
closs hat geschrieben:Und da steht Descartes aus meiner Sicht sehr wohl auf der "geistigen/geistlichen Seite" - von den Grundlage her. - Dass er dann die Natur "naturwissenschaftlich" untersucht, stellt diese Grundlagen nicht in Frage.

Und natürlich ist der Körper dem Wandel unterworfen - was will man daraus schließen, außer dass Natur nicht die unwandelbare Grundlage des Menschen ist?
Versuch dich mal an der ‘Aufgabe’ oben: “Man kann erkennen: Gott will nicht, dass Menschen masturbieren/verhüten/homo-Sex haben, weil _________________________.”

Präzise und so, dass man nicht zu dem Schluss kommt, dass es Gott auch nicht will wenn man in vollem Wissen einen unfruchtbaren Partner heiratet (was ist die “Wesenseinheit von seelischer Verbindung und Wiederschöpfungskraft” und warum genau wird sie in diesem Fall nicht gebrochen?).

Und warum überhaupt will Gott nicht, dass sie gebrochen wird?

Dann solltest du sehr schnell erkennen, dass dir das mit einer Metaphysik (wie die Cartesische), die die Materie mechanistisch konzipiert, unmöglich ist.

Wobei es auch mit der aristotelisch-thomistischen Metaphysik unmöglich ist, aber man kommt mit dieser zumindest weiter.
closs hat geschrieben:Moment: Was Menschen aus geistigen/geistlichen Grundlagen machen, ist kein Beurteilungskriterium für geistige/geistliche Grundlagen. - Trotzdem: Natürlich basiert diese menschliche Ausgestaltung auf dem, was Ratzinger "Naturrecht" nennt - selbst wenn es ein Wildwuchs ist.
Wenn man sich das Zitat von Thomas von Aquin anschaut, dann kann man schwer sagen, dass er hier von der weltlichen Gerichtsbarkeit nur missverstanden wurde.
closs hat geschrieben:Wie das? - Ich unterscheide schon zwischem traditionellen und heutigen Verständnis - und vor allem: Ich ignoriere gerade NICHT den Anspruch der RKK, dass sie aus dem NT eine gestalterische Aufgabe im säkularen Gesellschaftsraum beansprucht.
Benedikt XVI. (und natürlich die RKK i.A.) sieht das nicht nur so: sie setzen sich ihrer Meinung nach für die Vernunft im säkularen Bereich ein.
closs hat geschrieben:- Aber sie weiß natürlich AUCH,
1) dass selbiges in der Zeit, in der sie säkulare Macht hatte, gar nicht gut funktioniert hat.
2) dass heute solche Ansprüche nur appelativ sein können.
3) dass die heue vorherrschende Denkformatierung derart weg davon ist ("Kritischer Rationalismus"), "so daß man sich schon beinahe schämt, das Wort <katholisches Naturrecht>überhaupt zu erwähnen".

Die RKK weiß also schon, dass sie ein Tropfen auf dem heißen Stein in der säkularen Gesellschaft ist bzw. zwar Saat auswerfen kann, die aber weitgehend auf harten Boden oder Disteln fällt.
Geht es noch tendenziöser?
closs hat geschrieben: - Es ist - wieder fundamental gesehen - ein Versuch in der Gegenwart und ein Bewahren für die zukunft.
Der Knackpunkt ist die Frage ob das, was die RKK hier bewahren will, wert ist, bewahrt zu werden.

Claymore
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#584 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » So 21. Okt 2018, 20:37

closs hat geschrieben:Moment: "Meta-physisch" ist in der Tat über/hinter der Natur. - Aber was ist die "Philosophia naturalis" anders, als das Metaphyische in der Natur abgebildet zu sehen? (Nicht, dass dies meine Auffassung wäre).
Du zäumst das Pferd von hinten auf: die Idee war traditionell, dass man sich vom konkreten dem abstrakten nähert. Ohne philosophia naturalis keine metaphysica und ohne metaphysica keine Erkenntnis rein durch die Vernunft, dass Gott existiert.

Und andersherum bildet sich die metaphysica nur auf sehr “grobkörnige” Weise in der Natur ab. Sie lässt einfach viel zu viel offen. Auf unser Beispiel bezogen können wir unmöglich aus der metaphysica ableiten, was es bedeutet, dass Menschen als zwei Geschlechter existieren. Alle Erkenntnisse der metaphysica wären schließlich sogar damit kompatibel, dass Menschen Zwitter sind wie Regenwürmer.
closs hat geschrieben:Ratzinger sagt aus meiner Sicht unterm Strich:
Positivistische Vernunft ist letztlich nur eine kritisch-rationale Vernunft
Wie kannst du diese radikale Umdefinierung der Begriffe rechtfertigen, wo doch Popper seinen kritischen Rationalismus als Gegenprogramm zum Positivismus entworfen hat?
Spektrum: Lexikon der Biologie: Positivismus hat geschrieben:Von außen her wurde der Positivismus vor allem durch K. Popper bedrängt, der einige seiner zentralen Thesen auf den Kopf stellte (Falsifizierbarkeit [Falsifikation] statt Verifizierbarkeit; Deduktivismus statt Induktivismus; Realismus statt Phänomenalismus, Instrumentalismus und Deskriptivismus; kritischer Rationalismus statt Empirismus).
und somit eine anthropogene Vernunft. - Die eigentliche, nämlich universale Vernunft liegt im Geistigen /Geistlichen. - Und da ist die Frage, ob "die Welt" langfristig anthropogen, also NICHT geistig/geistlich begründet, überleben kann.
“Anthropogen” heißt nach Duden “durch den Menschen beeinflusst, verursacht”.
Vernunft, zumindest die auf die wir Zugriff haben, ist menschlich. Aber wie kann sie “durch den Menschen beeinflusst, verursacht” sein?
closs hat geschrieben:Kritisch würde ich bei Ratzinger (wiewohl er es wirklich gut meint) sehen, dass er ständig sozusagen Soll und Ist zusammenführen will - das tut er mit seiner kanonischen Exegese genauso wie hier in seinem Anspruch, dass man das eine doch mit dem anderen verbinden könnte. - Das sehe ich pessimistischer. - Ratzinger erweckt den Eindruck, er sehe eine Chance, die Offenbarungs-Katastrophe zu verhindern. - Aber das ist ein ganz anderes Thema.
Verstehe nicht, was du hier sagen willst. Was soll eine “Offenbarungs-Katastrophe” denn sein?

closs
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#585 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von closs » So 21. Okt 2018, 23:44

Claymore hat geschrieben:“Mann und Frau gemeinsam” kommt in dem Satz nicht vor.
"Mann und Frau sind je verschiedene endliche Abbilder der unendlichen Vollkommenheit Gottes, und durch beide zusammen wird die Vollkommenheit Gottes voller dargestellt als durch eines allein."

Claymore hat geschrieben:Der David und die Pietà sind je verschiedene Zeugnisse der Fähigkeit von Michelangelo als Bildhauer, und durch beide zusammen wird seine Fähigkeit voller dargestellt als durch eines allein. kann man auch nicht schließen, dass es da um eine “Vereinigung” geht.
Juristisch kommt man da vielleicht durch, aber inhaltlich wohl nicht, da dieses Zitat unter der Rubruk "Geschlechtlichkeit" zu finden ist.

Claymore hat geschrieben:Wie ist das ein Argument dafür (wie es die RKK meint), die Nicht-Akzeptanz des kath. geprägten Naturrechts durch Ungläubige wäre objektiv irrational?
Im heutigen Sinne ist das Wort "objektiv" falsch, da damit heute "kritisch-rational" gemeint ist. - Gemeint ist es vermutlich im Sinne von "ontisch" bzw. was im RKK-Glauben als ontisch gilt. -. Ich würde es übersetzen mit "Das Naturrecht ist Ausdruck der höchsten ontischen Vernunft in Gott" - was natürlich zur Folge hat, dass menschliche Vernunft in diesem Schatten "irrational" erscheint.

Claymore hat geschrieben:Aber du bist doch derjenige, der die Androgynisierung der Kultur als Problem dargestellt hat.
So ist es. - Trotzdem kann ich nicht die fundamentalen theologischen Argumente Dazu referieren. - Der Spur nach könnte ich es vermitteln, aber dann kommt wieder einer nach dem anderen mit "kritischem" Einhaken, ohne zu verstehen. - Um es nach Hofmannsthal zu sagen: "Der Sinn des Wortes verfault in dem Moment, in dem es den Mund verlässt".

Claymore hat geschrieben:Anscheinend sind die Archetypen des Weiblichen und Männlichen so subtil, dass sie sich bei näherem Nachfragen verflüchtigen.
Nee - s.o.: "Der Sinn des Wortes verfault in dem Moment, in dem es den Mund verlässt". - Vielleicht finden wir ja eine Lösung.

Claymore hat geschrieben:Mit “jada” wird hier eine Vergewaltigung beschrieben. Daran gibt es nichts zu deuteln.
Wenn da "jada" steht, hast Du recht. - Aber das ist nicht gemeint, wenn es heißt "Adam erkannte Eva". - Das heißt: "Jada" wurde sowohl spirituell gemeint ("Jetzt habe ich <Gott> erkannt, dass Du Gottes fürchtig bist" - Gen. 22,11) als auch säkular für "körperlich vereinigen". - Bei Adam und Eva scheint mir beides gemeint zu sein.

Claymore hat geschrieben:Es geht hier nicht um “christlich”, sondern um “vernünftig”.
Die Frage ist hier: Anthropogen-vernünftig oder theogen-vernünftig?

Claymore hat geschrieben:Die Argumentation funktioniert nicht so einfach. Wenn man eine Frau heiratet, von der man weiß, dass sie die Wechseljahre erreicht hat oder eine Hysterektomie hinter sich hat, dann hat man sich (mindestens) damit abgefunden keine Kinder mit ihr zu bekommen. Wie kann da noch von einer “wesensmäßig vorgesehenen Konstellation” oder einem ernsthaften Wunsch die Rede sein?
Doch, es funktioniert, da "wesensmäßig" doch gerade die Grundlage zur Erklärung einer Funktionsstörung ist. - Wenn Beine wesensmäßig zum Laufen da sind, sind sie doch nicht deshalb NICHT wesensmäßig dafür da, weil man lahmt.

Claymore hat geschrieben:Warum wird da ausgerechnet auf “zwei Geschlechter” abgehoben anstatt tatsächlich vorhandenes Potential zur Fruchtbarkeit?
Verstehe ich nicht ganz. - Wo anders soll denn vorhandenes Potential zur Fruchtbarkeit sein, wenn nicht bei zwei Geschlechtern? (Wollen wir hier nicht von Selbstbefruchtung bei niederen Lebensformen sprechen)

Claymore hat geschrieben:Lustig: In Richter 19:22 und 1. Mose 19:5 wird “jada” für homosexuelle Handlungen verwendet.
Wusste ich nicht - interessanter Hinweis. - Spontan vermute ich, dass man im säkularen Sinne damit jegliche Art des Eindringens von Mensch zu Mensch benannt hat - aber auch hier: Das steht im Gegensatz zum spirituellen Sinn des Wortes "jada" wie etwa in "Jetzt habe ich <Gott> erkannt, dass Du Gottes fürchtig bist" (Gen. 22,11).

Im Grunde reißt Du hier ein ganz anderes Thema auf: Die Spiegelung von gut und böse in jedem Wort. - Das Satanische steht ja für die brillante Verdrehung eines Ursinns. --- Wie auch immer: Dein Hinweis ist hochinteressant.

Claymore hat geschrieben:Du musst schon mal erklären, was mit “jada” genau gemeint ist, wenn es doch nicht um die tatsächliche Wiederschöpfungskraft geht, sondern um die “wesensmäßige” … was bedeutet das genau?
Moment: Es gibt keine Polarisierung aus "tatsächlich" und "wesensmäßig". - Hier geht es darum, dass - platt gesagt - Sex und Vermehrung keine zufällige Doppelfunktion der entsprechenden Körperteile sind (wie es etwa bei Reden und Essen ist), sondern prinzipiell nicht getrennt gesehen können. - "Essen" und "Reden" könnten prinzipiell getrennt gesehen werden - beide Funktionen haben eigentlich nichts miteinander zu tun.

Claymore hat geschrieben:Es ging darum, dass man auch die Wiederschöpfungskraft wie Platon verstehen könnte, abstrakter in Richtung: Edle und mutige Taten, großartige Werke, etc.
Sicherlich ist das auf anderer Ebene vorstellbar - man denke nur an der Missionsauftrag (1.Petrus 2,9:
"Ihr aber seid ein von Gott auserwähltes Volk, seine königlichen Priester, ihr gehört ganz zu ihm und seid sein Eigentum. Deshalb sollt ihr die großen Taten Gottes verkünden, der euch aus der Finsternis befreit und in sein wunderbares Licht geführt hat.").

Aber hier geht es um die gleichzeitig geistige/geistliche und körperliche Verschmelzung von Mann und Frau zur Schöpfung irdischen Lebens.

Claymore hat geschrieben:Allerdings hat die RKK ein Problem damit, da sie Homosexuellen weiterhin den Zugang zur Weihe verwehrt.
Das gilt nicht für homosexuell Veranlagte, sondern für homosexuell Aktive. - Gelebte HS wäre so etwas ähnliches wie ein Verstoß gegen den Zölibat.

Claymore hat geschrieben:Nur ist die kath. Sexualethik doch wohl keine “geistige Grundlage des Christentums”. Das gehört zur kath. Moraltheologie und theologischen Ethik.
Ja - aber diese beruht doch auf der Fundamental-Theologie. - Was beruht in der Theologie NICHT auf der Fundamental-Theologie? - Das ist doch die Grundlage für alles.

Claymore hat geschrieben:Also taktisches Verhalten?
Eher pragmatisches Verhalten. - Was kann man tun, wenn die realen Umstände ganz anders sind als das Ideal? Dann drückt man nicht das Ideal durch (was vollkommen unrealistisch wäre), sondern hilft erstmal im ersten Schritt.

Claymore hat geschrieben:Es wäre grotesk, dem der bei der Meinungsverschiedenheit im Recht ist, eine Schwäche, ein Unvermögen oder einen Defekt vorzuwerfen. Und wer hier Recht hat, darum geht es in dieser Diskussion gerade.
Eigentlich nicht (aus meiner Sicht).

Kleinen Schwenk: Es gibt in der RKK in einem ganz anderen, hier irrelevanten, Kontext die Einrichtung der "Advokatus Diaboli" - ich übersetze positiv und verändere auf unsere Situation hin: Man stellt sich in die Schuhe einer anderen Hermeneutik.

Konkret: Hätte ich hier die Hermeneutik des säkular-naturalistischen Weltbildes zu vertreten (so wie ein Anwalt einen Mandanten vertritt), würde ich viele Argumente übernehmen, die meine Diskussions-"Gegner" hier bringen. - Insofern habe ich - im doppelten Wortsinn - größtes Verständnis für Deine Argumente.

In den Worten von Kurt Tucholsky: "Jeder hat ja so recht". :lol: - Wer WIRKLICH recht hat, wird auf ontischer Ebene entschieden - also nicht durch uns. - Die Frage ist eine andere: Ist unsere Weltsicht authentisch zum dem, was ontisch entschieden wird? - Enweder man ist es oder nicht. - Ob man es ist, geht nicht durch "Punktesammeln" ("Bin ich aber aufgeklärt"/"War das aber brillant"). ---- Um es biblisch zu sagen: 1.Kor 13,12:
"Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin".

Intellektuell kann man allenfalls erreichen, dass man per widerspruchsfreien Darstellung einen Keim setzt - mehr nicht. - Mehr erreichen tut man, indem man vorlebt und vorliebt. - NB: Hätte Paulus auf hebräisch geschrieben, würde für sein "erkennen" vermutlich "jada" stehen.

Claymore hat geschrieben: Du kannst irgendwie nicht anders, als stillschweigend vorauszusetzen, dass hinter einer Ablehnung der tollen katholischen Sexualethik ein “Defekt” liegen muss – im Sinne von spirituell verkümmert, oberflächlich.
Wenn wir den Bogen ganz weit spannen, ist ein liebender Atheist weniger "verkümmert" oder "oberflächlich" als ein nicht-liebender Christ. - Insofern hast Du mit Deinem Argument auf höchster Ebene recht.

Andererseits muss ich trotzdem darauf hinweisen, dass ein spirituell denkender Mensch in der Regel ebenfalls naturalistisch denken kann, während dies umgekehrt die Ausnahme ist. - Mir fällt in den vielen Diskussionen hier im Forum auf, dass Agnostiker, Atheisten, Naturalisten vollkommen hilflos UND sich gleichzeitig überlegen wähnend über das Spirituelle sprechen - doch, da ist wirklich was weggebrochen.

closs
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#586 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von closs » Mo 22. Okt 2018, 00:42

Claymore hat geschrieben:Du zitierst einen Pater Felice, der zugibt, heimlich eine Beziehung mit einer Frau zu haben (S. 227 in dem Buch)
Da bist Du schlauer als ich - ich habe mich auf das Thema fundamental - pastoral konzentriert.

Claymore hat geschrieben:Damit sind wir aber schon weit abgekommen von:

closs hat geschrieben:
Der Vatikan sagt dann "Wir KÖNNEN es fundamental-theologisch nicht erlauben, weil wir Gründe haben". - Aber der Vatikan sagt AUCH: "IHR seid in der PRaxis - Ihr habt alle Freiheiten". - Das ist alles nicht so einfach.
Verstehe, was Du meinst:
1) Ich hätte statt "sagt AUCH" sagen sollen "weiss AUCH".
2) Bei Franziskus ist dieses selbstverständliche Wissen im Hintergrund etwas offizieller geworden mit seiner Barmherzigkeitsoffensive, die allerdings NICHT heißen soll "Wir weichen auf", sondern "Wir wissen doch, wie's draußen zugeht".

Claymore hat geschrieben:Statt “fundamental” vs. “pastoral” hört sich das (wie auch die anderen Stories des Buches) eben doch an wie “den fundamental definierten Soll-Zustand verachten”.
Ich kenne das Buch nicht, sondern habe nur auf Deinen Belegwunsch hin rum-gegoogelt.
1) Ich habe damit etwas gegoogelt, was ich von Missionaren persönlich weiß - aber schwarz auf weiß gilt es halt mehr.
2) Ja - so wie Du es darstellst, ist “den fundamental definierten Soll-Zustand verachten” richtig - es gibt in der Tat Reibereien zwischen den vatikanischen Ordnungshütern und denen, die "draußen in der Welt" sind.

Claymore hat geschrieben:Versuch doch mal eine echte Begründung: “Man kann erkennen: Gott will nicht, dass Menschen masturbieren/verhüten/homo-Sex haben, weil _________________________.”
Der Katechismus würde antworten:
"2370 ... Hingegen „ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel" (HV 14)".

Wie dies konkret aus der Bibel abgeleitet wird, kann ich nur bruchstückhaft darstellen - zum Teil habe ich es ja schon gemeint. - Nebenbei: Ich VERSTEHE zwar die katholische Sexualethik, was aber nicht heißt, dass ich alles davon für mich unterschreiben würde.

Claymore hat geschrieben:Was es aber heißt, ist, dass selbst nach dem 12ten Kind Verhütung Sünde ist.
Strenggenommen ja (patoral nein). - Aus fundamentaler Sicht würde man sagen :
"2370 Die zeitweilige Enthaltsamkeit sowie die auf Selbstbeobachtung und der Wahl von unfruchtbaren Perioden der Frau beruhenden Methoden der Empfängnisregelung [Vgl. HV 16] entsprechen den objektiven Kriterien der Moral".

Claymore hat geschrieben:Versuch dich mal an der ‘Aufgabe’ darüber. Und zwar nicht “aus christlicher Sicht”, sondern rein philosophisch. Es wird dann leichter sein, das zu verstehen.
Sehe ich für mich NICHT so, da ich Philosophie und Theologie als zwei Disziplinen mit selbem Ziel sehe: Sophia. - Was kommt bei Dir raus?

Claymore hat geschrieben:Die Frage ist, wie man aus deskriptiven (rein beschreibenden) Aussagen denn normative Aussagen ableiten kann.
Da denke ich top-down: Wie ist das geistig/geistlich ermittelte Normative, zu dem das deskriptiv Wahrnehmbare authentisch steht oder nicht.

Claymore hat geschrieben:Du verstehst ihn falsch. Es geht hier nicht um “geistig/geistlich”
Doch - Deine weitere Argumentation bestätigt es. - Denn "demokratisch" ist überhaupt kein Argument pro oder contra "Räuberbande". - NB: Ratzinger meint mit "Recht" nicht positives, juristisches Recht.

Claymore hat geschrieben:Kurz, die RKK verkauft ihre Glaubensüberzeugungen wieder einmal als die absolute Wahrheit, nach denen sich der säkulare Staat rein “mit der Vernunft erkennbar” richten soll.
Fundamental, also auf Basis eines Glaubensentscheids, JA - aber Achtung: "Absolute Wahrheit" gilt nur unter der Bedingung, dass der eigene "Glaubensentscheid" der richtige in Bezug auf die Wahrheit ist. - Ratzinger sagt also im Grunde: "Wenn der RKK-Glaube wahr ist, DANN vertritt die RKK die absolute Wahrheit". - Das sollte man immer geistig hinzufügen, wenn man im Kontext "RKK" das Wort "Wahrheit" hört.

Man sollte hier Ratzinger richtig einschätzen:
1) Er ist in seiner eleganten und feinen Sprache knallhart - oft wird das übersehen, vor allem, wenn er es mit seiner schwächlichen Stimme selber vorträgt.
2) Natürlich weiß Ratzinger, dass der den säkularen Staat damit nicht überzeugen kann - aber er will ihm zeigen, wo er steht. - Das geht nicht mal so sehr gegen den Staat, sondern Strömungen und Konfessionen, die meinen, sie müssten das eigene Fundament aufgeben und dafür der säkularen Gesellschaft nachlaufen.

Claymore hat geschrieben:Damit widersprichst du nicht nur ihm, sondern einer der wichtigsten Traditionen der katholischen Kirche.
Das ist eher ein semantisches Problem. - "Recht" im Sinne des katholischen "Naturrechts" ist etwas ganz anderes als "Recht" im Sinne der Staatstheorien seit Bodin. - Eigentlich ist "Recht" hier ein Polysem.

Claymore hat geschrieben:Vielleicht erklärst du bei der Gelegenheit mal, was “geistlich” in dem Zusammenhang überhaupt zu bedeuten hat und warum nicht “geistig” alleine ausreicht.
Nachdem ich ständig gelöchert werde, dass es "geistlich" und nicht "geistig" zu heißen habe :D , habe ich mir angewöhnt, es geistig/geistlich zu nennen, damit jeder zufrieden ist.

Claymore hat geschrieben:Klar, “geistliches/geistliche”, das kommt dabei raus.
Das ist die letztliche Grundfrage von allem: Ist Materie von Geist gemacht oder Geist von Materie? - Keine der beiden Antworten ist falsifizierbar.

Claymore hat geschrieben:Dann solltest du sehr schnell erkennen, dass dir das mit einer Metaphysik (wie die Cartesische), die die Materie mechanistisch konzipiert, unmöglich ist.
Das müsstest Du überzeugend begründen. - Bis dahin vermute ich, dass irgendein Missverständnis zwischendrin hängt.

Claymore hat geschrieben:Benedikt XVI. (und natürlich die RKK i.A.) sieht das nicht nur so: sie setzen sich ihrer Meinung nach für die Vernunft im säkularen Bereich ein.
Das liegt darin, dass die RKK "Vernunft "theogen" (also universal) und der säkulare Bereich "Vernunft" "anthropogen" definiert. - Man meint Verschiedenes mit "Vernunft" (dito "Aufklärung").

Claymore hat geschrieben:Geht es noch tendenziöser?
Wieso denn das? - Jetzt sage ich mal was Distanziertes zur RKK - und jetzt das? :o

Claymore hat geschrieben:Der Knackpunkt ist die Frage ob das, was die RKK hier bewahren will, wert ist, bewahrt zu werden.
Das wiederum ist eine Frage der Hermeneutik. - Die RKK würde es als "Fortschritt" verstehen, wenn sie damit die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit ablösen würde - die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit versteht sich definitiv als Fortschritt gegenüber dem, was die RKK fordert.

Claymore hat geschrieben:Du zäumst das Pferd von hinten auf: die Idee war traditionell, dass man sich vom konkreten dem abstrakten nähert.
Das ist durchaus korrekt, weil der Weg des Menschen da beginnt, wo er was wahrnimmt - also im Konkreten. - Aber kategorial ist die Metaphysica über der naturalis. - Wenn Du über die Sekretärin den Chef kennenlernst, ist die Sekretärin doch nicht die Chefin des Chefs.

Claymore hat geschrieben:Und andersherum bildet sich die metaphysica nur auf sehr “grobkörnige” Weise in der Natur ab. Sie lässt einfach viel zu viel offen.
Logisch - weil sie kritisch-rational/wissenschafts-methodisch nicht greifbar ist. - Oder anders: "Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik)

Claymore hat geschrieben:Wie kannst du diese radikale Umdefinierung der Begriffe rechtfertigen, wo doch Popper seinen kritischen Rationalismus als Gegenprogramm zum Positivismus entworfen hat?
Das ist eine andere Ebene. - Es gibt mindestens zwei Positivismus-Streite: Einer Ende des 19. Jh. (Dilthey, etc.), dann der inzwischen mehr bekannte mit Popper, der aber eigentlich kein philosophischer, sondern ursprünglich ein methodischer Streit ist (komischerweise stellt man immer wieder fest, dass dieser Unterschied nicht gemacht wird).

Trotzdem: Mein Satz ist für jemanden unglücklich, der Popper kennt - trotzdem war er ernst gemeint - ich formuliere um:
"Ratzinger meint damit, dass 'moderne' Vernunft beschränkt ist auf 'was nicht wissenschaftlich beweisbar ist, ist irrelevant', also über das Anthropogene hinausgehende Vernunft gar nicht mehr in Erwägung gezogen wird". - Falls dies ebenfalls nicht verständlich ist, formuliere ich gerne nochmals um, bis es sitzt.

Claymore hat geschrieben:“Anthropogen” heißt nach Duden “durch den Menschen beeinflusst, verursacht”.
Ganz recht: "verursacht" meine ich. - Oder vielleicht weißt Du ein Wort für "menschen-maßstäblich" - das wäre NOCH besser.

Claymore hat geschrieben:Was soll eine “Offenbarungs-Katastrophe” denn sein?
Damit ist die Katastrophe gemeint, die biblisch in der "Offenbarung des Johannes" beschrieben wird.

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#587 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Scrypton » Mo 22. Okt 2018, 11:17

*gähn*

"Versagt die Evolutionstheorie?"
Antwort: Nö! :)

Claymore
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#588 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » Di 23. Okt 2018, 00:48

closs hat geschrieben:Im heutigen Sinne ist das Wort "objektiv" falsch, da damit heute "kritisch-rational" gemeint ist. -
Aus dem Zusammenhang sollte eigentlich ersichtlich sein, was damit gemeint war:
Benedikt XVI. hat geschrieben:Diese Grundsätze sind keine Glaubenswahrheiten, noch sind sie nur eine Ableitung aus dem Recht auf Religionsfreiheit. Sie sind in die menschliche Natur selbst eingeschrieben, mit der Vernunft erkennbar und so der gesamten Menschheit gemeinsam. Der Einsatz der Kirche zu ihrer Förderung hat also keinen konfessionellen Charakter, sondern ist an alle Menschen gerichtet, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit.
Das mit “kritisch-rational” hast du eingeführt und zwar komplett frei von irgendwelchen Belegen.
closs hat geschrieben:Gemeint ist es vermutlich im Sinne von "ontisch" bzw. was im RKK-Glauben als ontisch gilt. -. Ich würde es übersetzen mit "Das Naturrecht ist Ausdruck der höchsten ontischen Vernunft in Gott" - was natürlich zur Folge hat, dass menschliche Vernunft in diesem Schatten "irrational" erscheint.
Unverständlich.
closs hat geschrieben:So ist es. - Trotzdem kann ich nicht die fundamentalen theologischen Argumente Dazu referieren.
Es geht hier nicht um Theologie. Es geht einfach darum, dass du nicht erklären kannst was du mit
closs hat geschrieben:das Problem, [ist] die Androgynisierung unseres Menschenbildes.
meinst.
closs hat geschrieben:Aber das ist nicht gemeint, wenn es heißt "Adam erkannte Eva". - Das heißt: "Jada" wurde sowohl spirituell gemeint ("Jetzt habe ich <Gott> erkannt, dass Du Gottes fürchtig bist" - Gen. 22,11) als auch säkular für "körperlich vereinigen". - Bei Adam und Eva scheint mir beides gemeint zu sein.
Nur dass es für diese Interpretation nicht den geringsten Beleg gibt. Stattdessen sieht alles danach aus, dass “jada” einfach nur zwei Bedeutungen besitzt: einmal “erkennen”, einmal ein Euphemismus für sexuelle Handlungen.

Ist aber auch egal, schließlich bezieht sich das sowieso nur auf Offenbarung durch die Bibel.
closs hat geschrieben:Die Frage ist hier: Anthropogen-vernünftig oder theogen-vernünftig?
Die Begriffe “anthropogen vernünftig” und “theogen vernünftig” kennt man außerhalb deiner Privatsprache nicht. Du hast sie weder definiert, noch irgendwelche Belege gebracht, dass die RKK in diesen Konzepten (was auch immer dahinter steckt) denkt.

Es ist ganz einfach so gemeint wie in dem Papst-Zitat oben: mit der Vernunft erkennbar für die gesamte Menschheit, unabhängig von der Konfession.
closs hat geschrieben:Doch, es funktioniert, da "wesensmäßig" doch gerade die Grundlage zur Erklärung einer Funktionsstörung ist. - Wenn Beine wesensmäßig zum Laufen da sind, sind sie doch nicht deshalb NICHT wesensmäßig dafür da, weil man lahmt.
Es ist die große Frage, was “Beine sind wesensmäßig zum Laufen da” eigentlich bedeutet und in welcher Form “x ist für y da” eine wirkliche Eigenschaft von Dingen ist (anstatt einer reinen Projektion). Aber mehr dazu später.

Es ging um eine ‘wesensmäßig vorgesehene Konstellation’ – das waren deine Worte. Der Vergleich mit den Beinen zielt aber auf etwas ganz anderes ab, nämlich wofür bestimmte Körperteile ‘wesenmäßig’ da sind – also ‘wesenmäßig vorgesehene Funktion’ von Körperteilen.

Abelard kommentiert Römer 1:26 mit:
Petrus Abaelardus hat geschrieben:Gegen die Natur, das heißt gegen die Natur, die die Genitalien der Frau für den Gebrauch von Männern geschaffen hat, und umgekehrt, und nicht so, dass Frauen bei Frauen liegen können.
Da sind wir jetzt wohl :?: gelandet (natürlich hältst du dich im nebulösen, daher kann man nur spekulieren, worauf du genau hinaus willst).

Wenn man das mal so weit akzeptiert (und das ist ein großes Zugeständnis), dann fehlt aber noch ein wichtiger Schritt. Nämlich: Man muss zeigen, dass es falsch (i.S.v. unethisch) ist, ein Körperteil für etwas anderes zu benutzen als dessen ‘wesensmäßige’ Funktion.

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Z.B (man entschuldige, dass ich so drastisch ins Detail gehe. Ich möchte nur nicht wieder missverstanden werden) dass es immer falsch ist, wenn zwei Frauen ihre Vulvas aneinanderreiben (= andere als die “wesenmäßig vorgesehene” Funktion), wogegen es (evtl. mit zusätzlichen Voraussetzungen) nicht falsch ist, sich diese von einem Mann mit seinem Penis penetrieren zu lassen (= gemäß der “wesenmäßig vorgesehenen” Funktion).

Wenn nun die Beine zum laufen da sind, dann ist es eine andere Benutzung als wofür sie ‘wesensmäßig da sind’, wenn man mit ihnen die Pedale eines Autos bedient. Das sieht die RKK jedoch nicht als unethisch / sündhaft an, was inkonsistent ist.
closs hat geschrieben:Verstehe ich nicht ganz. - Wo anders soll denn vorhandenes Potential zur Fruchtbarkeit sein, wenn nicht bei zwei Geschlechtern? (Wollen wir hier nicht von Selbstbefruchtung bei niederen Lebensformen sprechen)
“zwei Geschlechter” ist eine notwendige Bedingung. Aber nicht die einzige notwendige Bedingung.
closs hat geschrieben:Wusste ich nicht - interessanter Hinweis. - Spontan vermute ich, dass man im säkularen Sinne damit jegliche Art des Eindringens von Mensch zu Mensch benannt hat - aber auch hier: Das steht im Gegensatz zum spirituellen Sinn des Wortes "jada" wie etwa in "Jetzt habe ich <Gott> erkannt, dass Du Gottes fürchtig bist" (Gen. 22,11).
Du müsstest erst mal belegen, dass es diesen spirituellen Sinn “jada = vertrauensvolle Verschmelzung“ überhaupt gibt. Bis dahin bleibt es eine simple Doppeldeutigkeit: jada = erkennen, Sex haben.
closs hat geschrieben:Moment: Es gibt keine Polarisierung aus "tatsächlich" und "wesensmäßig". - Hier geht es darum, dass - platt gesagt - Sex und Vermehrung keine zufällige Doppelfunktion der entsprechenden Körperteile sind (wie es etwa bei Reden und Essen ist), sondern prinzipiell nicht getrennt gesehen können. - "Essen" und "Reden" könnten prinzipiell getrennt gesehen werden - beide Funktionen haben eigentlich nichts miteinander zu tun.
Offensichtlich können die beiden Funktionen getrennt werden. Sonst wären die besagten “Sünden” gar nicht möglich. Die Frage ist, warum sie nicht getrennt werden sollten. Und eine solche Erklärung muss darauf eingehen, warum gewisse Arten von Trennungen – Sex mit Frau, die die Wechseljahre erreicht hat – nicht sündhaft sind.
closs hat geschrieben:Aber hier geht es um die gleichzeitig geistige/geistliche und körperliche Verschmelzung von Mann und Frau zur Schöpfung irdischen Lebens.
Das weicht der Frage komplett aus. Also nochmal: Wenn man es wie Platon sieht, hat die homosexuelle Beziehung auch Wiederschöpfungskraft, nämlich geistiger Natur. Wenn man schon mit “geistigen Früchten” kommt, warum nicht auch hier?
closs hat geschrieben:Das gilt nicht für homosexuell Veranlagte, sondern für homosexuell Aktive. - Gelebte HS wäre so etwas ähnliches wie ein Verstoß gegen den Zölibat.
Nein, die homosexuelle Veranlagung reicht aus. Einfach den verlinkten Artikel lesen:
katholisch.de hat geschrieben:Die Kirche könne "jene nicht für das Priesterseminar und zu den heiligen Weihen zulassen, die Homosexualität praktizieren, tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte 'homosexuelle Kultur' unterstützen", heißt es in einem Schreiben, das die Kleruskongregation am Donnerstag veröffentlichte.
Oder auch:
Benedikt XVI. in ‘Licht der Welt’ hat geschrieben:Homosexualität ist mit dem Priesterberuf nicht vereinbar. Denn dann hat ja auch der Zölibat als Verzicht keinen Sinn. Es wäre eine große Gefahr, wenn der Zölibat sozusagen zum Anlass würde, Leute, die ohnehin nicht heiraten mögen, ins Priestertum hineinzuführen, weil letztlich auch deren Stellung zu Mann und Frau irgendwie verändert, irritiert ist, und jedenfalls nicht in dieser Schöpfungsrichtung steht, von der wir gesprochen haben.
closs hat geschrieben:Ja - aber diese beruht doch auf der Fundamental-Theologie. - Was beruht in der Theologie NICHT auf der Fundamental-Theologie? - Das ist doch die Grundlage für alles.
Komplett diffuses Denken. Es geht hier um ‘ist’ und nicht um ‘beruht’. Du bist es doch, der hier versucht, darzulegen, dass die RKK eine Trennung zwischen ‘fundamental’ und ‘pastoral’ vollzieht – wofür du i.Ü. bis jetzt keinen einzigen gültigen Beleg liefern konntest.
closs hat geschrieben:Eher pragmatisches Verhalten. - Was kann man tun, wenn die realen Umstände ganz anders sind als das Ideal? Dann drückt man nicht das Ideal durch (was vollkommen unrealistisch wäre), sondern hilft erstmal im ersten Schritt.
So wie der Scientology-Missionar auch nicht mit Xenu kommt, da das Interessierte sofort abstoßen würde?

Claymore
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#589 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » Di 23. Okt 2018, 00:56

closs hat geschrieben:Eigentlich nicht (aus meiner Sicht).

Kleinen Schwenk: Es gibt in der RKK in einem ganz anderen, hier irrelevanten, Kontext die Einrichtung der "Advokatus Diaboli" - ich übersetze positiv und verändere auf unsere Situation hin: Man stellt sich in die Schuhe einer anderen Hermeneutik.

Konkret: Hätte ich hier die Hermeneutik des säkular-naturalistischen Weltbildes zu vertreten (so wie ein Anwalt einen Mandanten vertritt), würde ich viele Argumente übernehmen, die meine Diskussions-"Gegner" hier bringen. - Insofern habe ich - im doppelten Wortsinn - größtes Verständnis für Deine Argumente.
Du verwendest das Wort “Hermeneutik” auf eine extrem idiosynkratische, nein, bizarre Weise. Was um Gottes Willen soll “Hermeneutik des säkular-naturalistischen Weltbildes” bitte bedeuten?

Außerdem argumentiere ich nicht aus einem säkular-naturalistischen Weltbild heraus.
closs hat geschrieben:Wenn wir den Bogen ganz weit spannen, ist ein liebender Atheist weniger "verkümmert" oder "oberflächlich" als ein nicht-liebender Christ. - Insofern hast Du mit Deinem Argument auf höchster Ebene recht.
Wie kommst du eigentlich zu dieser Dichotomie von “Christ vs. Atheist”? Wir reden hier über den Katholizismus und wie du Menschen, die die kath. Sexualethik ablehnen, spirituelle Verkümmerung unterstellst.

Es gibt doch auch nicht-christliche (oder eher nicht-katholische) spirituelle Traditionen. Sind Hindus spirituell verkümmert, weil sie an Homosexualität (meist) nichts negatives erkennen können?
closs hat geschrieben:Andererseits muss ich trotzdem darauf hinweisen, dass ein spirituell denkender Mensch in der Regel ebenfalls naturalistisch denken kann, während dies umgekehrt die Ausnahme ist. - Mir fällt in den vielen Diskussionen hier im Forum auf, dass Agnostiker, Atheisten, Naturalisten vollkommen hilflos UND sich gleichzeitig überlegen wähnend über das Spirituelle sprechen - doch, da ist wirklich was weggebrochen.
Du spielst das ganze ins Allgemeine und kommst dann mit einer petitio principii. Ich habe dir das schon bzgl. deinem “tiefe Gewässer”-Vergleich erklärt:
closs hat geschrieben:
Claymore hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ich spreche übrigens meistens vom ersten Sinn. - Wenn Du je 100 Menschen in ein flaches oder tiefes Gewässer schickst, werden die nicht mehr fischen können, als was die Tiefe hergibt. - Das hat nichts mit Intelligenz oder mit der Fischer-Ausrüstung zu tun, sondern mit dem Gewässer - also ganz sicher nicht "ad hominem" gemeint.
Der Vergleich wäre nur vollständig, wenn sich die Leute nicht mal einig darüber sind, was Fische und was Quallen sind. Und ob in dem tiefen Gewässer überhaupt Fische sind.
Das kann gut sein.
Die petitio principii ist: Es gibt diese tiefen Gewässer mit vielen Fischen.
closs hat geschrieben:Da bist Du schlauer als ich - ich habe mich auf das Thema fundamental - pastoral konzentriert.
… und hast einen deiner “Belege” aus einem Buch genommen, das das Bild einer von Heuchelei, Lügen und tiefgreifenden Konflikten (zwischen einem abgehobenen Vatikan und der Ebene der einfachen Geistlichen) durchsetzten RKK zeichnet.
closs hat geschrieben:1) Ich hätte statt "sagt AUCH" sagen sollen "weiss AUCH".
Die Formulierung “Aber der Vatikan weiß AUCH: ‘IHR seid in der Praxis - Ihr habt alle Freiheiten’.” ist reichlich drollig. Das hört sich nur nach einem Machtverlust an.
closs hat geschrieben:2) Bei Franziskus ist dieses selbstverständliche Wissen im Hintergrund etwas offizieller geworden mit seiner Barmherzigkeitsoffensive, die allerdings NICHT heißen soll "Wir weichen auf", sondern "Wir wissen doch, wie's draußen zugeht".
Ja, Machtverlust. “Wie schön waren doch die Zeiten, als man noch mehr zu sagen hatte!”

Wobei, wenn die Möglichkeit noch besteht, durchzugreifen, wird sie wahrgenommen – zumindest vor nicht allzu langer Zeit (2009). Auch aus dem Buch:
Sex und der Vatikan hat geschrieben:Die katholische Kirche steht auch wegen einer Reihe von Reaktionen in der Kritik, die mit dem allgemein üblichen Rechtsempfinden der meisten Bürger wenig zu tun haben. So etwa im Fall des neunjährigen Mädchens, das von ihrem Stiefvater geschwängert wurde, nachdem er sie drei Jahre missbraucht hatte.
Das Mädchen wog nur 30 Kilo, und ihr Körper wäre einer Schwangerschaft nicht gewachsen gewesen. Die Ärzte von Recife entscheiden sich für eine Abtreibung und werden daraufhin von der katholischen Kirche exkommuniziert. Livio Moraes, Chefarzt der Universitätsklinik von Pernambuco, weist darauf hin, dass nach brasilianischem Recht »im Falle einer Vergewaltigung oder bei Lebensgefahr« eine Abtreibung erlaubt ist. Bedingungen, die bei dem missbrauchten Mädchen vorlagen.
Erzbischof José Cardoso Sobrinhos Antwort ist dogmatisch: »Das Gesetz Gottes steht über dem der Menschen. Wenn also ein von Menschen gemachtes Gesetz dem Gesetz Gottes widerspricht, verliert es jeglichen Wert.«
Fundamental vs. pastoral – klar!
closs hat geschrieben:
Claymore hat geschrieben:Versuch doch mal eine echte Begründung: “Man kann erkennen: Gott will nicht, dass Menschen masturbieren/verhüten/homo-Sex haben, weil _________________________.”
Der Katechismus würde antworten:
"2370 ... Hingegen „ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel" (HV 14)".

Wie dies konkret aus der Bibel abgeleitet wird, kann ich nur bruchstückhaft darstellen - zum Teil habe ich es ja schon gemeint. - Nebenbei: Ich VERSTEHE zwar die katholische Sexualethik, was aber nicht heißt, dass ich alles davon für mich unterschreiben würde.
Also gibt es keine Möglichkeit dies zu begründen außer auf angebliche göttliche Offenbarung zu verweisen?
closs hat geschrieben:
Claymore hat geschrieben:Was es aber heißt, ist, dass selbst nach dem 12ten Kind Verhütung Sünde ist.
Strenggenommen ja (patoral nein).
Was soll “Verhütung ist pastoral gesehen keine Sünde” denn bedeuten?
closs hat geschrieben:Sehe ich für mich NICHT so, da ich Philosophie und Theologie als zwei Disziplinen mit selbem Ziel sehe: Sophia. - Was kommt bei Dir raus?
Der Unterschied ist, dass Philosophie nicht an eine Konfession geknüpft ist.

Als Benendikt XVI. gegen die Homo-Ehe wetterte, meinte er: der Standpunkt der RKK hat “keinen konfessionellen Charakter, sondern ist an alle Menschen gerichtet, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit.”

Akzeptierst du das oder nicht?
closs hat geschrieben:Da denke ich top-down: Wie ist das geistig/geistlich ermittelte Normative, zu dem das deskriptiv Wahrnehmbare authentisch steht oder nicht.
Es geht darum, wie man normative Aussagen aus rein deskriptiven Aussagen ableitet. Nicht: “Wie ist das geistig/geistlich Normative …”
closs hat geschrieben:
Claymore hat geschrieben:Du verstehst ihn falsch. Es geht hier nicht um “geistig/geistlich”
Doch - Deine weitere Argumentation bestätigt es. - Denn "demokratisch" ist überhaupt kein Argument pro oder contra "Räuberbande".
Nein, er meint gerade nicht: “es gibt das positive Recht und geistig/geistliche Handlungsanweisungen für uns Katholiken. Mir geht es ums letzteres”. Sondern er meint, dass die RKK beurteilen kann, wann ein Staat zur Räuberbande wird. Nämlich wenn dessen positives Recht gegen das Naturrecht verstößt.
- NB: Ratzinger meint mit "Recht" nicht positives, juristisches Recht.
Er verwendet explizit beide Bedeutungen (positives und Naturrecht) und es geht ihm um den Zusammenhang zwischen beiden.
closs hat geschrieben:Fundamental, also auf Basis eines Glaubensentscheids, JA - aber Achtung: "Absolute Wahrheit" gilt nur unter der Bedingung, dass der eigene "Glaubensentscheid" der richtige in Bezug auf die Wahrheit ist. - Ratzinger sagt also im Grunde: "Wenn der RKK-Glaube wahr ist, DANN vertritt die RKK die absolute Wahrheit". - Das sollte man immer geistig hinzufügen, wenn man im Kontext "RKK" das Wort "Wahrheit" hört.
Das entspringt rein deiner Phantasie und widerspricht hart seinen folgenden Äußerungen:
Benedikt XVI. hat geschrieben:Diese Grundsätze sind keine Glaubenswahrheiten, noch sind sie nur eine Ableitung aus dem Recht auf Religionsfreiheit. Sie sind in die menschliche Natur selbst eingeschrieben, mit der Vernunft erkennbar und so der gesamten Menschheit gemeinsam. Der Einsatz der Kirche zu ihrer Förderung hat also keinen konfessionellen Charakter, sondern ist an alle Menschen gerichtet, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit.
closs hat geschrieben:2) Natürlich weiß Ratzinger, dass der den säkularen Staat damit nicht überzeugen kann - aber er will ihm zeigen, wo er steht. - Das geht nicht mal so sehr gegen den Staat, sondern Strömungen und Konfessionen, die meinen, sie müssten das eigene Fundament aufgeben und dafür der säkularen Gesellschaft nachlaufen.
Da Benedikt XVI. sich anmaßt zu wissen, wann sich ein Staat zur “Räuberbande” entwickelt hat (nämlich wenn er mit seiner favorisierten Rechtsbasis – Naturrecht – in Konflikt steht), geht das sehr wohl gegen den säkularen Staat.
closs hat geschrieben:Das ist eher ein semantisches Problem. - "Recht" im Sinne des katholischen "Naturrechts" ist etwas ganz anderes als "Recht" im Sinne der Staatstheorien seit Bodin. - Eigentlich ist "Recht" hier ein Polysem.
Ich habe genug Zitate gebracht, die Benedikt XVI.'s Meinung, wie man das positive Recht beurteilen muss, unmissverständlich darlegen. Was sollen diese Ausflüchte?

Claymore
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#590 Re: Versagt die Evolutionstheorie? II

Beitrag von Claymore » Di 23. Okt 2018, 01:32

closs hat geschrieben:Nachdem ich ständig gelöchert werde, dass es "geistlich" und nicht "geistig" zu heißen habe :D , habe ich mir angewöhnt, es geistig/geistlich zu nennen, damit jeder zufrieden ist.
Was ist denn nun “geistlich”? Für mich hat das nur was mit dem Klerus zu tun. Du benutzt wieder ein Wort idiosynkratisch.
closs hat geschrieben:Das müsstest Du überzeugend begründen. - Bis dahin vermute ich, dass irgendein Missverständnis zwischendrin hängt.
Du hast dich ja darum gedrückt, eine Begründung zu liefern, wie man rein über die Vernunft ableiten kann, dass Gott nicht will, wenn Menschen masturbieren, verhüten, homo-Sex haben.

Aber gut.

Descartes hat die Materie mechanistisch konzipiert, sie unterliegt ausschließlich Naturgesetzen, die vorausgehende Ursachen mathematisch mit deren Wirkungen verknüpfen. Wenn man also von “x ist für y da” spricht, dann ist das keine wirkliche Eigenschaft der Dinge, sondern nur etwas, das der menschliche Geist (res cogitans) auf die Materie draufprojiziert. Streng genommen ist es eine Illusion.

Als Beispiel kann man die evolutionären Übergangsformen hernehmen. Wenn die Vorfahren der Fledermäuse irgendwann anfingen, ihre Vorderbeine zum Steuern des Sprungs in der Luft zu verwenden (und sich dann später Spannhäute und noch später Flügel entwickelten), haben sie dann gegen die ‘wesensmäßige’ Funktion ihrer Vorderbeine ‘verstoßen’?
closs hat geschrieben:Das liegt darin, dass die RKK "Vernunft "theogen" (also universal) und der säkulare Bereich "Vernunft" "anthropogen" definiert. - Man meint Verschiedenes mit "Vernunft" (dito "Aufklärung").
Was ist daran:
Benedikt XVI. hat geschrieben:Diese Grundsätze sind keine Glaubenswahrheiten, noch sind sie nur eine Ableitung aus dem Recht auf Religionsfreiheit. Sie sind in die menschliche Natur selbst eingeschrieben, mit der Vernunft erkennbar und so der gesamten Menschheit gemeinsam. Der Einsatz der Kirche zu ihrer Förderung hat also keinen konfessionellen Charakter, sondern ist an alle Menschen gerichtet, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit.
theogene Vernunft”?
closs hat geschrieben:Wieso denn das? - Jetzt sage ich mal was Distanziertes zur RKK - und jetzt das? :o
Was ist an dem folgenden “distanziert”:
closs hat geschrieben:Die RKK weiß also schon, dass sie ein Tropfen auf dem heißen Stein in der säkularen Gesellschaft ist bzw. zwar Saat auswerfen kann, die aber weitgehend auf harten Boden oder Disteln fällt.
Das ist eine Predigt.
closs hat geschrieben:Das wiederum ist eine Frage der Hermeneutik.
Was hat das mit der Interpretation von Texten (Hermeneutik) zu tun?
closs hat geschrieben:- Die RKK würde es als "Fortschritt" verstehen, wenn sie damit die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit ablösen würde - die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit versteht sich definitiv als Fortschritt gegenüber dem, was die RKK fordert.
Es ging da um “bewahren”, ein positiv besetztes Wort, das man nur verwenden sollte, wenn das bewahrte auch bewahrenswert ist. Wenn die säkulare Gesellschaft das nicht so sieht, dann wäre doch mal eine intensive Auseinandersetzung angebracht anstatt sich von vorne herein auf den Standpunkt “die Menschen verstehen unsere Verdammung von Masturbation und Homosexualität als ‘schwere ordnungswidrige Handlung / schlimme Abirrung’ (Katechismus) nicht mehr. Aber wir wollen das bewahren!” zu stellen.
closs hat geschrieben:Das ist durchaus korrekt, weil der Weg des Menschen da beginnt, wo er was wahrnimmt - also im Konkreten. - Aber kategorial ist die Metaphysica über der naturalis. - Wenn Du über die Sekretärin den Chef kennenlernst, ist die Sekretärin doch nicht die Chefin des Chefs.
Es ging hier nicht darum, ob die metaphysica über der philosophia naturalis steht. Sondern warum man die philosophia naturalis nicht (nach der traditionellen Auffassung) unter der metaphysica subsumieren kann.
closs hat geschrieben:Logisch - weil sie kritisch-rational/wissenschafts-methodisch nicht greifbar ist. - Oder anders: "Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik)
So war das nicht gemeint. Die philosophia naturalis setzt sich gerade nicht in den modernen Naturwissenschaften fort. Es war ein komplett anderer Zugang zur Natur.
closs hat geschrieben:"Ratzinger meint damit, dass 'moderne' Vernunft beschränkt ist auf 'was nicht wissenschaftlich beweisbar ist, ist irrelevant',
Fehlen mindestens noch die Formalwissenschaften wie Mathematik. Aber meinetwegen ist das akzeptabel.
closs hat geschrieben:also über das Anthropogene hinausgehende Vernunft gar nicht mehr in Erwägung gezogen wird". - Falls dies ebenfalls nicht verständlich ist, formuliere ich gerne nochmals um, bis es sitzt.
Ich finde die Bezeichnung ‘anthropogene Vernunft’ extrem verwirrend.
closs hat geschrieben:Ganz recht: "verursacht" meine ich. - Oder vielleicht weißt Du ein Wort für "menschen-maßstäblich" - das wäre NOCH besser.
Das ist wieder so dermaßen konfus, dass ich selber schon keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.

Wenn man beides zusammenführt (“nur das wissenschaftlich beweisbare zählt” + “menschen-maßstäblich”), dann kommt man zu “Ein naturwissenschaftliches Weltbild ist menschen-maßstäblich”.

“Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, dass sie sind, der nichtseienden, dass sie nicht sind.” lautet der berühmte Ausspruch von Protagoras; auch da ist die Interpretation nicht klar. Könnte man
  1. in Richtung subjektiver Idealismus interpretieren oder
  2. genau als das Gegenteil (wie Platon), nämlich, dass der Mensch gar nicht irren kann, und Meinungsverschiedenheiten nur darauf zurückzuführen sind, dass unterschiedliche Aspekte der Realität wahrgenommen werden
Beides passt nicht zur Wissenschaft. Im Falle (a) wird die Realität durch den Beobachter erschaffen und im Falle (b) kommt man nicht über die reine Wahrnehmung hinaus zu einer Theorie.

Ich bin sehr dafür, die von dir eingeführten hochsuggestiven Begriffe ‘anthropogene Vernunft’ und ‘theogene Vernunft’ fallen zu lassen. Die schaffen nur endlose Verwirrung und Ratespielchen, was damit denn gemeint ist. Und sie sind in ihrer Tendenziösität kaum mehr zu überbieten.

Im Übrigen, falls es dein Plan ist, alles ins Nebulöse zu ziehen und mir dann so lange zu widersprechen, bis ich aufgebe, dann können wir jetzt schon aufhören. Du hast sicher mehr Ausdauer als ich.

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