Claymore hat geschrieben:Du zitierst einen Pater Felice, der zugibt, heimlich eine Beziehung mit einer Frau zu haben (S. 227 in dem Buch)
Da bist Du schlauer als ich - ich habe mich auf das Thema fundamental - pastoral konzentriert.
Claymore hat geschrieben:Damit sind wir aber schon weit abgekommen von:
closs hat geschrieben:
Der Vatikan sagt dann "Wir KÖNNEN es fundamental-theologisch nicht erlauben, weil wir Gründe haben". - Aber der Vatikan sagt AUCH: "IHR seid in der PRaxis - Ihr habt alle Freiheiten". - Das ist alles nicht so einfach.
Verstehe, was Du meinst:
1) Ich hätte statt "sagt AUCH" sagen sollen "weiss AUCH".
2) Bei Franziskus ist dieses selbstverständliche Wissen im Hintergrund etwas offizieller geworden mit seiner Barmherzigkeitsoffensive, die allerdings NICHT heißen soll "Wir weichen auf", sondern "Wir wissen doch, wie's draußen zugeht".
Claymore hat geschrieben:Statt “fundamental†vs. “pastoral†hört sich das (wie auch die anderen Stories des Buches) eben doch an wie “den fundamental definierten Soll-Zustand verachtenâ€.
Ich kenne das Buch nicht, sondern habe nur auf Deinen Belegwunsch hin rum-gegoogelt.
1) Ich habe damit etwas gegoogelt, was ich von Missionaren persönlich weiß - aber schwarz auf weiß gilt es halt mehr.
2) Ja - so wie Du es darstellst, ist “den fundamental definierten Soll-Zustand verachten†richtig - es gibt in der Tat Reibereien zwischen den vatikanischen Ordnungshütern und denen, die "draußen in der Welt" sind.
Claymore hat geschrieben:Versuch doch mal eine echte Begründung: “Man kann erkennen: Gott will nicht, dass Menschen masturbieren/verhüten/homo-Sex haben, weil _________________________.â€
Der Katechismus würde antworten:
"2370 ... Hingegen „ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel" (HV 14)".
Wie dies konkret aus der Bibel abgeleitet wird, kann ich nur bruchstückhaft darstellen - zum Teil habe ich es ja schon gemeint. - Nebenbei: Ich VERSTEHE zwar die katholische Sexualethik, was aber nicht heißt, dass ich alles davon für mich unterschreiben würde.
Claymore hat geschrieben:Was es aber heißt, ist, dass selbst nach dem 12ten Kind Verhütung Sünde ist.
Strenggenommen ja (patoral nein). - Aus fundamentaler Sicht würde man sagen :
"2370 Die zeitweilige Enthaltsamkeit sowie die auf Selbstbeobachtung und der Wahl von unfruchtbaren Perioden der Frau beruhenden Methoden der Empfängnisregelung [Vgl. HV 16] entsprechen den objektiven Kriterien der Moral".
Claymore hat geschrieben:Versuch dich mal an der ‘Aufgabe’ darüber. Und zwar nicht “aus christlicher Sichtâ€, sondern rein philosophisch. Es wird dann leichter sein, das zu verstehen.
Sehe ich für mich NICHT so, da ich Philosophie und Theologie als zwei Disziplinen mit selbem Ziel sehe: Sophia. - Was kommt bei Dir raus?
Claymore hat geschrieben:Die Frage ist, wie man aus deskriptiven (rein beschreibenden) Aussagen denn normative Aussagen ableiten kann.
Da denke ich top-down: Wie ist das geistig/geistlich ermittelte Normative, zu dem das deskriptiv Wahrnehmbare authentisch steht oder nicht.
Claymore hat geschrieben:Du verstehst ihn falsch. Es geht hier nicht um “geistig/geistlichâ€
Doch - Deine weitere Argumentation bestätigt es. - Denn "demokratisch" ist überhaupt kein Argument pro oder contra "Räuberbande". - NB: Ratzinger meint mit "Recht" nicht positives, juristisches Recht.
Claymore hat geschrieben:Kurz, die RKK verkauft ihre Glaubensüberzeugungen wieder einmal als die absolute Wahrheit, nach denen sich der säkulare Staat rein “mit der Vernunft erkennbar†richten soll.
Fundamental, also auf Basis eines Glaubensentscheids, JA - aber Achtung: "Absolute Wahrheit" gilt nur unter der Bedingung, dass der eigene "Glaubensentscheid" der richtige in Bezug auf die Wahrheit ist. - Ratzinger sagt also im Grunde: "Wenn der RKK-Glaube wahr ist, DANN vertritt die RKK die absolute Wahrheit". - Das sollte man immer geistig hinzufügen, wenn man im Kontext "RKK" das Wort "Wahrheit" hört.
Man sollte hier Ratzinger richtig einschätzen:
1) Er ist in seiner eleganten und feinen Sprache knallhart - oft wird das übersehen, vor allem, wenn er es mit seiner schwächlichen Stimme selber vorträgt.
2) Natürlich weiß Ratzinger, dass der den säkularen Staat damit nicht überzeugen kann - aber er will ihm zeigen, wo er steht. - Das geht nicht mal so sehr gegen den Staat, sondern Strömungen und Konfessionen, die meinen, sie müssten das eigene Fundament aufgeben und dafür der säkularen Gesellschaft nachlaufen.
Claymore hat geschrieben:Damit widersprichst du nicht nur ihm, sondern einer der wichtigsten Traditionen der katholischen Kirche.
Das ist eher ein semantisches Problem. - "Recht" im Sinne des katholischen "Naturrechts" ist etwas ganz anderes als "Recht" im Sinne der Staatstheorien seit Bodin. - Eigentlich ist "Recht" hier ein Polysem.
Claymore hat geschrieben:Vielleicht erklärst du bei der Gelegenheit mal, was “geistlich†in dem Zusammenhang überhaupt zu bedeuten hat und warum nicht “geistig†alleine ausreicht.
Nachdem ich ständig gelöchert werde, dass es "geistlich" und nicht "geistig" zu heißen habe
, habe ich mir angewöhnt, es geistig/geistlich zu nennen, damit jeder zufrieden ist.
Claymore hat geschrieben:Klar, “geistliches/geistlicheâ€, das kommt dabei raus.
Das ist die letztliche Grundfrage von allem: Ist Materie von Geist gemacht oder Geist von Materie? - Keine der beiden Antworten ist falsifizierbar.
Claymore hat geschrieben:Dann solltest du sehr schnell erkennen, dass dir das mit einer Metaphysik (wie die Cartesische), die die Materie mechanistisch konzipiert, unmöglich ist.
Das müsstest Du überzeugend begründen. - Bis dahin vermute ich, dass irgendein Missverständnis zwischendrin hängt.
Claymore hat geschrieben:Benedikt XVI. (und natürlich die RKK i.A.) sieht das nicht nur so: sie setzen sich ihrer Meinung nach für die Vernunft im säkularen Bereich ein.
Das liegt darin, dass die RKK "Vernunft "theogen" (also universal) und der säkulare Bereich "Vernunft" "anthropogen" definiert. - Man meint Verschiedenes mit "Vernunft" (dito "Aufklärung").
Claymore hat geschrieben:Geht es noch tendenziöser?
Wieso denn das? - Jetzt sage ich mal was Distanziertes zur RKK - und jetzt das?
Claymore hat geschrieben:Der Knackpunkt ist die Frage ob das, was die RKK hier bewahren will, wert ist, bewahrt zu werden.
Das wiederum ist eine Frage der Hermeneutik. - Die RKK würde es als "Fortschritt" verstehen, wenn sie damit die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit ablösen würde - die anthropogene Aufklärung der Jetztzeit versteht sich definitiv als Fortschritt gegenüber dem, was die RKK fordert.
Claymore hat geschrieben:Du zäumst das Pferd von hinten auf: die Idee war traditionell, dass man sich vom konkreten dem abstrakten nähert.
Das ist durchaus korrekt, weil der Weg des Menschen da beginnt, wo er was wahrnimmt - also im Konkreten. - Aber kategorial ist die Metaphysica über der naturalis. - Wenn Du über die Sekretärin den Chef kennenlernst, ist die Sekretärin doch nicht die Chefin des Chefs.
Claymore hat geschrieben:Und andersherum bildet sich die metaphysica nur auf sehr “grobkörnige†Weise in der Natur ab. Sie lässt einfach viel zu viel offen.
Logisch - weil sie kritisch-rational/wissenschafts-methodisch nicht greifbar ist. - Oder anders:
"Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik)
Claymore hat geschrieben:Wie kannst du diese radikale Umdefinierung der Begriffe rechtfertigen, wo doch Popper seinen kritischen Rationalismus als Gegenprogramm zum Positivismus entworfen hat?
Das ist eine andere Ebene. - Es gibt mindestens zwei Positivismus-Streite: Einer Ende des 19. Jh. (Dilthey, etc.), dann der inzwischen mehr bekannte mit Popper, der aber eigentlich kein philosophischer, sondern ursprünglich ein methodischer Streit ist (komischerweise stellt man immer wieder fest, dass dieser Unterschied nicht gemacht wird).
Trotzdem: Mein Satz ist für jemanden unglücklich, der Popper kennt - trotzdem war er ernst gemeint - ich formuliere um:
"Ratzinger meint damit, dass 'moderne' Vernunft beschränkt ist auf 'was nicht wissenschaftlich beweisbar ist, ist irrelevant', also über das Anthropogene hinausgehende Vernunft gar nicht mehr in Erwägung gezogen wird". - Falls dies ebenfalls nicht verständlich ist, formuliere ich gerne nochmals um, bis es sitzt.
Claymore hat geschrieben:“Anthropogen†heißt nach Duden “durch den Menschen beeinflusst, verursachtâ€.
Ganz recht: "verursacht" meine ich. - Oder vielleicht weißt Du ein Wort für "menschen-maßstäblich" - das wäre NOCH besser.
Claymore hat geschrieben:Was soll eine “Offenbarungs-Katastrophe†denn sein?
Damit ist die Katastrophe gemeint, die biblisch in der "Offenbarung des Johannes" beschrieben wird.