Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
Geologie, Plattentektonik, Archäologie, Anthropologie
Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#471 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Scrypton » Mi 28. Dez 2022, 10:50

luett-matten hat geschrieben:
Di 27. Dez 2022, 22:58
Wieviele TTSS-Proteine besitzt eine Bakterie eigentlich im allgemeinen?
Kommt wohl auf die Art an; weiß ich aber nicht, noch nie gezählt. Ist hierbei auch völlig unerheblich.

Roland
Beiträge: 1399
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 13:07

#472 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Roland » Fr 30. Dez 2022, 10:07

TTSS (oder Type III secretion system) ist eine komplexer "Apparat", bestehend aus mehreren Proteinen, der dem Bakterium sozusagen als "Injektionsspritze" dient um Wirtszellen zu infizieren.

Und tatsächlich auch als Bestandteil des Flagellums: http://www.xml-data.org/XMSYXB/html/202 ... -346-5.jpg (unten in der Bildmitte).

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass das Flagellum aus diesem kleinen Bestandteil evolviert ist. Allein, wenn man sich die schematische Darstellung ansieht, wird deutlich, welche zusätzlichen Bestandteile entstanden sein und sinnvoll angeordnet werden mussten.
Aber auch aus einem anderen Grund: das Bakterium sollte logischerweise zuerst einen Antrieb haben, bevor es sich eine Injektionsspritze für den Angriff zulegt!

Aber natürlich darf jeder glauben, was er will…
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

luett-matten
Beiträge: 472
Registriert: Sa 11. Aug 2018, 16:57

#473 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von luett-matten » So 1. Jan 2023, 16:48

Roland hat geschrieben:
Fr 30. Dez 2022, 10:07
Aber auch aus einem anderen Grund: das Bakterium sollte logischerweise zuerst einen Antrieb haben, bevor es sich eine Injektionsspritze für den Angriff zulegt!

Ja, das wäre schon sehr sinnvoll! 8-)
lütt-matten

Claymore
Beiträge: 812
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

#474 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Claymore » So 1. Jan 2023, 21:09

Scrypton hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 18:08
 
Also wir halten fest:
Viele mühselige Untersuchungen im Sinne der Evolutionstheorie ergaben eine Vorhersage, die nachfolgend mitunter durch genetische Analysen bestätigt wurden.

Bereits das Ergebnis von Darwin, dass hierbei eine Verwandtschaft vorliegt impliziert - auch wenn man von Genetik nichts wusste - dass WENN man einen genetischen Verwandtschaftsgrad ermitteln könnte, dieser entsprechend vorzuweisen sein sollte.

Ich habe dir bereits durchaus mitgeteilt, dass die Evolutionstheorie natürlich immer nur der zur jeweiligen Zeit vorliegenden wissenschaftlichen Faktenlage und aktuellen Erkenntnissen entspricht und die Arbeiten sowie Ergebnisse vieler konkreter Bereiche umfasst.
Sinnvolle Vorhersagen gehen über "neue Tests verifizieren das bereits bekannte" hinaus. Ansonsten ist "Menschheitsgeschichte" eine wissenschaftliche Theorie:
Claymore hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 12:02
"Der schon im 19. Jh. auf 2000 v.. Chr. datierte Papyrus wurde jetzt mit Radiokarbonmethode auf 2000 v. Chr. datiert. Vorhersage!"
Wissenschaftliche Theorien liefern solche Vorhersagen, die ET nicht.
Scrypton hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 18:08
Aber dessen Verwandtschaft. Dass diese lange nach ihm eindeutig festgestellt werden kann, davon wusste er natürlich nichts.
So wie Einstein nicht wusste (im Gegenteil sogar bezweifelte), dass wir die Raumkrümmung jemals werden feststellen/messen könnten.
Die Analogie passt an mehreren Stellen nicht. Der wichtigste Punkt ist aber, dass bei Einstein die Raumkrümmung tatsächlich deduktiv aus der Theorie folgte.

Die Abfolge "Evidenz" => "Verallgemeinerung zur Theorie" => "Folgerung aus der Theorie auf den Einzelfall" existiert so einfach nicht für die ET.

Die Verteidigung besteht darin, die Anforderungen verändern zu wollen.
Scrypton hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 18:08
Kann man doch; so lässt sich im Labor durch Steuerung der Umgebung die Entwicklung von z.B. Antibiotikaresistenzen bei konkreten Bakterien voraussagen.
Glaube ich erst wenn ich's sehe. Wahrscheinlich hast du irgendeine Studie im Sinn, die du mir als Gotcha nun zitieren willst?

Ich wäre überrascht wenn da in irgendeiner nennenswerten Form eine ernsthafte Vorhersage durch Anwendung der ET möglich wäre. Also ohne gefühlt 50.000 Einschränkungen. Oder durch empirisches Wissen was jenseits der Theorie wieder mühselig für den Einzelfall erarbeitet werden musste.

Im Allgemeinen besteht das Problem, dass manche Stämme gegen manche Antibiotika schnell Resistenzen entwickeln. Und gegen andere auch nach 70 Jahren nicht. Und dass in manchen Fällen die Resistenz ohne wiederkehrenden Kontakt zu der Substanz wieder verloren geht. Bei anderen sie aber permanent bleibt. Das weiß man aber alles nur hinterher, die ET sagt es einem nicht.

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#475 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Scrypton » Di 3. Jan 2023, 13:56

Roland hat geschrieben:
Fr 30. Dez 2022, 10:07
Allein, wenn man sich die schematische Darstellung ansieht, wird deutlich, welche zusätzlichen Bestandteile entstanden sein und sinnvoll angeordnet werden mussten.
Es musste nichts "angeordnet" werden.
Und es mussten auch keine "zusätzlichen Bestandteile" entstehen - abgesehen von der Flagelle selbst, wie bereits erwähnt.

Roland hat geschrieben:
Fr 30. Dez 2022, 10:07
Aber auch aus einem anderen Grund: das Bakterium sollte logischerweise zuerst einen Antrieb haben, bevor es sich eine Injektionsspritze für den Angriff zulegt!
Das hatte es logischerweise - und zwingenderweise - auch. Der Antrieb des Flagellums war aber effektiver.
Es ist ja nun nicht so, als gäbe es in der Welt der Bakterien nur diese eine Antriebsmöglichkeit.

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#476 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Scrypton » Di 3. Jan 2023, 14:06

Claymore hat geschrieben:
So 1. Jan 2023, 21:09
Scrypton hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 18:08
Also wir halten fest:
Viele mühselige Untersuchungen im Sinne der Evolutionstheorie ergaben eine Vorhersage, die nachfolgend mitunter durch genetische Analysen bestätigt wurden.

Bereits das Ergebnis von Darwin, dass hierbei eine Verwandtschaft vorliegt impliziert - auch wenn man von Genetik nichts wusste - dass WENN man einen genetischen Verwandtschaftsgrad ermitteln könnte, dieser entsprechend vorzuweisen sein sollte.

Ich habe dir bereits durchaus mitgeteilt, dass die Evolutionstheorie natürlich immer nur der zur jeweiligen Zeit vorliegenden wissenschaftlichen Faktenlage und aktuellen Erkenntnissen entspricht und die Arbeiten sowie Ergebnisse vieler konkreter Bereiche umfasst.
Sinnvolle Vorhersagen gehen.
... nun hat ein Claymore weder zu bestimmen noch festzulegen, was "sinnvolle Vorhersagen" sind... *gähn*

Claymore hat geschrieben:
So 1. Jan 2023, 21:09
Wissenschaftliche Theorien liefern solche Vorhersagen
Und doch ist die ET eine der am besten bestätigten wissenschaftlichen Theorien, die wir haben. :)

Claymore hat geschrieben:
So 1. Jan 2023, 21:09
Scrypton hat geschrieben:
Mo 26. Dez 2022, 18:08
Kann man doch; so lässt sich im Labor durch Steuerung der Umgebung die Entwicklung von z.B. Antibiotikaresistenzen bei konkreten Bakterien voraussagen.
Glaube ich erst wenn ich's sehe.
Ob du es glaubst oder nicht glaubst ändert doch an Tatsachen wie jenen nichts; völlig gleichgültig was du glaubst oder nicht glaubst.

https://www.mpg.de/12617057/
https://cordis.europa.eu/project/id/206734

Roland
Beiträge: 1399
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 13:07

#477 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Roland » Fr 6. Jan 2023, 10:25

Scrypton hat geschrieben:
Di 3. Jan 2023, 13:56
Roland hat geschrieben:
Fr 30. Dez 2022, 10:07
Allein, wenn man sich die schematische Darstellung ansieht, wird deutlich, welche zusätzlichen Bestandteile entstanden sein und sinnvoll angeordnet werden mussten.
Es musste nichts "angeordnet" werden.
Und es mussten auch keine "zusätzlichen Bestandteile" entstehen - abgesehen von der Flagelle selbst, wie bereits erwähnt.
Naja, die "Injektionskanüle" des TTSS muss an eine neue Winkelstruktur koppeln, es braucht ein Antriebssystem um die notwendige Energie für die Rotation zu erhalten. Dann muss die Fähigkeit zu rotieren erworben werden, sowie die Fähigkeit, bei hoher Geschwindigkeit stabil zu bleiben.
Das Flagellum verfügt hierfür u.a. über ein Stator-Rotor-System. Die Statoreinheiten des Flagellums versorgen den Flagellenmotor mithilfe von Ionentransport mit Energie und erzeugen den Drehmoment am Rotor für die Rotation. Jeder Statorkomplex besteht aus zwei Proteinen: MotA und MotB (siehe Bild)
Der Motor kann blitzschnell die Richtung umgekehren, so dass Schub und Zug schnell wechseln können! Die LP-Ringstruktur fungiert als Buchse, die den Rotor bei seiner schnellen und stabilen Drehung ohne große Reibung unterstützt, usw. usw.
Alles Dinge, die eine "Injektionsspritze" (TTSS) nicht hat.
Und dann muss das Bakterium lernen mit dem Ding zu navigieren, es braucht also sozusagen eine "Software" für die Antriebsmaschinerie.

Wie gesagt, jeder darf gern glauben, das alles sei durch intelligenzlose Zufallsprozesse entstanden.
Es braucht dafür allerdings einen sehr starken Glauben!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#478 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Scrypton » Fr 6. Jan 2023, 12:51

Roland hat geschrieben:
Fr 6. Jan 2023, 10:25
Naja, die "Injektionskanüle" des TTSS muss an eine neue Winkelstruktur koppeln, es braucht ein Antriebssystem um die notwendige Energie für die Rotation zu erhalten. Dann muss die Fähigkeit zu rotieren erworben werden, sowie die Fähigkeit, bei hoher Geschwindigkeit stabil zu bleiben.
Dieses Rotationsprinzip der am weitesten entwickelten uns bekannten TTSS-Proteine ist EXAKT DASSELBE, das der Flagellenmotor benutzt. Es kann aber nicht als Motor benutzt werden, weil genau ein Teil fehlt, nämlich die Flagelle, sozusagen die Schraube am Motor.

Da braucht es also weiter nichts, außer die Flagelle selbst; die sich vermutlich auch nur Schrittweise zu dem entwickelt hat.

Richtig ist natürlich: Die Flagellenmotor-Proteine sind spezielle Enzyme, die an der Basis der Flagellen befindlich sind und die für die Rotation der Flagellen verantwortlich sind. Sie sind in der Lage, die Energie aus ATP (Adenosintriphosphat) in mechanische Arbeit umzuwandeln, was es den Bakterien letztlich ermöglicht, sich fortzubewegen.

Am interessantesten ist dahingehend wohl noch LP-Ringstruktur und es ist schwierig zu sagen, wie diese entstanden ist da es keine direkten Fossilien von Bakterien gibt und die Evolution von Mikroorganismen schwer zu studieren ist. Es wird jedoch vermutet, dass die LP-Ringstruktur im Laufe der Evolution entstanden ist, um die Funktion der Flagellenmotor-Proteine zu unterstützen und zu verbessern. Möglicherweise haben sich die LP-Ringstruktur-Proteine aus früheren Proteinen entwickelt, die an der Regulation von biochemischen Reaktionen beteiligt waren. Die genaue Entstehungsgeschichte der LP-Ringstruktur bleibt jedoch noch offen und ist Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen.

Roland hat geschrieben:
Fr 6. Jan 2023, 10:25
Es braucht dafür allerdings einen sehr starken Glauben!
Weit weniger jedenfalls, als dafür einen intergalaktischen Supermagier oder andere Fabelwesen zu postulieren... :D

Die von Kreationisten behauptete "nicht reduzierbare Komplexität" jedenfalls ist ohnehin längst vom Tisch und als Unfug zu den Akten gelegt.
Da ändern auch deine ehemals erwähnten "knockout-Mutanten" nichts, da bei E. coli ein knockout des Gens eben nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Fortbewegung führt... ^_-

Die Entwicklung des Flagellums >ist< möglich - der Hauptverdienst von Matzke besteht schließlich darin, dass man die einzelnen, von ihm postulierten Evolutionsschritte jeweils an bekannten experimentellen Daten prüfen kann. Als könnte Scherer etwas daran ändern... - wie Neukamm, Beyer und Peitz richtig feststellen:
"SCHERERs Kritik an diesem Modell erweist sich sowohl aus methodologischer als auch aus biologischer Pespektive als nicht stichhaltig. Vieles dessen, was er an Komplikationsszenarien entwirft, ist schlecht begründet, in einigen Fällen sogar falsch.

Vergleicht man die entsprechenden Kapitel in JUNKER/SCHERER (2006; 2013), zeigt sich ein bemerkenswerter Rückzug von altbekannten Positionen. Nach der Rezeption von MATZKEs Modell wurde das "Flagellenkapitel" grundlegend verändert. Dass neuerdings gänzlich auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen verzichtet wird, spricht Bände. Offenbar hat man zur Kenntnis genommen, dass Wahrscheinlichkeitsaussagen nicht vernünftig sind, solange man nicht alle möglichen und unmöglichen evolutionären Wege kennt.
"

Kein Wunder, dass in den neueren Auflagen von Junker & Scherer nichts mehr von ihren absurden Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu finden ist; aufgrund der Faktenlage rudern sie mehr und mehr zurück. Ein Appell an das Nicht-Wissen taugt jedenfalls nicht als Begründung für transzendente Alternativhypothesen. Evolutionsbiologen behaupten ja nicht, im Detail jeden einzelnen Schritt in der Evolution zu kennen, doch zeigen Modelle wie das von Matzke einen möglichen, gar einen plausiblen Weg.

Roland
Beiträge: 1399
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 13:07

#479 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Roland » So 8. Jan 2023, 11:13

Scrypton hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Aber auch aus einem anderen Grund: das Bakterium sollte logischerweise zuerst einen Antrieb haben, bevor es sich eine Injektionsspritze für den Angriff zulegt!
Das hatte es logischerweise - und zwingenderweise - auch. Der Antrieb des Flagellums war aber effektiver.
Es ist ja nun nicht so, als gäbe es in der Welt der Bakterien nur diese eine Antriebsmöglichkeit.
Bakterielle Antriebsmöglichkeiten "vor dem Flagellum" sind tatsächlich eher begrenzt. Und auch Genanalysen legen nahe, dass "evolutionstheoretisch" das Flagellum zuerst da war, und dass T3SS sich aus dem Flagellum entwickelt hat, wie der Artikel "The Non-Flagellar Type III Secretion System Evolved from the Bacterial Flagellum and Diversified into Host-Cell Adapted Systems" auf Plosgenetics.org zeigt.
"T3SSs evolved from the flagellum" heißt es auch in einem Nature-Artikel von 2017.

Scrypton hat geschrieben: Dieses Rotationsprinzip der am weitesten entwickelten uns bekannten TTSS-Proteine ist EXAKT DASSELBE, das der Flagellenmotor benutzt.
In Cell.com zeigen Jiaxing Tan et al. wie signifikant sich der Basalkörper des Flagellums von nicht-flagellaren T3SS unterscheidet.
"Although the flagellum has been proposed to be the evolutionary ancestor of T3SSs, the structure of the flagellar motor is significantly different from that of the T3SS basal body"
Und das wird umfangreich gezeigt und begründet in diesem Artikel aus dem Jahr 2021.

Scrypton hat geschrieben: Die von Kreationisten behauptete "nicht reduzierbare Komplexität" jedenfalls ist ohnehin längst vom Tisch und als Unfug zu den Akten gelegt.
Sie wird vielmehr garnicht mehr bestritten! Wogegen man sich wendet ist die Behauptung, dass diese nicht durch natürliche Mechanismen aufgebaut werden kann.
Wenn man diese Behauptung beweisen könnte, wäre das auch beinahe sowas wie ein "Gottesbeweis".
Dagegen hab ich mich immer ausgesprochen. Es kann nur um Plausibilität gehen. Nie um Beweise!
M.E. lässt Gott jedem die Möglichkeit und die Freiheit, sich für oder gegen ihn zu entscheiden. Gott lässt jedem sein T3SS!
Der Vater lässt dem Sohn die Möglichkeit fortzuziehen. Dem Sohn, der ihn zuvor für tot erklärt hat: "Gib mir schonmal mein Erbe..." Lukas 15,12
Scrypton hat geschrieben: Die Entwicklung des Flagellums >ist< möglich
Ja. Theoretisch ist es auch möglich, dass ein Golfball eine 18-Loch-Runde ohne Golfspieler von selbst schafft! Da kann man entsprechende Geschichten erfinden, mit ausschließlich natürlichen Ursachen, über lange Zeiträume hinweg (Wind, Regengüsse, Erdbeben, Maulwurf, Überschwemmung ect.).
Ist alles, an jedem einzelnen Loch, experimentell testbar.
Trotzdem ist es natürlich plausibler, dass der Golfball das nur mithilfe einer Intelligenz schafft.

Ich glaube entscheidend ist diese Aussage von dir:
Scrypton hat geschrieben:Weit weniger jedenfalls, als dafür einen intergalaktischen Supermagier oder andere Fabelwesen zu postulieren...
Egal ob hitec-Nanomaschinen wie das Flagellum - oder der Mensch, der aus 100 Billionen Zellen besteht, von denen jede einzelne eine hitec-Nano-Fabrik ist: Absichtsvolles, intelligentes Handeln, Planung, ist immer plausibler als intelligenzlose Zufallsprozesse, wenn es um die Frage nach dem Ursprung des Lebens und seiner Vielfalt geht.

Lieber Scrypton (oder wie immer du dich in Diskussionen mit mir genannt hast) das hat nichts mit Magier oder Fabelwesen zu tun, an Weihnachten hat die halbe Welt daran gedacht, dass der Schöpfer Mensch wurde!
Was für eine gute Botschaft! Auch für dich!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#480 Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Scrypton » So 8. Jan 2023, 16:06

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
Bakterielle Antriebsmöglichkeiten "vor dem Flagellum" sind tatsächlich eher begrenzt.
Es gibt eine Vielzahl von bakteriellen Antriebsmechanismen, die von Bakterien verwendet werden um sich fortzubewegen - und einige dieser Mechanismen waren bereits vor dem Auftreten des Flagellums verbreitet. Beispiele?
- Ösophageale Bewegung: Einige Bakterien haben einen Ösophagus, der sich wie eine Zunge bewegt und die Bakterien fortbewegt.
- Konvektionsströmung: Einige Bakterien (wie z.B. Pseudomonas aeruginosa oder Vibrio cholerae) produzieren chemische Substanzen, die die umgebenden Flüssigkeiten verdünnen, was zu einer Strömung führt, die die Bakterien fortbewegt.
- Schleimstoffproduktion: Einige Bakterien (wie z.B. Myxococcus xanthus oder Pseudomonas) produzieren Schleimstoffe, die sie als Gleitmittel verwenden, um sich fortzubewegen.

Dies sind nur einige Beispiele - es gibt viele andere bakterielle Antriebsmechanismen, die vor dem Flagellum existiert haben und noch heute von Bakterien verwendet werden.

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
In Cell.com zeigen Jiaxing Tan et al. wie signifikant sich der Basalkörper des Flagellums von nicht-flagellaren T3SS unterscheidet.
Abgesehen davon dass du an deiner Verlinkung arbeiten solltest; das geht daraus so eben nicht hervor.
Wer den Artikel selbst liest - und du solltest das evtl. auch tun - der stellt fest, dass die in heutigen(!) Bakterien gefundenen Sekretionskanäle jüngeren Ursprungs sind als Flagellen.

Grundsätzlich ergeben sich Unterscheidungen zwingend bei eigenständigen andauernden Anpassungen und vielen kleinen Veränderungen in unterschiedlichen Populationen.

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
Scrypton hat geschrieben:Die von Kreationisten behauptete "nicht reduzierbare Komplexität" jedenfalls ist ohnehin längst vom Tisch und als Unfug zu den Akten gelegt.
Sie wird vielmehr garnicht mehr bestritten!
Du meinst, die paar Spinner behaupten gar nicht mehr den Unsinn einer "nicht reduzierbaren Komplexität"? Seit wann haben Scherer und Co. denn ihren offensichtlichen Irrtum eingeräumt?
Das haben Scherer und Co. jedoch über viele Jahre hinweg verzweifelt versucht.

Denn dass "nicht reduzierbare Komplexität" in der Natur nicht vorkommt ist ja mittlerweile offenkundig - und in mehreren Gerichtsverfahren bestätigt, in denen sich Kreationisten mit eben dieser Behauptung blamierten. Weil eben in allen Fällen immer stets nachgewiesen werden konnte, dass jedes vorgebrachte Beispiel eben doch "reduzierbar komplex" ist. :)

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
M.E. lässt Gott jedem die Möglichkeit und die Freiheit, sich für oder gegen ihn zu entscheiden.
Ja; wie jeder andere Gott auch. Da nehmen sich die Fabelwesen alle nichts.

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
Scrypton hat geschrieben:Die Entwicklung des Flagellums >ist< möglich
Ja. Theoretisch ist es auch möglich, dass ein Golfball eine 18-Loch-Runde ohne Golfspieler von selbst schafft!
Ähm, nein - eher nicht. Das ist wieder der typische Fehler von Kreationisten, ähnlich des Autos auf dem Schrottplatz, das im Orkan durch Einzelteile selbst entsteht. Und beweisen damit nur, dass sie eigentlich nichts von dem, was sie kritisieren, überhaupt verstehen. Ein Lebewesen hat nichts gemeinsam mit einer Büroklammer oder einem Golfball, die Analogie zieht also nicht.

Wie geschrieben besteht der Hauptverdienst von z.B. Matzke schließlich darin, dass man die einzelnen, von ihm postulierten Evolutionsschritte jeweils an bekannten experimentellen Daten prüfen kann. Ein Appell an das Nicht-Wissen taugt jedenfalls nicht und niemals als Begründung für transzendente und ersonnene Alternativhypothesen und Aberglaube.

Die genetischen Verwandtschaftsgrade der Lebewesen sind bestens bekannt und stimmen weitestgehend zum durch Fossilien bereits bekannten evolutionären Stammbaum. Über letztere können wir auch artübergreifende Entwicklungen "beobachten", Transitionalfossilien sind ohnehin ein überzeugender Befund für die Evolution, denn wir haben hier folgendes vorliegen: Es gibt ein Tier. Einige Zeit später (geologisch gesehen) taucht ein Tier auf, dass haargenau so aufgebaut ist, wie das erste – mit einem kleinen Unterschied. Wiederum etwas später taucht ein Tier auf, das diesem exakt gleicht – wiederum mit einem kleinen Unterschied. Und so weiter. Nun können wir diese Formen oft aber über Jahrmillionen verfolgen – und so summieren sich die vielen kleinen Unterschiede...

Dass - also die Transitionalfossilien und die genetischen Erkenntnisse - samt der geografischen und chronologischen Verteilung sind jetzt nur zwei kleine voneinander unabhängige Grundrichtungen auf Basis der fundierten Faktenlage und bereits hier gäbe es tausende konkrete Beispiele und Einzelnachweise.
Wir konnten einige Entwicklungen sogar bereits empirisch beobachten, eingeschlossen dem Entstehen von neuen(!) genetischen Strukturen als auch Funktionen. Mehr ist und war überhaupt nicht notwendig, um das Leben in eine solche Vielfalt zu bringen.

Das und viele weitere Erkenntnisse die sich gegenseitig ergänzen, müssen durch die Bank einfach ignoriert werden, möchte man als Erklärung unbedingt an einen "Gott" seiner Wahl festhalten. Zumal ich noch nie von einem Kreationisten hören oder lesen durfte, wie die Transitionalfossilien anders zu erklären sind.
Es gäbe, wenn man jetzt irrsinnig werden will, die an den Haaren herbeigezogene Möglichkeit, dass Gott alle Wesen die es heute gibt und die es jemals gab Erschuf, Anfangs vom kleinsten bis zum größten Lebewesen mit allen relevanten Zwischenstufen untereinander existierten, Gott darauf achtete dass sie in einer zeitlich korrekten Reihenfolge ausstarben damit es nach grenzenloser Entwicklung aussieht sowie dazu passend auch die genetischen Ähnlichkeiten zueinander hinzudichtete, so dass es nach Verwandtschaft aussah.
Klingt nur irgendwie noch absurder als der einfache Gedanke an unsichtbare, unsterbliche und allmächtige Superwesen... ^.^

Roland hat geschrieben:
So 8. Jan 2023, 11:13
Absichtsvolles, intelligentes Handeln, Planung, ist immer plausibler als intelligenzlose Zufallsprozesse
Keinesfalls; denn das würde einen "Planer", einen "Handelnden" erfordern. Letztlich ist die einzige intelligent designende Kraft, die wir kennen, der Mensch.
Dazu einfach einen intergalaktischen Supermagier zu erfinden ist absolut unzureichend, fällt als "logische" und "plausible" Erklärung in allen Fällen durch. Sorry, aber war wenigstens nen netter Versuch von dir. ;)

Für die, die an irgendeinen Gott glauben, ist die eigentliche Frage ja ohnehin nur, WIE Gott erschuf, und ob er das mit einem von vielen unauflösbar integrierten natürlichen Systemen tat, die er scheinbar entwarf (gerne auch mit von ihm geschaffenen natürlichen Mechanismen -> Evolution) - oder ob er einfach mit den Augen blinzelte, mit der Nase wackelte auf einen Stern wünschte und sagte: Abra Kadabra!

Aber so ganz intelligent wäre dieser Supermagier dann wohl nicht: Die Augen von Wirbeltieren sind kopfüber aufgebaut. Die Lichtphotonen müssen sich daher ihren Weg durch Hornhaut, Linse, Kammerwasser, Blutgefäße, Ganglienzellen, amakrine Zellen, Horizontalzellen und Bipolarzellen bahnen, bevor sie auf die Rezeptoren treffen. Dieser ineffektive Aufbau erfordert komplizierte, platz- und energieraubende zusätzliche Anpassungen, wie z.B. das Tapetum und verschafft uns außerdem den berühmten "blinden Fleck".
Simpler, effizienter und in jeder Hinsicht genauso sehfähig wäre der Aufbau andersherum, mit den Rezeptoren vor all dem Zusatzmaterial. Dann gäbe es keinen blinden Fleck und die Bilder würden direkt richtig herum projeziert, was all die Zusatzmechanismen ersparen und einen blinden Fleck verhindern würde. Dass das absolut möglich ist, beweisen z.B. die Kopffüsser, deren Augen so aufgebaut sind.
Auch ist bewiesen, dass die sechs Augenmuskeln unnötig Energie verschwenden. Drei Augenmuskeln könnten dieselben Aufgaben ohne jede Einbuße verrichten.

Das aber alle Wirbeltiere denselben "Fehler" haben, liegt daran, dass der gemeinsame Vorfahre aller Wirbeltiere bereits über primitive Augen verfügte. Und der Fehler liegt im Grundaufbau: Wirbeltieraugen sind eine Art "Auswuchs" des Gehirns, daher können die mechanischen Details nicht hinter den Lichtrezeptoren angelegt werden. In dem Moment, als das erste Wirbeltierprotoauge zum Einsatz kam, war das noch nicht von Nachteil. Aber es war damit bereits festgelegt, dass die komplexeren Augen seiner Nachfahren Probleme bekommen würden.
Das ist der Grund, warum alle Wirbeltiere diesen Augenfehler haben, völlig unabhängig von der Nutzung. Natürlich können wir trotzdem damit sehen, aber halt nicht optimal. Die menschlichen Hände sind ja auch keine optimalen Flossen, und trotzdem können wir damit schwimmen.

Die verbundene Mund- und Nasenhöhle. Wären die beiden voneinander getrennt, wäre die Verschluckungs- und damit Erstickungsgefahr praktisch nicht mehr gegeben. Es sind verschiedene Entwürfe denkbar, die beide ohne jede Funktionseinbuße trennen würden.

Die Beispiele für solche Konstruktionsfehler gehen in die tausende. Die Evolutionstheorie erklärt solche Fehler. Die Hypothese einer perfekten Natur? Nicht so.
Und eine göttliche Schöpfung? Naja, kommt drauf an - sind Gottheiten zu dumm, um effizient zu arbeiten?

Antworten