Was ist Information?

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Pluto
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#61 Re: Was ist Information?

Beitrag von Pluto » Mo 3. Jun 2013, 07:33

closs hat geschrieben:Dein geschilderter Fall, wonach erkannte Information unabhängig davon verankert sein muss, ist (in meiner Formulierung) "der beste Fall". - Aber selbst dieser Fall ist wahrnehmungsmäßig NICHT unterscheidbar von Erkenntnissen, die NICHT unabhängig davon verankert sind. - Ontologisch sind sie unterscheidbar, wahrnehmungsmäßig nicht.
Ontologisch und wahrnehmungsmäßig... Keine Ahnung was du damit meinst. Ist aber im Zusammenhang mit den Genen eh nicht relevant, denn eine solche Unterscheidung brauch ich gar nicht. Gene können Aufbau und Form eines Organismus bestimmen, ohne dass es dafür einen bewussten Beobchter braucht, der die Merkmale wahrnimmt. Ergo existiert Information unanbhängig von Wahrnhemung, Bewusstsein oder Intelligenz. Hasen waren vorher schon Hasen, bevor sie der Mensch sah. Der Mensch gab ihnen nur einen Namen, ein Symbol, um sie von anderen Nagetiere unterscheiden zu können.

Sogar Shakespeare wusste das auch schon:
Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, wie es auch hieße, würde lieblich duften.

[Quelle: Romeo und Julia II, 2. (Julia)]
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closs
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#62 Re: Was ist Information?

Beitrag von closs » Mo 3. Jun 2013, 08:37

Pluto hat geschrieben: Hasen waren vorher schon Hasen, bevor sie der Mensch sah.
Das ist eigentlich immer mein Argument gewesen: Die Abkopplung von Realität und Wahrnehmung. - Insofern Zustimmung.

Um es mal so zusammenzufassen: Nach dem, was Du unter "Information" zu verstehen scheinst, stimmt ich Dir ausdrücklich zu. - Was Du übersehen magst, ist, dass in dieser Deiner Definition das Wort "Information" bereits eine Metapher ist. - Aber das macht nichts - denn wenn man sich auf eine Definition einigt, kann man ja damit arbeiten.

Pluto hat geschrieben: Gene können Aufbau und Form eines Organismus bestimmen, ohne dass es dafür einen bewussten Beobchter braucht
Selbstverständlich. - Gene haben die Eigenschaft, einen Organismus aufbauen zu können. - Wenn man diese Eigenschaft als "Information" bezeichnet, ist das vollkommen richtig.

Pluto hat geschrieben:Ontologisch und wahrnehmungsmäßig... Keine Ahnung was du damit meinst.
Weil Du Eigenschaft und Metapher vermischst. - In Wirklichkeit "informieren" Gene nicht, wie ein Organismus aufzubauen ist, sondern sie haben Eigenschaften, aus denen heraus sich der Organismus aufbaut - das wäre die ontologische Erklärung (in meiner Nutzung des Wortes). - Die Metapher "Information" entsteht erst dadurch, dass wir sehen: "Aha - diese Gen-Eigenschaften haben eine Informations-Funktion". - Und daraus nennen wir die Eigenschaft "Information" - aber es ist eben ein Transfer - nicht durch das Objekt (also das Gen - das geht gar nicht), sondern das Subjekt (der Beobachter). - Insofern kommt das Wort "Information" erst auf, nachdem es einen Beobachter gibt, der deutet.

Und nachdem die Thread-Frage lautet "WAS ist Information?", muss man klären, ob man die Frage im Wissenschafts-Jargon (ist NICHT abwertend gemeint) oder philosophisch beantwortet.

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#63 Re: Was ist Information?

Beitrag von Pluto » Mo 3. Jun 2013, 09:23

closs hat geschrieben:Und daraus nennen wir die Eigenschaft "Information" - aber es ist eben ein Transfer - nicht durch das Objekt (also das Gen - das geht gar nicht), sondern das Subjekt (der Beobachter). - Insofern kommt das Wort "Information" erst auf, nachdem es einen Beobachter gibt, der deutet.
Genau dass versuchte ich dir mit dem Shakespeare Zitat zu erklären. Eine Rose wird nicht erst durch die Namensgebung eine Rose. Sie ist geprägt von den INFORMATIONEN die in ihr stecken: Beschaffenheit, Farbe, Duft usw. Das sind alles Informationselemente (Merkmale) die eine Rose ausmachen, und sie bspw. von einer Tulpe oder einer Margerite unterscheiden.
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#64 Re: Was ist Information?

Beitrag von closs » Mo 3. Jun 2013, 09:47

Pluto hat geschrieben:Genau dass versuchte ich dir mit dem Shakespeare Zitat zu erklären.
Dieses Zitat ist übrigens ontologisch genial, weil es Realie und Nominalie sauber trennt (siehe Universalienstreit/Mittelalter).

Pluto hat geschrieben:Informationselemente (Merkmale)
Diese Gleichstellung ist exakt das Problem: "Merkmal" und "Information" sind eigentlich Begriffe aus verschiedenen Kategorien. - Du stellst beide (wohl aus wissenschaftlichem Usus) in dieselbe Kategorie. - Das macht nichts - man muss es aber wissen, um Dich zu verstehen.

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#65 Re: Was ist Information?

Beitrag von Pluto » Mo 3. Jun 2013, 10:23

Für mich ist das ein Streit um oberflächliche Betrachtungen.
Auch wenn Merkmale nicht direkt Informationen sind, sind sie sie dennoch Ausdruck der im Gegenstand enthaltenen Information.
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#66 Re: Was ist Information?

Beitrag von closs » Mo 3. Jun 2013, 10:31

Pluto hat geschrieben:Auch wenn Merkmale nicht direkt Informationen sind, sind sie sie dennoch Ausdruck der im Gegenstand enthaltenen Information.
Stimmt - der Mensch zieht Information aus dem Merkmal, bearbeitet also das Sein mit Wahrnehmung. - Das ist normal und richtig und geht gar nicht anders. - Aber es sind zwei Paar Stiefel.

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#67 Re: Was ist Information?

Beitrag von Anton B. » Mo 3. Jun 2013, 11:20

Hallo zusammen.
Andreas hat geschrieben:Es stimmt, dass ich laienhaft an die Sache mit der Information herangehe. Ich habe keine Erwartung, wo mich das hinführt, was dabei herauskommt, wofür es nützlich ist, ob es philosophisch oder wissenschaftlich relevant ist. Das Thema hat mich anfangs einfach interessiert.
@Andreas: Ich hoffe, Du hast meinen Satz
Anton B. hat geschrieben:Oder schaffen wir ihn gerade auf Laienbasis neu?
nicht persönlich genommen. Ich schaue mir eben auch gerne das Umfeld an, frage mich, wo wurde sich damit beschäftigt, was existieren für wohldefinierte Begriffe und warum fehlt er eben dort. Vielleicht hat das seinen Grund.

closs hat geschrieben:Anders gesagt: Ein Gen informiert nicht, sondern hat Eigenschaften, die kognitiv als Information erkannt werden.
Kommt wohl wieder auf die Definition des Informationsbegriffs an. Primär ist das Gen Informationsträger in einem biologisch-chemischen System und wird in dem Prozess der Informationsverarbeitung durch synergetische Module ausgewertet und verwertet. Die potentielle kognitive Auswertung -- durch z.B. closs, Pluto und Anton und deren Parlieren über diese oder jene Basenanordnung und deren Impact auf verschiedenen Ebenen -- ist doch völlig nachrangig.

Aber mein, insbesondere naturwissenschaftliches Befremden über einen hier vorgelegten, allmächtigen Informationsbegriff ist, um das nochmal auf den Punkt zu bringen, folgender: Wenn im Prinzip alles und jedes Information ist, wofür soll der Begriff denn dann gut sein? Da bleibe ich doch lieber bei den alt-eingeführten Termini wie "Struktur", "Ordnung" usw. und krame "Information" aus der Tasche, wenn ich wirklich ein informationsverarbeitendes System sehe. So, wie bei den Genen eben.

Als spezifischer, das heißt eingegrenzter Begriff, da macht er für mich Sinn.

Mit besten Grüßen

Anton
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#68 Re: Was ist Information?

Beitrag von closs » Mo 3. Jun 2013, 11:49

Anton B. hat geschrieben:Wenn im Prinzip alles und jedes Information ist, wofür soll der Begriff denn dann gut sein?
Das ist exakt mein Punkt.

Anton B. hat geschrieben:Als spezifischer, das heißt eingegrenzter Begriff, da macht er für mich Sinn.
Ja - und bis zu dieser Diskussion war "Information" für mich ein Wahrnehmungs-Begriff. - Da ist etwas, und der Mensch zieht daraus Information.

So wie es die Naturwissenschaft benutzt, geht's natürlich auch. - Der Magen oder der Blutzuckerspiegel (oder wer auch immer) sendet die "Information" ans Hirn: "Hunger". - Das Gen trägt in sich "Informationen", aus denen ein Organismus aufgebaut wird. - Ja - ok. - Reine Sprachsache.

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#69 Re: Was ist Information?

Beitrag von Pluto » Mo 3. Jun 2013, 12:04

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wenn im Prinzip alles und jedes Information ist, wofür soll der Begriff denn dann gut sein?
Das ist exakt mein Punkt.
IMO verwchselt ihr hier alle Beide was. Nicht alles ist Information, aber (fast) alles beinhaltet Information.


closs hat geschrieben:Ja - und bis zu dieser Diskussion war "Information" für mich ein Wahrnehmungs-Begriff. - Da ist etwas, und der Mensch zieht daraus Information.
Damit hast du eine sehr gute Definition von Wahrnehmunng gegeben.

So wie es die Naturwissenschaft benutzt, geht's natürlich auch. - Der Magen oder der Blutzuckerspiegel (oder wer auch immer) sendet die "Information" ans Hirn: "Hunger". -
Nur dass Hunger ein Gefühl ist und keine Information.

Das Gen trägt in sich "Informationen", aus denen ein Organismus aufgebaut wird. - Ja - ok. - Reine Sprachsache.
Einverstanden.
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#70 Re: Was ist Information?

Beitrag von Andreas » Mo 3. Jun 2013, 14:28

Anton B. hat geschrieben:@Andreas: Ich hoffe, Du hast meinen Satz ... nicht persönlich genommen.
Nein, habe ich nicht. Alles gut. :thumbup:
Anton B. hat geschrieben:Ich schaue mir eben auch gerne das Umfeld an, frage mich, wo wurde sich damit beschäftigt, was existieren für wohldefinierte Begriffe und warum fehlt er eben dort. Vielleicht hat das seinen Grund.
Über dieses Fehlen wundere ich mich auch. Andererseits kann man feststellen, dass der Begriff "Information" in immer mehr Fachbereichen aufgetaucht ist. Die Biologie gab es schon, bevor der genetische Code gefunden wurde. Seine Entdeckung führte zu einem Paradigmenwechsel, nicht nur in der Biologie, sondern auch in der Medizin - eigentlich im ganzen Weltbild der Menschen. Früher schien Informationsverarbeitung ein rein menschliches Privilieg zu sein. Da haben sich nur Theologen und Philosophen mit Erkenntnis und Logik beschäftigt.

Die Mathematik ist ja auch so etwas universelles wie die Information. Ich kann alles zählen im Universum, vieles berechnen. Besteht das Universum deswegen aus Zahlen? Ist alles Mathematik? Berechnen Sonne und Erde den gemeinsamen Schwerpunkt um den sie sich drehen? Ist der genetische Code eine mathematische Gleichung? So würde ich das nicht unbedingt sehen. Mathematik und Gencode sind allerdings beides Sprachen. Der Unterschied ist, das erstere vom Menschen durch Axiome determiniert wurde und letztere aus der Natur hervorgegangen ist.

Menschliche Schrift und die Schrift des Gencodes sind aus Strukturelementen aufgebaut die linear angeordnet sind und auch so gelesen werden. Einmal sind es 26 Zeichen das andere mal nur vier. Erstere ist beschreibend, letztere hingegen ist bewirkend. Ich schreibe Katze - du denkst Katze. Ist aber keine da. Wenn der Gencode Katze schreibt - ist da eine Katze, unabhängig davon ob du da bist oder nicht. Wenn du da bist und sie wahrnimmst, denkst du Katze. Das Prinzip des Gencodes ist immer gleich. Der Unterschied zwischen Katze und Eule ist der Unterschied der schriftlichen Information. Ich kann statt Katze auch Cat sagen, mit den gleichen Strukturelementen - du denkst Katze, keine Katze da. Ordne ich die vier Strukturelemente im Gencode sinnvoll um - ist da keine Katze, sondern eine Eule - bist du da, denkst du Eule. Der Gencode ist, was er sagt. Das ist ein pragmatischer Aspekt den man der Art Information die im Gencode wirkt, zuschreiben kann - ontologischer gehts wohl nicht. "Information is a difference that makes a difference". So kann Information tatsächlich funktionieren.

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