Wie wahr sind Tatsachen?

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Pluto
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#41 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von Pluto » So 4. Jun 2017, 18:36

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Husserl: Innehalten, und die Frage nicht beantworten, weil man die Antwort nicht kennen kann.
Das entspräche der Version 1: Einfach nur das wissenschaftlich untersuchen, was nach den kR-Regeln erreichbar ist.
Wie stellst du dir vor, soll man sonst Erkenntnisse gewinnen?
Wenn das nicht geht, dann ist es redlicher inne zu halten und in Unwissenheit zu leben, als Sich Vorstellungen zu machen, was alles noch sein könnte, wofür es aber keine Evidenzen gibt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist unvermeidbar wenn man Antworten auf dieselben Fragen der Menschheit beantworten will, "Woher kommen wir" und "Wohin gehen wir". Die erste Frage wird von der Evolutionsbiologie beantwortet; die Zweite von der Bibel: "Staub zu Staub".Wo ist das Problem?
Das Problem besteht darin, dass damit die Frage geistig nicht im Ansatz beantwortet ist.
Die Antworten gefallen dir nicht?

closs hat geschrieben:Aber es spricht nichts dagegen, biologisch zu sagen: "Der Mensch entsteht biologisch so ..." - aber das ist nicht DIESELBE Frage, es klingt allenfalls so.
Wie möchtest du die Frage denn stellen? Vielleicht, "Wie entstand menschlicher Geist?" Auch darauf hat die Wissenschaft eine Antwort, aber sie wird dir ebenso wenig gefallen.
Man muss sich daran gewöhnen, Antworten zu bekommen, die philosophisch nicht anmutig sind, einem zu banal erscheinen, oder aber, wie im vorliegenden Fall, nicht geistig genug sind. Diese Antworten können aber trotzdem die einzig Richtigen sein.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Seit wann sind persönliche Erfahrungen denn Erkenntnisse?
Schon immer. - Aber mir ist schon klar, wo Du rauswillst: Du definierst "Erkenntnis" im Sinne der Wissenschafts-Theorie, dernach das Wort "Erkenntnis" nur dann gebraucht werden kann, wenn .... -
Ich definiere Erkenntnis ganz einfach als gesichertes Wissen, und nicht als Glaube oder Vermutung.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Woher weißt du das?
Das ist das Ergebnis einer persönlichen Erkenntnis, die sogar auch noch von Milliarden Menschen geteilt wird.
Und von ebenso vielen Menschen abgelehnt wird. Mit der Demokratie kommt man nicht weiter.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn es Spuren gibt, lässt sich Gott auch untersuchen.
Nicht "Wenn es Spuren gibt", sondern "Wenn es kR-methodisch verwertbare Spuren gibt". - Das ist ein großer Unterschied.
Egal wie die Spuren aussehen, sie müssen natürlich verwertbar sein. Es ist wie Detektivarbeit. Ohne verwertbare Spuren, kein Verdacht, und keine Lösung.

closs hat geschrieben:Eine Fragestellung, die über das Naturalistische hinausreicht, KANN nicht im Naturalistischen (in dem auch ein Ratzinger lebt) gelöst werden - das heißt nicht, dass Annäherungen deshalb "Scheinantworten" sind.
Welche Annäherungen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nicht einmal das "Cogito" konnte Descartes ohne Setzungen behaupten.
Doch - es bleibt auch radikal-skeptizistisch bestehen. - Denn selbst wenn das Cogito kann keine Illusion sein, weil es ja das ist, das sich die Frage stellt, ob es Illusion ist.
Es geht nicht um die Illusion, sonder un die Existenz. Descartes muss setzen. Da ist "Ich fühle, also bin ich" weitaus besser, weil man nichts setzen muss um zu fühlen. Gefühle sind körperlich und unabhängig von der Existenz oder Barmherzigkeit Gottes.

closs hat geschrieben:Genau das tut bspw. die HKM-Hermeneutik NICHT, weil sie bis zuletzt darauf beharrt, dass nur das evident sein kann, was sie versteht.
Nein. Die HKM untersucht das was evident ist.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Genau deshalb sollte bei der Erstellung das Modell einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden.
"Plausibel" gemessen woran?
Man könnte/sollte im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung, schauen, ob es z.B. Schafe mit nur einer schwarzen Seite gibt. :idea:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#42 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von sven23 » So 4. Jun 2017, 19:12

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und da kommt die Forschung zu dem Ergebnis, dass Jesus die zeitgenössischen Sünden-,Teufels- und Höllenvorstellungen geteilt hat.
Um sie geistig-grundlegend zu interpretieren - er kann doch nur das interpretieren, was als Grundlage da ist (= zeitgenössischer Status). - Und Kubitza versteht eben NICHT, wofür "Teufel" grundlegend steht - das geht auch nicht, weil er Geistiges ablehnen muss, wenn er aus seiner Sicht wissenschaftlich sein will.
Das ist Unsinn. Der Sündenbegriff, Teufel und Hölle spielten im Judentum nicht so eine dominante Rolle wie im späteren Christentum. Diese Diskrepanz hat die Forschung ganz klar herausgearbeitet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ohne historischen Background bringt das wirklich nichts.
Grundlegende geistige Fragen haben mit historischem Background nichts zu tun - das muss auch so gehen.
In der historischen Jesusforschung geht es nicht ohne historischen Background. Sollte sich inzwischen rumgesprochen haben. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist mir zu allgemein. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das übliche Kubitza-Bashing als bloße Verärgerung darüber, dass hier mal jemand die Forschungsergebnisse laut und deutlich artikuliert und kommuniziert
Das ist keine "genauere Betrachtung", sondern ein Ausweichmanöver, weil Du nicht verstehst, was es bedeutet, wenn man sagt:
Closs hat geschrieben:Kubitza stellt insgesamt falsch dar, weil er die Grundlagen des Christentums nicht versteht. - Stattdessen bedient er sich einer atheistisch-materialistischen Hermeneutik und dekliniert durch, was dieses oder jenes bedeutet, wenn diese Hermeneutik die richtige wäre. - Seine Einzelbeobachtungen sind schätzungsweise gut recherchiert, aber das Ganze ist ein geistiges Wirrwarr.
Das ist Unsinn. Du spichst jedem sofort das Verständnis ab, der bei deiner "christlichen Heilsgeschichte" nicht gleich in Jubelstürme ausbricht.
Dabei kann man vieles an dieser sog. Heilsgeschichte bei entsprechender Hermeneutik durchaus auch kritisch sehen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#43 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von closs » So 4. Jun 2017, 20:27

Pluto hat geschrieben:Wenn das nicht geht, dann ist es redlicher inne zu halten und in Unwissenheit zu leben
Das tut man ohnehin.

Im Grunde fährst Du hier auf einer mystischen Schiene: Der Mensch beschäftigt sich nur innerlich mit den geistigen Dingen und geht (im besten Fall) darin auf - im Gegensatz zur Scholastik, die systematische erkennen will, was nur geht.

Und nochmal: "Erkennen" hat verschiedene Bedeutungen - da ist Dein kR-Erkennen, aber da ist auch Erkennen im Sinne von "jada" = sich innerlich mit etwas verbinden/im Austausch damit stehen. - Noch im frühen 20. Jh. hat man in gewissen Gegenden Deutschlands gesagt "Die beiden (Mann und Frau) haben sicher erkannt", wurden also ein Paar.

Diese Bedeutung schwingt noch immer mit, wenn man sagt: "Ich habe erkannt, dass ich weniger essen sollte" = etwas ist einem klar geworden/man ist von etwas überzeugt. - Persönliche Erkenntnis.

Pluto hat geschrieben:Ich definiere Erkenntnis ganz einfach als gesichertes Wissen, und nicht als Glaube oder Vermutung.
Das ist die Bedeutung im kR-Sinn.

Pluto hat geschrieben:Und von ebenso vielen Menschen abgelehnt wird. Mit der Demokratie kommt man nicht weiter.
So ist es - es sind massenhaft auftretende persönliche Erkenntnisse: "Bei mir ist es so - ich habe es erkannt".

Pluto hat geschrieben:Ohne verwertbare Spuren, kein Verdacht, und keine Lösung.
Das ist das Problem bei persönlichen Erkenntnissen: Sie sind nicht intersubjektiv nachweisbar - man kann sie keinem vermitteln, der nicht wenigstens selber nah dran ist.

Pluto hat geschrieben:Welche Annäherungen?
Es gibt Prozesse, die ziemlich vage beginnen und sich mit der Zeit immer mehr verdichten. - Das ist nicht nur bei Religion und Gott so, sondern auch bei Menschen oder Literatur oder Musik: Man beschäftigt sich mit jemanden/etwas und erkennt mit der Zeit diesen Menschen/diese Literatur oder Musik. - Und dann kann einen ein naher Mensch oder eine einem neue Kurzgeschichte von Th.Mann oder ein einem neues Stück von Bach oder Chopin nicht mehr überraschen - man "erkennt" nach einer Geste, zwei Sätzen oder 3 Takten, was das ist. - Ähnlich geht es mit "Gott".

Pluto hat geschrieben:Da ist "Ich fühle, also bin ich" weitaus besser, weil man nichts setzen muss um zu fühlen.
Das Cogito fühlt - aber ob das körperlich ist (also unter Einschluss der Res extensa) ist komplett offen - fühlen kann man auch rein in der Res cogitans.

Pluto hat geschrieben:Nein. Die HKM untersucht das was evident ist.
Dann wäre bspw. Gott NICHT evident, selbst wenn es ihn gibt. - Meinst Du, dass das hinhaut?

Pluto hat geschrieben:Man könnte/sollte im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung, schauen, ob es z.B. Schafe mit nur einer schwarzen Seite gibt.
Diese haptischen Schafe gibt es aber bei geistigen/philosophischen Fragen nicht.

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#44 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von closs » So 4. Jun 2017, 20:39

sven23 hat geschrieben: Der Sündenbegriff, Teufel und Hölle spielten im Judentum nicht so eine dominante Rolle wie im späteren Christentum. Diese Diskrepanz hat die Forschung ganz klar herausgearbeitet.
Das stimmt auf einer gewissen Ebene - und das hat die theologische Forschung längst herausgearbeitet, weil sie das Judentum kennt. - Allein, dass es das Buch Hiob gibt, zeigt aber auch Parallelen zwischen Judentum und Christentum. (Ganz nebenbei: Mir gefällt die jüdische Auffassung besser).

Trotzdem: Auch im Judentum ist der "Hinderer" die Antithese zu Gott - der Antagonist, der dialektisch zeigen soll, wie es NICHT sein soll. - Der Unterschied liegt darin, dass dieser Antagonismus mehr rollenspiel-artig und nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen dargestellt wird.

Mit anderen Worten: Wofür "Teufel" grundlegend steht, ist so gesehen bei Christentum und Judentum schon dasselbe - nur: Die Juden stellen es weniger rabiat dar.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung geht es nicht ohne historischen Background. Sollte sich inzwischen rumgesprochen haben.
Wiedermal Deine Spezialität: Einen Satz inhaltlich auf den Kopf stellen und dann kommentieren. - Insofern ausdrückliche Zustimmung zu Deinem Satz "In der historischen Jesusforschung geht es nicht ohne historischen Background" - ein wertvoller Beitrag.

Meine Aussage war "Grundlegende geistige Fragen haben mit historischem Background nichts zu tun" - was natürlich heisst: Das ist nichts, wo die HKM drin rumfingern muss - was ja eh der Theologie am liebsten wäre.

sven23 hat geschrieben: Du spichst jedem sofort das Verständnis ab, der bei deiner "christlichen Heilsgeschichte" nicht gleich in Jubelstürme ausbricht.
Es geht hier erstmal darum, ob jemand überhaupt die Frage "Verstehst Du auch, was da steht?" mit JA beantworten kann. - Wenn dieses JA berechtigt ist, hat man erstmals die Grundlage, dagegen zu sein.

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#45 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von sven23 » So 4. Jun 2017, 20:55

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung geht es nicht ohne historischen Background. Sollte sich inzwischen rumgesprochen haben.
Wiedermal Deine Spezialität: Einen Satz inhaltlich auf den Kopf stellen und dann kommentieren. - Insofern ausdrückliche Zustimmung zu Deinem Satz "In der historischen Jesusforschung geht es nicht ohne historischen Background" - ein wertvoller Beitrag.

Meine Aussage war "Grundlegende geistige Fragen haben mit historischem Background nichts zu tun" - was natürlich heisst: Das ist nichts, wo die HKM drin rumfingern muss - was ja eh der Theologie am liebsten wäre.
Einspruch. Jesus und seine Lehre steht doch gerade für geistige Fragen. Würde die Forschung seine geistige Glaubenswelt nicht kennen, könnte sie auch nicht unterscheiden zwischen seiner Lehre und der ihm später übergestülpten Theologie.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Du spichst jedem sofort das Verständnis ab, der bei deiner "christlichen Heilsgeschichte" nicht gleich in Jubelstürme ausbricht.
Es geht hier erstmal darum, ob jemand überhaupt die Frage "Verstehst Du auch, was da steht?" mit JA beantworten kann. - Wenn dieses JA berechtigt ist, hat man erstmals die Grundlage, dagegen zu sein.
Bei den Koniferen, die in der Forschung arbeiten, kannst du getrost davon ausgehen, dass die weitaus besser verstehen, was da steht, als wir hier alle zusammen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#46 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von closs » So 4. Jun 2017, 21:59

sven23 hat geschrieben: Jesus und seine Lehre steht doch gerade für geistige Fragen. Würde die Forschung seine geistige Glaubenswelt nicht kennen, könnte sie auch nicht unterscheiden zwischen seiner Lehre und der ihm später übergestülpten Theologie.
Hier kommt der Unterschied zwischen "erklären" und "verstehen" (Zitat/Uni Konstanz) zum Tragen bzw. "Verstehst Du auch, was Du liest?". - Konkret:

Dieses Verstehen ist in der Lage, spätere Äußerungen auf ihre geistige Authentizität zu überprüfen. - Wie soll das die HKM bewältigen, wenn sie diese Ebene ablehnt?

sven23 hat geschrieben:Bei den Koniferen, die in der Forschung arbeiten, kannst du getrost davon ausgehen, dass die weitaus besser verstehen, was da steht, als wir hier alle zusammen.
Da bin ich mir leider ganz und gar nicht sicher. - Sie können sicherlich alle viel besser beschreiben, erklären, zitieren, analysieren, referieren - aber "verstehen" ist wirklich etwas anderes. - Das ist doch genau das Problem von Apg 8,30.

Und damit sind wir beim Thread-Thema "Tatsachen". - Hier mein Ansatz: "Tatsache" ist auch das, was gemeint ist mit Apg. 8,30: "Verstehst Du auch, was Du liest?".

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sven23
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#47 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von sven23 » Mo 5. Jun 2017, 06:49

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Jesus und seine Lehre steht doch gerade für geistige Fragen. Würde die Forschung seine geistige Glaubenswelt nicht kennen, könnte sie auch nicht unterscheiden zwischen seiner Lehre und der ihm später übergestülpten Theologie.
Hier kommt der Unterschied zwischen "erklären" und "verstehen" (Zitat/Uni Konstanz) zum Tragen bzw. "Verstehst Du auch, was Du liest?". - Konkret:

Dieses Verstehen ist in der Lage, spätere Äußerungen auf ihre geistige Authentizität zu überprüfen. - Wie soll das die HKM bewältigen, wenn sie diese Ebene ablehnt?
Die Forschung lehnt überhaupt nichts ab. Du liegst ständig daneben, weil du "verstehen" mit goutieren und dran glauben gleichsetzt. :roll:
Das sind 2 Paar Schuhe.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei den Koniferen, die in der Forschung arbeiten, kannst du getrost davon ausgehen, dass die weitaus besser verstehen, was da steht, als wir hier alle zusammen.
Da bin ich mir leider ganz und gar nicht sicher. - Sie können sicherlich alle viel besser beschreiben, erklären, zitieren, analysieren, referieren - aber "verstehen" ist wirklich etwas anderes. - Das ist doch genau das Problem von Apg 8,30.
Und damit sind wir beim Thread-Thema "Tatsachen". - Hier mein Ansatz: "Tatsache" ist auch das, was gemeint ist mit Apg. 8,30: "Verstehst Du auch, was Du liest?".
siehe oben
Im übrigen ist Apg. 8,30 eine so allgemeine Frage, dass sie immer und überall andwendbar ist. Ich erwähne es nur deshalb, weil Gläubige dazu neigen, aus jeder Banalität eines biblischen Textes ein Highlight philosophischer Erkenntnis zu machen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#48 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von closs » Mo 5. Jun 2017, 08:41

sven23 hat geschrieben:Die Forschung lehnt überhaupt nichts ab.
Die HKM sucht ausschließlich nach Tatsachen im Sinne ihrer Methodik. - Im Sinne des Threads gefragt: Sind schlüssige Ergebnisse im Sinne einer Methodik als "Tatsachen" zu bezeichnen?

sven23 hat geschrieben:Im übrigen ist Apg. 8,30 eine so allgemeine Frage, dass sie immer und überall andwendbar ist.
Mir geht es um das, was damit gemeint ist, und nicht um die Frage, wie es missbrauchbar ist. - Deshalb auch hier die Frage: Ist das Ergebnis wirklichen Verstehens eines Textes als "Tatsache" zu bezeichnen? (Es geht hier nicht um kritisch-rationale Nachweisbarkeit - es ist ontologisch gemeint im Sinne von "es ist der Fall, egal ob wir es nachweisen können")

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Thaddäus
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#49 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von Thaddäus » Mo 5. Jun 2017, 09:20

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nein, du bist nicht onto-logisch meiner Ansicht, sondern logisch
Ich habe schon "ontologisch" gemeint.
Siehst du, da fängt es schon an mit der Unmöglichkeit, sich mit dir philosophisch auseinander zu setzen. Du deutest zentrale philosophische Begrifflichkeiten willkürlich um.
Mag, sein, dass du das "ontologisch" meinst, dann meinst du aber etwas Falsches.
Du stimmst oben der Gültigkeit einer logischen Evidenz zu, also dessen logischem Taulogiecharakter. Onto-logisch wäre dem gegenüber eine Diskussion darum, welchen ontischen Stellenwert logische Evidenzen haben und ob sie z.B. immer schon existieren wie platonische Ideen und wir sie darum entdecken; oder ob sie doch irgendwie konstruiert sind, und wir sie irgendwie erst gedanklich erschaffen. Wegen ihrer unmittelbaren Evidenz hast du auch keine Alternative, ihnen auf der logischen Ebene zuzustimmen. Du könntest nämlich nicht einmal widerspruchsfrei erklären, was es bedeuten könnte, dass logische Evidenzen nicht gültig sind, weil du dich bei diesem Erklärungsversuch immer schon logisch gültiger Schlussfolgerungen und Strukturierungen bedienen müsstest. Darum waren die mittelalterlichen Theologen übrigens der Ansicht, Gott habe die logischen Denkgesetze zwar geschaffen, müsse sich dann aber zwingend selbst an sie halten.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Das geht nicht. Eine Ansicht MUSS fehlerhaft sein.
"Am Ende" (="ontologisch"), aber nicht auf Wahrnehmungs-Ebenen (= "epistemologisch").
Der Ausdruck ontologisch hat mit dem Ausdruck "am Ende" nichts zu tun. Ontologisch bedeutet, "das Seiende betreffend", und die Ontologie untersucht, was (alles) exsitiert und in welchem Sinne es ggfs. existiert. Die Metaphysik beschäftigt sich wiederum mit der Frage, warum überhaupt etwas existiert und nicht vielmehr nichts. Epistemologisch bedeutet: "das betreffend und untersuchend, was man "weiß" bzw. "zu wissen glaubt". Was man weiß und was Wissen ist, hat zwar mit Wahrnehmung zu tun, - IST selbst aber keine Wahrnehmung und ist auch nicht mit Wahrnehmung geschweige denn Wahrnehmungs-Ebenen identisch. Das meiste, was man weiß, weiß man nicht aus der persönlichen sinnlichen Wahrnehmung )wobei der Wahrnehmungsbegriff auch noch spezifiziert werden müsste, weil er hier begrifflich noch völlig unterbestimmt ist.


closs hat geschrieben: Die ET sagt uns, wie das Leben biologisch aus der Natur entstanden ist. - Weiterhin kommt sie zum Schluss, dass es keine Teleologie in dem Sinne gäbe, dass sich eine Art mit der Zeit zu irgendeinem vollkommenen Ideal hinentwickle. (...)

Die Theologie sagt uns, dass der Mensch aus Gott entstanden ist und dass sein Schicksal "gefügt" ist - also ganz klar Telos.

Du sagst jetzt: "Das geht nicht. Eine Ansicht MUSS fehlerhaft sein". - Finde ich ontologisch genauso - aber logisch ist beides möglich. - Und beides ist schlüssig verargumentiert.
Es ist logisch unmöglich, dass sich ein biologischer Organismus auf ein vorgegebenes Ziel hin entwickelt, dessen Erreichung den Schlusspunkt der Entwicklung darstellt und er sich gleichzeitig über Mutation und Selektion ohne bestimmtes Ziel entwickelt, sondern bestenfalls zu einem optimal an eine bestimmte Umwelt angepassten Organismus, der sich bei veränderten Umweltbedingungen wiederum diesen anpassen muss. Der Gedanke, es gäbe ein telos, ein Ziel, bedeutet, der Organismus kann sich veränderten Umweltbedingungen nicht mehr anpassen, da er sein Ziel ja schon erreicht hat. Das widerspricht dem Grundgedanken evolutionärer Prozesse und Entwicklung. Aber nicht auf einer ontologischen Ebene, sondern auf der Ebene der schlichten theoretischen Annahmen.


closs hat geschrieben: Also beides ist wahr - das eine in der Materie, das andere im Geist. - beides ist real im Sinne von "Entität". - Dieses Beispiel ET lässt sich problemlos auf andere Themen wie "Naherwartung", "Geist" und "Bewusstsein" übertragen - semper idem.
Nein, das ist wirklich ganz großer Quatsch. Weder ist es wahr, noch lässt sich das auf andere Bereiche übertragen. Die ET ist nicht auf einer materiellen Ebene wahr und Teleologie auf einer geistigen. Die ET ist genau so wenig oder viel materiell und geistig, wie die Annahme eines telos geistig und materiell für die Entwicklung der Arten ist. Du unterscheidest auch nicht zwischen Evolution und Evolutionstheorie. Evolution bezeichnet die reale Entwicklung von Organismen nach evolutionär wirksamen Gesetzmäßigkeiten in der Natur. Die Evolutions-Theorie ist die Theorie dazu, die erklärt, was diese Gesetzmäßigkeiten genau sind und ggfs. wie es zu ihnen kommt.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es ist die fundamentalste Anstrengung des Geistes herauszubekommen, wie sie wahrhaftig funktioniert. Das kann man aber nur über die besten Argumente herausfinden.
Wahrscheinlich liegt da Dein Irrtum. - Wie kommt Du darauf, dass die Welt kognitiv am besten verstehbar ist?
Kognition bedeutet zunächst einmal nichts anderes, als die Vearbeitung von Informationen, wobei zunächst offen ist, nach welchen Prinzipien diese Informationen verarbeitet werden. Sophokles Tragödie König Ödipus ist genau so eine Anstrengung des Geistes, um herauszufinden, wie die Welt ist, wie Newtons Mechanik. Alle Mythen und Religionen sind ebenfalls Anstrengungen des Geistes, um heraus zu finden, wie die Welt ist. Genau so, wie die Kritik an ihnen. Das natürliche Denken ist eine solche geistige Anstrengung, wie die Konzeption von KI-System als Nachahmung menschlicher Intelleigenz zur Analyse von Daten.


closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Und wenn dereinst ein Gott mich anklagte, warum ich ihn denn nicht erkannt hätte, dann würde ich antworten, weil er mir - als von ihm so gewollten vernunftbegabtem Wesen - nicht die besseren Argumente geliefert hätte.
Dann könnte er zu Dir sagen: "Du Esel, meinst Du, mich erkennt man mit Argumenten?
Natürlich, - lieber Gott -, erkennt man dich ausschließlich durch Argumente. Wenn du jemanden eine erbaulich beglückende Eingebung deiner Anwesenheit spüren lässt, dann ist das ja wohl ein gutes Argument für ihn, an dich zu glauben. Wenn man ein solches Gefühl allerdings auch durch einen kleinen Strom an der richtigen Stelle seines Gehirns auslösen kann, dann ist das wiederum ein zimelich gutes Argument gegen deine Existenz ...

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#50 Re: Wie wahr sind Tatsachen?

Beitrag von sven23 » Mo 5. Jun 2017, 11:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung lehnt überhaupt nichts ab.
Die HKM sucht ausschließlich nach Tatsachen im Sinne ihrer Methodik. - Im Sinne des Threads gefragt: Sind schlüssige Ergebnisse im Sinne einer Methodik als "Tatsachen" zu bezeichnen?
Das ist Unsinn. Wenn Jesus an Pumuckel geglaubt hätte, dann würde die Forschung eben dieses Glaubenskonstrukt beschreiben.
Deshalb muss sie doch nicht selbst dran glauben. Ist das wirklich so schwer zu verstehen?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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