Wissenschaft und Talmud

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Rilke
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#11 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von Rilke » Mo 22. Okt 2018, 18:31

jose77 hat geschrieben: Aber wenn das Masturbieren, schon als das Töten von Kindern bezeichnet wird in der Thora, ist dies sicherlich keine halachische Erlaubnis, sondern Teil der Diskussion.

"Im Talmud wird der Embryo, der im Mutterleib heranwächst, bis zum 40. Tag nach der Befruchtung als „pures Wasser“ (maja be‘alma) betrachtet. Denn nach jüdischer Auffassung wird er erst zu diesem Zeitpunkt (von Gott) beseelt. Gleichwohl gilt der Embryo im Mutterleib grundsätzlich schon ab dem Moment der Befruchtung als „potenzielle Person“ und damit als schützenswert. Bis zum Zeitpunkt der Geburt sieht die Mehrheit der Rabbiner ihn allerdings nicht als eigenständiges Wesen an, sondern nur als „Teil der Mutter“ (ubar jerech imor), was diese prinzipielle Schutzwürdigkeit in besonderen Fällen einschränkt – und etwa eine Abtreibung (möglichst in den ersten 40 Tagen einer Schwangerschaft) zulässt, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Nach dem Talmud erlangt der Embryo erst dann den vollen Personenstatus und damit die gleichen Rechte wie die Mutter, wenn während der Geburt der größere Teil von ihm geboren ist."
Quelle - Zellux, Unterrichtsmaterial zum Thema Stammzellforschung

Durchaus wird der befruchteten Eizelle vor dem 40. Tag nach der Empfängnis ein anderer Wert beigesteuert als nach diesem Tag. Dafür sehe ich keine wissenschaftliche Analogie und glaube, dass der Talmud hier sehr unwissenschaftlich ist, da zwischen 40. und 41. Tag keine dermaßen große Entwicklung passiert.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. - Joh 10, 27-28

jose77
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#12 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von jose77 » Mo 22. Okt 2018, 19:11

Hallo Rilke

Was ist der Kontext aus deiner Sicht von dieser Talmudstelle?
Grüsse von Jose


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Rilke
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#13 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von Rilke » Mo 22. Okt 2018, 19:40

jose77 hat geschrieben: Was ist der Kontext aus deiner Sicht von dieser Talmudstelle?
Es wäre in der Tat interessant das zu beleuchten.

Yevamot 69b:10 hat geschrieben: Rav Ḥisda said: She immerses and partakes of teruma only until forty days after her husband’s death, when there is still no reason for concern, as if she is not pregnant then she is not pregnant. And if she is pregnant, until forty days from conception the fetus is merely water. It is not yet considered a living being, and therefore it does not disqualify its mother from partaking of teruma.

Ein Terumah ist ein Hebopfer, sprich eine geforderte oder auch freiwillige materielle Gabe im Tempel. Für Schwangere bestehen grundsätzlich strengere halachische Regeln, daher wird eine Debatte über den Zeitpunkt einer Schwangerschaft geführt.
Hier wird diskutiert ab wann eine schwangere Frau nach halachischer Betrachtung als schwanger gilt. Aus dem Kontext heraus lese ich, dass die Schwangerschaft erst mit dem 40. Tag nach der Empfängnis beginnt, davor ist der Fetus nur Wasser - er wird nicht als Lebewesen betrachtet.

Yevamot 69b:11 hat geschrieben: Abaye said to him: If so, say the latter clause of the baraita: Once her fetus in her womb is noticeable, she is ruined retroactively. Her prior consumption of teruma is retroactively prohibited. Evidently, pregnancy immediately disqualifies her from partaking of teruma. Therefore, the reason that she may partake of teruma immediately after her husband’s death is that the Sages were not concerned that she became pregnant. Rav Ḥisda responded: What is the period in which she is retroactively ruined? It is from the moment the fetus is noticeable and back in time until forty days from the beginning of her pregnancy. During the first forty days of the pregnancy, she is not retroactively ruined, as the fetus is not yet considered a living being.
Da ergibt sich der Kontext aus dem Text heraus, denke ich.
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jose77
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#14 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von jose77 » Mo 22. Okt 2018, 20:18

Hallo Rilke

Aus meiner Sicht geht es um den Status der Schwangerschaft, hinsichtlich des Opfers. Meint, muss die Schwangere das Terumah zurückzahlen plus 1/5, oder nicht. Weil eigentlich durfte sie das Opfer nicht essen. Dies hat von mir aus nichts zu tun mit Abtreibung oder Status des Fötus, hinsichtlich seiner effektiven Entwicklung.

Denke du siehst das ähnlich. :thumbup:
Grüsse von Jose


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Rilke
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#15 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von Rilke » Mo 22. Okt 2018, 20:57

jose77 hat geschrieben:Dies hat von mir aus nichts zu tun mit Abtreibung oder Status des Fötus, hinsichtlich seiner effektiven Entwicklung.
Wir stimmen überein, wenn wir sagen, dass der Ausschnitt sich mit dem Status der Schwangerschaft hinsichtlich des Opfers beschäftigt. Darin werden jedoch nicht nur Aussagen getroffen, deren Geltung vom Opfer abhängen. Die Entwicklungsstufe des Fötus hat meiner Meinung nach nichts mit dem Opfer zu tun:

And if she is pregnant, until forty days from conception the fetus is merely water. It is not yet considered a living being.

Jedoch würde ich sagen:
Selbst wenn keine Opferung im Spiel ist, ändert sich nichts an der Aussage von Hisda. In den ersten 40 Tagen der Schwangerschaft wird der Fötus nicht als lebendiges Wesen betrachtet - das hat mit der Terumah zu tun.
Wieso siehst du das anders?
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#16 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von jose77 » Mo 22. Okt 2018, 21:02

Weil sie erst nach rund einem monat sieht, das die regel ausbleibt.
Und somit wird vorher der fötus als wasser bezeichnet, und sie somit unwissentlich eine übertretung beging. Klarstellung der situation, halt nicht in unserer sprache des 21 jh.

Das verstehen der diskussion im kontext ist eben schwierig im talmud. Ich brauch auch mehrer anläufe und quellen manchmal.
Umsomehr dass es nicht einheitlich ist.
Grüsse von Jose


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Rilke
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#17 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von Rilke » Mo 22. Okt 2018, 21:26

jose77 hat geschrieben:Weil sie erst nach rund einem monat sieht, das die regel ausbleibt.
Und somit wird vorher der fötus als wasser bezeichnet, und sie somit unwissentlich eine übertretung beging. Klarstellung der situation, halt nicht in unserer sprache des 21 jh.
Wird der Fötus nur als solcher bezeichnet oder wird er tatsächlich als ein solcher betrachtet?
Die rabbinische Interpretation zeigt sehr wohl auf, dass dem Fötus vor dem 40. Tag eine andere Bewertung zukommt. In Rabbiner Waldenbergs Tzitz Eliezer wird beim Thema Abtreibung von der Wandlung vom 40. zum 41. Tag gesprochen und das in Zeiten der frühen Schwangerschaftserkennung.

Gibt es eine Wandlung in der Meinung der Rabbiner über den Entwicklungsstand des Fötus? Meines Wissensstands nach wird ein Fötus vor dem 40. Tag nach der Empfängnis noch immer nicht als menschliches Wesen angesehen, zumindest hörte ich das persönlich von diversen Rabbinern und noch keine entgegengesetzte Meinung.
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#18 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von jose77 » Mo 22. Okt 2018, 21:35

Was für rabbiner den? Orthodox oder liberal?
Wenn ich davon ausgehe, dass abtreibung verboten ist, scheint mir dies unerheblich.
Aber da wird eben auch mal so und mal anders gelesen.
Die quellen die ich nun studiert/angeschaut habe, sind orthodox, und stützen mein verständnis. Resp. Bisher habe ich nichts gegenteiliges gesehen.
Grüsse von Jose


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JackSparrow
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#19 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von JackSparrow » Mo 22. Okt 2018, 21:49

jose77 hat geschrieben:2/3 Std. = 720 Stundenteile  [(1080 : 3) x 2 Stundenteile]
1 Stunde = 1/24 Tag
1/3 Stunde = 1/72 Tag
2/3 Stunden = 2/72 Tage

29,5 Tage + 0,03059 Tage = 29,53059 Tage
29,5 Tage + 2/27 Tage = 29,78 Tage

Die talmudische Zeitspanne der Monderneuerung beträgt also 29,53059 Tage.
Die talmudische Zeitspanne der Monderneuerung beträgt 29,78 Tage zuzüglich oben erwähnter "Stundenteile", womit dann wohl Minuten (1 min = 1/60 h) gemeint sein mögen.

Pluto
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#20 Re: Wissenschaft und Talmud

Beitrag von Pluto » Di 23. Okt 2018, 12:03

Rilke hat geschrieben:Durchaus wird der befruchteten Eizelle vor dem 40. Tag nach der Empfängnis ein anderer Wert beigesteuert als nach diesem Tag. Dafür sehe ich keine wissenschaftliche Analogie und glaube, dass der Talmud hier sehr unwissenschaftlich ist, da zwischen 40. und 41. Tag keine dermaßen große Entwicklung passiert.
Die Frage ist nicht, ob eine wissenschaftliche Grundlage besteht, sondern vilmehr ob der Embryo ab der Befruchtung die gleichen Rechte wie die der Mutter besitzt oder nicht. Ich meine, eher nicht, weil das Embryo im frühen Stadium, im Gegenstz zur Mutter, keine Person mit einer Geschichte (Freunde, Feinde, Erlebnisse) ist.
Deshalb meine ich, ist eine frühe Abtreibung legitim. OB das 12 Wochen, 40 Tage oder eine andere Frist ist, darüber lässt sich diskutieren. Die meisten europäischen Länder haben sich juristisch auf eine 12-Wochen Frist geeinigt. Das finde ich voll Okay.

PS: Rilke, bist du jüdischen Glaubens?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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