Können wir die Unendlichkeit erfassen?

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SilverBullet
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#211 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von SilverBullet » Sa 16. Mär 2019, 22:19

“Pinguin87“ hat geschrieben:Chuck Norris hat bis Unendlich gezählt.
Zweimal.
Selbstverständlich, wobei ich davon ausgegangen bin, dass man dieses Wissen voraussetzen darf.

Nun ist es aber so, dass zwischen „Chuck Norris“ und „uns“ ein enormer Unterscheid besteht (beachte-Threadtitel: „wir“ –> „wir“ sind nicht Chuck Norris).
Wird z.B. ein normaler Mensch einer besonderen Strahlung ausgesetzt, dann verwandelt er sich in Wutsituationen zu einem grünen Monster.
Ja klar, das ist schon eine gewisse Hausnummer, aber man kann sich ja auch mal fragen:
„Was wird eigentlich aus dem grünen Monster, wenn es wütend wird?“
ganze einfach => Chuck Norris.

Nächste Woche „Bruce Lee und wie er die Scalpreste von Chuck Norris durch seine Finger pustet“

“Pinguin87“ hat geschrieben:David Hilbert:
“das Unendliche ist aber auch wie kein anderer Begriff so der Aufklärung bedürftig."
Die Aufklärung lautet:
Für „den Umgang mit Unendlichkeit“ benötigen wir immer eine Bestimmungsfunktion aus einzelnen (endlichen) Schritten, für die wir die Anweisung der Wiederholung ohne Endekriterium angeben. Durchlaufen können wir es aber nicht, d.h. es kommt nicht zur vollständigen Bestimmung, sondern wir tun nur so, als läge ein „Umfang“ vor, wobei wir extrem aufpassen müssen, es nicht zu übertreiben.

Anders können wir nicht mit Un-endlich umgehen, was ja bereits der Name sagt.
Dies haben übrigens auch schon einige Forumsmitglieder ohne Aufregung direkt so erkannt.
Was die anderen Forumsmitglieder letztlich ausdrücken wollten, konnten sie nicht wirklich vorbringen.

Wenn ich es richtig sehe, war ich am Ende der Einzige, der sich um die „Bedürftigen“ gekümmert hat, für die übrigen derer, die es richtig erkannt haben, lag die „Bedürftigkeit“ wohl etwas zu nahe an Philosophie - naja, ich bin da wohl sehr tolerant :-)

Pluto
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#212 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von Pluto » So 17. Mär 2019, 10:26

Pinguin87 hat geschrieben:
Sa 16. Mär 2019, 15:25
Bin gerade eben über folgendes Zitat von David Hilbert gestolpert und ich finde es passt so richtig zur Diskussion:
"Das Unendliche hat wie keine andere Frage von jeher so tief das Gemüt des Menschen bewegt; das Unendliche hat wie kaum eine andere Idee auf den Verstand so anregend und fruchtbar gewirkt; das Unendliche ist aber auch wie kein anderer Begriff so der Aufklärung bedürftig."
Für mich hat das folgende Bedeutung:
Die Tatsache, dass der Mensch mit der Unendlichkeit nicht umgehen kann, belegt dass unser Gehirn nichts weiter als ein hoch komplexer Rechner ist.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 16. Mär 2019, 22:19
Für „den Umgang mit Unendlichkeit“ benötigen wir immer eine Bestimmungsfunktion aus einzelnen (endlichen) Schritten, für die wir die Anweisung der Wiederholung ohne Endekriterium angeben.
Eben, doch nur ein Computer.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#213 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von SilverBullet » So 17. Mär 2019, 12:20

“Pluto“ hat geschrieben:Eben, doch nur ein Computer.
Zur Abgrenzung von Leuten, die sich auf das Wort „Geist“ spezialisiert haben, sind wir sicherlich viel eher ein Computer/Roboter-Gespann (biologischer Natur) als ein "Luftpunkt im Nirgendwo" :-)

Wenn es aber um Realisierungsfragen geht, dann entspricht ein Körper und das dazugehörige Organ Gehirn (samt restlichen Nervensystem) nicht einer Roboter/Computer-Einteilung.
Neben einem Gigantismus an Sensordaten, die maximal parallel zu Reaktionen führen, besteht durch die einheitliche „Zellbauart“ eine vollständige Integration „der Steuerung“ in den Körper (wobei man eigentlich gar nicht "Integration" sagen darf, denn es gibt nie eine Trennung).
Es findet zudem ein Gesamtwachstum statt, d.h. Körper mit Gehirn entwickeln sich zusammen.
Sämtliche biochemischen Prozesse im Körper betreffen immer auch „die Steuerung“.
Bei körperlicher Müdigkeit oder Krankheit betrifft dies auch die Steuerung usw.

Dass Emotionen und die Körperbefindlichkeit einen ganz elementaren Wahrnehmungsanteil einnehmen, kommt nicht von ungefähr.
Selbst wenn man nur die Steuerung betrachtet (also das Gehirn), dann gilt: die ausschliessliche Quelle für Zusammenhänge ist der Körper und seine Interaktion in einer Welt.
Ein Computer bekommt seine Zusammenhänge (auch wenn es nur das Basissystem sein sollte) von einem Programmierer.

Der Computer, seine Wahrnehmungsfähigkeiten und seine Struktur können nicht als „der Roboter“ angesehen werden, während das Gehirn bereits in der Struktur der Körper ist.

Kurz:
Roboter und Computer unterliegen einer starken Einfachheit und sie können als zwei bauartfremde Teile angesehen werden.

Beim Körper liegt dies nicht vor. Er ist ein sich selbst entwickelnder Akteur.

Aus der Sicht von Leuten, die den Körper als gering ansehen und lieber etwas anderes sein wollen, besteht darin vermutlich kein grosser Unterschied, aber aus Sicht von Realisierung und Funktionalität sind Roboter/Computer und Körper zwei Welten, bei denen man erst ab einer hohen Abstraktionsstufe Schnittmengen entdeckt.

Claymore
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#214 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von Claymore » So 17. Mär 2019, 15:57

Pluto hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 10:26
SilverBullet hat geschrieben:
Sa 16. Mär 2019, 22:19
Für „den Umgang mit Unendlichkeit“ benötigen wir immer eine Bestimmungsfunktion aus einzelnen (endlichen) Schritten, für die wir die Anweisung der Wiederholung ohne Endekriterium angeben.
Eben, doch nur ein Computer.
Tja, was ist die tolle “Bestimmungsfunktion” für die reellen Zahlen? Fragen über Fragen!

Der Knackpunkt ist, dass der Mensch eben zu Einsichten erlangt wie folgender: nachdem er zuerst nur mit den natürlichen Zahlen schlicht rechnete (z. B. im Bereich des Handels mit Kamelen ;) ) und das ganze eine endliche und beschränkte Angelegenheit war, war er dennoch in der Lage zu schließen, dass für die natürlichen Zahlen das Induktionsaxiom gelten muss. D. h. wenn er eine Aussage A(𝑛) für alle natürlichen Zahlen beweisen will, dann weiß er: wenn er A(1) bewiesen hat und bewiesen hat, dass A(𝑛) ⇒ A(𝑛 + 1), dann ist er fertig: A(𝑛) gilt für alle natürlichen Zahlen. Ich möchte den Computer sehen, der von selbst diesen Sprung von einer endlichen, beschränkten Praxis zu einer Methode mit der Aussagen über eine gesamte unendliche Menge, d. h. allgemeingültig, bewiesen werden können, schafft.

Aber es hat sowieso keinen Sinn diese Debatte erneut aufzuwärmen, der Doppelstandard den ein gewisser jemand hier ansetzt, der alles in höchster Präzision dargelegt und mit stringentester Argumentation bewiesen haben will (und selbst dann findet er irgendwie immer noch ein Haar in der Suppe) aber selbst seine [d]dadaistischen[/d] diffusen Ausführungen nicht mit einem einzigen Argument belegen will (es bleibt bei den reinen Behauptungen) und auch keine Lust hat die Begriffe aus seiner Geheimsprache zu definieren, macht es 100% sinnlos.
Zuletzt geändert von Claymore am So 17. Mär 2019, 16:06, insgesamt 1-mal geändert.

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#215 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von EaYggdrasil » So 17. Mär 2019, 16:01

Ihr erfasst nicht einmal die Endlichkeit.
Wie wollt ihr dann die Unendlichkeit erfassen?
Wotans Raben werden kommen,
Wissen bringen in der Nacht.
Hör ihr Wispern, hör ihr Klagen.
Ob der Götter du gedacht.

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Janina
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#216 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von Janina » So 17. Mär 2019, 19:38

Pluto hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 10:26
Die Tatsache, dass der Mensch mit der Unendlichkeit nicht umgehen kann, belegt dass unser Gehirn nichts weiter als ein hoch komplexer Rechner ist.
Die Tatsache, dass das ganz einfach ist, belegt, dass manche Menschen sich einen Wissensstand aus der Vergangenheit aussuchen, über den sie sich nicht mehr hinausentwickeln möchten.

Claymore hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 15:57
SilverBullet hat geschrieben:
Sa 16. Mär 2019, 22:19
Für „den Umgang mit Unendlichkeit“ benötigen wir immer eine Bestimmungsfunktion aus einzelnen (endlichen) Schritten, für die wir die Anweisung der Wiederholung ohne Endekriterium angeben.
Tja, was ist die tolle “Bestimmungsfunktion” für die reellen Zahlen? Fragen über Fragen!
Tja, wer lesen kann ist klar im Vorteil. :lol:

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#217 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von Claymore » So 17. Mär 2019, 19:43

Janina hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 19:38
Claymore hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 15:57
SilverBullet hat geschrieben:
Sa 16. Mär 2019, 22:19
Für „den Umgang mit Unendlichkeit“ benötigen wir immer eine Bestimmungsfunktion aus einzelnen (endlichen) Schritten, für die wir die Anweisung der Wiederholung ohne Endekriterium angeben.
Tja, was ist die tolle “Bestimmungsfunktion” für die reellen Zahlen? Fragen über Fragen!
Tja, wer lesen kann ist klar im Vorteil. :lol:
Mmh?

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#218 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von Claymore » So 17. Mär 2019, 19:46

Falls jemand einen Algorithmus kennt, der nach und nach reelle Zahlen ausspuckt, und damit die rellen Zahlen festlegt (d. h. er käme für jede reelle Zahl nach endlichen Schritten bei ihr vorbei) – bitte diesen uns mitteilen! Nur keine falsche Scheu!

PS: Es wurde ja nun wirklich genug über die Kardinalzahlen in diesem Thread geschrieben. Nach all dieser langwierigen Debatte, all das einfach zu ignorieren und sich hinzustellen “hab aber doch recht” … au weia :arrow: q.e.d. :arrow: weitere Diskussion sinnlos. :lol:

SilverBullet
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#219 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von SilverBullet » So 17. Mär 2019, 21:33

“EaYggdrasil“ hat geschrieben:Ihr erfasst nicht einmal die Endlichkeit.
Nun, wir erkennen auf jeden Fall, wenn Vorgänge enden.
Wir können diese Vorgänge (oft) durchlaufen und das Ende eindeutig und korrekt bestimmen.
Häufig können wir sogar Zukunftsprognosen bzgl. des Verlaufes und des Endes abgeben.
Wir können uns auch an bisherige End-Situationen erinnern.

Das ist schon gar nicht schlecht und darf ohne Probleme als Fähigkeit des Erfassens angesehen werden, denn mehr als die zugehörigen Zusammenhänge aufzubauen, kann beim Erfassen nicht stattfinden.

Falls du mit „die Endlichkeit“ ein von jeglicher konkreter Ausprägung unabhängiges Vorhandensein meinst, dann ist das derart philosophisch, dass ich dir auch nicht sagen kann, was du meinst :-)

“EaYggdrasil“ hat geschrieben:Wie wollt ihr dann die Unendlichkeit erfassen?
Ja klar, wie ich gesagt habe, wir haben nur die Erfahrung aus Endlichkeitsverläufen und können Endlich-Abschätzungen abgeben.
„Unendlich“ ist genau dieses, nur eben, dass wir auf die Endlich-Abschätzung verzichten.
=> es ist also kein wirkliches „Erfassen von Unendlich“

Ein Durchlaufen brechen wir bereits nach wenigen Wiederholungen ab und sagen einfach „so geht es halt immer irgendwie weiter“ -> weit weg von Erfassen.
Man kann sich bereits an Hand von Endlichkeitsfällen klarmachen, dass dies kein Erfassen ist.

Wenn beispielsweise ein 100m Läufer auf das Laufen eines Marathons schliesst, indem es „halt immer so weiter gehen soll“, dann liegt er vollständig neben den Zusammenhängen, die ihn erwarten, wenn er den Marathon tatsächlich durchläuft -> von Erfassen kann bereits hier keine Rede sein.
Dennoch könnte er den Marathon erfassen, wenn er es tatsächlich durchläuft – dieses Ende wird er auch so schnell nicht mehr vergessen :-)

Natürlich gibt es Endlichkeitsfälle, die wir nicht erfassen können, weil bereits durch unsere Lebenszeit, unsere Schnelligkeit, unsere Wahrnehmungsauflösung usw. eine Begrenzung des Erfassens vorliegt.

Beim „Unendlichen“ gibt es keinerlei Chance eines Erfassens, wobei es sich bei diesem Wort auch nur um das Prinzip eines „Weglassens des Endekriteriums“ handelt.

(Philosophen haben sich bereits darin versucht, das Unendliche zu durchlaufen, aber sie sind leider immer wieder aufgetaucht :-))

Schau genau hin:
Die hier anwesenden „Experten“ verwechseln geradezu auf professionelle Art das „Erfassen von Unendlichkeit“ mit dem Umgang mit Regeln, nach denen das Erfassen ablaufen müsste, wenn es denn ablaufen könnte. Das Eine soll dann halt das Andere sein – naja, philosophisch halt…

ThomasM
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#220 Re: Können wir die Unendlichkeit erfassen?

Beitrag von ThomasM » Mo 18. Mär 2019, 15:13

SilverBullet hat geschrieben:
So 17. Mär 2019, 21:33
„Unendlich“ ist genau dieses, nur eben, dass wir auf die Endlich-Abschätzung verzichten.
=> es ist also kein wirkliches „Erfassen von Unendlich“
Ich denke immer an dieses Beispiel von Aristoteles, der fragte, ob ein griechischer Läufer in der Lage ist, eine Schildkröte im Rennen einzuholen, wenn die Schildkröte einen Vorsprung von 100 Metern habe.

Seine Antwort war: Nein

Begründung:
Beide, Schildkröte und griechischer Läufer rennen los.
In der Zeit, in der der Läufer die 100 Meter zurücklegt, ist die Schildkröte ebenfalls weiter gelaufen, sagen wir mal 1 Meter.

Also muss der Läufer den 1 Meter ebenfalls aufholen.
In der Zeit läuft die Schildkröte 1 Zentimeter

Also muss der Läufer diesen Vorsprung auch aufholen.
In der Zeit läuft aber die Schildkröte weiter.

Schlussfolgerung:
Der Läufer kann die Schildkröte niemals einholen.

Trotz dieser Begründung wird man feststellen. Der Läufer holt die Schildkröte ein und der Zeitpunkt, an dem dieses geschieht, kann auch sehr gut berechnet werden. Dazu ist ein (unendlicher) Grenzübergang nötig, der aber - trotz aller unserer Beschränkungen - ein Ergebnis ergibt, der mit den Messungen ziemlich gut übereinstimmt.
Die Begründung des Aristoteles schient nur gut, sie war es aber nicht, weil er die Regeln für den Umgang mit einer (unendlichen) Reihe noch nicht kannte.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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