Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Alle Themen aus Naturwissenschaft & Technik die nicht in die Hauptthemen passen.
Pluto
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#21 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Pluto » Sa 3. Aug 2013, 23:50

R.F. hat geschrieben:Du wirst doch sicherlich Werke kennen, die mit unzähligen Quellen arbeiten, um eine einzige meist nicht gerade revolutionierende These zu belegen.
Das mag beim Studium Integrale-Journal der FAll sein, lieber Erwin.

Aber qualitativ hochstehende Zeitschriften wie Nature oder Science schauen sehr genau auf den Inhalt, und lassen die Veröffentlichung nur zu, wenn im Skript wirklich neue Erkenntisse enthalten sind. So kann der Leser auch sicher sein, dass er seine Zeit nicht an Zusammenfassungen oder dergleichen verschwendet.
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Anton B.
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#22 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Anton B. » So 4. Aug 2013, 01:10

ThomasM hat geschrieben:Lediglich bei dem Bericht über Dinge, die einem kreationistisch denkenden Menschen sauer aufstossen gibt es kleine Abweichungen von der Sachlichkeit. So wird der chemische Fingerabdruck des umgebenden Volkangesteins in Anführungsstriche gesetzt, da das Ergebnis von 3,3 Millionen Jahren einem Schreiber von Wort und Wissen nicht behagt.
Da muss ich Frau Dr. Hartwig-Scherer etwas in Schutz nehmen: "Chemischer Fingerabdruck" ist ein Bild, eine Metapher, selbst wenn es zur geläufigen Phrase geworden sein sollte. Das hätte ich auch in Anführungszeichen setzen können.

Komischer kommt mir schon "scheint" in dem verwendeten Kontext vor:
Unter den gängigen Annahmen der radiometrischen Datierung scheint dieses recht genaue Ergebnis innerhalb der Fehlergrenze von +/– 40 000 rJ zu liegen.

Mit besten Grüßen

Anton
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ThomasM
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#23 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von ThomasM » So 4. Aug 2013, 14:25

R.F. hat geschrieben: http://www.si-journal.de/jg14/heft1/sij141-4.html

Ich kann beim Vergleich der Arbeiten von WW z.B. mit den in Zeitschriften wie “Science” oder “Nature” veröffentlichten Arbeiten, zu denen ich leichten Zugang habe, kein Niveau-Gefälle ausmachen.
Der Artikel von Manfred Stephan berichtet über den Fund eines sehr gut erhaltenen Fossils mit dem Namen Juvenator in Oberbayern. Dieser Fund ist insofern aussergewöhnlich, dass das Exemplar keine Federn besaß, ungewöhnlich deshalb, weil bei vielen verwandten Arten Federn nachgewiesen wurden.

Stephan stellt diesen Fund daher in den Kontext der unter Evolutionsbiologen heiss diskutierten Frage nach der Evolution der Federn und des Fluges. Dies ermöglicht ihm, neben den Zitaten der normalen Wissenschaftler (Tischlinger, Göhling) auch die Versuche der Wort&Wissen Mitarbeiter (Junker und Scherer) einfließen zu lassen.

Dies gilt auch für die Fragen, warum der Fund so gut erhalten ist. Das Tier wurde so schnell und effektiv in den Kalkstein eingeschlossen, dass sehr viele Details bis in die Hautstruktur erhalten geblieben sind. Dieser Vorgang war wohl sehr einzigartig, denn von der Art ist das genannte Exemplar das einzige, das bis heute erhalten wurde. Daher können auch die Präparatoren nur einige Spekulationen über den Fossilierungsvorgang anstellen, was Stephan wiederum erlaubt, seine eigenen Ideen zur Schichtbildung zu zitieren.

Insofern will dieser Artikel auch keine eigene Forschungshöhe anstreben, sondern stellt sich nur als Mosaiksteinchen in dem gesamten Fragekomplex dar. Dies ist in der wissenschaftlichen Arbeit ein durchaus normaler Vorgang. Da die Anzahl der Publikationen für die Reputation eines Wissenschaftlers ausschlaggebend ist, veröffentlicht man jede noch so winzige Idee oder jedes noch so winzige Ergebnis, ohne gleich den Anspruch erheben zu wollen, die Welt neu erfinden zu wollen.

Trotzdem wäre der Artikel nicht für eine Publikation akzeptiert worden. Das liegt einmal an der Kürze, was einem "Letter to the editor" gleichkommt. Ein solcher Letter kann nur publiziert werden, wenn er eine eigenen, bedeutende Idee oder Messung enthält, die so wichtig ist, dass man sie möglichst schnell und kurz - eben als Letter - veröffentlichen will. Diese Idee aber fehlt dem Artikel von Stephan.

Der andere Punkt ist wohl der Zweck dieses Artikels, der im Kontext des SI Sinn macht, in dem Kontext der wissenschaftlichen Welt aber nicht. Er möchte ein einzelnes Fakt (eben das genannte Fossil) als Baustein der Krtik an der Evolution der Federn (Junker, Scherer), der Cladistik (Junker) und der Schichtbildung (Stephan) sehen. Ein solcher Versuch würde in der wissenschaftlichen Welt abgelehnt, weil deren Basis unzureichend ist. Weder Junker, noch Scherer noch Stepahn können auch nur einen Jota zu den genannten Themen beitragen. Nicht, dass sie nichts zu sagen hätten, alle sparen nicht mit Kritikpunkten. Aber zum Beispiel der zitierte Artikel von Junker

http://www.si-journal.de/index2.php?art ... 122-1.html

hört mit den Worten auf: "Grund genug, nach alternativen, nicht-evolutionären Erklärungen zu fragen.". Damit fangen echte Artikel in der Regel an. Aber Junker weiß auch, dass seine alternative Erklärung die Wunderbehaftetet Schaffung aus dem Nichts ist, was im Kontext der wissenschaftlichen Überlegungen nicht gut kommt.

Insofern will der Artikel von Stephan weder die großen Fragen lösen noch entscheidend voranbringen, sondern nur sagen "beachtet dieses Fossil". Das ist als wissenschaftlicher Beitrag durchaus akzeptabel, die eigentliche Kritik gilt damit den zitierten Basisartikeln.

Da das Fossil das einzige seiner Art ist und es auch evolutionstheoretisch nicht auszuschliessen ist, dass eine Art Federn nicht hatte, obwohl alle Verwandten Federn hatte. ist dieses Ausrufezeichen eben nicht mehr als das.

Gruß
Thomas
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#24 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Anton B. » So 4. Aug 2013, 15:07

Thomas und ich haben die beiden Artikel ja korrekterweise basierend auf dem Stand ihres Publikationsdatums beurteilt. Thomas hatte ja auch eine Aussicht auf spätere Arbeiten bezüglich der Fortbewegung vo "Lucy" gegeben. Aber, um es noch mal zu sagen, zum Zeitpunkt des Erscheinens war der derzeitige Stand von Frau Hartwig-Scherer korrekt dargestellt.

Zur Ergänzung zu "Borsti": Seit 2007 wurden weitere Arbeiten publiziert, die sich eingehenderer mit "Borstis" Borsten beschäftigt haben. Für alle, die es interessiert, empfehle ich einen Blick in L.M. Chiappe & U.B. Göhlich (2010): Anatomy of
Juravenator starki (Theropoda: Coelurosauria) from the Late Jurassic of Germany. -- N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 258 (3): 257– 296; Stuttgart.

Jedenfalls haben diese Untersuchungen doch Hinweise auf weitere Filamentstrukturen und deren Interpretation als Proto-Federn ergeben. Vielleicht kann ja Manfred Stephan, wenn er denn mal persönlich in Eichstätt vorstellig wird, die Federfrage weiter betreiben.

Denn ein wenig erwarte ich schon eine Darstellung bei W+W bezüglich Lucy und Borsti, wie es denn forschungsmäßig so weiter gegangen ist und wie der zeitgenössische Stand nun aussieht. Auch und gerade unser Erwin wird sich fragen: Wieweit haben die weiteren Forschungen bezüglich Lucy und Borsti die Hypothese der Grundtypenbiologie stützen können? Ich frage mich das auch ...
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#25 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von ThomasM » Mo 5. Aug 2013, 09:16

Hallo Anton
Anton B. hat geschrieben: Auch und gerade unser Erwin wird sich fragen: Wieweit haben die weiteren Forschungen bezüglich Lucy und Borsti die Hypothese der Grundtypenbiologie stützen können? Ich frage mich das auch ...
Ich halte diese Frage für zu kurz.

Ich habe mich ein wenig mit den Grundtypen beschäftigt und sehe den Begriff erst einmal als vielleicht sinnvolles, vielleicht überflüssiges Taxonom, eine Einordnung unterhalb von Familie und oberhalb von Art. Man kann ja vielleicht tatsächlich Gründe finden, mehrere Arten in ein Grundtyp zu vereinen.

Evolutionsbiologisch sagt das erst einmal gar nichts.

Für W&W kommen aber zu diesem Begriff zwei Dogmen hinzu. Diese beiden Dogmen sind
- Zwischen Grundtypen gibt es keine evolutionären Übergänge
- Innerhalb eines Grundtypes sind evolutionäre Übergänge extrem beschleunigt (100 Jahre statt Jahrhunderttausende).

Das erste Dogma ist dabei besonders trickreich. Schaffen es die Evolutionsbiologen nämlich, einen evolutionären Übergang zwischen zwei Grundtypen zu finden, ändern die Mitglieder von W&W flugs ihre Meinung und sagen "das war doch derselbe Grundtyp", halten aber an dem Dogma fest. Der einzige Übergang, der dieses Schicksal nicht teilen sollte ist der zwischen Protoaffe und Mensch.

Die Dogmen sind bei W&W lediglich postuliert (und auch nur implizit ausgedrückt, damit niemand merkt, was hier gefordert ist), aber mit keinen Modellen, Daten oder Fakten hinterlegt. Das wäre die eigentliche Aufgabe einer Grundtypen Biologie a la W&W.

Gruß
Thomas
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#26 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Pluto » Mo 5. Aug 2013, 09:23

ThomasM hat geschrieben:Die Dogmen sind bei W&W lediglich postuliert (und auch nur implizit ausgedrückt, damit niemand merkt, was hier gefordert ist), aber mit keinen Modellen, Daten oder Fakten hinterlegt. Das wäre die eigentliche Aufgabe einer Grundtypen Biologie a la W&W.
Yep, ganz genau! Auch fordere ich schon lange eine Grundtypen-Systematik aller Tiere, damit man sie mit den Kladogrammen (phylogenetische Systematik) ndlich vergleichen kann. Stattdessen wird immer nur die Leier von Wolf und Hund, oder der Entenfamile gebracht.
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#27 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von ThomasM » Do 15. Aug 2013, 09:37

R.F. hat es wohl aufgegeben, hier weiter zu diskutieren. Dabei gibt es viele interessante Möglichkeiten in der Welt der Gene.

Aktuell gibt es eine Untersuchung, dass das Vorhandensein von leeren ökologischen Nischen alleine nicht ausreicht, um eine großangelegte Weiterentwicklung und Diversifizierung von Arten zu ermöglichen. Im Spiegel Online gab es dazu einen Bericht mit Zitat der Orginalarbeit:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 16386.html

DAS ist Naturwissenschaft. Auch wenn das Ergebnis vielen Evolutionstheoretikern gegen den Strich geht, die Natur ist letztlich komplexer als man denkt. Es ist offensichtlich so, dass eine Art in eine "genetische Falle" laufen kann, aus der heraus es nicht mehr möglich ist, die makroevolutionären Veränderungen hervorzurufen, die für ein Überleben nötig sind.

Wenn es also spezielle genetische Voraussetzungen gibt, um verfügbare ökologische Nischen auch auszunutzen, ist es wohl eventuell tatsächlich sinnvoll, ein Taxonom wie Grundtyp zu definieren. Das hätte dann auch seine genetische Berechtigung.

Das wäre doch ein Thema für W&W. Aber das Problem für W&W ist, dass sie ein bestimmtes Ergebnis WOLLEN. Und wenn man forscht, besteht die Gefahr, das ein anderes Ergebnis herauskommt. Also lieber nicht forschen.

Gruß
Thomas
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#28 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Anton B. » Do 15. Aug 2013, 22:03

ThomasM hat geschrieben:Aktuell gibt es eine Untersuchung, dass das Vorhandensein von leeren ökologischen Nischen alleine nicht ausreicht, um eine großangelegte Weiterentwicklung und Diversifizierung von Arten zu ermöglichen. Im Spiegel Online gab es dazu einen Bericht mit Zitat der Orginalarbeit:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 16386.html
Da braucht es neue "aktuelle" Untersuchungen gar nicht: Aus der Technik der künstlichen neuronalen Netze als auch der heuristischer Algorithmen weiß man seit langem um diese Problematik. Dort spricht man von "fitting maps" bzw. dem mehr oder weniger inversen, den "error maps".
Bezogen auf die "fitting maps", die im 3dimensionalen als eine Art Berg/Tal-Karte in Erscheinung treten, bilden die besten Anpassungen die Berge. Je höher, um so besser. Der Algorithmus startet aber von einem in diese Karte projizierten, zweidimensionalen Zufallspunkt aus. Je nach dem Algorithmus und seiner Umgebung ("fitting map") versucht er seinen Aufstieg, kann sich aber in einem nahen lokalen Maximum fangen, welches sehr weit vom Wert des globalen Maximums entfernt ist.

ThomasM hat geschrieben:DAS ist Naturwissenschaft. Auch wenn das Ergebnis vielen Evolutionstheoretikern gegen den Strich geht, die Natur ist letztlich komplexer als man denkt.
Och, das ist doch bestimmt wie auch in der Physik: Wenn alles erklärt wäre, wäre (1) das Leben langweilig und (2) gäbe es für uns nix mehr zu tuen.

ThomasM hat geschrieben:Das wäre doch ein Thema für W&W. Aber das Problem für W&W ist, dass sie ein bestimmtes Ergebnis WOLLEN. Und wenn man forscht, besteht die Gefahr, das ein anderes Ergebnis herauskommt. Also lieber nicht forschen.
Ja. Eigentlich aber schade! Aber da sind W+W, Erwin usw. wohl selber gefordert, ihr eigenes lokales Maximum auf global sehr niedrigem Niveau zu verlassen. Sie brauchen eine neue Evolutionsstrategie. :lol:
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#29 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von ThomasM » Fr 16. Aug 2013, 08:56

Anton B. hat geschrieben: Sie brauchen eine neue Evolutionsstrategie.
Das sehe ich noch nicht einmal als besonders wichtig an.

Wie sie aus den Zeitskalen 1 000 000 Größenordnungen (13.500.000.000 Jahre -> 10.000 Jahre) loswerden wollen, ist das zentrale Problem. R.F. hat zwar schon ein paar Mal gegen die geologischen Zeitbestimmungen gestänkert, aber ausser Polemik ist da bislang nichts gekommen. W&W ist zwar schnell dabei zu behaupten, dass das alles falsch sei, aber mit eigenen Methoden halten sie sich vollkommen bedeckt.

Also R.F. Kommt zu diesem Thema noch etwas?

Gruß
Thomas
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#30 Re: Wissenschaftliche Aussagen von Wort und Wissen

Beitrag von Janina » Fr 16. Aug 2013, 12:52

ThomasM hat geschrieben:Wie sie aus den Zeitskalen 1 000 000 Größenordnungen (13.500.000.000 Jahre -> 10.000 Jahre) loswerden wollen, ist das zentrale Problem.
Wer glaubt, dass die Erde 6000 Jahre alt wäre, der kann auch glauben, dass der amerikanische Kontinent 6 Meter breit ist. :lol:

ThomasM hat geschrieben:Also R.F. Kommt zu diesem Thema noch etwas?
Hast du das jemals erlebt? :roll:

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