Der Prozess

Politik und Weltgeschehen
closs
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#31 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 16:21

sven23 hat geschrieben:Abschließend noch eine kleine Satire von Kalkofe über Wulffs Pressekonferenz
Das ist kein großes Kabarett - wirklich nicht. Es ist das (inzwischen) übliche Kitzeln zur Akquisition von Claqueuren. - Unter "Feinheiten" verstehe ich etwas anderes.

sven23 hat geschrieben:Irgendwann ist die Zeit des Taktierens vorbei.
Normalerweise nicht - bei Wulff war es halt so. - Die Öffentlichkeit wird dahin manipuliert, es handle sich um einen besonderen Fall - das einzig Besondere ist, dass eine Fuchsjagd erfolgreich ist - und das wird gefeiert.

Der Fall Wulff ist aus meiner Sicht rein sachlich gesehen ein kleiner Fisch. Aber er ist geeignet, eine schein- katarrhtische Wirkung vorzutäuschen: "Sogar vor dem Größten machen wir nicht halt - was ist die Kontrollfunktion der Medien wichtig". - Wie sich das aufgeschaukelt wurde, wird sicherlich mal Thema einer Dissertation sein. :lol: - Auch die Geschichtsschreibung wird in 50 Jahren aus diesem Fall Schlussfolgerungen nicht auf Wulff, sondern auf die Gesellschaft unserer Zeit ziehen.

Wulff war zur falschen Zeit am falschen Ort - mehr nicht. - Vorher und nachher passiert im vergleichbaren Fall nichts. - Allein wenn DAS die Medien mal einsehen würden, wäre es schon mal ein Fortschritt. - Übrigens: Die ZEIT hat sich äußerst vorbildlich in dieser Sache verhalten - aber wer liest schon gebildete Texte?

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sven23
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#32 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Sa 16. Nov 2013, 16:44

closs hat geschrieben:- Unter "Feinheiten" verstehe ich etwas anderes.

Ist wohl auch eine Sache der Vorpägung. :lol:

closs hat geschrieben: Die ZEIT hat sich äußerst vorbildlich in dieser Sache verhalten - aber wer liest schon gebildete Texte?

Immherhin sprach auch die Zeit von einer Affäre Wulff und lobte jetzt das Funkionieren des Rechtsstaates, der das Signal aussendet: auch die Großen sind vor dem Gesetz gleich.
(obwohl das noch ein weiter Weg ist)
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#33 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 16:58

sven23 hat geschrieben:Immherhin sprach auch die Zeit von einer Affäre Wulff
Das war's ja auch. - Wenn ich Dir eine Affäre mit Pluto anhänge :lol: und die Öffentlichkeit dafür aufschaukele, hast Du eine Affäre Sven. - Das sagt inhaltlich nichts aus, sondern ist nur die Beschreibung eines Phänomens.

sven23 hat geschrieben:und lobte jetzt das Funkionieren des Rechtsstaates, der das Signal aussendet: auch die Großen sind vor dem Gesetz gleich.
Im allgemeinen stimmt das ja - wenn die Wulff-Sache nicht so ungeeignet dafür wäre. Diese Affäre wird nach meiner Einschätzung im Rückblick als Medien-Affäre gebucht werden - warten wir ab.

sven23 hat geschrieben:obwohl das noch ein weiter Weg ist
Stimmt - das fängt bei der Leistungs-Ungerechtigkeit an. - Beckenbauer, Schumacher, Vettel sind de facto Steuerflüchtlinge - aber legal - das sind Afffären ganz anderer Dimension.

Was mich bei Wulff wirklich beschäftigt: Wer überwacht eigentlich die Medien? Selbige halte ich für die Hauptverantwortlichen für den kulturellen Niedergang unserer Zeit. (Wir sprechen nicht von den paar seriösen - die übrigens auch ab und zu einknicken - siehe Sondersendung (!!!) zum Fall Tebartz in den Öffentlichen).

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sven23
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#34 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Sa 16. Nov 2013, 17:05

closs hat geschrieben:
Was mich bei Wulff wirklich beschäftigt: Wer überwacht eigentlich die Medien? Selbige halte ich für die Hauptverantwortlichen für den kulturellen Niedergang unserer Zeit. (Wir sprechen nicht von den paar seriösen - die übrigens auch ab und zu einknicken - siehe Sondersendung (!!!) zum Fall Tebartz in den Öffentlichen).

In der DDR gab es einen Medienkontrollrat. Das wollen wir doch sicher so nicht haben.
Ansonsten gibt es in einem Rechtstaat den Weg der Klage, von dem Promis reichlich Gebrauch machen, oder mit einstweiligen Verfügungen und Unterlassungserklärungen.
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#35 Re: Der Prozess

Beitrag von Pluto » Sa 16. Nov 2013, 18:46

sven23 hat geschrieben:In der DDR gab es einen Medienkontrollrat. Das wollen wir doch sicher so nicht haben.
Nein, das wollen wir sicher nicht, zumindest nicht in der Form.

Ansonsten gibt es in einem Rechtstaat den Weg der Klage, von dem Promis reichlich Gebrauch machen, oder mit einstweiligen Verfügungen und Unterlassungserklärungen.
Das Problem bei diesen Klagen ist, sie sind immer Verteidigung im Nachhinein. Dadurch bleibt der üble Geruch an den Betroffenen kleben. Da helfen auch keine Dementis, wie sie so oft den Medien aufgezwungen werden.

Ich würde mir eine Art "Rat der Ältesten" wünschen.
Ein Gremium also, aus altgedienten vertrauungswerten Personen, aus Medien und Poiltik, die den Medien auf die Finger schauen, und diese dazu auffordern ihre allzu einseitige Berichterstattungen zu revidieren. Das wäre dann eine unabhängige Instanz die mehr Vertrauen in den Medien schaffen könnte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#36 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 21:14

Pluto hat geschrieben:Ich würde mir eine Art "Rat der Ältesten" wünschen.
Ja - diese Richtung ist gut. - Nun würden die Medien darauf hinweisen, dass es schon einen Presserat gäbe. - Das stimmt - aber dieser legt alles sehr, sehr medien-freundlich aus. - Der "Rat der Ältesten" sollte so etwas wie eine "Ethik-Kommission" sein, in der nicht nur altgediente Journalisten, sondern auch ethisch gebildete Menschen sind. - Sollte man vielleicht mal vorschlagen.

sven23 hat geschrieben:Ansonsten gibt es in einem Rechtstaat den Weg der Klage
Aber da ist das Kind meistens in den Brunnen gefallen - und wenn Du als Prominenter eine Klage anstrengst, die abgewiesen wird (weil das öffentliche Interesse in der Regel den Persönlichkeitsrechten übergeordnet wird), dann musst Du damit rechnen, dass es nach 10 Jahren heißt: "Der Politiker Sven fällt nicht zum ersten Mal negativ auf. - Bereits vor 10 Jahren wurde eine Klage von ihm abgewiesen". - Man bekommt also ein Stigma, das ins Volk hinein-multipliziert wird - aliquid semper haeret - irgendwas bleibt immer hängen.

Das Beste ist, man ignoriert weitgehend. Und lässt im Notfall vom Gericht klären. - Es ist erstaunlich, dass Gerichte in der Bevölkerung inzwischen einen besseren Ruf haben als Medien.

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#37 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » So 17. Nov 2013, 07:12

closs hat geschrieben:
Das Beste ist, man ignoriert weitgehend. Und lässt im Notfall vom Gericht klären. - Es ist erstaunlich, dass Gerichte in der Bevölkerung inzwischen einen besseren Ruf haben als Medien.

Und einen besseren Ruf als die Politik, die immer wieder von Gerichten korrigiert werden muß oder sogar deren Job macht.
Aber das häufigste Instrument bei Promis ist die Unterlassungserkärung. Journalisten können ein LIed davon singen.
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#38 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » So 17. Nov 2013, 07:13

closs hat geschrieben: Zur Zeit wird der Limburger Bischof gewulfft.

Sei froh, daß Wulff nicht getebartzt wird. :lol:
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#39 Re: Der Prozess

Beitrag von norbert » So 17. Nov 2013, 10:45

closs hat geschrieben:Wulff ist damals wirklich in die falschen Kreise reingekommen - und hat Fehler gemacht.
Ja. Und einer seiner größten Fehler war seine Rede zur Eröffnung der 4. Tagung der Wirtschaftsnobelpreisträger

Einige Zitate

Wenn die Bank eine bestimmte Größe hat, scheint es jetzt so zu sein, dass sie den Staat in der Hand hat. Und das empfinden die Menschen zu Recht als unfair -- so wie es der Volksmund sagt: ‚Die Kleinen fasst man, die Großen lässt man laufen.' Ungleichheiten sind wichtige Antriebskräfte, wenn sie nicht zu groß werden. Sie werden dann aber nicht akzeptiert, wenn Gewinne privatisiert werden, Verluste jedoch kollektiviert, sozialisiert, auf alle abgeladen werden.[...]
Politik muss ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Sie muss sich endlich davon lösen, hektisch auf jeden Kursrutsch an den Börsen zu reagieren. Sie muss sich nicht abhängig fühlen und darf sich nicht am Nasenring durch die Manege führen lassen, von Banken, von Ratingagenturen oder sprunghaften Medien.
Das Versagen von Eliten bedroht langfristig den Zusammenhalt in der Gemeinschaft, in der Gesellschaft. Wer sich zur Elite zählt und Verantwortung trägt, darf sich eben auch nicht in eine eigene abgehobene Parallelwelt verabschieden.
Ich halte den massiven Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die Europäische Zentralbank für politisch und rechtlich bedenklich. Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verbietet der Europäischen Zentralbank den unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln, um ihre Unabhängigkeit zu sichern. Dieses Verbot ergibt nur dann Sinn, wenn die Verantwortlichen es nicht durch umfangreiche
Aufkäufe am Sekundärmarkt umgehen. Der indirekte Kauf von Staatsanleihen ist im Übrigen auch noch teurer als der direkte. Wieder verdienen Finanzmarktakteure Provisionen ohne ein eigenes Risiko zu tragen.
Meine Überzeugung: Er HAT sich zu sehr eingemischt. Jetzt bezahlt er exemplarisch dafür.

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sven23
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#40 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » So 17. Nov 2013, 10:58

norbert hat geschrieben: Meine Überzeugung: Er HAT sich zu sehr eingemischt. Jetzt bezahlt er exemplarisch dafür.

Zustimmung insofern, als Wulff hier den Nagel auf den Kopf getroffen und mehr Einsicht als Gauck gezeigt hat. Wenn was Positives von Wulff übrigbleibt, dann seine Reden zur Finanzkrise. Aber solche Sonntagsreden verpuffen auch schnell wieder, wenn der Journalismus es versäumt, das Thema aufzugreifen und nachzuhaken.
Hier hätte man sich die gleiche Beharrlichkeit wie bei der Wulff-Affäre gewünscht. So blieb bis jetzt bei den Finanzmärkten alles weitgehend beim alten. Ein Trauerspiel.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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