Sauberman und doch keiner

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jupi
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#1 Sauberman und doch keiner

Beitrag von jupi » Di 23. Apr 2013, 13:23

Ich denke da an Ulli Hoeneß und finde es schade,das es so etwas gibt.
Was fällt mir spontan ein?Jesus sagte:
Als sie nun anhielten, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.
Ich denke,das Prinzip kann man auch hier anwenden und doch muss ich zugeben,das ich ein bisschen Schadenfreude hatte,weil er sich so als Saubermann gab.

piscator
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#2 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von piscator » Di 23. Apr 2013, 14:00

Der Fall Uli Hoeneß wird sicher noch interessant, wobei es weniger um den Strafbestand der Steuerhinterzieher gehen dürfte als um die Frage, woher diese Gelder stammen.

Natürlich sollte man zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Fingern auf Uli Hoeneß zeigen, insbesondere wenn man selbst bei der Steuer betrügt und da reicht es schon aus, wenn man die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte falsch angibt.

Ich habe seit vielen Jahren beruflich mit dem Tatbestand der Steuerhinterziehung zu tun und viel erlebt.

Verstehen tue ich die Leute mit ganz wenigen Ausnahmen nicht, aus wirtschaftlicher Not hinterzieht niemand Steuern. Die meisten Steuerhinterzieher haben meist schon so viel legales Geld, das sie ohne finanzielle Probleme leben können.

Gut, es gibt die Fälle, wo der Vater oder der Opa vor vielen Jahren ein paar Euro in der Schweiz oder Österreich angelegt haben und die irgendwann dann an den Sohn oder Enkel vererbt wurden und dieser nicht weiss, was er machen soll. Da sind meist Beträge zwischen einhundert- und dreihundert tausend Euro, was subjektiv viel Geld, objektiv jedoch nur Peanuts sind.
Da hilft dann die Selbstanzeige unter kundiger Beratung, die Steuern werden nachentrichtet und fertig ist die Sache.

Es gibt natürlich auch Fälle, wo die Geld aus kriminellen Handlungen herrühren und deshalb beim Finanzamt nicht deklariert werden können, aber das ist eine andere Geschichte.

Das Problem ist, die Leute soweit zu bekommen, dass sie Selbstanzeige stellen, das dauert manchmal sehr lange, auch bei relativ geringen Beträgen. Manchmal laufen die Leute jahrelang mit Gewissenbissen und Angst herum, bis sie den Schritt in die Steuerehrlichkeit machen.

Ich will hier keine Lanze für notorische Steuerhinterzieher brechen, für mich sind das schlicht Schmarotzer und Kriminelle, die die Vorzüge unseres Rechtsstaats und unseres Gemeinwesens geniesen und dafür keine oder nur unzureichende Gegenleistungen erbringen wollen.

Und das hat auch nichts damit zu tun, dass man subjektiv den Eindruck hat, dass unsere Politiker mit unseren Steuergeldern nicht umgehen können. Steuerhinterziehung ist weder Notwehr noch ziviler Ungehorsam. Da gibt es andere Mittel und Möglichkeiten.
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closs
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#3 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von closs » Di 23. Apr 2013, 15:16

piscator hat geschrieben:Ich habe seit vielen Jahren beruflich mit dem Tatbestand der Steuerhinterziehung zu tun und viel erlebt.
Das ist interessant. - Dann weisst Du auch, dass es sogenannte "gute" Steuerberater nur deshalb gibt, weil sie Connections haben. - Mal eine nachgestellte Szene, die ich mehrfach life erlebt habe:

"Herr Steuerberater, wie kann ich die hohen Steuern in D vermeiden?" - Antwort: "Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass ich gesetzlich verpflichtet bin, mit Ihnen nur legale Wege zu gehen. - Wenn Sie jedoch am Thema näher interessiert sind, verweise ich Sie geren an Herrn x". - Dieser Herr x wird dann etwas tun, von dem der Steuerberater nichts weiss (obwohl er's weiss).

Man darf davon ausgehen, dass moralischer Steuerbetrug jahrzehntelang selbstverständlich war - auf breiter Front - manchmal formal legal, manchmal nicht. - Legal, illegal, scheißegal.

piscator
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#4 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von piscator » Di 23. Apr 2013, 16:11

Hi Closs,

ich weiss, was du meinst.

Zum Glück bin ich in der Lage, mein Geld mit der normalen Steuer- und Wirtschaftsberatung zu verdienen, das wird auch von rund 99 % meiner Mandanten verlangt.

So muss ich keine Angst haben, dass mich jemand auf offener Straße über den Haufen schießt, weil irgendeine riskante Gestaltung schief ging (das ist kein Witz !).
Ruhig schlafen kann ich trotzdem nicht, weil das Haftungsrisiko immer höher wird.

Aber es stimmt schon, auch bei den normalen Geschäften muss ich mich manchmal fragen, was ist legal und moralisch vertretbar und was ist legal und moralisch nicht vertretbar.

Abgesehen davon, bekommt man in meinem Beruf im Laufe der Zeit selbst die intimsten und persönlichsten Dinge mit und oft ist der äußere Schein völlig anders als die Realität. Das geht durch alle Bevölkerungsschichten, durch alle Berufe und alle Altersgruppen.

Mit Steuerhinterziehung werde ich meist erst im nachhinein konfrontiert. Da fallen leichtgläubige Menschen auf windige Berater und deren Versprechungen herein, da werden dann Steuern hinterzogen und wenn man Pech hat, ist das ganze Geld weg, aber der Tatbestand der Steuerhinterziehung bleibt. Und ich soll den Schlamassel dann regeln und das auch noch möglichst umsonst :devil: .

lg piscator
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#5 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von closs » Di 23. Apr 2013, 16:53

piscator hat geschrieben:Zum Glück bin ich in der Lage, mein Geld mit der normalen Steuer- und Wirtschaftsberatung zu verdienen
Daraus schließe ich, dass Du zwar gut überleben kannst, aber nicht reich bist. - Das große Geld wird jenseits der Ehrlichkeit verdient. - Mir reicht, was ich 20 Jahren als GF oder im Aufsichtsrat mitgekriegt habe - nie selber drin, aber nah dran. - Eine "Ethik" der Selbstbereicherung. - Man a) bescheisst Leute um viel Geld und ist b) nicht bereit, dieses erschlichene Geld zu versteuern - also zwei Abgründe mit einer Sache. :devil:

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#6 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von Pluto » Di 23. Apr 2013, 17:07

Ich gestehe hiermit der Runde, dass ich in der Schweiz lebe, und ein Konto in Deutschland habe. Ich gebe euch gerne auch die Nummer, zwecks freiwiller Einzahlung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von jupi » Di 23. Apr 2013, 17:35

Pluto hat geschrieben:Ich gestehe hiermit der Runde, dass ich in der Schweiz lebe, und ein Konto in Deutschland habe. Ich gebe euch gerne auch die Nummer, zwecks freiwiller Einzahlung.

Du Schelm! :mrgreen:

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#8 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von piscator » Di 23. Apr 2013, 18:51

closs hat geschrieben:
piscator hat geschrieben:Zum Glück bin ich in der Lage, mein Geld mit der normalen Steuer- und Wirtschaftsberatung zu verdienen
Daraus schließe ich, dass Du zwar gut überleben kannst, aber nicht reich bist. - Das große Geld wird jenseits der Ehrlichkeit verdient. - Mir reicht, was ich 20 Jahren als GF oder im Aufsichtsrat mitgekriegt habe - nie selber drin, aber nah dran. - Eine "Ethik" der Selbstbereicherung. - Man a) bescheisst Leute um viel Geld und ist b) nicht bereit, dieses erschlichene Geld zu versteuern - also zwei Abgründe mit einer Sache. :devil:

Reich bin ich nicht, ich bin nicht einmal wohlhabend. Aber mir geht es gut und ich bin zufrieden.

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#9 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von R.F. » Di 23. Apr 2013, 20:58

piscator hat geschrieben:Der Fall Uli Hoeneß wird sicher noch interessant, wobei es weniger um den Strafbestand der Steuerhinterzieher gehen dürfte als um die Frage, woher diese Gelder stammen.
- - -
Finanzbeamte wissen, dass sie plätschern, aber keine Wellen schlagen dürfen. Dass aber eine gewisse Klientel Gewinne in großem Umfang aus dem Steuergebiet ins Ausland verbringen kann, ohne dass das Finanzamt nach dem Verbleib des Geldes und möglichen Kapitalerträgen fragt, lässt auf recht furchtsame Charaktere unter den Finanzbeamten schließen. Zur Verdeutlichung des Problems: Im Vergleich zu den seit Jahrzehnten anhaltend hohen Sparraten ist das Vermögen der Deutschen viel zu niedrig. Ich kann nur empfehlen, mal selbst den Taschenrechner zu bemühen...
Zuletzt geändert von R.F. am Mi 24. Apr 2013, 10:24, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#10 Re: Sauberman und doch keiner

Beitrag von closs » Di 23. Apr 2013, 22:16

R.F. hat geschrieben: lässt auf recht furchtsame Charaktere unter den Finanzbeamten schließen.
Ich tippe eher auf deren Dienstherren. - Es ist belegt, dass Finanzämter ausdrücklich angewiesen wurden, Steuersündern mit Steuerschulden über 500.000 Euro NICHT anzugehen. - Es ist auch belegt, dass die Staatsanwältin im Fall Zumwinckel ausgetauscht wurde, weil sie auf eine Haftstrafe ohne Bewährung bestanden hat.

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