Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Politik und Weltgeschehen
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Bastler
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#11 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 16:17

Magdalena61 hat geschrieben:Ein junges Leben, einfach ausgelöscht. Das Leben einer Politikerin, Ehefrau und Mutter, einfach ausgelöscht.

Die Berichte über Zivilcourage mit Todesfolgen- in der BRD- häufen sich.
...
Eine Welt voller Lügner, Betrüger, Räuber und Mörder.
Und man kann als Einzelperson gar nichts dagegen tun.
Ich sehe die momentan anschwellende Radikalisierung ebenso mit Entsetzen. Aber als Christen können wir immerhin die Botschaft Jesu von der Feindesliebe verkünden. Und da kommt es mir eher auf den Vorgang des Verkündigens an, als auf den Erfolg - also wie sehr die Botschaft ankommt. Mehr scheint mir nicht möglich.

Ich sehe übrigens auch mit gleichem Entsetzen, dass nun immer häufiger härtere Gewaltmaßnahmen gegen Gewalt gefordert werden. Das kann ich zwar gut mitvollziehen, weil mich angesichts von Gewalttaten der Zorn überkommt. Aber ich befürchte, dass solche Maßnahmen auf die Dauer das Gewaltproblem eher verschärfen und die Fronten verhärten.

Liebt einander, wie ich euch geliebt habe. Vergib uns unsere Sünden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben. Versöhne dich mit deinem Gegner, so lange du noch mit ihm auf dem Weg zum Gericht bist. Tut Gutes denen, die euch Böses tun. Betet für die, die euch verfolgen.

Das funktioniert nicht direkt. Dann muss man eben im Scheitern noch am Kreuze weiterbeten: Vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Oder meine persönliche Version: Vater, vergib du ihnen. Weil ich es momentan nicht auf die Reihe bekomme.

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#12 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Pluto » Di 21. Jun 2016, 19:31

Bastler hat geschrieben:Ich sehe übrigens auch mit gleichem Entsetzen, dass nun immer häufiger härtere Gewaltmaßnahmen gegen Gewalt gefordert werden.
Das stimmt.

Was mich beunruhigt, sind die vielen Bürgerwehren die scheinbar aus dem Nichts entstehen.
Wo Leute die Macht an sich reißen, entstehen Korruption und Gewalt die in Bürgerkriege münden.
Es ist aus meiner Sicht undemokratisch wenn Bürger auf solche Einzelinitiativen setzten, dann spiegelt das einen schwachen Staat.
Nicht umsonst ist bei uns das Gewaltmonopol beim Staat.

Bisher konnten wir wegen einem starken Staat in Freiheit leben, aber wenn Menschen meinen, die Dinge in die eigene Hand nehmen zu müssen, anstatt auf die Staatsgewalten zu setzen, und diese mit ihrer Stimme zu stärken, birgt das nichts Gutes für diejeigen die in Frieden und Freiheit leben wollen.

Bastler hat geschrieben:Das funktioniert nicht direkt. Dann muss man eben im Scheitern noch am Kreuze weiterbeten: Vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Oder meine persönliche Version: Vater, vergib du ihnen. Weil ich es momentan nicht auf die Reihe bekomme.
Ich sehe das anders. Mit Terroristen kann man nicht reden, denn sie verstehen unsere Sprache des Friedens nicht.

Feinde des Friedens sollte man nicht lieben, sondern zuerst besiegen, und danach mit ihnen reden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Magdalena61
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#13 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Magdalena61 » Mi 22. Jun 2016, 00:57

Bastler hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Ein junges Leben, einfach ausgelöscht. Das Leben einer Politikerin, Ehefrau und Mutter, einfach ausgelöscht.

Die Berichte über Zivilcourage mit Todesfolgen- in der BRD- häufen sich.
...
Eine Welt voller Lügner, Betrüger, Räuber und Mörder.
Und man kann als Einzelperson gar nichts dagegen tun.
Nein, das kann man nicht.
Wenn eine "Idee" nur im Kopf eines potenziellen Täters ist und er mit niemandem über seine Absichten kommuniziert, kann kein Mensch vorher wissen, was passieren wird.
Ich sehe die momentan anschwellende Radikalisierung ebenso mit Entsetzen. Aber als Christen können wir immerhin die Botschaft Jesu von der Feindesliebe verkünden. Und da kommt es mir eher auf den Vorgang des Verkündigens an, als auf den Erfolg - also wie sehr die Botschaft ankommt.
Terroristen kann man doch nicht eine universale Feindesliebe verkündigen. Sie haben keinen Respekt vor dem Leben! Sie setzen sich über alles hinweg, was andere Menschen denken, beschlossen haben, planen und leben.
Wenn die Bedrohten bzw. die Opfer nun sozusagen "Straffreiheit" signalisieren, ist das taktisch nicht sehr klug. Das kann man nicht verantworten. Für mich selbst kann ich entscheiden, auf Vergeltung zu verzichten. Aber nicht für andere. Regierungen und Bürger sind dazu verpflichtet, die Sicherheit (nicht nur) der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen und zu verteidigen.
Ich sehe übrigens auch mit gleichem Entsetzen, dass nun immer häufiger härtere Gewaltmaßnahmen gegen Gewalt gefordert werden.
Wie sollen die "Gewaltmaßnahmen gegen Gewalt" denn aussehen?
Die Verfolgung von Straftaten in Sinne des Rechtsstaates muß reichen.
Selbstjustiz ist indiskutabel.
Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.
... Versöhne dich mit deinem Gegner, so lange du noch mit ihm auf dem Weg zum Gericht bist.
Das richtet sich an Gläubige, an die Jünger, an die, die Jesus folgen.
Vergib uns unsere Sünden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben.
Auf Anfrage hin.
Wer Vergebung will, der muß darum bitten. Nirgends steht, dass wir einem unbußfertigen Sünder "auf Vorschuß" vergeben sollen. Das tut Gott auch nicht.
Aber WENN jemand bereut und um Vergebung bittet, sollten wir nicht unversöhnlich sein. DAS ist gemeint.
Tut Gutes denen, die euch Böses tun. Betet für die, die euch verfolgen.
Beten sollte man wohl wirklich, z.B. auch für den Mörder, der die beiden kleinen Jungen Elia und Mohammed mißbraucht und getötet hat; für den Mörder von Jo Cox, für den IS... :o --- es fragt sich nur, WAS soll man eigentlich für diese Leute beten?

Gibt es nicht viele andere, die unverschuldet in Not geraten sind und unsere Gebete viel dringender bräuchten?
Dann muss man eben im Scheitern noch am Kreuze weiterbeten: Vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Nee. Das mache ich NICHT. Denn dieses Gebet Jesu war situationsbezogen... diese römischen Soldaten, für die Er bat, waren nicht verantwortlich für die Kreuzigung, sie waren nicht die Drahtzieher dieses gemeinen Verbrechens am Sohn Gottes, sie waren nur Befehlsempfänger und ihren weltlichen Herren ausgeliefert. Wahrscheinlich hatten sie noch nicht einmal freiwillig den Beruf des Soldaten gewählt.
Ist ein Henker schuld am Tod eines Verurteilten? Oder sind es die Ankläger oder der/ die Richter?
Oder meine persönliche Version: Vater, vergib du ihnen. Weil ich es momentan nicht auf die Reihe bekomme.
Ich bitte Gott einfach um Gerechtigkeit.
Und um Erbarmen für die Opfer und deren Angehörige.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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#14 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Bastler » Mi 22. Jun 2016, 06:26

Magdalena61 hat geschrieben:Terroristen kann man doch nicht eine universale Feindesliebe verkündigen. Sie haben keinen Respekt vor dem Leben! Sie setzen sich über alles hinweg, was andere Menschen denken, beschlossen haben, planen und leben.
Doch, das kann man. Jesus hat dies beispielsweise getan und auch immer wieder seine Jünger angewiesen es zu tun.
Man braucht sich allerdings keine Illusion zu machen, man könne sich auf diese Weise schützen. Jesus wurde für diese Botschaft nicht geehrt, es gelang ihm nicht, die Übeltäter durch seine Feindesliebe auch nur im Geringsten zu besänftigen, sondern er wurde am Ende auf das Betreiben der Übeltäter gekreuzigt. Aber selbst am Kreuz hat er für sie gebetet. Ganz schön konsequent.

Nicht jeder ist in derselben Lage, wie Jesus. Verheiratete, die für eine Familie verantwortlich sind, haben es nicht leicht, diese Lehre und Praxis Jesu in ihr Leben zu übertragen. Ebenso Politiker, die für eine große Gruppe von Menschen verantwortlich sind. All diesen Verantwortlichen wird durch das Schicksal Jesu am Kreuz vor Augen gehalten, dass Feindesliebe keineswegs die Wirkung hat, dass die Feinde zu bekehren. Die Botschaft der Feindesliebe verändert nicht die Einstellung der Feinde, sondern die des Gläubigen.

Jesus hat sich auch nicht auf "Vergebung auf Nachfrage" begrenzt. Sein Ausspruch "Deine Sünden sind dir vergeben" kommt manchmal völlig unvermutet. Die Leute haben sich damals sehr gewundert. Den Optimalfall von Vergebungswilligkeit erlebe ich in Freundschaften. Bei Freunden, oft sogar bei Bekannten, gelingt es sogar, Böses schneller zu vergeben, als es getan wird. In Familien wird diese Art der "Schnellvergebung ohne Nachfrage" sehr häufig praktiziert. Gelingt der Familie dies nicht, dann ist sie zum Scheitern verurteilt.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Menschen gibt, die von ihrem Naturell oder von ihrer Geschichte her nicht um Vergebung bitten können. Sie sind auf diesem Gebiet irgendwie behindert. Sie haben das Gefühl, sich einen Zacken aus der Krone zu brechen, wenn sie nur für das Geringste eingestehen und um Verzeihung bitten. Ich kenne solche Leute - und es sind, trotz ihrer Behinderung - nicht immer die Schlechtesten. Gerade gegenüber von ihnen wirkt die "Feindesliebe" oftmals tatsächlich. Es gelingt ihnen gegenüber, sie gar nicht erst zu üblen Feinden werden zu lassen.

Und andere Menschen können zwar um Verzeihung bitten, bekommen aber den Mund nicht auf oder halten die Verzeihung für selbstverständlich. Auch unter solchen Menschen habe ich sehr liebenswerte Zeitgenossen gefunden.

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#15 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Bastler » Mi 22. Jun 2016, 06:43

Pluto hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Das funktioniert nicht direkt. Dann muss man eben im Scheitern noch am Kreuze weiterbeten: Vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Oder meine persönliche Version: Vater, vergib du ihnen. Weil ich es momentan nicht auf die Reihe bekomme.
Ich sehe das anders. Mit Terroristen kann man nicht reden, denn sie verstehen unsere Sprache des Friedens nicht.

Feinde des Friedens sollte man nicht lieben, sondern zuerst besiegen, und danach mit ihnen reden.
Mit Terroristen kann man zwar reden (Todenhöfer hat das getan), aber man wird sie nicht von ihrem Terrorismus abhalten können. Man wird sie polizeilich und militärisch besiegen müssen. Da sind wir einer Meinung.

Nicht jeder aber ist deine Meinung, nach dem Sieg mit den Terroristen reden zu müssen. Viele wollen einfach nur Rache - und machen sich die Illusion, diese Rache würde ihnen Erleichterung bringen. Ich muss zugeben, dass ich im Fall von solchen Morden wie bei Jo Cox, auch solche Rachegelüste empfinde. Und in meinen Rachephantasien kann ich ausgesprochen maßlos sein. Durch diese Gelüste wird zudem eine Menge Energie frei, sich gegen solche Übeltäter zur Wehr zu setzen - was man auch tun muss.

Davon verschieden ist aber meine weitere Entwicklung. Nach einiger Zeit gelingt es den Rachegelüsten nicht mehr, meine Einsicht zu überdecken, dass auch diese Terroristen oder Verbrecher - Menschen sind. Wenn die Gefahr durch sie beseitigt ist, bin ich wieder in der Lage, mich ihnen zuzuwenden. Man wird die Welt vor solchen Verbrechern schützen müssen - allein schon im Interesse vieler potentieller Opfer. Insbesondere bei Triebtätern halte ich nicht viel davon, sie wieder auf freien Fuß zu setzen. Aber dennoch halte ich (nach abgewendeter Gefahr) jedes Rachegelüst für eine ungerechte Schwäche. Man muss sie wegsperren, nicht aber sich moralisch über sie überheben. Und schon gar nicht sie mal kräftig spüren lassen, was für miese Typen sie sind und sie mit diesem Vorwand "bestrafen". Es geht mir beim Einsperren um Schutz, nicht um als Strafe ausgegebene Rache.

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#16 Re: Jo Cox - Zwei Kinder weinen um ihre Mutter

Beitrag von Bastler » Mi 22. Jun 2016, 06:54

Magdalena61 hat geschrieben:Denn dieses Gebet Jesu war situationsbezogen... diese römischen Soldaten, für die Er bat, waren nicht verantwortlich für die Kreuzigung, sie waren nicht die Drahtzieher dieses gemeinen Verbrechens am Sohn Gottes, sie waren nur Befehlsempfänger und ihren weltlichen Herren ausgeliefert. Wahrscheinlich hatten sie noch nicht einmal freiwillig den Beruf des Soldaten gewählt.
Ist ein Henker schuld am Tod eines Verurteilten? Oder sind es die Ankläger oder der/ die Richter?
Waren Adolf Eichmann und Rudolf Höß wirklich unschuldig?
Eichmann hat sich vor Gericht auf genau diese Weise für unschuldig erklärt. Er habe lediglich Führerbefehle ausgeführt. Das wäre seine Pflicht gewesen. Die Schuld läge eindeutig beim Führer und in dessen Befehlen.
Das halte ich für eine Ausrede, und zwar eine schlechte.

Jesus scheint nicht von der Unschuld seiner Mörder auszugehen. Er meint zwar, dass größere Schuld beim Auftraggeber liegt - aber allein schon der Komparativ verweist auf eine Schuld des konkreten Täters. Und er bittet am Kreuz seinen Vater um Vergebung für seine konkreten Mörder. Ginge er von ihrer Schuldlosigkeit aus, gäbe es nichts zu vergeben.

Ich spreche mich nicht für eine Unschuld der konkreten Attentäter auf Jo Cox aus, sondern für die Feindesliebe gegenüber Schuldigen. Dies ist übrigens eine allgemeine Lebensmaxime, die ich - muss ich peinlicherweise zugebe - nicht immer durchhalte. Aber meistens. Und bevorzugt dann, wenn von den Übeltätern keine Bedrohung mehr ausgeht. Ich bewundere Jesus, dass er diesbezüglich viel konsequenter war als ich es bin. Ich gebe die Hoffnung für mich noch nicht auf: Ich bin lernfähig. Und manchmal kann ich auch über mich selbst hinauswachsen.

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