Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Politik und Weltgeschehen
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sven23
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#1 Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von sven23 » Fr 13. Sep 2013, 19:03

Ein interessanter und aufschlussreicher Beitrag lief auf arte über die annähernd 70 Steueroasen auf der Welt.
Dabei muß man unterscheiden zwischen legaler Steueroptimierung und illegaler Steuerhinterziehung.

Das Problem dabei ist, daß den Staaten so viel Steuereinnahmen verloren gehen, daß der in dem Filmbeitrag herausgearbeitete Zusammenhang zwischen immer größer werdenden Vermögen in den Händen weniger und den stetig steigenden Staatsverschuldungen nicht mehr zu leugnen ist.
Man schätzt, daß die weltweit hinterzogenen Steuern ein Drittel aller weltweiten Staatschulden ausmachen. Das glaube ich, verdeutlicht die Dimension des Problems.

Wer hat Schuld an der Misere?
Im allgemeinen geht man davon aus, daß der Startschuß zu diesem Irrsinn 1986 mit der völligen Liberalisierung des Bankensektors durch Margarete Thather fiel.
Danach und spätestens mit der Globalisierung begann ein Wettlauf um Deregulierung und Liberalisierung, der zu dem Mißstand geführt hat.

Wer den Beitrag nicht sehen konnte, hier der Link dazu:

http://www.arte.tv/guide/de/047158-000/ ... autoplay=1
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piscator
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#2 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von piscator » Fr 13. Sep 2013, 20:04

Die Grenze zwischen legaler Steueroptimierung und Steuerhinterziehung ist fließend, mit der Abgrenzung tut man suich sehr schwer, das beste Beispiel sind Konzerne wie Amazon oder Apple, die alle Schlupflöcher ausreizen und weltweit kaum Steuern bezahlen.

Der Grund liegt meiner Meinung nach einfach daran, dass sich die Welt, die Reisemöglichkeiten und die Kommunikation seit den 60-ziger Jahren extrem entwickelt hat.
Firmen wie Amazon oder Apple gäbe es ohne das Internet nicht.

Was sich nicht entwickelt hat, ist die Politik. Es gibt zwar jede Menge bilateraler Abkommen, aber auch die sind steinalt und genügen den heutigen Anforderungen nicht.

Wichtig wäre eine Steuer, die weltweit gilt und für alle Unternehmen verbindlich ist, die weltweit oder über Ländergrenzen hinweg operieren. Die Erhebung wäre relativ einfach und würde diese Unternehmen egal wo sie sind, besteuern.

Dazu wäre es notwendig, das sich die Völker dieser Erde darauf besinnen, dass unser Planet klein ist und das Nachbardorf nicht die Grenze des Universums darstellt.

Wäre ich CEO in einem dieser Unternehmen, würde ich mir eine Hochseeflotte anschaffen und meinen Sitz in internationale Gewässer verlegen, samt Produktion.

Oder besser gleich in den Orbit.
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sven23
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#3 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 07:15

piscator hat geschrieben:
Was sich nicht entwickelt hat, ist die Politik. Es gibt zwar jede Menge bilateraler Abkommen, aber auch die sind steinalt und genügen den heutigen Anforderungen nicht.


Völlig richtig. Die Politik kommt nicht hinterher und wenn sie etwas macht, dann in die falsche Richtung.
Was hat man eigentlich aus der Bankenkrise gelernt oder welche Konsequenzen hat man gezogen?

Eigentlich doch nichts außer ein paar komsmetischen Operationen. Damit ist die nächste Krise bereits vorprogammiert.
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Martinus
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#4 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von Martinus » Sa 14. Sep 2013, 08:52

Nein, es ist nur ein Phänomen folgender biblischer Wahrheit.Das sagte uns schon Paulus im 1Brief an Tim.

Denn Geldgier ist die Wurzel allen Übels
Luther
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sven23
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#5 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 09:06

Martinus hat geschrieben:Nein, es ist nur ein Phänomen folgender biblischer Wahrheit.Das sagte uns schon Paulus im 1Brief an Tim.

Denn Geldgier ist die Wurzel allen Übels
Luther

Gut erkannt. Die Politik hat aber Instrumentarien an der Hand, hier gegenzusteuern, bzw. der Geldgier Grenzen zu setzen.
Ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht, warum viele dem Problem so gleichgültig gegenüberstehen und keine Änderung der Politik einforden.
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barbara
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#6 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von barbara » Sa 14. Sep 2013, 10:08

Martinus hat geschrieben:
Denn Geldgier ist die Wurzel allen Übels
Luther

Durchaus; lässt sich aber auch auf geldgierige Staaten anwenden, die sehr gerne Steuern erheben, aber mit dem erhobenen Geld nicht immer sorgfältig und zum Wohl der Menschen umgehen.

Dass die Wirtschaft sich globalisiert hat, die Politik aber noch nicht, ist sicher eins der Probleme. Ein weiteres Problem ist aber auch das Geldsystem, das auf Schulden aufbaut, was systemimmanent Finanzblasen züchtet plus deren Platzen von Zeit zu Zeit; it'a feature, it's not a bug. Wozu die Absurdität kommt, dass die Staaten das Hoheitsrecht über Geldschöpfung de facto an die privaten Banken abgetreten haben und sich somit selbst verschulden müssen, und somit mehr Steuern erheben müssen, zum privaten Gewinn der Banken.

Nicht zuletzt steht hinter der Gier immer die Angst, zu kurz zu kommen. Und das in einer Welt, wo es heute möglich wäre, dass alle Menschen genug zu essen hätten, reines Wasser, ein Dach über dem Kopf...

grüsse, barbara

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sven23
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#7 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 10:31

barbara hat geschrieben: Ein weiteres Problem ist aber auch das Geldsystem, das auf Schulden aufbaut, was systemimmanent Finanzblasen züchtet plus deren Platzen von Zeit zu Zeit;

grüsse, barbara

Manche Finanzexperten vergleichen das Schuldgeldsystem mit einem Schneeballsystem. Würden die Staaten von heute auf morgen keine neuen Schulden mehr aufnehmen, würde das Kartenhaus in sich zusammenbrechen.

Hätte die Politik doch ein bißchen vom Verstand dieses 12-jährigen Mädchens. ;)

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closs
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#8 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von closs » Sa 14. Sep 2013, 10:42

sven23 hat geschrieben:Die Politik hat aber Instrumentarien an der Hand, hier gegenzusteuern, bzw. der Geldgier Grenzen zu setzen.
Theoretisch.

Deutschland kann Akzente (richtige oder falsch) für sich selbst setzen - allerdings im Rahmen der EU-Richtlinien (das wäre aber nicht das Problem). - Die EU kann etwas tun, aber nur im Rahmen der Weltpolitik. - Die Weltpolitik (was ist das eigentlich? - Es ist kein Fakt, sondern ein Journalistenbegriff) kann etwas tun, aber nur in Zusammenarbeit mit der Internationalen Finanzmacht (das ist kein journalistischer Begriff, sondern ein faktischer :mrgreen: ).

Dazu kommt die enge Lobby-Verflechtung zwischen Geld und Politik (das geht ja noch bei uns, den woanders ist es pure Bestechung). In vielen Ländern gibt es zudem Clans, die alles, was reinkommt, abschöpfen. - Und dann kommt noch dazu, dass die Banken zusammenbrechen würden, wenn es kein angelegtes Vermögen gäbe - und da ist ein Gaddhafi ein lohnender Kunde als 100.000 Kleinanleger.

Man könnte wahrscheinlich ungerecht angehäuftem Vermögen nur mit Kommunismus begegnen - mit dem Ergebnis, dass dann andere das Geld bei sich anhäufen.

Europa könnte ein Steuerrecht (wie - meine ich - bei den USA) einführen, wonach ein Bürger (Pass-Besitzer) eines europäischen Landes Steuern an sein Pass-Land zahlen muss, egal wo er lebt (Bsp: Michael Schumacher & Co). Weiterhin müsste man da Gewinne besteuern, wo Leistung erbracht wird, und nicht da, wo Briefkastenfirmen sind.

Allerdings käme dann das Argument, dass viele Unternehmen Europa verlassen würden, wenn es fair zuginge. - Das sollte man hinnehmen - zumal es wahrscheinlich am Ende bei der Drohung bleibt.

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sven23
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#9 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 11:11

closs hat geschrieben: Man könnte wahrscheinlich ungerecht angehäuftem Vermögen nur mit Kommunismus begegnen - mit dem Ergebnis, dass dann andere das Geld bei sich anhäufen.

Nicht unbedingt. Das dänische System halte ich für ganz vernünftig. Für jede Finanztranskation ins Ausland gibt es eine verpflichtende Kontrollmitteilung an die Steuerbehörde. Und Dänemark ist kein kommunistisches Land.
Und andere wirksame Maßnahmen hast du ja selbst angeführt.
Es fehlt nur am politischen Willen hierzu. Da müßte der Bürger auch viel mehr Druck auf die Politik ausüben und Änderungen einfordern. Von selbst passiert hier nämlich nichts.
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#10 Re: Steueroasen: die Wurzel allen Übels?

Beitrag von R.F. » Sa 14. Sep 2013, 12:29

sven23 hat geschrieben: - - -
Man schätzt, daß die weltweit hinterzogenen Steuern ein Drittel aller weltweiten Staatschulden ausmachen. Das glaube ich, verdeutlicht die Dimension des Problems.
- - -
Der Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, bezifferte kürzlich die Summe der durch legale Steuervermeidung den europäischen Staaten entzogenen Steuern mit rund einer Billion/ Jahr. Mit den anteiligen Steuern könnte der deutsche Bundeshaushalt locker auf das Doppelte ausgeweitet werden. Die Weltfinanzkrise lässt übrigens immer mehr Staaten zum Mittel der Kapitalverkehrsbeschränkungen greifen.

Wie steht’s aber mit der Summe der hinterzogenen Steuern? Dazu ist es hilfreich, sich die Gesamtschuldenstände - also öffentliche wie private Schulden - einiger Staaten, in erster Linie die USA, Großbritannien oder Frankreich etwas näher anzuschauen. Sie betragen offenbar weit über 100.000 Milliarden (= 100 Billionen) Dollar. Nun kann sich jeder die Frage stellen, von woher dieses Geld kam. Gewiss haben einige Ölförderstaaten viel in diesen Ländern investiert, auch China soll für rd. zwei Billionen Dollar amerikanische Anleihen gekauft haben. Japan hat wohl mehr als eine Billion Dollar in den USA angelegt, selbst Russland ist mit einigen Hundert Milliarden in den USA engagiert. Aber das allein erklärt die ungeheure Summe an Verbindlichkeiten nicht. Man müssten mal Frau Dr. Merkel fragen, worauf sie ihr Auftreten stützt...

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