Skandalöse Bilder

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closs
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#51 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von closs » Mo 27. Jul 2015, 14:56

barbara hat geschrieben:Diese Begründung wären also nur für jene Kulturen relevant, wo den Kindern tatsächlich Scham beigebracht wird, wie das bei uns ja der Fall ist.
Und wieder die alte Gretchenfrage: Freud oder Jung.

Catholic
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#52 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von Catholic » Mi 29. Jul 2015, 16:53

closs hat geschrieben:
barbara hat geschrieben:Diese Begründung wären also nur für jene Kulturen relevant, wo den Kindern tatsächlich Scham beigebracht wird, wie das bei uns ja der Fall ist.
Und wieder die alte Gretchenfrage: Freud oder Jung.

Unabhängig von Freud oder Jung finde ich es interessant der Frage nachzugehen ob wir nur (!) Scham empfinden -- und ich denke hier nicht an eine negativ besetzte Verwendung des Wortes Scham -- weil es uns kulturbedingt vermittelt wurde oder ob es nicht ein grundlegendes Schamempinden des Menschen gibt.

closs
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#53 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von closs » Mi 29. Jul 2015, 17:21

Catholic hat geschrieben:ob wir nur (!) Scham empfinden -- und ich denke hier nicht an eine negativ besetzte Verwendung des Wortes Scham -- weil es uns kulturbedingt vermittelt wurde oder ob es nicht ein grundlegendes Schamempinden des Menschen gibt.
Aus meiner Sicht ist es grundlegend - und geht auf die Genesis zurück - leider kann ich es nur philosophisch beantworten:

Warum nun geht Scham mit Erkennen einher? Psychologisch versteht man unter „Scham“ die Erkenntnis des „Versagens vor einer Idealnorm“. Scham ist demnach eine Folge von Erkenntnis - somit ist Erkenntnis die Voraussetzung für Scham. Ein menschliches Beispiel: Kinder sind erst schamfähig, nachdem sie in ihrer Entwicklung das nötige Maß an erkennender Selbst-Wahrnehmung dazu haben.

Aber warum ist es die Nacktheit, die beim heranwachsendes Kind zur Scham führt? Vor welcher „Idealnorm“ „versagt“ es? – Zur Beantwortung dieser Frage zurück zu Adam und Eva: Die Idealnorm, vor der Adam und Eva versagen, ist Gott. Da aber der Mensch Ebenbild Gottes ist, ist es das Göttliche im Menschen (vgl. zu 2,7), vor dessen Idealnorm der Mensch ebenso versagt wie gegenüber Gott selbst.

Eine weitergehende Frage ist dann: Warum überhaupt bezieht sich Scham auf die Geschlechtlichkeit? Antwort: Weil das Geschlechtliche wesensmäßig verbunden ist mit der göttlichen Gabe der Wieder-Schöpfung durch die Schöpfung (also Zeugung und Geburt) - diese Gabe wird mit dem Erkennen zu einer erkannten Gabe. Der Mensch wird also erkennungsfähig für die göttliche Schöpfungskraft des Seins im Dasein. Damit wird das Dasein schamfähig in einem göttlichen Feld, vor dessen Idealnorm es versagt hat.

Wie eng „Erkennen“ und „Körperliche Vereinigung von Mann und Frau“ verbunden ist, zeigen die Bedeutungen des hebräischen Wortes „jadah“, das sowohl „erkennen“ (im heutigen Sinne), als auch „beischlafen“ heißt (in den Nebenbedeutungen von „an die Hand nehmen“ und „vertraut sein“, was zumindest per analogiam in Begriffsgebiete wie „trauen“ und „treu“ führt).

Ruft man sich ins Gedächtnis zurück, dass „Erkennen“ die bewusste Unterscheidungsfähigkeit zwischen verschiedenen Realitätsebenen bezeichnet, dann ist beides, „Erkennen“ im geistigen Sinne und „Erkennen“ im Sinne von Beischlaf, Ausdruck eines erkannten Zusammentreffens von Sein und Dasein. Geschieht dieses Zusammentreffen in Reinheit des Daseins dem Sein gegenüber, entfällt die Scham – dies gilt sowohl für geistiges wie auch für körperliches Zusammentreffen.

barbara
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#54 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von barbara » Mi 29. Jul 2015, 21:05

Catholic hat geschrieben: Unabhängig von Freud oder Jung finde ich es interessant der Frage nachzugehen ob wir nur (!) Scham empfinden -- und ich denke hier nicht an eine negativ besetzte Verwendung des Wortes Scham -- weil es uns kulturbedingt vermittelt wurde oder ob es nicht ein grundlegendes Schamempinden des Menschen gibt.

Im Hinblick darauf, dass unterschiedliche Kulturen das sehr unterschiedlich halten: das ist grösstenteils - vielleicht sogar ganz - angelernt und kulturbedingt.

gruss, barbara

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#55 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von Catholic » Mi 29. Jul 2015, 22:00

barbara hat geschrieben:
Catholic hat geschrieben: Unabhängig von Freud oder Jung finde ich es interessant der Frage nachzugehen ob wir nur (!) Scham empfinden... weil es uns kulturbedingt vermittelt wurde....

Im Hinblick darauf, dass unterschiedliche Kulturen das sehr unterschiedlich halten: das ist grösstenteils - vielleicht sogar ganz - angelernt und kulturbedingt.

gruss, barbara

Dann wäre es auch nur angelernt oder kulturell bedingt,dass sich ein Schüler schämt,wenn er vom Lehrer erwischt wird,weil er eine Aufgabe nicht lösen kann?
Ich denke eher dass wir oft den Denkfehler begehen Scham ausschliesslich mit Sexualität oder zumindest der Körperlichkeit zu verbinden.

barbara
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#56 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von barbara » Mi 29. Jul 2015, 22:14

Catholic hat geschrieben: Dann wäre es auch nur angelernt oder kulturell bedingt,dass sich ein Schüler schämt,wenn er vom Lehrer erwischt wird,weil er eine Aufgabe nicht lösen kann?

klar ist das kulturbedingt. Gerade das. Dass es wichtig ist, in der Schule gut zu sein, und ein Versagen, es nicht zu sein, wird den Kindern ja alle naselang verklickert. und spätenstens nach der fünftausendsten Wiederholung ist das in Fleisch und Blut übergegangen.

gruss, barbara

closs
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#57 Re: Skandalöse Bilder

Beitrag von closs » Do 30. Jul 2015, 00:51

Catholic hat geschrieben:Ich denke eher dass wir oft den Denkfehler begehen Scham ausschliesslich mit Sexualität oder zumindest der Körperlichkeit zu verbinden.
Richtig - die Psychologie definiert "Scham" als (erkanntes!) Versagen vor einem Ideal. - Das heisst auch: Wer nicht erkennt, kann sich nicht schämen.

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