Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Philosophisches zum Nachdenken
Salome23
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#81 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 15:11

ThomasM hat geschrieben: Gut, mit diesem Ansatz kann man beginnen. Auch wenn ich hier eine Differenzierung sehe.

.....
Aber der Satz "das habe ich bewusst erlebt".... ist kein Zustand, denn das verändert sich in jeder Sekunde.
Doch, alles was du in deinem post angeführt hast= ein Zustand
Der Satz an sich aber ist lediglich eine Feststellung(Beurteilung)

JackSparrow
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#82 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von JackSparrow » Fr 23. Jan 2015, 15:26

ThomasM hat geschrieben:Aber der Satz "das habe ich bewusst erlebt" ist kein Zustand, denn das verändert sich in jeder Sekunde.
Der Begriff "Bewusstsein" ist sowieso zu ungenau. Wenn man eine Sache hört, eine andere Sache sieht und nebenbei noch eine dritte Sache riecht, wären einem drei Dinge gleichzeitig bewusst gewesen. Aber auf verschiedenen Sinneskanälen und auch nicht alle in der gleichen Stärke.

"Bewusstsein" ist derjenige Teil meiner Wahrnehmung, der mir ausreichend lange im Gedächtnis bleibt, so dass ich hinterher sagen kann, es sei mir "bewusst" geworden. Über den Rest kann ich nur deshalb nichts sagen, weil ich ihn eben schon wieder vergessen habe.

Novas
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#83 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Novas » Fr 23. Jan 2015, 15:38

Salome23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das sind doch nur Definitionen...
Ja genau- nach diesen hat ja Thomas auch gefragt. 8-)
Es gibt viele, aber keine ist richtig, weil jede Definition aus einer begrenzten Perspektive formuliert wird. Ich kann sogar den meisten Definitionen zustimmen, aber sie stimmen eben nicht, sie sind nur eine Annäherung.

Genauso wenig, wie jemand die Existenz erfassen kann, sie ist etwas, was erlebt werden muss. Was uns zu der Frage bringt: was, wenn Existenz und Bewusstsein dasselbe sind? Existenz ist demnach das, was sich selbst erlebt, entdeckt, Bewusstsein ist das, was existiert.

Ich bin in diesem Moment. Was ist hier? Eine Erfahrung - Körper, Raum, Temperatur, Licht, der Rhythmus von Herz und Atem, Gedanken und Worte, die ich soeben schreibe - das ist alles. Verschiedene Facetten von Erfahrung.

Nimm die Erfahrung weg und es existiert nichts mehr.

Novas
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#84 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Novas » Fr 23. Jan 2015, 15:54

JackSparrow hat geschrieben:Der Begriff "Bewusstsein" ist sowieso zu ungenau. Wenn man eine Sache hört, eine andere Sache sieht und nebenbei noch eine dritte Sache riecht, wären einem drei Dinge gleichzeitig bewusst gewesen. Aber auf verschiedenen Sinneskanälen und auch nicht alle in der gleichen Stärke.
“Sinneskanäle“ ist ein passendes Wort. Kennst Du dich mit der buddhistischen Lehre aus? Da werden ja die verschiedenen Möglichkeiten der sinnlichen Wahrnehmungen äußerst fein unterschieden.

Der spirituelle Weg des Tantra betont den Körper, die Sexualität, die sinnliche Wahrnehmung. Die fünf Sinne werden, als die fünf Tore zur Wirklichkeit bezeichnet. Sie dienen als Zugang zur Freiheit und Grenzenlosigkeit des Bewusstseins. Die freie Sexualität spielt da eine wichtige Rolle, da die Sexualenergie, als die Quelle allen Lebens gilt.

Sexualität kann - mit dem richtigen Verständnis - ein Weg der Erleuchtung sein. Dies nur als Anmerkung im Hinblick auf die Sinneskanäle (das Wort kenne ich eher aus dem buddhistischen Kontext, ich höre es ansonsten sehr selten)

"Bewusstsein" ist derjenige Teil meiner Wahrnehmung, der mir ausreichend lange im Gedächtnis bleibt, so dass ich hinterher sagen kann, es sei mir "bewusst" geworden.
Das verstehe ich, aber weshalb der Bezug zur Vergangenheit? Jede Erfahrung geschieht im gegenwärtigen Moment. Ich würde es darum etwas anders formulieren: Bewusstsein ist das, was Hier und Jetzt gegenwärtig ist und eine Erfahrung macht.

Selbst Zeit ist eine Erfahrung – nimm die Gedanken von Zeit weg und es gibt nur noch die zeitlose Gegenwart. Eine Wüstenrennmaus, ein Kamel oder eine Eintagsfliege haben keine Probleme mit der Zeit, weil für sie nur das Jetzt existiert. Zum Glück, sonst hätte die Eintagsfliege ernsthafte Probleme :lol:

Salome23
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#85 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 16:06

Novalis hat geschrieben: Es hat aber noch niemand Schönheit, Liebe, Glück und Bewusstsein erfasst.
Ausser dir, denn sonst könntest du nicht mal sagen, dass es da noch mehr gibt, was aber noch von niemandem erfasst wurde..
Möchtest du uns davon berichten?

Das hindert die Menschen nicht daran Schönheit, Liebe, Glück und Bewusstsein in Form von Objekten zu suchen.
Welche Alternative bietet sich dMn an?
Denn eigentlich ist das alles nicht "dort draußen", sondern in Dir, in deinem Bewusstsein.
Ich würde eher sagen, zuerst im subjektivem Empfinden, dessen man sich bewusst wird...
Aber mal ne andre Frage: Wenn es nicht von "dort draussen" ins Bewusst- sein kommt, was soll man dann noch wahrnehmen?
Das wäre ja grade mal so, als würde ich einen Säugling unmittelbar nach der Geburt für einen langen Zeitraum in einen dunklen Raum verbannen ,wo keinerlei Sinneseindrücke von aussen entstehn können...
Das Kind wird sich vielleicht selber wahrnehmen, auch seiner körperlichen Bedürfnisse bewusst sein(es verspürt), aber sie nicht einordnen können...
Versuch das mal nachzuvollziehn...geht das überhaupt noch?

Novas
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#86 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Novas » Fr 23. Jan 2015, 16:42

Salome23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Es hat aber noch niemand Schönheit, Liebe, Glück und Bewusstsein erfasst.
Ausser dir, denn sonst könntest du nicht mal sagen, dass es da noch mehr gibt, was aber noch von niemandem erfasst wurde..Möchtest du uns davon berichten?

Ich sage eigentlich nur, dass Bewusstsein mehr ist, als wir meinen. Niemand kann es erfassen, da es kein Objekt ist. Bewusstsein kann sich aber selbst entdecken, wir können mit Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten spielen.

Du hast ja mal gefragt, was ich mit der „Weisheit des Herzens“ meine. Dieser Bezug zum Herzen findet sich in allen meditativen Traditionen, auch im Christentum (Herz-Jesu Darstellungen usw.) Eigentlich ist damit ganz einfach ein Perspektivenwechsel gemeint. Die meisten Menschen sind hauptsächlich auf den Kopf fokussiert. Du kannst spielerisch den Schwerpunkt der Wahrnehmung wechseln, in dem Du dich nicht mehr so sehr auf den Kopf, sondern auf das Herz konzentrierst.

Das verschiebt die Aufmerksamkeit vom Kopf auf den ganzen Körper und wird in der Regel als eine große Öffnung oder Weitung der Wahrnehmung empfunden. Der Buddha hat darum die Konzentration auf den Atem und Herzschlag empfohlen.

Warum weist Jesus auf das Herz, wie könnte eine solche alte - für uns heute nicht mehr so leicht verständliche Symbolik - in einer "erkenntnisbasierten Spiritualität" auf das alltägliche, heutige Leben übertragen und verständlich werden?
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Salome23
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#87 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 16:57

Warum weist Jesus auf das Herz
Weil es vielleicht ein Symbol für "Liebe" ist?
Das tut ja nicht ER, sondern der Mensch, der ihn dargestellt hat..

Salome23
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#88 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 17:31

Novalis hat geschrieben:Das verstehe ich, aber weshalb der Bezug zur Vergangenheit?
Jede Erfahrung geschieht im gegenwärtigen Moment.
Ja, wenn ich sie im Gehirn Revue passieren lasse(mich erinnere) dann findet sie im Gehirn im Moment statt...

Selbst Zeit ist eine Erfahrung
Naja, irgend wie muss man ja in seinen Erzählungen(Aussagen) einen Zeitraum festlegen, wo etwas statt fand, damit keine Missverständnisse entstehn können.
Oder hast du deine Beiträge vom 13. 07. 2014 grade in diesem Moment erst verfasst?

Novas
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#89 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Novas » Fr 23. Jan 2015, 17:34

Salome23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das verstehe ich, aber weshalb der Bezug zur Vergangenheit?
Jede Erfahrung geschieht im gegenwärtigen Moment.
Ja, wenn ich sie im Gehirn Revue passieren lasse(mich erinnere) dann findet sie im Gehirn im Moment statt...
Meine Erfahrung ist, dass die Welt im Bewusstsein stattfindet und nicht das Bewusstsein im Gehirn. Das Gehirn ist für mich einfach ein Transmitter, es gibt nicht den geringsten Beweis, dass Bewusstsein darauf begrenzt ist.

Naja, irgend wie muss man ja in seinen Erzählungen einen Zeitraum festlegen, wo etwas statt fand, damit keine Missverständnisse entstehn können.
Ja. Menschen können vorausschauend planen, sie können im Frühling Samen pflanzen, um später zu ernten. Dennoch ... existiert letztlich nur der gegenwärtige Moment.

Salome23
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#90 Re: Ein Plädoyer für eine erkenntnisbasierte Spiritualität

Beitrag von Salome23 » Fr 23. Jan 2015, 17:47

Novalis hat geschrieben:Meine Erfahrung ist, dass die Welt im Bewusstsein stattfindet
Und wenn der An­äs­the­sist vor der OP dich in den Tiefschlaf befördert, so dass dein Wahrnehmungsvermögen vorübergehend ausser Kraft gesetzt ist oder du irgendwann den Löffel abgibst, ist dann wohl das Ende der Welt eingetreten, weil dein Bewusstseinszustand erloschen ist?
Wer operiert dich dann eigentlich? :mrgreen:

Das bedeutet dann wohl auch, dass alle andren dann nur in einer eingebildeten Welt leben, die eigentlich gar nicht mehr existiert, da sie ja nur in deinem Bewusstsein statt fand....

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