closs hat geschrieben:Wenn Heidegger tatsächlich etwas ganz anderes gemeint HÄTTE, wäre er trotzdem einer der wichtigsten Philosophen für mich, weil ich durch ihn zu fundamentalen Einsichten gekommen bin.
Aber ja! Fruchtbare Missverständnisse sind in der Literatur- und Philosophiegeschichte öfter aufzeigbar.
Ich selber benutze ja ebenfalls Gedanken von Dichtern oder Philosophen, um meine eigene Weitereintwicklung voranzubringen - und kümmere mich in dem Fall nicht darum, ob der Autor das so gemeint hat.
Das ist legitim.
Nur unterscheide ich: ob letzteres der Fall ist, oder ob ich einem Autor gerecht werden will.
closs hat geschrieben:- Im übrigen: Die Meinungen zu Heideggers Werk gehen so weit auseinander, dass wir in guter Gesellschaft sind. -
Sicherlich. Das ändert aber nichts daran, dass unser Disput hier gescheitert ist, wenn die Sicht von User A, aus welchen Gründen auch immer, gar nicht erfasst werden kann.
Wenn ich der User A bin, dann reicht mir an Disput Folgendes:
1. User A: Ich verstehe diesen Satz X folgendermaßen: ...
2. User B: Ah ja, du verstehst diesen Satz X also folgendermaßen: ...
3. User A: Nein, ich versteh diesen Satz nicht so, sondern: (neue Formulierung des in 1. Gesagten)
4. User B: Ach so, du verstehst Satz X also so: ...
5. User A. Nein, so verstehe ich Satz X auch nicht. Sondern so, wie ich es in 1. und 3. formuliert habe. Anders kann ich es nicht mehr formulieren.
6. User B. Ja, tut mir Leid, ich kann Satz X nur so verstehen, wie
ich es verstehe. Deine Lesarten kann ich nicht verstehen.
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Mehr kann man dann nicht tun, jedenfalls nicht im Moment.
Der Knopf kann trotzdem irgendwann noch aufgehen, jedenfalls ist das bei mir so, dass ich manche Sachen erst später erkenne: 'Ach ja, so hat er/sie das gemeint'.
closs hat geschrieben:Denn (auch) die (wissenschaftliche) Beschäftigung mit Philosophen ist immer auch ein Stück Selbst-Bespiegelung. - Und das geht am besten mit Philosophen, die sich so fundamental ausdrücken (genau das tut Heidegger), dass sie in verschiedenen Lichtern betrachtet werden können.
Das ist wahr. Es wird auch immer unterschiedliche Deutungen geben, weil die Implikationen beim Verstehen unterschiedlich sind.
Nichtsdestotrotz muss man sich auf einen konkreten Text berufen: Wenn diese Basis nicht da ist - nicht da ist im Sinne von freier Formulierung 'Ich lehne bei Heidegger das und das ab, oder finde das und das toll, kenne Heidegger aber nur vom Hörensagen oder von früherer Erinnerung her' - , kann man sich auch nicht auf eine wissenschaftliche Beschäftigung beziehen.
Dann läuft das bei mir unter "freies Philosophieren mit eigener Begrifflichkeit".