Was ist Dialektik?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#41 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von Pluto » So 5. Jun 2016, 17:33

closs hat geschrieben:Ich fand es hochinteressant, dass es sogar in der Physik den Begriff der Instantanität gibt (das Experiment mit den Photonen aus EINER Quelle - Dr. Bertmanns Socken - habe den Namen des Experiments vergessen). - Deshalb interessant, weil damit der Begriff der Über-Zeitlichkeit, die (übrigens auch aus dialektischen Gründen) nach meinem Verständnis eine notwendige Eigenschaft Gottes ist, physikalisch "ebenbildlich" abgebildet ist. - Denn die Aussage dieses Experiments ist: Es gibt Wirkung in 0-Zeit.
Nun mal ganz langsam...
Bloß weil es in der Quantenwelt Dinge gibt die wir nicht verstehen, sollten wir nicht vermuten, dass sich dahinter ein Gott verbergen könnte.

closs hat geschrieben:Aber was ich verstanden habe, gab mir den Eindruck, dass es physikalische Gesetzmäßigkeiten gibt, die höhere Dimension in niederer Dimension abbilden - was ja die Ableitungen in der Integral-/Differential-Rechnung auch tut. - Ich halte das nicht für zufällig, bezieht man es auf den spirituellen Kontext.
Auch hier, Vorsicht mit Halbwissen...
Die Poincaré-Vermutung gilt NICHT allgemein für höhere Dimensionen, sondern NUR für die 3./4. Dimension.
Wikipedia hat geschrieben:Die Poincaré-Vermutung besagt, dass ein geometrisches Objekt, solange es kein Loch hat, zu einer Kugel deformiert (also geschrumpft, gestaucht, aufgeblasen o. ä.) werden kann. Und das gelte nicht nur im Fall einer zweidimensionalen Oberfläche im dreidimensionalen Raum, sondern auch für eine dreidimensionale Oberfläche im vierdimensionalen Raum.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#42 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von closs » So 5. Jun 2016, 18:05

Pluto hat geschrieben:Bloß weil es in der Quantenwelt Dinge gibt die wir nicht verstehen, sollten wir nicht vermuten, dass sich dahinter ein Gott verbergen könnte.
Das ist nicht meine Aussage. - Meine Aussage ist, dass Phänomene der QT - völlig unabhängig davon, ob wir sie verstehen oder nicht - analog zu geistigen Erkenntnissen sein können.

Wenn es Gott gibt, braucht man dazuj keine QM - dann steht er auch hinter Blütenstaub.

Pluto hat geschrieben:Vorsicht mit Halbwissen...
Ich habe diesbezüglich nicht mal das, sondern habe einen gedanklichen Impuls gespürt aus dem, was ich verstanden habe.

Pluto hat geschrieben:Die Poincaré-Vermutung gilt NICHT allgemein für höhere Dimensionen, sondern NUR für die 3./4. Dimension.
Nach meinen Informationen ist die P.-Vermutung n-dimensional. - Demnach gälte es auch zwischen 4D und 5D und zwischen 12D und 13D.


"Eine kompakte unberandete n-dimensionale Mannigfaltigkeit ist genau dann (n-1)-zusammenhängend, wenn sie homöomorph zur n-Sphäre ist" (wik).

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Savonlinna
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#43 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von Savonlinna » So 5. Jun 2016, 20:17

Savonlinna hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Wobei ich aus deinen Ausführungen ablese, dass diese Betrachtung von zwei Seiten nicht mehr dazu dient, eine Synthese herbeizuführen.
Doch. In "Dialektik der Aufklärung" soll durch Analyse das Positive der Aufklärung durch die Erfahrung des Negativen der Aufklärung in eine Synthese überführt werden.

Ein andermal weiter, ich muss weg.
So, ich mach an dieser Stelle jetzt mal weiter.

ThomasM hat geschrieben: Das Beispiel von der Dialektik der Aufklärung konzentriert sich ja auf "Faschismus" und "Monokapitalismus" mit der offensichtlichen Absicht, beide Dinge zu verwerfen und so etwas wie "Sozialismus" oder "Kommunismus" als schön herbeizureden.
Das irritiert mich jetzt, was Du schreibst. Wo hast Du das her? Und wo siehst Du die "offensichtliche Absicht"?
Ich kenne darin weder Adorno noch Horkheimer wieder.
Adorno hat doch nicht einmal den Aktionismus der Linksradikalen in den Zeiten der Studentenbewegung unterstützt.

MIr ging es darum, die dialektische Methode zu erläutern - ich dachte, das war Deine Threadfrage -, aber nicht, über Sinn und Unsinn von Kapitalismus zu schreiben.

Horkheimer und Adorno untersuchten die "Vernunft".
Die Vernunft war angetreten, die Natur in den Griff zu kriegen und das Mythische abzulösen.
Nun aber stellte sich heraus, dass in dem Moment, wo die Vernunft die Natur insgesamt missbrauchte, die Vernunft zu einem neuen Mythos wurde, die in dieser Ausschließlichkeit ebenfalls schädlich wurde.

ThomasM hat geschrieben:Wie siehst du das: Ist jede dialektische Diskussion in diesem Sinn immer mit einem persönlichen Ziel verbunden (in dem Sinn, dass ich begründen möchte, dass MEINE Welt- oder Gesellschaftsanschauung die richtige ist)?
Kannst Du die Frage noch einmal anders stellen?
Was genau meinst Du mit "dialektischer Diskussion"?
Ich ahne zwar, was Du meinst, aber mir wäre es lieber, Du würdest es noch einmal umformulieren.

Ich selber habe jetzt erst mal "dialektisches Denken" auseinanderzupfriemeln versucht, das in jedem Geschehen einen Gegensatz sieht oder zumindest in diesem Geschehen den Keim zu einem Gegensatz wahrnimmt.

ThomasM hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Dialektisches Denken ist dem abendländischen Denken eher feind, da das abendländische Denken dem Einseitigen verschrieben ist.
Das ist eine Behauptung, die es eigentlich nachzuweisen gilt.
Auch in der abendländigen Denkkultur war die Betrachtung von mehreren Seiten immer auch enthalten.
Mir ging es um die Dialektik, nicht um das Betrachten der Dinge von mehreren Seiten.

Die Dialektik - und zwar die Form, die ich zu erläutern versuchte - beinhaltet den Grundgedanken, dass etwas in sein Gegenteil umschlägt, wenn es zu stark wird.
Also: die Vernunft und ihre Entwicklung war notwendig, um Menschen zu lehren, selber zu denken.
Wird diese Vernunft dann aber irgendwann als einziges Prinzip verkündet, wird sie zum Würgestrick, und sie muss erneut eine "Anti-These" - also eine Alternative bekommen.

ThomasM hat geschrieben:Und warum die Betonung auf "abendländisch". Ist die "morgenländische" Denkkultur anders?
Ich umreiße den Unterschied mal zwischen "Sein" und "Werden".
Das I Ging zum Beispiel - "Das Buch der Wandlungen" - betrachtet die Gesetze der Veränderung, während wir im Westen die Gesetze des Festen entwickelt haben, also des Seienden.

Das hier habe ich gerade aus dem Netz gefischt, das die Sache vielleicht auch noch klarer macht.
Über die Dialektik wird auf der Seite "philolex" Fogendes gesagt ->

philolex hat geschrieben: 1.
Die starren Gegensätze zwischen Ja und Nein, zwischen Sein und Nichtsein, zwischen entweder so oder so etc. sind Täuschungen einer nur logischen Denkweise. Es kommt immer darauf an, von welcher Basis aus bzw. innerhalb welchen Bezugsrahmens man ein Urteil fällt. Die zweiwertige Logik ist im praktischen Leben unverzichtbar, aber sie allein reicht nicht aus, um die Welt zu verstehen.

2.
Alle Gegensatzpaare sind untrennbar. Jeder Pol eines Gegensatzes hat nur einen Sinn oder nur eine Existenz, weil es den entgegengesetzten Pol gibt. Jede Erscheinung (?) ist je nach Betrachtung sowohl dem einen, wie dem anderen Pol zurechenbar.

3.
Alles in der Welt (der Erlebnis- oder Erscheinungswelt, ob es für das Sein schlechthin zutrifft, halte ich für unerkennbar) bewegt, verändert sich. Jede Ruhe ist relativ, vorübergehend. Alles entsteht und vergeht. In dieser Bewegung schlagen die Gegensätze ständig ineinander um.

4.
Es bewegt sich nur dort etwas, wo ein Gegensatz, ein Widerspruch vorhanden ist.
http://www.philolex.de/aufsatz6.htm

ThomasM
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#44 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von ThomasM » Mo 6. Jun 2016, 08:59

Hallo Savonlinna
Savonlinna hat geschrieben: Die Dialektik - und zwar die Form, die ich zu erläutern versuchte - beinhaltet den Grundgedanken, dass etwas in sein Gegenteil umschlägt, wenn es zu stark wird.
Also: die Vernunft und ihre Entwicklung war notwendig, um Menschen zu lehren, selber zu denken.
Wird diese Vernunft dann aber irgendwann als einziges Prinzip verkündet, wird sie zum Würgestrick, und sie muss erneut eine "Anti-These" - also eine Alternative bekommen.
So formuliert kann ich das auch einsehen.
Auch das Beispiel Vernunft ist in Ordnung, wenn man als den Würgestrick, der das Negative der Vernunft darstellt, den (echten) Naturalismus sieht, also die Abschaffung alles Individuellen, Mythischen, Magischen
Es ist die Aussage "was ich nicht sehe, glaube ich nicht". Denn diese Aussage ist das "zu viel", weil es kein Mensch auf der Erde gibt, der so wirklich denkt und lebt. Es ist also eine negative Fiktion.

Es war das (unglückliche) Beispiel, das du benutzt hast, das mich protestieren ließ.
Abgesehen davon, dass ich nicht einsehe, wie Faschismus oder Kapitalismus eine Folge der Aufklärung sein sollen, habe ich in der Vergangenheit immer wieder gelernt, dass gerade kommunistisch eingestellte Gewaltmenschen diese Verbindung ziehen und die Dialektik gerne als ihre Haus-und Hofmethode sehen, ihre Weltanschauung als "einzig richtige und wissenschaftlich bewiesen" zu propagieren.
Das ist aber meines Erachtens ein Methoden-Missbrauch.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#45 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von Pluto » Mo 6. Jun 2016, 09:53

ThomasM hat geschrieben:Auch das Beispiel Vernunft ist in Ordnung, wenn man als den Würgestrick, der das Negative der Vernunft darstellt, den (echten) Naturalismus sieht, also die Abschaffung alles Individuellen, Mythischen, Magischen.
Ein seltsamer Vergleich wenn du unter "echtem" Naturalismus die Abschaffung des Individuellen verstehst. Dabei ist die Natur voller Wunder; du brauchst nur die Augen zu öffnen.

Und warum sollte ein Naturalist keine spirituellen Erfahrungen machen können? Er macht sie, nur braucht er dazu keinerlei Mythos oder Magie, und schon gar nicht ein imaginäres höheres Wesen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#46 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von ThomasM » Mo 6. Jun 2016, 11:28

Pluto hat geschrieben: Und warum sollte ein Naturalist keine spirituellen Erfahrungen machen können? Er macht sie, nur braucht er dazu keinerlei Mythos oder Magie, und schon gar nicht ein imaginäres höheres Wesen.
Ich habe nicht geschrieben, dass ein Naturalist keine spirituellen Erfahrungen machen kann.
Aber er qualifiziert sie im Sinne eines "Ich glaube nur, was ich sehe" als Spinnerei, Unsinn, Phantasie und Irrelevant ab.

Bei sich selbst wird der Naturalist ja noch einen Kompromiss eingehen, aber wenn andere Menschen so etwas von sich geben, dann wird das verhöhnt und heruntergemacht.
Wie man ja in diesem Forum deutlich beobachten kann.
Das ist genau das Negative an der Vernunftorientierung. Sie wird zur Waffe gegen den Glauben anderer Menschen.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#47 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von JackSparrow » Mo 6. Jun 2016, 12:15

ThomasM hat geschrieben:Ich habe nicht geschrieben, dass ein Naturalist keine spirituellen Erfahrungen machen kann.
Aber er qualifiziert sie im Sinne eines "Ich glaube nur, was ich sehe" als Spinnerei, Unsinn, Phantasie und Irrelevant ab.
Es gibt diverse Kakteen und Pilze, die eine spirituelle Erfahrung garantieren. Die funktionieren ganz ähnlich wie eine buddhistische Meditation oder eine christliche Massenevangelisation, weil sie im Gehirn die gleichen Rezeptoren ansprechen. Nur eben in etwas höheren Dosen.

Bei sich selbst wird der Naturalist ja noch einen Kompromiss eingehen, aber wenn andere Menschen so etwas von sich geben, dann wird das verhöhnt und heruntergemacht.
Jeder Christ weiß, dass er nicht wirklich mit Gott spricht und dass er nicht wirklich mit Jesus eine "persönliche Beziehung" führt. Jeder Christ weiß, dass er Jesus noch nie gesehen oder dessen Stimme gehört hat. Es ist auch nicht so, dass man während einer spirituellen Erfahrung plötzlich jedes Urteilsvermögen verliert. Es handelt sich also um vorsätzlichen Betrug, und demzufolge ist das Heruntermachen völlig legitim.

ThomasM
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#48 Re: Was ist Dialektik?

Beitrag von ThomasM » Mo 6. Jun 2016, 13:05

JackSparrow hat geschrieben: Es gibt diverse Kakteen und Pilze, ...
Siehst du Pluto.
Jack zeigt dir die negativen Seiten der übertriebenen und menschenverachtenden Vernunftorientierung gleich ganz frisch und deutlich.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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