Was versteht man unter Weisheit?

Philosophisches zum Nachdenken
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fin
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#91 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von fin » Fr 21. Okt 2016, 14:38

-- Differenzen --

erbreich hat geschrieben:Dann kann ich natürlich Christus auch nicht mit Buddha gleichsetzen, denn Buddha hat den Samsara überstiegen, ist ausgestiegen aus dem "Hamsterrad", soweit ist Jesus noch nicht gelangt (sorry: aber Jesus wird als lebendiges Wesen, als Person definiert, und als solches kreist er immer noch im Samsara).

Ich möchte jedoch klarstellen, dass die Betonung solcher Unterschiede nicht zwingend ist und dass ich eher geneigt bin und Wege suche Buddha und Christus auf Augenhöhe zu sehen.

Hallo Rembremderding
und in die Runde,

Rembremerding hat geschrieben: Wäre Jesus nur Mensch gewesen, dann hättest du hier recht. Aber er war auch wahrer Gott. (...)

Laut NT ist das richtig, wobei der Begriff "Gott" Verwirrung stiftet, da besagte "Größe" nicht einheitlich verstanden wurde/wird, was folgerichtig scheint, da die Bibel (auch) in dieser Sache Widersprüchliches vermittelt und kein einheitliches Bild aufzeigt.

Rembremerding hat geschrieben: (...) Er hat dadurch erst gar nicht das Hamsterrad betreten. Buddha und wir alle haben erst die Möglichkeit uns zu übersteigen, weil Jesus Christus als Mensch freiwillig das Hamsterrad betrat und uns erst die Brücke hinaus aus dem Hamsterrad (im Buddhismus mit mehreren, im Christentum mit einer Umdrehung) gebaut hat.

Aus christlicher Sicht scheint das ein zutreffendes Bild zu sein, zumal es auch erklären würde, warum es Menschen (Beispiel: Buddha) - vor Christi Erscheinen - in keiner Weise möglich war (gemacht wurde), dasjenige zu vermitteln und offenbar werden zu lassen, was erstmalig durch Jesus Christus offenbar und sichtbar wurde, nämlich das wahre Wesen einer Quelle, die den Menschen bis dahin verborgen war und erstmalig durch Jesus greifbar (im wahsten Sinne des Wortes) wurde.

Es würde folgende Vorstellung untermauern, die ich euch hier gerne (als These) darlegen würde:

Es gab eine Urschöpfung, Grundlage unserer Welt, aus der verschiedene Wirkmächte hervorgegangen sind, die allerdings nicht in der 'Vorsehung' einer vorausgeschickten Ordnung blieben.

Das Erdenleben war/ist darum seit Zeiten diesen Mächten und Kräften unterworfen und im Kreislauf (Hamsterrad) dieser Welt ein/gefangen, umgeben von einer hierarchischen Struktur, die den Menschen göttlich erscheinen muß. In dieser (gefallenen) Welt konnte/durfte/mußte sich der Mensch entwickeln (siehe Rassen/Kulturen/Epochen) und man darf davon ausgehen, daß unserer Welt geistige Konzepte zugrunde liegen, die bestimmte Zwecke und Ziele verfolgen, um den Menschen in einer ganz bestimmten Weise auszubilden ...

Buddha war vermutlich einer der wenigen Menschen, der der Sache auf den Grund ging, angesprochen von all dem Leid, das er nicht in Einklang zu bringen vermochte mit dem Wesen, das in ihm veranlagt war und er folgerichtig erkannte, daß die letztendliche Lösung nur in der Auflösung aller Anhaftung geschehen könne, um nicht mehr ein Teil dieses Kreislaufes (Hamsterrad) zu sein.

All das änderte sich, als Jesus die Welt erblickte und Licht ins Dunkel brachte, wobei nicht Licht im Sinne von Geist und Erkenntnis gemeint ist, sondern im Sinne von Wahrheit. Der Mensch kannte die volle Wahrheit bis dahin nicht, sondern nur diese abgesonderte (gefallene) Welt, die ihn maßgeblich bestimmte.

Der Mensch war/ist darum so, wie er ist, weil er über Jahrhunderte (Generationen) geprägt wurde. Der Mensch übt Gewalt aus, weil er Gewalten unterworfen ist. Er unterdrückt andere Lebewesen, weil er selbst unterdrückt wurde. Er täuscht, lügt und betrügt (etc.), weil er getäuscht, angelogen und betrogen wurde. Vieles läßt sich ableiten, siehe auch Redewendungen wie: 'So wie der Herr, so das Gescherr' - darin tiefe Wahrheiten zu finden sind.

Der Mensch hatte also, vor Jesu Erscheinen, gar keine Chance! sich wahrlich zu orientieren - nämlich an der Wahrheit! Jesus ist der Erstling einer Entwicklung, die von einer Quelle ausgegangen ist, die für den Menschen bis dahin nicht sichtbar (im umfassenden Sinn) war. Jesus wurde von dieser Quelle mit Vollmachten versehen, die nicht seine Überlegenheit (Supermann) demonstrieren, sondern das Urwesen des Menschen ansprechen und beleben sollten, damit die geschundenen Seelen wieder Hoffnung schöpfen würden.

Es war klar, daß er von den Mächten dieser Welt verfolgt werden würde, da er Licht ins Dunkel brachte und ihm wird vermutlich klar gewesen sein, daß ihm ein Leidensweg bevorstand, dem er nicht entfliehen durfte, um als Erstling (Vorbild) das Wort glaubhaft bis in den Tod hineinzutragen, um dann aber in einer neuen Verheißung aufzuerstehen und allen, die ihm bis dahin gefolgt waren aufzuzeigen, daß es nicht nur einen Ausweg gibt, sondern auch größere Hoffnung auf eine Welt, in der die höchsten Prinzipien wahrlich ihren Ausdruck finden.

Jesus hat all das getan und auf sich genommen, damit ein Teil der Zeitzeugen (Jünger) die Hoffnung nicht verlieren und ein Glaube in ihnen (neu) erwacht, nämlich an das Gute und das göttliche Gut einer Schöpfung, das durch Jesus sichtbar werden sollte.

Wahrer Glaube läßt sich nicht erzwingen - er keimt und wächst von ganz alleine, wenn Umwelt (Erfahrungen) einen geeigneten Nährboden gebildet und Vertrauen begründet haben.

Rembremerding hat geschrieben:
erbreich hat geschrieben: Das da ein absoluter, autonomer Schöpfer irgendeiner Art sein könnte, das gilt dem Buddha als eine Illusion, als ein Wahn.
Hieraus kann auch das unterschiedliche Menschenbild im Buddhismus und im Christentum begründet werden.

Obige These wäre eine mögliche Erklärung, welche die außerordentliche Leistung Buddhas (Lehre/Mitleid) unterstreichen würde, was die Frage berechtigt erscheinen läßt, warum in christlichen Überlieferungen (Kanon) keine Verweise zu finden sind. Möglicherweise verwundert das auch nicht, weil gewisse Kräfte kein Interesse daran haben, daß wahre Verbindungen aufgezeigt werden, bzw. sämtliche Medien mit Vorsicht zu genießen sind und darum auch die Bibel eine andere Lesart braucht, zumal sie selbst Hinweise gibt, wer diese Welt regiert.

Grüße
fin

Rembremerding
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#92 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Rembremerding » Fr 21. Okt 2016, 15:55

fin hat geschrieben:
Laut NT ist das richtig, wobei der Begriff "Gott" Verwirrung stiftet, da besagte "Größe" nicht einheitlich verstanden wurde/wird, was folgerichtig scheint, da die Bibel (auch) in dieser Sache Widersprüchliches vermittelt und kein einheitliches Bild aufzeigt.
Gerade das NT zeigt ein ziemlich einheitliches und klares Bild von Gott auf: Jesus Christus. Es sind die Menschen, die es verwirren, weil sie Jesus vereinnahmen wollen. Neben seinem offenbarenden moralischen Wirken und seinem Wort ist es aber notwendig die Wurzeln dieses Wirkens und seiner Worte zu betrachten. Hier scheint das wahre Wesen und die Größe Gottes auf, wenn wir die über dem menschlichen Maß hinausgehende Größe der Liebe und der Wahrheit erstaunt erkennen. Hierzu schlüsselhaft ist wohl die Bergpredigt, wenn Jesus spricht: "Ich aber sage euch...". Der Herr öffnet den Menschen hier ihr innerstes, damit sie von dort aus ihr Handeln und ihre Worte nach außen dringen lassen. Zuvor im Gesetz galt es dem Fleisch, dem Leib, den Gefühlen, Trieben und Begierden Einhalt, Leitung und Fortschritt zu geben, um Beziehung fruchtbar zu gestalten, nun wird dies alles quasi in Freiheit gesetzt. Dies deshalb, weil Jesus ermutigt und ermöglicht den Geist vom fleischlichen zu befreien und diesen Geist allein von der Wahrheit leiten zu lassen. So wird der Geist Herr über das Fleisch. Und diese Wahrheit ist wiederum er selbst und deshalb Freiheit an sich. In der Hl. Schrift wird uns darüber berichtet, wenn es von mir frei zitiert heißt: "... dem Reinen ist alles rein" oder "...achtet darauf, was aus euch heraus kommt und nicht, was in euch hinein".

Es gab eine Urschöpfung, Grundlage unserer Welt, aus der verschiedene Wirkmächte hervorgegangen sind, die allerdings nicht in der 'Vorsehung' einer vorausgeschickten Ordnung blieben.
Ich habe den Mut als Grundlage der Schöpfung den einen Gott in drei Personen zu nennen.

... und man darf davon ausgehen, daß unserer Welt geistige Konzepte zugrunde liegen, die bestimmte Zwecke und Ziele verfolgen, um den Menschen in einer ganz bestimmten Weise auszubilden ...
Auszubilden, um in Ewigkeit im Reich Gottes zu sein: um dort vollkommen zu lieben, zu freuen, zu danken und zu loben.
Buddha war vermutlich einer der wenigen Menschen, der der Sache auf den Grund ging, angesprochen von all dem Leid, das er nicht in Einklang zu bringen vermochte mit dem Wesen, das in ihm veranlagt war und er folgerichtig erkannte, daß die letztendliche Lösung nur in der Auflösung aller Anhaftung geschehen könne, um nicht mehr ein Teil dieses Kreislaufes (Hamsterrad) zu sein.
Sehr richtig.

All das änderte sich, als Jesus die Welt erblickte und Licht ins Dunkel brachte, wobei nicht Licht im Sinne von Geist und Erkenntnis gemeint ist, sondern im Sinne von Wahrheit. Der Mensch kannte die volle Wahrheit bis dahin nicht, sondern nur diese abgesonderte (gefallene) Welt, die ihn maßgeblich bestimmte.
Richtig ist, dass hier nicht das Licht der Erkenntnis gemeint sein darf, welches die Gnosis mit Wissen und okkultem verbindet, also menschenmögliches. Jesus gibt das Licht, damit Umkehr geschehen kann. In der Finsternis verbleibt das Chaos, der Mensch, welcher nur das Materielle zulässt und sich im Fleisch genügt, darum nicht Hinkehr, sondern Abkehr will von dem, was wahr.
Der Mensch war/ist darum so, wie er ist, weil er über Jahrhunderte (Generationen) geprägt wurde. Der Mensch übt Gewalt aus, weil er Gewalten unterworfen ist. Er unterdrückt andere Lebewesen, weil er selbst unterdrückt wurde. Er täuscht, lügt und betrügt (etc.), weil er getäuscht, angelogen und betrogen wurde. Vieles läßt sich ableiten, siehe auch Redewendungen wie: 'So wie der Herr, so das Gescherr' - darin tiefe Wahrheiten zu finden sind.
Hier noch einmal jenes, was ich zur Bergpredigt schrieb.

...sondern das Urwesen des Menschen ansprechen und beleben sollten, damit die geschundenen Seelen wieder Hoffnung schöpfen würden.
Dies ist treffend, und nicht nur das: Jesus führt den Weg Buddhas weiter, indem er dem Leid aus Liebe Sinn verleiht (weil er durch Leid den Menschen erlöst), es dadurch durch Liebe annehmbar gestaltet. Hat Buddha die Erlösung richtigerweise in der Abtötung, im Fliehen aus Wünschen und Begierden gelehrt, führt Jesus die Erlösung des ganzen Daseins aus. Dies kann er aber nur, weil er als Gott auch außerhalb des Daseins steht, es umgreift, in sich trägt. Der Mensch erhält die Kraft, den Hl. Geist, sich dem Leid zu stellen, den Wünschen, Begierden und alles durch die Liebe in Liebe zu verwandeln. Dies kann mitten in der Lebenswirklichkeit geschehen. Die christliche Mystik greift den Ansatz Buddhas zur Verschmelzung der Seele mit Gott auf.

Es war klar, daß er von den Mächten dieser Welt verfolgt werden würde, da er Licht ins Dunkel brachte und ihm wird vermutlich klar gewesen sein, daß ihm ein Leidensweg bevorstand, dem er nicht entfliehen durfte, um als Erstling (Vorbild) das Wort glaubhaft bis in den Tod hineinzutragen, um dann aber in einer neuen Verheißung aufzuerstehen und allen, die ihm bis dahin gefolgt waren aufzuzeigen, daß es nicht nur einen Ausweg gibt, sondern auch größere Hoffnung auf eine Welt, in der die höchsten Prinzipien wahrlich ihren Ausdruck finden.
Schön ausgedrückt. Und Jesus hat bewusst provoziert, eine Entscheidung herausgefordert und tut dies auch heute noch, denn das Reich Gottes ist nah.
Wahrer Glaube läßt sich nicht erzwingen - er keimt und wächst von ganz alleine, wenn Umwelt (Erfahrungen) einen geeigneten Nährboden gebildet und Vertrauen begründet haben.
Liebe und Glaube lässt sich nicht erzwingen. Aber der Glaube verlangt vom Menschen eine Bewegung, die über ihn hinaus weist. Diese Bewegung ist nur ein kleiner Schritt und wird für Gott zum bejahenden Zeichen, dass er an dieser Seele wirken darf. Du sprichts von Erfahrung. Eine Er-fahrung will einen Weg kennenlernen, begreifen, setzt aber eine erste mutige Bewegung voraus. "Ich bin der Weg", sagt der Herr. Dieser Weg ist es, der er-fahren werden will, bei dem Jesus führt, mitgeht, hinweist und geduldig wartet, wenn wir in die Irre gehen und uns nachgeht, um uns zurückzuführen.

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erbreich
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#93 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Fr 21. Okt 2016, 16:15

Hemul hat geschrieben:Gibt es im Buddhismus auch Erkennungszeichen die ein echter Buddhisten ausmachen? :roll:
Das hatten wir schon, Helmul, hier.

Im weiteren gibt es Erkennungszeichen bezüglich der spirituellen Reife eines Menschen - ein Thema, das in meiner Zeit in der christlichen Gemeinde nie diskutiert worden ist und worüber ich auch nie eine Predigt gehört habe (ist aber durchaus auch ein Thema im NT: vergleiche Hebräer 5,11-14 und 1. Johannes 2,12-14).

Diese Erkennungszeichen bezüglich der spirituellen Reife - eigentlich der menschlichen Reife überhaupt - finden sich im Motiv der zehn ans Leiden kettenden Fesseln, von denen der Buddhist im Prozess der Verwirklichung des Erlösungsweges schrittweise Befreiung erlebt. Diese zehn sind (in aufsteigender Reihenfolge):

> Ich-Ansicht (Glaube an ein autonomes, unvergängliches Selbst)
> Haften an Regeln und Riten
> Zweifelsucht
Dies sind die drei ersten niederen Fesseln. Durch die Befreiung von diesen gilt der Nachfolger als 'in den Strom eingetreten' und seine Heilszuversicht ist unerschütterlich. Eine Wiedergeburt in untermenschlichen Bereichen ist nicht mehr möglich.

Dann folgen die eigentlichen zwei Hauptfesseln:
> Gier
> Hass
Ist der Mensch von diesen vollständig befreit, dann gibt es nur noch eine himmlische, selige Wiedergeburt als geistiges (feinkörperliches oder unkörperliches) Wesen. Ist die Lebenskraft dort aufgebraucht erfolgt keine Wiedergeburt mehr, d.h. Nibbana tritt ein.

Dann werden fünf höhere Fesseln gelehrt, diese sind:
> Begehren nach feinkörperlichem Dasein
> Begehren nach unkörperlichem Dasein
> Ich-Dünkel (Einbildung)
> Aufgeregtheit
> Verblendung
Ist das Herz eines Menschen auch von diesen fünf höheren Fesslen vollständig befreit, dann erlebt er Nibbana zu Lebzeiten (wie der Buddha). Er wird diesen letzten Geist/Körper im Tode ablegen und was übrig bleibt ist einzig das leidfreie und todlose Nibbana.

Soweit also meine Beantwortung deiner Frage nach den Kennzeichen eines echten Buddhisten, Helmul.

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fin
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#94 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von fin » Fr 21. Okt 2016, 16:30

Hallo erbreich,

erbreich hat geschrieben:Es macht meines Erachtens wenig Sinn, in eine Diskussion abzudriften, die darauf hinausläuft, dass die Christen unter uns den Christus über alles setzen und die Buddhisten den Buddha. Dass für einen Christen Jesus eben der Christus ist und für einen Buddhisten Buddha eben der Buddha und dass für beide ihr Meister (oder Herr) der Weg zur Erlösung ist, das ist klar. Weniger klar scheint mir zu sein, wie wir Worte, Begriffe verstehen. Ich versuche hier (wieder einmal) eine Brücke zu bauen:

(...)

Es liegt an uns, ob und inwieweit wir willens und fähig sind, übereinzukommen in der Namengebung und in der Verwendung der Begriffe. Es mag wohl ein Absolutes geben, die Namen mit denen wir es benennen dürfen aber diesem nicht gleichgesetzt werden, sie sind und bleiben relativ. Und so ergeht es auch diesem Post hier: Es wird LeserInnen geben, die mit den Äusserungen übereinstimmen und andere, die dies nicht tun.

Das wahre Leben liegt in der Kraft des Geistes, nicht im Buchstaben und nicht im Wort.

Ein schöner Beitrag, dem ich mich nur anschließen kann.

Worte stehen zur Wirklichkeit, wie eine Landkarte zur Landschaft. Das wahre Wesen ist in der Landschaft zu finden und ein jedes Wort nur ein Wegweiser. Form ist nicht Inhalt. Sagte Jesu nicht selbst, der Sabbat sei für den Menschen da und nicht umgekehrt. Diese Verkehrungen haben in meinem Leben sonderbare Entwicklungen ausgelöst, ich suchte die Kirche und trennte mich von ihr, ...

Lg
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erbreich
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#95 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Fr 21. Okt 2016, 16:58

Rembremerding hat geschrieben:Die christliche Mystik greift den Ansatz Buddhas zur Verschmelzung der Seele mit Gott auf.
Ja, die christliche Mystik tut das, es war aber unmöglich ein Ansatz Buddhas, da Buddha niemals eine Seele (erst recht nicht eine 'ewige') und niemals einen Gott (schon gar nicht einen 'ewigen') lehrte. Für den Buddhisten gibt es keine Vereinigung mit jemandem oder mit etwas. Die Erlösung besteht im Erlöschen des Unerlösten.

Im indischen Mythos gilt Brahma als der Schöpfer des Seins. Es gibt eine Rede Buddhas von einer Begegnung mit einem Brahma seiner Zeit, die aufzeigt, wie es dazu kommt, dass ein geistiges Wesen sich als ewig lebend und als Schöpfer des Seins wähnt, hier: Die Einladung eines Brahma.

Die Lektüre von 'Die Einladung eines Brahma' macht natürlich nur Sinn für jemanden, der die diesbezügliche buddhistische Sichtweise verstehen möchte. Ich verlinke sie hier nicht als Beweisführung für die Nichtexistenz eines ewigen Schöpfers. Christen mit traditioneller Überzeugung werden sie möglicherweise als blasphemisch erleben.

Eines will ich jedoch hierzu klarstellen: Mein Gottesbild ist kein anthropomorphes. In meinem Verständnis kann Gott wohl als Person gedacht werden - genauso wie Nibbana im Buddha Gotama personal gedacht werden kann - in Wirklichkeit übersteigt er jedoch jede Dualität, auch die von personal/nicht personal.

JackSparrow
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#96 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von JackSparrow » Fr 21. Okt 2016, 17:07

erbreich hat geschrieben:Dann folgen die eigentlichen zwei Hauptfesseln:
> Gier
> Hass
Ist der Mensch von diesen vollständig befreit, dann gibt es nur noch eine himmlische, selige Wiedergeburt als geistiges (feinkörperliches oder unkörperliches) Wesen.
Wenn ich gierig und hasserfüllt bin, darf ich ewig auf diesem Planeten weilen und muss niemals in den Himmel zu Jesus, Mohammed und den ganzen anderen lebensfeindlichen Spinnern? Ich wusste nicht, dass es so einfach ist...

Ist die Lebenskraft dort aufgebraucht erfolgt keine Wiedergeburt mehr, d.h. Nibbana tritt ein.
Gott bewahre uns vor diesem Übel. AMEN

Novas
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#97 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Fr 21. Okt 2016, 17:16

Hemul hat geschrieben:Gibt es im Buddhismus auch Erkennungszeichen die ein echter Buddhisten ausmachen? :roll:

Selbstverständlich. Ein Buddhist strebt nach der Verwirklichung der Brahmavihāra, der „vier himmlischen Verweilzustände“, „grenzenlosen Geisteszustände“ oder „vier Wohnstätten Brahmas“ (Vihara bedeutet Wohnstätte und Brahma ist ein Begriff für die höchste Gottheit. So atheistisch können unsre buddhistischen Brüder und Schwestern also gar nicht sein :) ). Was sind die vier Eigenschaften, die kultiviert werden?

Mettā = Liebende Güte
karunā = Mitgefühl
muditā = Mitfreude
upekkhā = Gleichmut


Unermesslich sind diese Geisteszustände, weil Du nie genug Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut haben kannst, sie können grenzenlos entwickelt werden. Im Grunde streben Christen und Buddhisten also exakt nach dem Gleichen, denn exakt so wird der Heilige Geist beschrieben:

agápe = Liebe
chará = Freude
eiréne = Friede
makrothymía = Geduld
chrestótes = Freundlichkeit
agathosýne = Güte
pístis = Treue
praýtes = Sanftmut
enkráteia = Selbstbeherrschung


All das sind die Eigenschaften oder Früchte des Heiligen Geistes. Übersetzt in die buddhistische Sprache sind es die Brahmavihāra. Paulus versteht Agape (Liebe) als die wichtigste und höchste aller Eigenschaften, die gewissermaßen alle anderen in sich enthält und hervor bringt. Aus christlicher Sicht ist Christus der „Weinstock“. Wenn wir mit ihm Gemeinschaft haben, wenn er in uns und wir in ihm sind, dann bringt er diese Eigenschaften in uns zur Vollendung.

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#98 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Fr 21. Okt 2016, 17:22

JackSparrow hat geschrieben:Wenn ich gierig und hasserfüllt bin, darf ich ewig auf diesem Planeten weilen und muss niemals in den Himmel zu Jesus, Mohammed und den ganzen anderen lebensfeindlichen Spinnern? Ich wusste nicht, dass es so einfach ist...
Vorausgesetzt dass du auch deine Ich-Ansicht - deine Selbstsucht also - beibehältst: Ja, so einfach ist es. Das 'ewige Leben' ist in buddhistischer Sichtweise das Normale. Jeder kann ewig leben, er geht einfach immer wieder durch ein Tor von Tod und Geburt. Soweit kein Problem. :wave:

Ich verstehe die Lehre von der Wiedergeburt und der Möglichkeit diese zu beenden nicht als absolute, objektive Wahrheit, sondern als Arbeitshypothese, die mir auf meinem Weg der Geistesentfaltung und Herzenskultur oft hilfreich war und ist. Es ist durchaus möglich, den buddhistischen Weg auch ohne Annahme dieser Hypothese zu praktizieren.

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#99 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Fr 21. Okt 2016, 17:27

Novalis hat geschrieben:So atheistisch können unsre buddhistischen Brüder und Schwestern also gar nicht sein :) ).
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#100 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Fr 21. Okt 2016, 18:25

fin hat geschrieben:Hallo erbreich,

erbreich hat geschrieben:Es macht meines Erachtens wenig Sinn, in eine Diskussion abzudriften, die darauf hinausläuft, dass die Christen unter uns den Christus über alles setzen und die Buddhisten den Buddha. Dass für einen Christen Jesus eben der Christus ist und für einen Buddhisten Buddha eben der Buddha und dass für beide ihr Meister (oder Herr) der Weg zur Erlösung ist, das ist klar. Weniger klar scheint mir zu sein, wie wir Worte, Begriffe verstehen. Ich versuche hier (wieder einmal) eine Brücke zu bauen:

(...)

Es liegt an uns, ob und inwieweit wir willens und fähig sind, übereinzukommen in der Namengebung und in der Verwendung der Begriffe. Es mag wohl ein Absolutes geben, die Namen mit denen wir es benennen dürfen aber diesem nicht gleichgesetzt werden, sie sind und bleiben relativ. Und so ergeht es auch diesem Post hier: Es wird LeserInnen geben, die mit den Äusserungen übereinstimmen und andere, die dies nicht tun.

Das wahre Leben liegt in der Kraft des Geistes, nicht im Buchstaben und nicht im Wort.

Ein schöner Beitrag, dem ich mich nur anschließen kann.

Worte stehen zur Wirklichkeit, wie eine Landkarte zur Landschaft. Das wahre Wesen ist in der Landschaft zu finden und ein jedes Wort nur ein Wegweiser. Form ist nicht Inhalt. Sagte Jesu nicht selbst, der Sabbat sei für den Menschen da und nicht umgekehrt. Diese Verkehrungen haben in meinem Leben sonderbare Entwicklungen ausgelöst, ich suchte die Kirche und trennte mich von ihr, ...

Lg
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Bemühet euch nicht, neue Lehren zu predigen, sondern gebt euch hin in Liebe. Euer abendländisches Denken steht all zu sehr im Banne von Eroberungsgedanken, und euer traditioneller Wahn, Proselyten zu machen, ist neu eine Form davon. Christus predigt nie sich selbst oder ein neues Dogma oder eine Lehre, er predigt bloß Gottes Liebe. Jeder Christ soll sein wie Christus.
Rabindranath Tagore

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