Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Philosophisches zum Nachdenken
Benutzeravatar
Ska'ara
Beiträge: 2912
Registriert: Mi 24. Aug 2016, 00:12

#11 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Ska'ara » Mo 26. Mär 2018, 17:33

Novalis hat geschrieben:Statistisch gesehen ist ein Viertel der Weltbevölkerung derzeit muslimisch und sie haben die höchsten Geburtenraten. Die Zukunft wird es also nur mit ihnen und nicht an ihnen vorbei geben. Gewöhne Dich schon mal daran.
Dummköpfe und Ignoranten haben ein Anteil daran, wenn unsere Kultur baden geht ... äh untergeht ... in Gewalt und Unterdrückung. Daran werden wir uns nicht gewöhnen!

Wenn sich Muslime so verhalten, dann handeln sie gegen die Prinzipien ihres Glaubens. Lass uns also bei der Wahrheit bleiben.
Deine Illusion ist doch keine Wahrheit!

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#12 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von SamuelB » Mo 26. Mär 2018, 17:47

Ich kann auch nur wiederholen, dass mir der Islam durch seine Anhänger im Alltag anders begegnet, als von dir @Novalis hier beschrieben. Mit 'anders' meine ich: altmodisch, engstirnig, intolerant, sexistisch, homophob, totalitär, unattraktiv. Bsp. hatte ich schon mal gegeben.

Wenn die alle so wären wie du im Eingangspost schreibst, würde ich mich nicht beklagen.

Ansonsten finde ich dein Gottesbild als allumfassendes Wesen sehr schön. Warum machst du so viel Werbung für den Islam?

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#13 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mo 26. Mär 2018, 19:11

SamuelB hat geschrieben: Ansonsten finde ich dein Gottesbild als allumfassendes Wesen sehr schön. Warum machst du so viel Werbung für den Islam?


Das ist doch schon mal was :thumbup: und in diesen Worten ist bereits die Antwort enthalten: wenn Gott ein allumfassendes Wesen ist, dann sind alle Menschen - alles Leben im gesamten Universum - ein integraler Teil des Ganzen; und den Islam verteidige ich, weil ich ihn lebe und praktiziere. Islam bedeutet übersetzt Hingabe an Gott, „Gott­ergebenheit“. Letztendlich lebt jeder Mensch in der Gottergebenheit, entweder freiwillig (wie ich) oder widerwillig. Denn ob Du es willst oder nicht, ob Du in Hingabe oder im Widerstand lebst, aber der unendliche Schöpfer sitzt am längeren Hebel :)

„Wenn Islam Ergebung in Gottes Willen heißt, im Islam leben und sterben wir alle“

~ Johann Wolfgang von Goethe

Und damit hat er Recht. Denn am Ende gewinnt immer der Wille Gottes, egal wie sehr der Mensch dagegen arbeitet. Ein Mensch, der freiwillig im Einklang mit diesem Willen leben möchte, eine gottergebene spirituelle Lebensweise verwirklichen will, ist Muslim, d.h. „einer, der Frieden macht“. Eine mögliche Übersetzung des Wortes Islam ist tatsächlich Friedenmachen und das halte ich für eine gute und erstrebenswerte Sache. Die Wortwurzel des arabischen Begriffs „Islam“ ist die gleiche wie die von Frieden [salam] und Ergebenheit [taslim]. Der religiöse Mensch möchte Frieden [salam] im Herzen erreichen durch Ergebenheit [taslim].

altmodisch, engstirnig, intolerant, sexistisch, homophob, totalitär, unattraktiv

So pauschal ist das nicht richtig. Hinzu kommt, dass das alles sehr relative Begriffe sind. Nehmen wir als Beispiel den Begriff „altmodisch“. Nur weil etwas nicht modisch ist, ist es nicht verkehrt. Manchmal ist das Unzeitgemäße der richtige Weg. Ernsthaft religiös-spirituell sein, sodass es nicht nur ein Randphänomen ist, sondern im Zentrum des eigenen Lebens steht, ist sicher nicht die heutige Mode, aber ich halte es für den richtigen Lebensweg. Genauer gesagt, ich halte es für die kosmische Bestimmung des Menschen. Der Mensch wurde geschaffen, um diese Bestimmung zu erfüllen; und wenn er daran vorbei lebt, dann befindet er sich auf einem Irrweg. Der Islam und die Bestimmung des Menschen (Charles Le Gai Eaton)

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#14 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von SamuelB » Mo 26. Mär 2018, 20:05

Novalis hat geschrieben:wenn Gott ein allumfassendes Wesen ist, dann sind alle Menschen ein integraler Teil des Ganzen;
Ein Teil von Gott. :
Da fühle ich mich gleich viel besser. 8-)

Novalis hat geschrieben:den Islam verteidige ich, weil ich ihn lebe und praktiziere.
Wie kann man sich das vorstellen? Du hast mal iwo geschrieben, dass du keiner Religionsgemeinschaft zugehörig bist.
Was findest du besser: Islam oder orthodoxe Kirche?

Novalis hat geschrieben:Letztendlich lebt jeder Mensch in der Gottergebenheit, entweder freiwillig (wie ich) oder widerwillig.
Dann können wir gar nichts falsch machen. Alles paletti.

Novalis hat geschrieben:
altmodisch, engstirnig, intolerant, sexistisch, homophob, totalitär, unattraktiv

So pauschal ist das nicht richtig. (...)
Ne, so pauschal nicht. Es gibt auch einen Dönerladen, wo ich reingehe und sage, dass ich so einen Hunger habe, dass ich ein ganzes Schwein auffressen könnte. Inzwischen kennt man sich.^^ :mrgreen:

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#15 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mo 26. Mär 2018, 20:32

SamuelB hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:den Islam verteidige ich, weil ich ihn lebe und praktiziere.
Wie kann man sich das vorstellen? Du hast mal iwo geschrieben, dass du keiner Religionsgemeinschaft zugehörig bist

Der Begriff „Islam“ ist an keine Religionsgemeinschaft gebunden, weil es um eine universale Lebensform der Gottergebenheit und des Gottesbewusstseins geht, die sehr vielfältige Formen annehmen kann. So wird nach Sure 2,131f Abraham von Gott angesprochen: „Sei gottergeben!“ (aslim) – und er antwortet: „Ich habe mich dem Herrn der Welten ergeben“ (aslamtu). Abraham ermahnt auch seine Söhne: „… sterbt nicht, ohne (Gott) ergeben zu sein (muslimuna)!“ – Auch Lot (51,36), die Söhne Jakobs (2,133), Josef (12,101) und die Israeliten insgesamt (7,126) werden als „(Gott) Ergebene“ (muslimuna) bezeichnet. Ebenso Jesus und seine Nachfolger. „Gottergebenheit“ kann also in ganz verschiedenen kulturellen und religiösen Kontexten praktiziert werden, auch ohne feste Anbindung an eine Religionsgemeinschaft oder im Sinne einer transkonfessionellen Spiritualität. Es gibt in diesem weitreichenden und universalen Sinne gottergebene Menschen christlicher, jüdischer, muslimischer, buddhistischer, hinduistischer und jeder möglichen anderen Herkunft. Der Islam ist (richtig verstanden) eine sehr tolerante Universalreligion. Was beten denn Christen seit 2000 Jahren?

Dein Reich komme!“ – „Dein Wille geschehe! “

Das ist ein islamisches Gebet im wahren und besten Wortsinne: die Ergebung in den Willen Gottes. Die schönsten islamischen Gebete haben einen ähnlichen Wortlaut. Überzeuge Dich selbst, wenn Du Interesse hast ;) Dein Wille geschehe: Die schönsten islamischen Gebete dieses Buch von Annemarie Schimmel (eine sehr wichtige und bedeutende deutsche Islamwissenschaftlerin) enthält eine schöne Sammlung und sie hat das Vaterunser, das wichtigste Gebet im Christentum, an den Anfang gestellt und das ganze Buch danach benannt. Das ist keineswegs nur eine freundliche Geste, sondern wirklich so gemeint: vergleiche mal das christliche Vaterunser mit der „al-Fatiha“, das islamische Äquivalent zum Vaterunser.

Die Sure im Wortlaut:

„Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.
Lob sei Gott, dem Weltenherrn,
Dem Erbarmer, dem Barmherzigen,
Dem Herrscher am Tage des Gerichts.
Dir dienen wir und zu Dir rufen wir um Hilfe.
Leite uns den rechten Pfad
Den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden.“

Dieses Gebet genießt einen sehr hohen Stellenwert. In einem Hadith (Ausspruch Muhammads) heißt es, dass man, wenn man die al-fatiha liest, es so sei, als hätte man 2/3 des Korans gelesen, denn darin sind die wichtigsten Glaubenssätze zusammengefasst. Ist die Ähnlichkeit mit dem Vaterunser nicht offensichtlich? :thumbup: :Herz:

Bild

SamuelB hat geschrieben:Was findest du besser: Islam oder orthodoxe Kirche?

Ich kann mit beiden einiges anfangen, aber ich befürworte und praktiziere für mich selbst eine moderne transkonfessionelle Spiritualität. Doch was das Christentum angeht, so ist die innere Resonanz und die Schnittmenge mit dem orthodoxen Christentum besonders groß. Doch ich sehe keinen Grund, weshalb ich mich persönlich endgültig festlegen und begrenzen sollte. Ich schöpfe gerne aus allen Weisheitsquellen. Das „Wasser des Lebens“ ist ein großer und gewaltiger Ozean und nicht nur eine kleine Pfütze. :) Die Zukunft sehe ich eher in einer integralen Zusammenschau aller spirituellen Traditionen. Der Benediktinerpater Willigis Jäger ist sowohl von der christlichen Mystik, als auch vom Zen-Buddhismus inspiriert. Soetwas wird in Zukunft normal sein und niemand wird die Fundamentalisten um Erlaubnis fragen, weil mündige und erwachsene Menschen selbstständig entscheiden können, wie sie ihr spirituelles Leben gestalten und ihre Gottergebenheit verstehen und praktizieren wollen. Das ist ein großer Vorteil und kein Nachteil. Was ist denn das höchste Gebot, wenn wir von Jesus ausgehen?

»Lehrer, welches ist das wichtigste Gebot im Gesetz Gottes?« Jesus antwortete ihm: »›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand.‹ Das ist das erste und wichtigste Gebot. Ebenso wichtig ist aber ein zweites: ›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.> Alle anderen Gebote und alle Forderungen der Propheten sind in diesen beiden Geboten enthalten.«
Matthäus 22,36-38

Das ist das Entscheidende und alles andere ist abhängig von den persönlichen Vorlieben, dem Charakter, den Neigungen und den einzigartigen Weg, den jede Seele geht im Prozess ihrer Personwerdung. Da kann ich offen und ehrlich sagen: ich fühle mich von meiner ganzen Mentalität her der Einstellung gläubiger Muslime und ihrer Lebensform sehr nahe, während ich mit Christen desöfteren Meinungsverschiedenheiten habe. Offenbar bin ich „anders gewachsen“. Orthodoxe Christen bilden aus irgendwelchen mysteriösen Gründen eine Ausnahme. Vielleicht weil ich dem östlichen Denken seelisch näher stehe. Wer weiß, vielleicht gibt es Reinkarnation/Seelenwanderung und ich bin da irgendwie bewusstseinsmäßig involviert, sozusagen das Relikt früherer Leben :D dazu könnte ich einige Geschichten erzählen, die das für mich plausibel machen, aber das ist sehr persönlich und ich behalte es lieber für mich. Was bleibt zu sagen?

Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt, und bezeuge dass Muhammad (ebenso wie Jesus, Abraham und Moses) einer der Gesandten Gottes ist“ (arab.: „aschhadu an la ilaha illa llah, aschhadu anna Muhammadan rasulu llah“)

Das darfst Du als Glaubensbekenntnis verstehen, wenn Du willst. Jederzeit wiederhole ich das voller Stolz, Ehrgefühl und Liebe und ich werde es nicht zurücknehmen. Niemals, bis in alle Ewigkeit. Mit diesem Bewusstsein lebe ich und so werde ich eines Tages zu meinem Gott, der meiner Seele Leben einhauchte, dem großen Geliebten und Herrn aller Welten, heimkehren. Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen. Mein Leben, meine Existenz, jeder Gedanke, Herzschlag und Atemzug gehört Ihm ...

Bild
al-sakina.de: Die Barmherzigkeit Gottes im Islam



„As-Salamu 'alaykum” (Der Friede sei mit euch)

Benutzeravatar
SamuelB
Beiträge: 3740
Registriert: Sa 30. Sep 2017, 17:02

#16 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von SamuelB » Di 27. Mär 2018, 08:15

Oha, gut, dass ich noch gewartet habe. :o 8-)

Vielen Dank für die Mühe in der Gestaltung und Ausführlichkeit sowie die Klarstellung. Weiter will ich mich dazu nicht äußern.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#17 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von JackSparrow » Di 27. Mär 2018, 10:40

Novalis hat geschrieben:Das ist ein islamisches Gebet im wahren und besten Wortsinne: die Ergebung in den Willen Gottes.
Den eigenen Willen oder den Willen irgendwelcher Propheten als den Willen eines Gottes darzustellen, ist eine Heuchelei im wahrsten und besten Wortsinne.

Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt,
Wie kann jemand etwas Unsichtbares bezeugen? Widerspricht das nicht dem Verb "zeugen" im wahrsten und besten Wortsinne?

Mirjam
Beiträge: 311
Registriert: Sa 17. Mär 2018, 19:51

#18 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Mirjam » Di 27. Mär 2018, 20:28

Hallo Novalis, hallo liebes Forum

Ich möchte mich gerne noch einmal auf das Eröffnungsposting beziehen. In einigen Punkten stimme ich Novalis voll zu, jedoch ziehe ich für mich daraus andere Konsequenzen.
Novalis, ich habe die Zitate aus deinem Post gekürzt entnommen und z.T. umsortiert, ich hoffe, ich habe den Sinn dadurch nicht entstellt.

Novalis hat geschrieben: Mich persönlich erstaunt es, wenn religiöse Menschen einfach davon ausgehen, dass ihr Gotteskonzept richtig ist: denn ein absolutes, ewiges, allumfassendes, grenzenloses und unendliches Wesen transzendiert alle Konzepte und passt in keine Definition.
Schön formuliert, und im Großen und Ganzen auch meine Meinung.
Wie kommen wir kleinen, begrenzten Menschengeister auf die Idee, dass gerade unser eigenes, notwendig subjektives, Verstehen und Erfahren, die Gottheit "richtig" erkannt hat?
Gott ist "akbar" - größer.

(Um das hierbei noch vorweg zu stellen: ich möchte hier meine persönlichen Ansichten, Schlussfolgerungen und Erfahrung darstellen - ich hege damit keinen Anspruch auf objektive oder gar absolute Wahrheit.)

Novalis hat geschrieben: Wer es doch versucht, erschafft sich sein eigenes Götzenbild und verfällt dem Anthropomorphismus.
Novalis hat geschrieben: Schon der antike Dichter Xenophanes bemerkt in einem berühmten Gedicht, dass Menschen ihre Götter je nach ihrem eigenen Bilde erschaffen
Zweifellos korrekt: jede menschliche Wahrnehmung und Vorstellung ist ja "gefiltert" und begrenzt: durch unsere Unterbewusstes, durch unsere Sinnesorgane und durch unsere Erfahrungen und Erinnerungen. Somit ist aber unser "eigenes Bild" gewissermaßen die einzige Gussform, die uns zur Gestaltung eines Gotteskonzeptes zur Verfügung steht.

Und hier kommt meine Abweichung zu Novalis' Meinung: Ich denke, dieser Anthropomorphismus ist nicht notwendig etwas Schlechtes - solange er reflektiert wahrgenommen wird.

Novalis hat geschrieben: ...Ein alle Vorstellungen übersteigendes reines Geistwesen absoluter Transzendenz (griech. νοῦς, nous) welches durch menschliches Reden über Gott unweigerlich begrenzt und niemals erfasst werden kann. In seinen Göttern malet sich der Mensch, so heißt es. Dieser Anthropomorphismus ist für den modernen Menschen nicht mehr akzeptabel, weil er als Projektion durchschaut wird
Für den Geist des modernen aufgeklärten Menschen ist das vielleicht so: Die Vernunft durchschaut die Projektion, entlarvt die Mythen als Archetypen menschlichen, nicht göttlichen Verhaltens und Verstehens.
Aber ist der ganz und gar gestaltlose, transzendente Gott die einzig logische Konsequenz dieser Erkenntnis?
Ich denke nicht. Glaube ist für mich eine Sache des ganzen Menschen. Geist, Leib, Herz und Seele. Und unser Herz und Gefühl tun sich recht schwer mit so einem fremden, im Wortsinne "unbegreiflichen" Gott.

Novalis, du meinst ja selbst, dass sogar der erhabene Koran Metaphern benutzt, wie das "Antlitz" Gottes, um den Menschen den Sinn leichter verständlich zu machen.
Kann man nicht auch die als "Vermenschlicht" kritisierten Gotteskonzepte an sich als Metapher verstehen?
Jesus von Nazareth hat nicht umsonst gerade durch seine anschaulichen Gleichnisse seine Anhänger begeistert.
Und solch abstrakte Themen wie Gottheit, Ewigkeit, Wahrheit, Lebenssinn - sind wir nicht geradezu auf Metaphern angewiesen, um uns diesen Konzepten auch nur anzunähern?

Um jetzt nicht zu weit auszuschweifen bleibe ich beim Christentum als Beispiel: Ich sehe nichts verwerfliches an einen "lieben Gott" der als Großvater mit Rauschebart gedacht wird, oder an einem "süßen Jesulein" in der Krippe. Warum sollen sich die Menschen in Gebet und Meditation nicht einer "Mutter Maria" zuwenden, die ihnen und ihrer Erfahrungswelt und Lebenssituation nun einmal näher steht?
Gestalten also, die uns gerade durch ich menschlichen Aspekte Vertrautheit und Trost bieten.

Der Anspruch, den ich an jede Form von Glauben und Religion stelle, ist lediglich , dass man sich und sein Glaubenssystem stets prüft und reflektiert.

Ein unreflektierte Anthropomorphismus ist meiner Meinung nach zwar sehr naiv, aber noch nicht unbedingt gefährlich oder falsch.
Ich selbst hänge einer Art reflektierter Vermenschlichung an: Ich erkenne die Gottheit in vielfältiger, teilweise auch vermenschlichter Gestalt.
Ich bin mir dabei aber stets bewusst, dass ich immer nur einen Teilaspekt sehe, nie das Ganze.
Anstatt jede Art von menschlicher Gestalt und Regung aus meinem Gottesverständnis fernzuhalten, versuche ich eher, mich dem Unerklärlichen durch eine große Fülle von Bildern und Vergleichen anzunähern.
Und ich versuche mir immer bewusst zu sein, dass ich stets in meiner subjektiven, menschlich begrenzten Sicht verhaftet bin.


Liebe Grüße,

Mirjam

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#19 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von closs » Di 27. Mär 2018, 21:45

Mirjam hat geschrieben:Ich denke, dieser Anthropomorphismus ist nicht notwendig etwas Schlechtes - solange er reflektiert wahrgenommen wird.
Es geht gar nicht anders, da der Mensch nur sich hat, um geistig wahrzunehmen. - Der entscheidende Punkt ist, ob er sich dabei als Herr oder als Diener versteht.

Mirjam hat geschrieben:Ein unreflektierte Anthropomorphismus ist meiner Meinung nach zwar sehr naiv, aber noch nicht unbedingt gefährlich oder falsch.
Ich selbst hänge einer Art reflektierter Vermenschlichung an: Ich erkenne die Gottheit in vielfältiger, teilweise auch vermenschlichter Gestalt.
Ich bin mir dabei aber stets bewusst, dass ich immer nur einen Teilaspekt sehe, nie das Ganze.
Genau richtig. - Jeder Mensch vom Kind bis zum Greis hat Vorstellungen, die sich selbstverständlich ändern können. - Und wenn Du Jesus ansprichst: Gerade er ist doch die Anthropomorphisierung Gottes - und zwar nicht als Vorstellung, sondern als Entität. - Ich denke, dass Du ganz richtig denkst.

Mirjam hat geschrieben:Für den Geist des modernen aufgeklärten Menschen ist das vielleicht so: Die Vernunft durchschaut die Projektion, entlarvt die Mythen als Archetypen menschlichen, nicht göttlichen Verhaltens und Verstehens.
1) Das, was sich heute "aufgeklärt" nennt, versteht sich in geistigen Dingen nicht als Diener, sondern als Herr - da scheint das große Missverständnis zu liegen.

2) Deshalb legt der moderne Mensch mehr Wert auf Geschichte als auf Mythos - verkennend, dass "Geschichte das sagt, was war", während "Mythos das sagt, was IST".

Mit anderen Worten: Der moderne = naturalistisch/materialistisch formatierte Mensch versteht sich als Herr der Vernunft (statt Gott diesen Titel zuzuerkennen) und erkennt deshalt nicht, dass beides, Geschichte und Mythos, Offenbarungs-Größen des Geistigen (oder eben auch des Ungeistigen) sind.

Mirjam hat geschrieben:versuche ich eher, mich dem Unerklärlichen durch eine große Fülle von Bildern und Vergleichen anzunähern.
Besseres kann Dir nicht passieren - denn die Hauptsache hast Du hier nebenbei "reingeschmuggelt" :) : Das "Unerklärliche", das Du - so interpretiere ich Dich - als "das Größere" verstehst. - "Modern" wäre genau umgekehrt.

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#20 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von SilverBullet » Di 27. Mär 2018, 22:24

Mirjam hat geschrieben:Wie kommen wir kleinen, begrenzten Menschengeister auf die Idee, dass gerade unser eigenes, notwendig subjektives, Verstehen und Erfahren, die Gottheit "richtig" erkannt hat?
Zumal ja auch keiner sagen, worum es bei „Gottheit“ gehen soll.
(falls es einer macht, dann wird seine Behauptung sehr schnell widerlegt – Stichwort: Tier, Naturgewalt, Mann in den Wolken, Statue usw.)

Mirjam hat geschrieben:Gott ist "akbar" - größer.
Schau genau hin, was du hier machst:
Du legst deine Position fest, mehr nicht – du redest genauso wenig über „Gott“(?), wie all die anderen, die sich hauptsächlich um ihr Kleinmachen kümmern.

Du suggerierst das Vorhandensein eines „Grösseren“ – unterschlägst aber, dass exakt das Vorhandensein das „Gott=Grösser“ zunichte machen würde, denn sobald etwas erfasst werden kann (egal wie gross), gibt es die Frage nach dem Noch-Grösseren.

„Grösser“ ist nun mal ein Begriff aus erfassbaren Situationen. Verwendest du ihn für das „Nicht-Erfassbare“, dann ist dies lediglich Trick 17 mit Selbstüberlistung.

Du könntest sagen „ich vermute, dass da irgendetwas Grosses sein könnte“, musst dir aber klarmachen, dass dies maximale eine Suche sein kann und sobald du etwas findest und es für dich „Gott“(?) sein soll, begehst du einen Fehler, denn dann ist wieder die Frage nach dem Grösseren berechtigt, das du ja wieder als „Gott“ ansehen möchtest usw.usw.

=> das Wort „grösser“ hat in Bezug auf das Wort „Gott“ keinerlei Wert, denn du legst damit lediglich fest, dass du nie an ein Ziel kommen willst.
=> Du kannst also genauso gut sagen, „keine Ahnung, was Gott sein soll und es interessiert mich auch nicht – ich will mich einfach nur klein machen“. Damit entwirfst du aber nunmal nur deine Position.

Antworten